15. Das Spielfeld
Teo:
Die Sonne geht unter. Das erkennt man nicht an einem rosafarbenen Himmel mit hellgelben Wolken.
So sieht der Himmel zuhause aus. Hier wird es einfach nur dunkel, das gelbliche Licht wird grau.
Ich laufe seit Stunden durch den Wald, immer wenn ich stehen bleibe denke ich wieder über die Sachen nach, die ich gesehen habe.
Also versuche ich, möglichst nicht stehen zu bleiben. Mittlerweile bin ich allerdings komplett am Ende, jeder Atemzug geht schwerer.
Also rutsche ich an einem Baumstamm nach unten und lege meinen Kopf gegen die harte Rinde.
Immerhin regnet es nicht.
Hinter mir knackt etwas im Unterholz, ich hebe müde den Kopf und sehe mich um - Nichts.
Bis auf träges Vogelgezwitscher ist auch nichts mehr zu hören. Dann rascheln hinter mir die Blätter.
Ruckartig stehe ich auf, was eine sehr schlechte Entscheidung ist. