~Kapitel 17~

In der Schule stelle ich mich erst mal alleine an eine Stelle. Ich will nicht, dass die anderen mich fragen, wo Amalia ist. Gestern wusste ja nicht mal ein Lehrer, dass sie einen Unfall hatte.
Ob ihre Eltern das jetzt wohl gemeldet haben?

Erst als es klingelt gehe ich zu Physikraum. Dann kommt auch schon Herr Krauter und schließt den Raum auf. Ich setze mich hinten in die Reihe auf meinen Platz. Der neben mir ist frei. Er wird auch frei bleiben. Früher hätte ich gewusst Amalia kommt zu spät. Das ist sie nämlich öfters. Aber jetzt brauche ich nicht auf sie warten.

»Wer fehlt heute?«, sagt der Lehrer, während er das Klassenbuch öffnet.
Als ein anderer Mitschüler dann alle aufzählt, die fehlen, ist das wie ein Stich in mein Herz.
Eigentlich ist Physik ja mein Lieblingsfach, doch es ist wohl verständlich, wenn ich heute nicht aufpasse.

Danach haben wir Mathe. Nach der Begrüßung fängt Herr Sähe, der übrigens unser Klassenlehrer ist, an zu reden, er ist wohl der einzige, der wegen Amalia informiert wurde: »Wie euch wahrscheinlich schon aufgefallen ist, ist Amalia heute und gestern nicht da gewesen. Bedauerlicherweise muss ich euch mitteilen, das diese einen Unfall hatte und nicht mehr gerettet werden konnte.«

Das veranlasst noch mal eine Träne bei mir. Schnell wische ich diese aber weg, weil ich ja vor habe ab heute erst mal nicht mehr zu weinen. Ein Mädchen, das neben mir sitzt umarmt mich. Schließlich weiß hier jeder, das sie meine allerbeste Freundin war.

Danach haben wir Geschichte.
Der Lehrer, der offensichtlich gar nichts von Amalia weiß, betritt den Raum mit den Worten: »Heute machen wir mal ein bisschen etwas anderes. Unser Thema ist ja gerade der Übergang von dem Mittelalter in die Neuzeit. Dazu passt ja perfekt das Thema Martin Luther. Ich habe mir von eurem Religionslehrer sagen lassen, dass Jayden und Joline dazu ein Referat vorbereitet haben, das sie leider nicht zu Ende im Reliunterricht vortragen konnten. Deswegen schlage ich vor, das sie es ja jetzt halten können.«
»Ich hab das Plakat aber nicht dabei«,
antwortet Jayden. Die Karteikarten haben wir beide jeden Tag im Mäppchen, deswegen können wir dann trotzdem vortragen. Und keiner muss unser halbwegs verbranntes Plakat sehen.
Während wir nach vorne gehen, sagt Jayden noch zu mir: »Du musst nicht, wir können auch fragen, ob wir nicht irgendwann anderes vortragen können.«
Doch ich schüttele meinen Kopf.

Wir fangen an zu reden. Weil wir es schon so oft geübt haben, können wir eigentlich fast auswendig sprechen.
Vielleicht fragen sich jetzt manche, wie ich überhaupt dazu imstande bin, so etwas jetzt zu tun. Jetzt wo das mit Amalia passiert ist, aber es hilft mir. Es lenkt mich etwas ab. Es ist etwas worauf ich mich konzentrieren muss. Irgendwann, nachdem Jayden seinen letzten Satz beendet hat, klatschen alle.
Das zaubert mir wieder ein, wenn auch ein schwaches, Lächeln ins Gesicht.

Den Rest der Stunde versuche ich so gut wie möglich aufzupassen um mich etwas abzulenken. Aber jeder weiß, dass es nicht so ganz einfach ist in Geschichte die ganze Zeit aufzupassen.

Irgendwann schweife ich wieder mit den Gedanken ab und überlege, was ich denn heute Nachmittag machen könnte. Ins Freibad, erstens nicht alleine, und zweites weiß ich nicht ob ich da jemals noch mal hin möchte. Als es dann zum Stundenende klingelt, habe ich immer noch keine Idee. An dem Tag passiert dann erst mal nichts besonderes.

In der nächsten Zeit versuche ich mich erst mal damit abzufinden, das Amalia nicht mehr da ist. Ihre Beerdigung und ihre Trauerfeier ist auch noch mal schwer nervlich zu über stehen.

Aber langsam gewöhne ich mich daran, das sie nicht mehr da ist.
Doch nach ein bis zwei Monaten ist ein Tag, der erst ganz gewöhnlich wirkt, aber nach dem Schultag Zuhause setze ich mich erst mal zu meinen Eltern an den Esstisch. Dieser ist schon gedeckt. Doch die Gesichtsausdrücke meiner Eltern sehen nicht so aus wie immer. Mein Vater fängt an zu sprechen: »Wir müssen dir was sagen. Wir wissen es selber erst sicher seit gestern.«

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