twenty two
twenty two──────
„Oh Gott, oh Gott, oh Gott, oh Gott."
Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen beobachtete ich George, der auf meinem Sofa saß und sich irgendeinen Weihnachtsfilm ansah. Er bewegte seine Lippen dabei, was mich vermuten ließ, dass er den Film schon oft genug gesehen hatte.
Es war mittlerweile später Nachmittag und ich würde bald mit dem Abendessen anfangen. Jetzt, wo ich für zwei Personen kochte, musste ich ein wenig eher damit anfangen. Ich musste zugeben, dass es zwischen George und mir gerade irgendwie ... nicht so gut lief. Ich meine, wir hatten nicht gestritten, aber uns wirklich unterhalten hatten wir auch nicht. Ich hatte irgendwann den Fernseher angemacht, wo ja Weihnachtsklassiker in Endlosschleife liefen, und dann war es irgendwie still geworden – aber nicht dieses angenehme still, sondern dieses ‚wir sollten reden, aber wir tun es nicht' still. Ich hasste es.
Deswegen hatte mein Gehirn eine zugegebenermaßen dumme Idee gehabt. Eine ganz dumme Idee, die ich selbst so dumm fand, dass ich hoffte, George würde es genauso sehen und mich auslachen.
Ich räusperte mich leise und dann noch einmal lauter, als George nicht vom Fernseher auf sah. „Georgie?" Der brünette Haarschopf sah ruckartig zu mir. „Ich ... ähm ... naja, also, wir sind ja gerade beide nicht so ... entspannt ... und da dachte ich, dass wir vielleicht ... also ähm, du musst wissen, dass meine Schwägerinnen Eggnog abgöttisch lieben und mich deswegen zwingen, dass ich es zu den Feiertagen immer in Haufen lagere ... und ... ähm ..." Ich zeigte George das Tetrapack in meiner Hand. „Ich hab ziemlich viel übrig, also ... magst du sowas? Ich könnte es uns aufwärmen?"
„Wenn ich ehrlich bin, habe ich das noch nie getrunken", gab George zu und kratzte sich am Nacken. „Aber ich probiere es gerne? Ich meine, es ist Weihnachten und Eggnog ist weihnachtlich oder?"
„Ja", nickte ich lachend und verschwand in die Küche, um den Eierlikör zu erhitzen. Währenddessen suchte ich meine zwei größten Tassen zusammen. Eigentlich servierte man Eggnog in Gläsern, aber ich fand es in Tassen immer praktischer. Einige Minuten später drückte ich eine eben dieser Tassen in Georges Hände. „Ich hab es nicht komplett heiß werden lassen, damit wir uns nicht die Zungen verbrennen."
„Okay." Neugierig betrachtete ich, wie George die Tasse an seine Lippen setzte und leicht am Getränk nippte. Seine Zunge fuhr über seine Lippe, als er nachdenklich seine Stirn runzelte. Dann sah er mich begeistert an. „Schmeckt super." Ich wusste nicht, was wärmer war: Die Tasse in meinen Händen, meine Wangen oder mein Herz.
Kichernd stieß ich meine Tasse gegen seine. „Na dann, Prost."
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„Georgie!", rief ich lachend aus und schlug die Hand des brünetten Jungens weg. „Ich hab doch gesagt, dass das noch abkühlen muss!"
„Ich hab aber Hunger", jammerte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.
Ich rollte mit den Augen. „Ich hab den Salat gleich fertig. Du kannst ja dann schon mal den essen. Hast du überhaupt den Tisch schon gedeckt?"
„Ja", erwiderte George gedehnt und ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Wir waren bereits bei dem dritten Tetrapack Eggnog und wie sich herausstellte, war George nicht wirklich trinksicher. Er war sicherlich noch nicht betrunken. Doch während ich mich selbst als etwas betütelt ansah, war George eher beschwipst. „Bist du jetzt fertig?"
