9. Das Mädchen mit den Messern
Teo:
Laut der großen Uhr an der Wand bin ich erst seit einer Stunde hier.
Ich fühle mich, als wäre ich seit Tagen in dem Trainingscenter.
Ich habe versucht Gewichte zu stemmen, habe gelernt wie man Knoten bindet die auch tatsächlich halten, habe dem Vortrag über Giftpflanzen zugehört und alles sofort wieder vergessen und ich habe sogar versucht, eine Pistole zu bedienen.
Allerdings hatte ich dermaßen Angst, dass ich ausversehen jemanden erschieße, dass ich die Pistole wieder weggelegt habe, bevor ich sie überhaupt entsichern konnte.
Also laufe ich wieder zu der Station mit dem Knotenbinden.
"Vielleicht solltest du anfangen, dich mit Waffen ... anzufreunden.", schlägt Patricia vor, die immer dann in meiner Nähe auftaucht, wenn ich auf keinen Fall mit ihr reden will. So wie jetzt.
Ich nehme ihr die Sache übel, ich nehme ihr übel, dass sie gelacht hat: Auch wenn ich selbst nicht weiß, warum mich das so aufregt.
"Soll ich etwa jemanden mit einem Speer erstechen?!", frage ich trocken. Patricia steigen sofort wieder Tränen in die Augen und sie spricht leiser weiter: "Hör endlich auf damit Teo! Es tut mir so leid! Und du warst ja gar nicht dabei, du hast es ja gar nicht gesehen!"
"Ich soll also mit Waffen trainieren?!", wiederhole ich und ignoriere damit ihre letzte Aussage. Patricia wischt sich über die Augen: "Auf jeden Fall. Sonst wird dich jeder ohne Mühe fangen können, so als wärst du ein hilfloses Kaninchen!"
"Und mit was für Waffen soll ich deiner Meinung nach arbeiten?", frage ich und gebe mir keine Mühe, meinen genervten Unterton zu verstecken.
"Weil du mit einer Pistole nicht klar kommst und schwere Sachen wohl auch nicht so dein Ding sind ... vielleicht mit Messern?", meint Patricia.
"Womit willst du denn arbeiten?", frage ich sie. "Auch mit Messern?"
"Wahrscheinlich!", antwortet sie. "Aber jetzt muss ich weitertrainieren, viel Spaß noch!"
Sie steht auf und geht eilig zu Laura, die anfängt die nächste Puppe mit ihren Speeren zu malträtieren. Ich wende mich von ihnen ab und gehe zu der Station mit den Messern.
An einem Drahtgitter hängen fünfzehn verschiedene. Es gibt größere und kleinere, aber selbst das größte hat eine höchstens zwanzig Zentimeter lange Klinge.
Besonders interessant finde ich die Messer mit gezackten Klingen. Damit kann man garantiert am meisten machen, vielleicht auch Leute so stark verletzen, dass sie nicht ganz tot sind, aber auch nicht mehr richtig leben ... ich weiß allerdings nicht, wie das genau möglich sein sollte.
Nach kurzem überlegen nehme ich mir ein Messer mit zehn Zentimeter langer, gezackter Klinge und ebenfalls zehn Zentimeter langem Griff.
Vor mir stehen diegleichen Puppen wie vor Laura und Patricia.
Über den Herzen ist eine Zielscheibe aufgemalt, der restliche Körper ist mit farbigen Linien gekennzeichnet.
Ich habe noch nie ein Messer geworfen, aber ich schätze, ich sollte es lernen. Wenn ich wirklich töten muss, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich es nur aus der Ferne schaffe.
Von nahem jemanden erstechen?! Mir wird schon am Gedanken daran schlecht!
Also stelle ich mich vor die Puppen, atme tief durch und werfe das Messer. Es fliegt an der Puppe vorbei und kracht in die Metallabsperrung dahinter.
"Ich hoffe für dich, dass du uns alle täuschen willst und deshalb so tust als könntest du schlechter kämpfen als ein Rotkehlchen!", sagt eine spöttische Stimme hinter mir.
Octavia.
"Was meinst du?", frage ich verwirrt.
"Hast du jemals ein Messer geworfen? Oder überhaupt mit einem gearbeitet?", fragt sie, mittlerweile schwankt Ungläubigkeit in ihrer Stimme mit.
"Ähm ...", mache ich verlegen.
"Okay!", sagt sie und holt mein geworfenes Messer. Ich denke zuerst, dass sie es selbst werfen will, aber sie hält es mir hin.
"Warum denkst du, hast du nicht getroffen?", fragt sie mich.
Ich kratze mich am Kopf: "Weil ich schlecht geworfen habe?"
"Definitiv. Aber das ist nicht der einzige Grund. Erstmal hast du ein wirklich furchtbares Messer zum werfen ausgewählt. Siehst du nicht, dass es gezackt ist?! Eins mit glatter Klinge fliegt viel besser!", erklärt sie, geht zu dem Metallgitter und holt fünf Messer, die alle eine glatte Klinge haben. Vier davon gibt sie mir, eins behält sie.
"Wenn du wirfst, dann nicht aus dem Handgelenk. Wirf aus dem Ellenbogen!", erklärt Octavia.
"Du wirfst also öfter mit Messern um dich?", frage ich.
"Es ist mein Hobby!", antwortet sie ungerührt und wirft das Messer. Es landet genau dort, wo das Herz der Puppe markiert ist.
"Jetzt du!", meint sie und nimmt mir drei der Messer ab.
Ich stelle mich so hin wie vorher sie und nehme das Messer in die rechte Hand.
Dann atme ich aus und werfe aus dem Ellenbogen - das Messer trifft den Arm der Puppe und prallt ab.
"Wenn du dein Ziel jetzt noch mit der Klinge triffst steigen deine Überlebenschancen vielleicht auf zehn Prozent!", meint Octavia und gibt mir die restlichen Messer.
"Willst du nicht weiterwerfen?", frage ich verwirrt.
"Warum sollte ich jetzt schon zeigen, was ich gut kann?", fragt sie.
"Hast du doch schon. Du hast getroffen, genau über dem Herzen!", bemerke ich und deute auf das Messer, das immer noch in der Puppe steckt.
"Denkst du wirklich, dass das, was ich dir gerade gezeigt habe, das Limit ist von dem was ich kann?!", fragt sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ich klappe den Mund auf und schließe ihn wieder. Dann wende ich mich ab und werfe noch zwei Messer, die beide die Puppe verfehlen.
"Ach, noch ein Tipp: Konzentrier dich vielleicht aufs überleben, nicht aufs töten!", meint Octavia.
"Willst du mir gerade sagen, dass ich nicht mit Waffen umgehen kann?!", frage ich wütend.
"Ja.", antwortet sie und geht zu der Station über Giftpflanzen.
Ich gucke nachdenklich auf die Stoffpuppen, dann hole ich die Messer und übe weiter.
Hi!
Insgesamt sind es jetzt über 100 Views bei dieser FanFiction! Deshalb einfach kurz DANKE!
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Einfach DANKE!
Und noch einen schönen Sonntag! :-)
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