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•überarbeitet 12|19•

P.O.V. Oh Sehun

Mittlerweile waren seit meinem unfreiwilligen Geständnis schon ein paar Tage vergangen, in denen Jongin sich verhielt als wäre all dies nie passiert. Das dies bedeutete, dass er Schwule dementsprechend akzeptierte, war mir schon seit geraumer Zeit klar geworden.

Gerade hatte ich erneut Schokolade bei mir und lief die Treppen hoch um meinen Bruder einen Besuch abzustatten.

Selbst meine Mutter hatte sich ein paar Sekunden Zeit genommen um mir per Anruf einzutrichtern, dass ich ihn ja besuchen sollte. Augenverdrehend bei dem Gedanken nahm ich die letzten paar Stufen in wenigen Schritten und betrat dann den Gang rechts.

Kurz darauf hatte ich, den Krankenschwestern im Gang noch zu lächelnd, sein Zimmer erreicht und schloss die Tür hinter mir. Nachdem ich mir auch sicher war, dass mich keiner hörte, trat ich räuspernd ans Einzelbett heran.

Er schlief.

Oder tat zumindest so.

Wie all die letzten Male als ich kam auch.

Genervt von den Umständen legte ich die Schokolade auf den sich schon häufenden Berg und machte es mir dann auf der Fensterbank bequem.
Zehn Minuten pro Besuch sollten mindestens drin sein, sonst wäre es nicht glaubwürdig genug.

So oder so forderte all dies hier viel Aufmerksamkeit.

Die ganzen Besuche, der Papierkram, Gespräche die mit dem Jugendamt aufkamen- all das passte einfach nicht in meinen eh schon vollen Terminkalender, was bedeutete, dass ich meine knappe Freizeit dafür nutzen musste.

Um die paar Minuten wenigstens produktiv zu nutzen, fuhr ich damit fort, einen Bericht auf meinem Handy zu schreiben. Die hier herrschende Ruhe hielt jedoch nicht lange, als Seunghae sich tatsächlich regte- und lautstark hustete.

Irritiert sah ich vom Bildschirm auf, er mochte mein Bruder sein, aber das hieß dennoch nicht, dass wir einfach locker miteinander reden konnten.
Regelrecht feindseelig starrten seine dunklen Augen mich an, wobei er jedoch kein Wort sprach.

Die Anspannung zwischen uns wurde unterbrochen, als jemand die Tür zum Zimmer öffnete und grinsend eintrat.

"Ach Sehun, du auch hier?", fragte Jongin mich gelassen, während er direkt auf das Bett zulief.

Ich antwortete nicht auf die ohnehin rhetorische Frage, sondern beobachtete stattdessen interessiert wie er sich einfach auf die Bettkante setzte und Seunghae es sogar zuließ.

Aufmerksam verfolgte ich mit meinen Augen wie Jongin seinen kleinen Rucksack öffnete und etwas knisterndes hervorzog, was mir irgendwie bekannt vor kam.

Mein Blick schnellte zu dem kleineren Jungen im Krankenhaushemd, dessen Gesichtszüge sich innerhalb von Sekunden komplett verändert hatten.
Überrascht bemerkte ich das Glitzern in seinen Augen, während er immer noch stumm eine der kleinen Tüten entgegen nahm.

Mein offensichtliches Interesse schien nicht unbemerkt zu bleiben, denn nur ein paar Sekunden später, in welchen Seunghae sein Tütchen schon aufgerissen hatte, drehte der gebräunte junge Mann sich zu mir.

"Auch eins?", fragte er in ruhiger Stimmlage, während er mir etwas hin hielt.

"Was ist das?", fragte ich etwas skeptisch zurück, steckte dabei mein Handy in meine Hosentasche.

"Melonenbrötchen.", antwortete er simpel, immer noch abwartend ob ich es nun an mich nehmen würde oder nicht.

Langsam zog ich meine Stirn kraus, davon hatte ich höchstens mal gehört, aber gegessen?

"Sag mir nicht, das wäre dein erstes?",  spottete Jongin schelmisch grinsend, als er meine Verwunderung richtig gedeutet hatte.

Ertappt zog ich die Schultern kurz hoch, ehe ich mich von der Fensterbank abstützte und mir mein Brötchen holte.

Immer noch etwas misstrauisch öffnete ich die kleine Plastikverpackung, hingegen Seunghae, wie ich aus dem Augenwinkel mitbekommen hatte, schon seine dritte öffnete.

Dass der Junge so einen Hunger hatte, war mir gar nicht klar, ob er hier genug Essen bekam?

Aber warum aß er die Schokolade dann nicht? 

War es weil sie von mir kam oder mochte er einfach keine?

Konnte man gegen Kakaobohnen allergisch sein?

Zu viele Fragen schossen mir durch den Kopf, während ich gedankenverloren das fluffige Brötchen aus seiner Verpackung zog. 

Ohne weiter skeptisch zu sein biss ich hinein und konnte urplötzlich nachvollziehen, warum Seunghae gerade schon sein viertes in sich hinein stopfte. 

Ich hatte in meinem ganzen Leben vermutlich noch nie ein besseres Brötchen als dieses hier gegessen. 

Verwundert darüber, wie schnell mich ein Gebäckstück aus der Fassung bringen konnte, schüttelte ich leicht meinen Kopf und sah dann wieder zu Jongin herüber, welcher lächelnd zu Seunghae sah. 

Die Beiden sprachen nicht miteinander, aber der Fakt dass der Kleine Essen und Nähe des Älteren duldete, musste schon etwas bedeuten. 

Wie oft er ihn wohl besuchte? 

Oder besser gefragt wäre, was er anders als wir alle tun, dass er so locker mit meinem Bruder klar kam? 

"Schmeckt gut, richtig?", fragte Jongin schmunzelnd, während er seinen Blick wieder auf mich richtete. 

Irgendwie fühlte sich das Schlucken plötzlich schwer an und ich wurde nervös. 

Die Neugierde in mir war aktiver denn je ihm gegenüber und ich kam nicht um die große Frage, was ihn so anders machte. 

Geistesgegenwärtig nickte ich um überhaupt eine Antwort zu Stande zu bringen, wobei ich aber viel zu fixiert auf seine Haltung war. 

Wie passte all dies nur zusammen? 

Laut seinen Erzählungen kommt er eher aus armen Verhältnissen und mit seinem eher bronzefarbenen Hautton entsprach er auch nicht den idealen Schönheitsmaßen hier und dennoch strahlte er bei genauerem Hinsehen diese Aura aus. 

Ich hatte mich noch nie so dumm gefühlt, das Wort Aura zu nutzen und dennoch passte es gerade perfekt. 

Er schien nicht die Art Mensch zu sein die offen mit seinem Selbstbewusstsein rumprahlte, eher die, die es auf naturelle Art und Weise in den richtigen Situationen zeigte und dennoch für sich gekehrt war, was alles andere als negativ war. 

Dieses Grinsen was er manchmal an den Tag legte, sprach Bände.

Genau dieses Grinsen zierte auch jetzt wieder sein Gesicht, während er mich weiterhin ansah. 

Gänsehaut überzog meine von einer Jacke bedeckten Arme, als ich an den Abend von neulich zurückdachte. 

Was ihm dabei wohl durch den Kopf gegangen war?

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