Heimfahrt


Nach dem Klingeln, welches sämtliche Schüler von ihren Leiden befreite, war auch für Haruka eine Erlösung. Während der Stunde war sie dreimal auf der Toilette gewesen, aber dadurch ging die Zeit auch nicht schneller vorbei. Sie wollte unbedingt zu Michiru, aber mitten in der Stunde war das kaum möglich. Und die Hoffnung, dass Michiru auch auf die Toilette ging, wurde sich auch nicht wahr. Aber immerhin hatten sie im selben Gang Unterricht.
Dementsprechend war die Blonde froh über die Erlösung. In binnen von Sekunden hatte sie die Schulsachen eingepackt und war aus dem Zimmer gesprintet. Als sie dann vor der Tür angekommen war, öffnete sie leise die Tür. Die Schüler waren gerade am Zusammenpacken und einige Sekunden danach stürmten sie aus dem Raum. Schon nach einigen Sekunden war der Raum so gut wie leer. Nur noch der Lehrer und Michiru befanden sich noch drin. Als Haruka sie erblickte, bildete sich fast automatisch ein Lächeln auf ihren Lippen. Da ja so gut wie keiner mehr drin war, ging Haruka einfach hinein.
,,Und? Hast du mich vermisst?", grinste sie.
,,Haruka! Nicht so laut", flüsterte sie.
Die Blonde lachte.
,,Nur keine Scheu. Wie war der Unterricht?", sagte Haruka und sah zu, wie Michiru die Bücher und Hefte in ihre Tasche verstaute.
,,Es war in Ordnung. Heute haben sie mich nicht geärgert."
,,Oder du warst so in Gedanken, dass du es nicht bemerkt hast", kam es von Haruka grinsend.
,,Was? Nein, das stimmt gar nicht!"
Auf ihren Wagen hatte sich ein leichter Rotschimmer gebildet und dadurch sah sie beschämt auf dem Boden. Haruka bemerkte dies sofort, deswegen wollte sie sofort die Situation lockern.
,,Also... Mir ging es so, wenn ich ehrlich bin. Deshalb habe ich mich auch so beeilt. Ich wollte so schnell wie möglich zu dir", gestand die Blonde offen und ehrlich.
Michiru konnte ein Lächeln nicht zurückhalten. Tatsächlich machte die ältere Schülerinnen ihr oft klar, dass sie gerne bei ihr war und das erfreute die Künstlerin natürlich.
,,Danke..."
Nachdem Zusammenpacken ihrer Schulsachen wollte sie ihre Schultasche hochheben, aber dabei vergaß sie, dass sie heute ganz schön schwer war, da Michiru heute noch nach der Schule etwas umtauschen wollte.
,,Gib mir deine Tasche. Ich trage sie", gehlt die Pianistin ihr die Hand hin.
,,Nein, nein. Ich trage sie schon", meinte Michiru dann.
,,Doch ich will aber."
Endlich hatte die Türkishaarige ihr die Tasche zum Tragen gegeben, da Haruka nicht nachgeben wollte.
Danach gingen sie noch zu den Spinden.
Einige Schüler sahen den beiden hinterher, da es in der ganzen Schule bekannt war, das Michiru eher ein Einzelgänger war. Aber Michiru bekam davon nichts mit, da sie in das Gespräch mit Haruka konzentriert war. Diese sprach absichtlich ununterbrochen mit ihr, da sie somit Michiru von den ganzen Schülern ablenken konnte und das klappte außerordentlich gut.
Nachdem die beiden das Schulgebäude verlassen hatten, getraut Haruka sich zu fragen.
,,Du... Ich bin heute mit dem Motorrad hier. Würdest du trotzdem mitfahren?"
,,Ist es nicht ein wenig gefährlich zu zweit?", erwiderte das Mädchen.
,,Eigentlich nicht. Aber du musst nicht."
,,Doch, ich würde gerne mitfahren", meinte sie dann.
,,Gut."
