∆11∆

•überarbeitet 12|19•

P.O.V. Kim Jongin

Nachdenklich beobachtete ich Sehun dabei wie er im Dunklen auf dem Rasen saß und Gras aus der Erde rupfte.

Dieses kommende Meeting musste ihm wirklich zu schaffen machen, schließlich war es das erste Mal für mich ihn so gestresst zu sehen.

Den Sehun den ich sonst immer zu Gesicht bekam, konnte man als aufmerksam, wortkarg und distanziert beschreiben. Sein Auftreten strotzte eigentlich nur so vor Selbstbewusstsein, wenn er das Haus verließ.

Das Lächeln was er der Welt zeigte war so schön anzusehen, dass man beinahe meinen könnte, es wäre echt.

Nun jedoch schien ein verstreutes, verlorenes Kind vor mir zu sitzen.

Vorsichtig setzte ich mich mit etwas Abstand neben ihn und sah hoch in den Himmel, welcher zwar nicht wolkenfrei war, aber immerhin einige Sterne zu bieten hatte.

Irgendwo war es komisch zu wissen, dass er jünger war und dennoch beruflich mehr als ich erreicht hatte, aber stören tat es mich nicht. Geld war schließlich nicht alles.

"Weißt du-", setzte ich nach einer Weile des Schweigens an.

"Manchmal hilft es einfach, das Ganze eine Weile ruhen und sich gehen zu lassen."

"Was weißt du schon darüber.", schnaubte er leise, was mich keinesfalls angegriffen zurückließ.

"Ich denke derjenige von uns der am wenigsten von dem Anderen weiß, bist du."

Nachdenklich sah er mich von der Seite an, starrte regelrecht, hingegen ich weiter gen Himmel blickte.

"Erzähl, jetzt bin ich neugierig. Was weißt du von mir, was ich nicht von dir weiß?"

"So gesprächig heute Mr. Oh?", schmunzelte ich, ehe ich meinen Blick ebenfalls ihm zu wandte.

Sichtlich unzufrieden damit, dass ich nicht sofort mit der Sprache rausrückte, starrte er mich weiterhin an.

"Mach ruhig so weiter, sowas stört einen nicht mehr, wenn man einen Mitbewohner wie meinen hat."

"Du lebst in einer WG?"

"Sozusagen, ja. Alles Nana's Verdienst."

Bei der Erwähnung ihres Namens musste ich automatisch lächeln, sie war eine gute Seele die all diesen Stress nicht verdient hatte.

"Nana sagte, ihr kennt euch schon euer halbes Leben, wobei sie nie groß über eben dieses redet. Seid ihr irgendwie zusammen aufgewachsen?"

"Warum interessiert dich das so?"

"Würde dich ihre Geschichte an meiner Stelle nicht interessieren?"

"Punkt für dich."

"Also?"

"Also?"

Genervt seufzte Sehun auf, während er sich durch die Haare fuhr.

"Warum so wortkarg?"

"Warum so ungeduldig?"

Beide sahen wir uns in die Augen, ehe wir zeitgleich grinsten und er dann wegsah.

"Ich denke wenn du mehr über sie wissen willst, solltest du sie selber fragen."

Ich stand auf und klopfte mir ein paar Grashalme von der Hose, ehe ich noch etwas sagte.

"Achso und falls du planst es mit ihr zu versuchen, muss ich dich enttäuschen. Sie ist schon in sehr festen Händen."

"So meinte ich das nicht- ich bin nicht- versteh das nicht falsch."

"Kann es dir nicht egal sein, wie ich es auffasse?", schmunzelnd drehte ich mich damit weg und ging ins Haus zurück.

Abgelenkt hatte ich ihn scheinbar gut, denn wie ich nach einer guten Viertelstunde hörte, hatte er sich auf sein Zimmer zurückgezogen und schien zu schlafen.

-----

Hellwach schlug ich die Augen auf, schon wieder der selbe Traum, schon wieder kein Weg zurück ins schlafende Nichts. Leise seufzte ich auf, bevor ich mich im Bett des Gästezimmer herum drehte und nach meinem Handy griff.

05:03 Uhr.

Was jetzt?

Missmutig wälzte ich mich im Bett herum, bis ich aufstand und duschen ging. Ich würde schon keinen damit wecken, schließlich waren alle außer mir im Obergeschoss.

Eine Viertelstunde später war ich beim Anziehen angelangt und eine weitere Viertelstunde später verließ ich das Haus zum joggen.

Der Morgen bot erfrischende Temperaturen und es war eine schöne Abwechslung, mal nicht in der mir so bekannten Umgebung ein paar Runden zu drehen.

Wenn mein Zeitgefühl mich nicht täuschte, war ich eine gute halbe Stunde später wieder im Haus, in welchem überraschenderweise reger Betrieb herrschte. Es war gerade einmal kurz vor halb sieben und dennoch war Fullhouse angesagt.

Kaum dass ich die Tür aufgeschlossen hatte, drückte Nana, wann auch immer die gekommen war, sich mit zwei Müllsäcken an mir vorbei nach draußen.

Taegyun rannte mit seiner Zahnbürste im Mund an mir vorbei und wurde weiter hinten im Flur von Sehun gebremst, irgendeiner musste dem Jungen ja eintrichtern, dass Rennen mit Dingen im Mund, nicht unbedingt gut war.

Überraschenderweise grinste Baekhyun mich aus der Küche an, während er etwas abtrocknete.
Keine Sekunde später wuselte mir ein Hund um die Beine, weswegen ich mich abwesend bückte und ihm durchs Fell strich.

"Was machst du hier?", sprach ich eine meiner vielen Fragen nun aus.

"Wonach siehts denn aus?", fragte er grinsend zurück.

"Er hilft mir aus.", beantwortete Nana meine Frage nun, auch wenn sie diese nicht mitbekommen haben konnte, da sie das Haus gerade erst wieder betrat.

"Und wozu bin ich dann hier?", fragte ich spottend zurück.

"Du-", sie drückte ihren rechten Zeigefinger gegen meine Brust. "Bist der Kinderjunge. Also geh deiner Arbeit nach. Taegyun wird in zwanzig Minuten abgeholt und Sehun wird seinen Dresscode für heute sicherlich vergessen haben."

"Habe ich nicht!", hörte ich die zu letzt genannte Person von irgendwo im Erdgeschoss rufen.

Angetan von ihrem Organisationstalent machte ich mich auf die Socken um Taegyun zu finden.
Dass ich eigentlich noch einmal duschen wollte, stand gerade im Hintergrund, schließlich hatte ich nur noch zwanzig Minuten um meinem Job nachzugehen, das war gerade wichtiger.

Beim flüchtigen Absuchen der Räume kam ich nicht drum herum darüber nachzudenken, wie sie sich so sehr in dieses Familienleben integriert hatte und wie ich das ebenfalls meistern würde, wenn ich diesen Job gut machen wollte.

Plötzlich öffnete sich eine Tür vor mir und Taegyun eilte in einem ihm viel zu großen, nicht zugeknöpften schwarzen Hemd an mir vorbei.

Wohlgemerkt, diesmal ohne Zahnbürste.

"Taegyun!" Sehun stürmte oberkörperfrei an mir vorbei und bald darauf hörte ich den Hund aufgeregt bellen und das Tapsen seiner Schritte.

Ich erwischte mich dabei, wie ich lächelnd in der Gegend herumstand und beinahe das Gefühl hatte, Teil einer Familie zu sein. Von den stressigen Gefühlen meinerseits der letzten Tage, war keine Spur mehr.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top