„Ja, doch." Kopfschüttelnd drückte ich George die Salatschüssel in die Hand und ließ ihn sie zum Esstisch im Wohnzimmer bringen. Eigentlich hatte ich einen Salat nicht geplant gehabt, allerdings hatte das Hackfleisch nicht für noch mehr Paprika gereicht, also hatte ich umdisponieren müssen. Als ich ins Wohnzimmer kam, hatte George bereits uns beiden Salat aufgetan und unsere Tassen mit Eggnog gefüllt.
„Guten Appetit", sagte er eilig, sobald ich die gefüllten Paprikas ebenfalls auf den Tisch gestellt hatte und auf meinem Stuhl saß. Er schaufelte sich den Salat fast schon rein. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und begann selbst zu essen. Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter und lobte meine Kochkünste. George schien es auch zu schmecken, da er zwischen Bissen immer wieder leise fluchte und seufzte. Irgendwie war es ganz angenehm, wenn er mal nicht diesen Filter zwischen seinem Gehirn und seiner Zunge hatte. Wahrscheinlich konnte man jedoch auch dasselbe über mich sagen. Mit diesem Gedanken griff ich nach meiner Tasse und trank einen großen Schluck Eierlikör.
Während dem Abendessen verfielen George und ich in ein entspanntes Gespräch über Gott und die Welt. Er erzählte mir mehr über seine Arbeit und über die Leute, mit denen er es täglich zu tun hatte. Wir stellten ziemlich schnell fest, dass ich keinen der Sportler kannte, die er mal interviewt hatte. Nachdem er mich zum dritten Mal fragte, weshalb ich nicht mal die berühmtesten Personen kannte, trat ich ihm sanft gegen das Schienbein und erzählte ihm davon, wie ich alles Sportliche von mir stieß, um nicht mit meinen Brüdern verglichen zu werden.
„Aber würdest du mich wirklich von der Bettkante stoßen?", hatte George dann gekontert, doch bevor ich irgendeine Antwort hatte stottern können, war er vom Tisch aufgestanden und begann die leeren Teller in die Küche zu bringen. Es brauchte mich einige Sekunden um meinen Herzschlag zu normalisieren.
Es war bereits elf Uhr abends, als alle Lichter und der Fernseher plötzlich ausgingen. Ein tiefes Seufzen verließ meine Lippen.
„Ich hab geahnt, dass bei dem Sturm noch der Strom ausfällt", sagte ich zu George oder zumindest in die Richtung, wo er davor noch gestanden hatte.
„Hast du ein paar Kerzen?" Ich lachte. Ich besaß das halbe Kerzensortiment von IKEA und das wurde George auch ziemlich schnell klar, als sich nach und nach der Raum mit Kerzenlicht füllte. „Wow, wird man irgendwann bekifft von dem Geruch?"
„Ich fürchte eher, dass du in deinem Suff in den Flammen verbrennst", murmelte ich mehr zu mir selbst, doch George schien es gehört zu haben. Schmollend schob er seine Unterlippe vor und breitete dann seine Arme aus. Ich warf ihm einen verwirrten Blick zu. „Was?"
„Du hast dich über mich lustig gemacht und jetzt musst du es mit einer Umarmung wiedergutmachen."
Ich verkniff mir ein Augenrollen, zündete die letzte Kerze an und ließ mich neben George auf die Couch fallen. Dort zog ich George sanft in meine Arme. Ich spürte sofort wie mein Herz anfing wie verrückt zu schlagen und wie meine Wangen heiß wurden. Dies – oder Georges betörender Geruch – war auch der Grund, warum ich mein Gesicht in seinem Hals vergrub.
Ein kaum hörbares Seufzen verließ meine Lippen und ich drückte mich ein wenig näher an den Jungen. Ich hatte nicht erwartet, dass er so weich war – schließlich war er ja schon ein kleines Muskelpaket. Je länger ich in seinen Armen lag, desto mehr fielen mir die Augenlider zu.
„Übernachtest du hier oder in deiner Wohnung?", murmelte ich gegen Georges Hals mit geschlossenen Augen. Ich bildete mir ein, dass ich sein Herz im Galopp schlagen hörte.