Vor dem Motorrad angekommen war Michiru doch ein wenig ängstlich, doch als sie den Helm auf hatte, legte sich das ein wenig wieder.
,,Ich müsste noch mal was umtauschen. Könntest du mich dahin fahren?"
Mithilfe des Handys zeigte Michiru ihr die Adresse.
,,Gut, machen wir."
Haruka stieg als Erste auf die Maschine. Die Künstlerin hatte schon ein wenig Respekt vor diesem Fahrzeug und wusste nicht wirklich wie sie aufsteigen sollte.
,,Einfach hinter mich setzen. Keine Angst."
Ganz langsam und vorsichtig setzte sie sich hinter die Blonde. Aber danach kam gleich das nächste Problem - Wo sollte sie sich festhalten? In Filmen hatte sie gesehen, dass man sich am Fahrer festhielt, aber konnte sie sich das überhaupt erlaubt?
,,Leg deine Arme um meinen Bauch und halte dich an mir fest", bestätigte sie ihre Vermutung.
Michiru zögerte.
Sollte sie wirklich?
,,Hast du Angst?", fragte Haruka und drehte sich besorgt etwas zu ihr.
,,Nein, aber nicht, dass ich dich bedränge...", murmelte sie unsicher.
,,Machst du nicht. Sonst hätte ich dich an der Pause nicht umarmt. Mach dir bitte nicht so viel Gedanken." Die androgyne Schülerin sprach in einer ruhigen Stimme, die Michiru ungemein beruhigte.
,,O- Okay."
Schüchtern musterte sie das Motorrad.
Haruka saß breitbeinig darauf, worüber Mädchen sich aber nicht viel Gedanken machte.
Sicherlich kannte Haruka jedes einzelne Teil, aus dem das Motorrad bestand, aber Michiru kannte nur Lenker, Sitz und Räder. Es gab keine Sicherung, die einem vor dem Herunterfallen bewahrte. Keine Gurte oder so etwas in der Art - gar nichts.
,,Aber... Was will ich herunterfalle?"
,,Wenn du dich gut festhälst, passiert nichts. Den Rest erledige ich", lächelte sie.
Haruka bemerkte, dass sie sich trotzdem leicht unwohl fühlte.
,,Okay. Wir machen es anders. Steig bitte noch mal ab."
Das ist sich so anstellte, war der Künstlerin ziemlich unangenehm und peinlich. Als sie runtersteigen wollte, fiel sie sogar fast noch hin. Ab diesem Moment drängten sich Tränen in ihre Augen, da sie Angst hatte, Haruka würde nun anders von ihr denken.
,,Mach bitte vorsichtig, nicht dass du dir noch weh tust", lächelte sie.
Sie bekam aber nicht mehr als ein Nicken zustande.
Und dann stieg Haruka auch noch ab.
,,Steig bitte als erstes auf und ich setze mich hinter dic", sagte sie.
Es wirkte in keinster Weise so als sei sie irgendwie genervt, was die Türkise etwas beruhigte. Sie tat wie ihr geheißen und ein Glück half die Pianistin beim Aufsteigen. Danach stieg sie auch auf.
,,Lehn dich einfach nur gegen mich. Du brauchst wirklich keine Angst haben."
Michiru fühlte sich wohl in den Armen der Pianistin und die Angst war wie verflogen. Eine angenehme Sicherheit machte sich in der breit und auch wo die Fahrt losging, blieb sie vollkommen ruhig. Allerdings war die Ruhe nur äußerlich, den innerlich schlug ihr Herz ihr bis in den Hals. Ab und zu versuchte die Künstlerin sie anzusehen, aber Haruka bemerkte die Blicke nicht, da sie sich auf den Straßenverkehr konzentrieren musste.
>>Ich habe es ihr tatsächlich gesagt!<<, wurde ihr klar.
Ein glückliches Lächeln schmiegte sich auf ihre Lippen.
>>Ich... Liebe sie... Und sie mich auch. Sind wir jetzt zusammen? Sind wir ein Paar?<<
Der Gedanke an eine Beziehung brachte sie zum Grinsen.

