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•überarbeitet 12|19•

P.O.V. Oh Sehun

"Hör auf mich so anzustarren."

Unbeeindruckt sah ich Nana weiterhin beim Einpacken der Reste zu.

"Hör zu, Sehun. Jongin ist nicht wie die Kontrollfreaks die ihr zuvor hattet. Außerdem kann er das Geld wirklich gut gebrauchen, also stell dich nicht so an. Niemand hat dich gebeten ihn gleich zu heiraten. So lange du also keinen Mist baust, wirst du wohl auch nicht viel mit ihm zu tun haben."

"Jetzt lassen wir arme Menschen schon hier 'arbeiten', nur weil du Mitleid mit ihnen hast?"

Wütend pfefferte sie daraufhin einen Putzlappen nach mir.

"Ich kenne Jongin schon mein halbes Leben lang also zügle deine Zunge junger Mann."

"Noona das ist aber doch nicht dein Ernst.", sprach ich, während ich ihr den blauen Lappen mit Nachdruck wieder hinlegte.

"Ich werde darüber jetzt nicht weiter reden, der Tag war stressig genug. Also Ende des Gesprächs."

Ungläubig sah ich ihr dabei zu, wie sie einfach im Flur verschwand. Kurz darauf tauchte ihr dunkler Lockenkopf aber wieder hinter der Tür auf, als sie noch eine Aussage hinzufügte, die mir schlagartig meine eh schon vermieste Laune noch schlimmer machte.

"Er bleibt übrigens über's Wochenende, damit ihr euch alle näherkommt."

"Noona das-", brauste ich auf, doch war sie schon wieder verschwunden.

Schnellen Schrittes begab ich mich in den Flur, bereit ihr meine Meinung aufzutischen. Dort stand ich jedoch überraschenderweise nicht vor Nana sondern vor unserer neuen Nanny.
Wenn mich nicht alles täuschte war sein Name Jongin.

Abschätzig musterte ich seine blonden Haare und den dunklen Teint im Kontrast zu seinem hellen Shirt.

Er nickte nur zum Gruß und wandte sich dann dem Kleiderhaken zu. Ohne viel mehr Zeit zu verschwenden wandte ich mich ab und begab mich auf mein Zimmer.

Auf dem Weg dorthin lief Seunghae an mir vorbei.

Verwirrt blieb ich stehen.

So sehr wir auch nicht viel miteinander zu tun hatten, was ich gerade gesehen hatte machte mir dann doch schon Sorgen.

"Seunghae?"

Ich drehte mich zu ihm herum, welcher nur mit dem Rücken zu mir angehalten hatte.

"Was ist mit deinem Gesicht passiert?"

"Nichts."

"Wem lügst du hier was vor, dir oder mir?"

"Ich sagte doch da ist nichts.", zischte er sichtlich verägert.

Ohne einen weiteren Laut von mir zu geben, ging ich die Treppen weiter hoch. Wer nicht reden wollte, würde sich nicht helfen lassen. 

Er war schon 12, sollte er seine Lebenserfahrungen eben genauso sammeln, wie ich es damals tat.

Gut, verprügeln lassen hatte ich mich dennoch nie so sehr. Wobei man die Umstände bei ihm auch nicht kannte.
Wie sollte man auch. Er sprach so gut wie niemals mit jemandem hier und war die meiste Zeit unauffindbar.

Es war damals schon ein Wunder, wenn wir alle gemeinsam gegessen hatten, was meist eh nur an größeren Feiertagen oder Events vorkam.

Beim Stichwort Event kamen Kopfschmerzen hoch, ich hatte meine Rede für die kommende Gala noch nicht einmal angefangen.

Leise drückte ich die Tür zu meinem Zimmer hinter mir zu und schloss meiner Ruhe wegen noch einmal ab.

Erschöpft von allem was in den letzten 24 Stunden passiert war, ließ ich mich in die Hocke nieder, stützte meine Ellbogen auf den Knien ab und lehnte meine Stirn gegen meine ineinander verschränkten Hände.

Trotz der ständig herrschenden Dunkelheit in meinem Zimmer, den runtergezogenen Jalousien zu verdanken, war vor meinem inneren Auge alles viel zu hell.

Mein Kopf spielte das ausgemalte Szenario der kommenden Gala Veranstaltung wieder und wieder ab, ein Albtraum.

Mutter würde nicht dabei sein was hieß, dass ich an ihrer Stelle bis tief in die Nacht bleiben musste.

Das hieß ebenso, dass ich mit den Investment Partnern reden musste, der Repräsentant für alles war und mir all die nervigen Reporter alleine vom Hals halten musste.

Abfällig lachte ich laut, als ich mir bildlich vorstellen konnte, wie sie wieder nach meinem verstorbenem Stiefvater fragen würden. Der alte Herr hatte vor über einem Jahr schon ins Gras gebissen und dennoch schien es das Trauerthema überhaupt zu sein.

Schrecklich diese Aasgeier von Tratschtanten.

Tief holte ich Luft, hielt sie an und ließ sie langsam wieder ihren Weg hinaus aus meinem Körper finden.
Meditation mochte nicht zu meinen Stärken zählen, aber immerhin wusste ich wie ich mich beruhigen konnte.

Ohne lange zu fackeln stand ich ruckartig wieder auf und ignorierte das sofort aufkommende Schwindelgefühl. Meine Gedanken waren voll mit Dingen, die ich noch zu erledigen hatte.

Dazu zählte unter anderem das erneute Beseitigen von Erinnerungen in materieller Form, von Personen mit schlechten Einfluss auf mein Leben.

Routiniert ging ich daher alle vier Schubladen meiner schwarzen Kommode durch und warf dabei alles auf den Boden, was raus musste.

Andere würden sich hier im Dunkeln wahrscheinlich nicht zu Recht finden, doch ich war das Ganze hier traurigerweise schon gewohnt.

Als ich die letzte Schublade durch hatte, lief ich zu meinem gläsernen Schreibtisch und zog ein paar Schnappschüsse von der kleinen Pinnwand.

Auf dem Boden landete ebenso ein übergroßer Pullover, ein ehemaliger Teil unseres Partnerlooks, eine Cap und eine silberne Kette, dessen spärlich beschriftete Erkennungsmarke leicht im wenigen Licht des Mondes funkelte.

Gefühle und Erinnerungen keimten wieder in mir auf, doch ich unterdrückte sie.

Soweit kommt es ja noch, dass ich mich von einem beendeten Flirt, wie er es sah, so beeinflussen ließe.

Besonders in Zeiten wie diesen, wo der Druck der Öffentlichkeit besonders auf unserer Familie lastete, sollte ich mich nicht von solchen Nebensächlichkeiten ablenken lassen.

Schnell hatte ich den metallernen Eimer aus meiner persönlichen Abstellkammer geholt und alle verstreuten Sachen mit Not und Mühe hinein gestopft.

Kurz lauschte ich in die Stille, nicht dass ich jemanden im Flur antreffen würde, ehe ich aufschloss und mit dem voll bepackten Eimer die Treppenstufen runterging.

Unten bog ich direkt nach rechts ab, folgte dem Gang und stieß mit meinem Fuß die Tür zum großen Wintergarten auf.

Von dort aus führte mich mein Weg nach Entsicherung der Alarmanlage in den Garten, in welchem ich in einer der Ecken den Lagerfeuerplatz nutzte, um all diese Sachen auf ewig los zu werden.

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