16. Kameras

Teo:

Das erste was ich höre ist ein Klatschen. Es hört sich ganz seltsam an, zu leicht für ein Tier oder ein Mensch oder eine Waffe.

Dann ist da dieses Rauschen im Hintergrund. Ich bewege mich etwas und bereue es sofort: Mir tut alles weh. Ich kann jeden einzelnen Knochen im Rücken spüren und als ich den Nacken nach vorne beuge knackt es so laut, als würde ich einen Ast abbrechen.

Stöhnend lege ich meinen Kopf zurück auf das harte Ding hinter mir. Ich glaube, es ist ein Baum.

Warum lehne ich an einem Baum?

Warum kleben meine Haare an meiner Stirn?

Wa-

"Hey Teo!". Ich schreie erschrocken auf, reiße die Augen auf und drehe mich in die Richtung aus der die Stimme kam.

Es ist Rob und um mich herum ist der Wald. Und es regnet ziemlich stark.

"Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. Aber wir sollten uns unterstellen, eine Erkältung wäre das Letzte was wir hier gebrauchen könnten!", meint Rob.

"Wie viel Uhr ist es?", frage ich müde und stehe vorsichtig auf, um nicht auf dem nassen Moos auszurutschen.

Rob zuckt mit den Schultern: "Keine Ahnung. Ich schätze auf Frühmorgens, also ungefähr fünf Uhr?!"

Ich nicke, zum Zeichen, dass ich ihn verstanden habe.

"Hey, alles in Ordnung?", fragt Rob, als ich nicht direkt antworte.

Ich nicke. Ganz langsam kapiere ich, wo ich bin und beantworte alle meine Fragen von vorhin nacheinander.

Meine Haare kleben auf meiner Stirn weil es regnet, ich lehnte an einem Baum, weil es hier sonst nichts gibt und ich bin in einer Arena, in der Nähe von einem Jahrmarkt und Anderen die mich Tot sehen wollen.

Am liebsten würde ich noch einmal schreien.

"Hey sieh mal!", sagt Rob aufgeregt und nickt in die Richtung eines schwarzen Kasten. Ich starre das Ding an: "Was ist?!"

"Guck nicht so auffällig dahin! Das ist eine Kamera!", wispert Rob aufgeregt. "Und siehst du den blauen Punkt? Sie filmen uns! Ganz Panem kann uns gerade sehen!"

"Warum sollte ganz Panem um fünf Uhr morgens fernsehgucken?", frage ich verwirrt.

"Weil sie uns sehen wollen und vielleicht habe ich mich ja auch mit der Zeit getäuscht und es ist schon fast Mittags! Auf jeden Fall müssen wir das Publikum unterhalten!", meint Rob aufgeregt.

"Was?!".

"Na, damit die Leute uns mögen! Dann können wir wenigstens noch einmal Stars sein bevor wir sterben!", erklärt Rob.

"Und was willst du machen? Handstand und Jonglieren?", frage ich.

Rob sieht mich missbilligend an: "Nimm das bitte ernst! Es bedeutet mir wirklich etwas!"

Ich seufze leise, lächel aber dabei - bis mir ein gruseliger Gedanke kommt: "Wie lange filmen die uns schon?!"

"Keine Ahnung. Wir sehen ganz okay aus, nur ein bisschen zugerichtet. Vielleicht haben wir schon Fangirls die jedes mal rot werden, wenn sie uns sehen.", überlegt Rob, der immer aufgeregter wird.

"Ich will nur überleben.", sage ich ausweichend, ohne irgendeinen richtigen Kontext.

"Ich doch auch!", meint Rob und zum ersten mal habe ich das Gefühl, dass er mich anlügt.

Dass es ihm um mehr geht, als ums Überleben.

.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.

Wir laufen schließlich zurück zum Jahrmarkt, nachdem wir absolut nichts höhlenartiges gefunden haben.

Vielleicht sind die Buden ja offen und wir können uns darin verkriechen bis der Regen aufhört.

Wir orientieren uns an dem Riesenrad, das man fast von überall sehen kann, wenn man ungefähr weiß, in welcher Richtung es steht.

"Wir könnten hochklettern und uns in einen der Waggons setzen!", schlägt Rob nachdenklich vor und guckt mit zusammengekniffenen Augen in den Himmel.

"Schlechte Idee.", sage ich sofort. "Wenn es ein Gewitter ist und dann Blitze kommen, kann das Riesenrad getroffen werden!"

Rob sieht mich annerkennend an: "Nicht schlecht! Komm, wir gehen zu der Süßigkeiten-Bude!"

Unsere Hoffnungen werden enttäuscht, alle Rollos sind genau wie gestern unten und mit Schlössern gesichert.

"Wir könnten eins aufbrechen!", schlägt Rob vor und dreht das dicke Schloss hin und her.

Ich schüttel den Kopf und lasse nachdenklich den Blick schweifen, als mich jemand heftig schubst.

Ich schaffe es tatsächlich, nicht hinzufallen, stolper allerdings ein paar Schritte zurück. Rob sieht mich mit wutverzerrtem Gesicht an: "Weiß du eigentlich, wie nervig du bist?"

"Was?", frage ich irritert.

"Egal was ich sage, du sagst immer, dass es nicht funktionieren würde! Wie wärs, wenn du dir mal selbst überlegst, wie wir überleben können, hm?!", brüllt Rob.

"Aber-"

"SEI LEISE! Du wirst wahrscheinlich der Grund sein, weshalb wir beide draufgehen! Weil du einfach nichts kannst, oder?!"

"Rob?", frage ich, komplett verwirrt. "Was-"

"Du scheinst dich nur um dich selbst zu kümmern!"

Und da kapiere ich es. Suchend sehe ich mich um und entdecke wie erwartet eine Kamera mit blauem Punkt.

Es ist nur Show.





Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top