Nach einer guten Stunde hielt Haruka an dem Laden, wo Michiru wie ausgemacht noch hinmusste. Es war ein Elektronikladen, wo Michiru wahrscheinlich irgendwas umtauschen musste. Was es war, wusste Haruka allerdings nicht. Sie ließ die Künstlerin aber allein hineingehen, auch wenn sie Angst hatte, da Michiru selbst imstande sein musste, in einen Laden zu gehen. Außerdem hatte Haruka in diesem Moment zu wenig Kraft. Während der Fahrt war ihr schon das Konzentrieren schwergefallen. Denn bei ungefähr die Hälfte der Fahrt war die Blonde dazu gezwungen ein wenig stärker zu bremsen. Da Michiru wohl danach wieder etwas ängstlicher geworden war, hatte sie sich stärker an ihr festgehalten. Haruka empfand das natürlich nicht als schlimm, aber wo sie sich festgehalten hatte war nicht sonderlich hilfreich gewesen. Es waren zwar nur ihre Oberschenkel gewesen, aber ihre Mitte pochte sogar jetzt noch.
>> Haruka, komm runter. Sie hat sich bloß festgehalten!<<

Während Michiru den Laden verlassen wollte, empfing sie einen Anruf. Es war ihre Mathelehrerin Frau Sato. Natürlich ging sie sofort ran.
,,Ja?"
,,Guten Tag. Ich wollte nur fragen wie es dir geht, weil ich dich heute auf dem Hof gar nicht gesehen habe" , sagte sie.
,,Nein, mir geht es sogar ausgezeichnet!", erwiderte die Geigerin.
,,Oh. Das hört sich aber gut an."
,, Stellen Sie sich vor! Ich habe Haruka meine Gefühle gestanden!"
Sie erzählte auch, dass es keine einseitige Liebe ist. Als sie aber bei Haruka ankam, beendete Sie das Gespräch wieder.
,,Darf ich fragen wer das war?", kam es etwas leise von der Blonden.
,,Klar. Das war Frau Sato. Sie fragt manchmal wie es mir geht."
,,Ah ok. Das finde ich aber echt freundlich von ihr."
,,Ja, sie hat mir echt viel geholfen, aber jetzt..."
Erst nachdem sie gesprochen hatte, wurde ihr da erst bewusst. Das wollte sie doch nicht ernsthaft sagen, oder?
,,Was ist jetzt?", fragte Haruka ganz neugierig.
,,Jetzt habe ich ja dich..."
,,Hast du. Auf mich kannst du dich verlassen. Ich würde selbst nachts 3 Uhr zu dir fahren, wenn was ist", sprach Haruka mit einem ernsten Ton.
,,Meinst du das ernst?"
,,Ja, meine ich. Wenn du bereit dazu bist, bei anderen Menschen zu schlafen... Meine Tür ist immer für dich offen."
,,Habe vielen Dank", murmelte Michiru und sah schüchtern zu Boden.
,,Michiru... Dafür brauchst du dich nicht bedanken", lachte Haruka.

