24. Eingefangen

Teo:

Mein Zeitgefühl ist weg, aber wir laufen bestimmt stundenlang durch den Wald. Irgendwann verlangsamen wir unsere Schritte und ich breche sofort auf dem Boden zusammen.

Ich war wohl viel müder, als ich dachte, denn als ich aufwache ist es dunkel. Ophelia lehnt an einem Baumstamm, mit geöffneten Augen. Anders als sonst immer sehe ich kein Messer in ihren Händen.

"Hey.", sage ich.

"Hey.", erwidert sie.

"Alles okay?"

"Du hast ganz schön was verpasst."

"Ach ja? Gab es wieder Zuckerwatte?", frage ich. "Oder - okay, was habe ich verpasst?"

"Wieso hast du so gute Laune?", fragt Ophelia verwirrt.

"Ich weiß es nicht.", gestehe ich. "Ich-"

"Es gab wieder Tote."

Ich schlucke: "Wer ... wer-"

"Ich weiß es klingt vielleicht etwas seltsam für dich: Aber wie wäre es, wenn wir uns auf die Lebenden konzentrieren?"

"Okay. Okay!", nicke ich und richte mich auf. "Wer lebt noch?"

"Beide Tribute aus Distrikt 2. Patricia. Du. Und ich."

"Was?", frage ich verblüfft. "WAS?!"

Sie nickt, um ihre Worte noch einmal zu betonen: "Das sind die einzigen, die noch leben."

"Wie ... warum sind die anderen alle tot?"

"Ich habe einige Schreie gehört, aber sie waren zu weit weg.", erzählt Octavia. Ihr Blick wird glasig. Wahrscheinlich erinnert sich sich daran und es ist wohl definitiv keine schöne Erinnerung.

"Wir hätten nichts tun können, außer uns selbst in den Tod zu bewegen.", meint sie, ihre Stimme klingt mit jedem Wort belegter. "Wir sind alle nur noch Kaninchen für sie. Wenn überhaupt noch Lebewesen! Wir sind aus einem einzigen Grund hier: Wir sind nicht hier zum Überleben, wir sind ausschließlich hier zum Töten."

"Wieso? Wir sollen doch-"

"Das hier ist kein Survival-Training oder was auch immer. Sie wollen uns am liebsten alle töten. Aber damit das Ganze noch etwas krasser wird, töten wir uns gegenseitig. Und was ist ein besserer Antrieb als die Chance darauf, als Gewinner zu gelten? Als Gewinner über Leben und Tod?"

"Klingt krass.", murmel ich. "Aber warum macht man so etwas?"

"Weil man es kann. Und weil sie der Meinung sind, dass wir es verdient haben, alle zu sterben. Ich meine, wir werden ja alle sterben, eines Tages. Aber nicht alle heute."

"Wir zum Beispiel nicht.", sage ich.

"Mindestens einer von uns wird sterben.", stellte Octavia klar. "Und ich werde dich nicht umbringen. Weißt du Teo? Natürlich kann ich die Zukunft nicht vorhersagen, das kann niemand: Aber ich weiß, dass ich in dieser Arena sterben werde."

"Wieso? Du bist doch gut mit dem Messer-"

"Ja. Bin ich. Sogar sehr gut. Aber ... du musst auch töten wollen. Es reicht nicht, nur töten zu können."

"Das heißt ... ich sterbe auch?"

Octavia nickte: "Mein einziges Ziel ist es ... nur nicht heute zu sterben. Es ist gleich Mitternacht. Danach ist es okay. Aber ich will getrennt von dem Massaker heute zu Grunde gehen."

"Wieso?"

"Ein Massaker ist Massenmord. Und wir sind nicht eine Masse. Wir sind Menschen, jeder von uns ist ein eigener Mensch."

"Welch schöne Rede.", meint jemand spöttisch, wir fahren beide erschrocken herum. Die Leute aus Distrikt 2 stehen vor uns.

Und sie sind beide bewaffnet.

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