„Ich würde hier bleiben, wenn es dir nichts ausmacht."
„Okay", erwiderte ich leise. „Du kriegst mein Bett."
„Em, nein, ich -"
„Keine Widerrede. Ich hab das Bett bereits für dich fertig gemacht. Und hier auf dem Sofa hab ich genug Kissen und Decken." Ich löste mich widerwillig aus unserer Umarmung, um George einen strengen Blick zu zu werfen – oder zumindest so streng wie es mir mit literweise Eggnog intus möglich war. Es endete darin, dass ich George auf die Nasenspitze tippte.
„Ich glaube, ich bin betrunken", hörte ich George flüstern, als er seine Arme fest um mich schlang, sodass ich mit meiner Nase gegen seine Wange fiel.
„Ich auch", kicherte ich und lehnte mich weiterhin an Georges Gesicht. Ich spürte, wie seine Finger durch mein Haar fuhren und wie er schließlich eine Hand um mein Kinn schloss und mein Gesicht zu ihm drehte. Für einen Moment starrten wir uns wortlos in die Augen. In dem kaum vorhandenen Licht sahen Georges Augen fast schon schwarz aus. Doch es war kein angsteinflößendes schwarz, sondern eher eins, dass dich einfing und nicht mehr gehen lassen wollte.
Ehe ich mich versah, hatte George seine dünnen Lippen auf meine gelegt und mir entwich ein überraschter Ton. Ich hatte meine Augen weit aufgerissen, schloss sie jedoch sobald ich den Kuss erwiderte.
Mein Herz pochte so laut in meiner Brust, dass George es auch hören musste. Eine Welle von Adrenalin durchflutete meine Venen und ich hatte das Gefühl, ich würde bald vor Freude weinen.
Ich küsste George.
George küsste mich.
Langsam und behutsam lehnte ich mich nach hinten, damit ich mit dem Rücken auf der Couch lag. Da ich meine Arme mittlerweile um Georges Hals geschlungen hatte, musste er wohl oder übel mit und endete schließlich über mir. Meine Hände wanderten in seine Haare, in welche ich meine Finger vergrub. Ich war mir nicht ganz sicher, wo Georges Hände war. Sie waren überall und doch irgendwie nicht an den richtigen Stellen.
Ein Wimmern verließ meine Lippen, als ich meinen Körper fest an Georges drückte. Ich wollte mehr, mehr, mehr.
Doch plötzlich war George wie versteinert. Seine Hände hörten auf über meine Seite zu wandern und seine Lippen lagen zwar noch auf meinen, bewegten sich jedoch nicht mehr. Irritiert löste ich mich ein wenig von ihm und sah ihn forschend an. Georges Blick war der voller Panik.
Abrupt setzte er sich auf. Seine Haare standen ihm wie wild vom Kopf ab, woran ich wohl nicht unbeteiligt war.
„Ich ... du ..." Georges schien nach seinen Worten zu suchen. „Gute Nacht." Er sprang fast schon vom Sofa und sprintete in mein Schlafzimmer. Die Tür knallte laut hinter ihm zu.
Verwirrt starrte ich die Zimmerdecke an. Was war gerade passiert? Hatte ich etwas Falsches gemacht?
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
George war verliebt.
George war verliebt und wir hatten gerade rumgemacht. Wahrscheinlich war der Arme doch mehr betrunken gewesen, als ich es gedacht hatte. Wahrscheinlich hatte er nun ein schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich wollte er seinem Schwarm nicht untreu sein.
„Oh Gott, was habe ich getan?"
Ich kann irgendwie nicht fassen, dass nach dem hier nur noch zwei Kapitel kommen 😫
Gemery hatte endlich ihren ersten Kuss! Aber irgendwie ist das ganze dann doch nicht so gut gelaufen ... Glaubt ihr die beiden werden sich im nächsten oder im letzten Kapitel aussprechen? Wir fandet ihr, dass die beiden ein wenig Alkohol gebraucht haben, um das Eis zu brechen?
Love xx
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