Der Rest der Fahrt verlief genauso wie der Anfang. Haruka ging es aber nun besser, da ihre Hände sich dieses Mal nicht fast in ihrem Schritt befanden.
Als sie dann bei Mädchen gut daheim angekommen war, war die Enttäuschung bei beiden groß. Bevor Haruka abstieg, brachte sie die ziemlich warm gewordene Maschine erstmals zum Schweigen. Dann nahm sie sich und Michiru den Helm ab und half ihr noch runter.
,,Ich vermisse dich jetzt schon", murmelte Michiru und umarmte sie.
Die Tränen liefen bereits über ihre Wangen. Das Zittern entging der Pianistin natürlich nicht, deswegen legte sie die Arme um sie.
,,Wir sehen uns doch morgen", sprach die Blonde auch ein wenig traurig.
Allerdings war es keine lange Zeit, die sie sich nicht sehen können.
,,Wenn du magst dann schreiben oder telefonieren wir später noch. Ich muss dann bloß noch einkaufen gehen. Danach habe ich Zeit für dich. Und morgen können wir vielleicht auch was zusammen unternehmen", schlug sie dann zur Beruhigung vor.
,,Wenn du morgen Zeit hast, gerne."
Michiru freute sich bereits auf den kommenden Tag. In der Gegenwart von Haruka fühlte sie sich wie etwas Besonderes. Jede einzelne Sekunde blieb die Blonde freundlich und respektvoll und dafür war Michiru ihr sehr dankbar. Denn in ihrem Beisein konnte sie so sein, wie sie es ist und musste keine Angst haben.
,,Ich danke dir", kam es einfach so von der Türkisen.
,,Weswegen?", hob die andere die Augenbraue.
,,Dass du so bist wie du bist."
,,Aber da musst du dich doch nicht bedanken. Außerdem müsste ich mich eher bei dir bedanken. Dafür, dass du meine Gefühle erwiderst und dich nicht deswegen verurteilst", meinte Haruka dann.

2 Stunden ist es her und Michiru hatte jede einzelne Sekunde an die blonde Schülerin gedacht.
>>Ich vermisse sie...<<
Da noch nicht allzu viel Zeit vergangen war, beschloss sie später anzurufen. Haruka hatte beim Abschied noch gesagt, dass sie noch einkaufen musste.
Aber ab 19 Uhr konnte sie an absolut gar nichts anderes mehr denken.
Deshalb rief sie sie an.
,,Ja, wenn Engel?", ertönte keine zwei Sekunden danach die ihre Stimme.
,,Du bist aber schnell range Gängen", kicherte Michiru.
,,Ich habe auch auf deinen Anruf gewartet."
,, Hast du?"
,, Ich habe ich. "
Leicht aufgeregt setzte die  Künstlerin sich auf ihr Bett.
,,Hast du schon etwas gegessen?" , wollte Haruka wissen.
,,Nein, habe kein Hunger. "
,,Was machst du heute noch so?"
Mit einem Seufzer ließ sie sich auf die Matratze zurückfallen.
,,Nichts besonderes", antwortete Haruka mit einer leicht verführerischen Stimme.
Michiru glaubte ein komisches Geräusch zu hören, allerdings konnte sie es nicht so richtig zuordnen.
,,Weinst du?", fragte sie besorgt.
,,Nein", kam es leicht amüsiert von der anderen Seite,
,,Eher im Gegenteil."
,,Hä?"
Michiru stand auf der Leitung.
Was genau machte sie, wenn solche Seufzer aus ihrem Mund kamen?

Haruka war kurz vorm Lachen. Michiru wusste tatsächlich nicht, was sie tat, aber ihr erzählen wollte sie es auch nicht. Sie sollte schon selber darauf kommen. Da die Türkise es einfach nicht checkte, tat sie es wenigstens etwas leiser.

Den ganzen Abend zerbrach sie sich den Kopf darüber, was genau Haruka während des Telefonates getrieben hatte. Erst als sie dann Kopfkino bekam, bekam sie eine Vermutung. Sofort wurden ihre Wangen knallrot, was man aber in der Dunkelheit nicht da.
>> Hat sie das wirklich gemacht? <<
Sie musste grinsen und kurz darauf schrieb sie der Blonden noch. Eigentlich war es bereits 23:40 Uhr, aber Haruka konnte die Nachricht auch später lesen.
~Jetzt weiß ich was du gemacht hast :] ~.
Allerdings musste sie gar nicht lange auf eine Antwort warten.
~Ach wirklich:]? ~
~Ja;)~
~Na dann ist ja gut, Kleines:] .Ich wünsche dir eine gute Nacht , ly♡~
Fast automatisch bildete sich ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen.
~Love u too♡~, schrieb sie zurück.

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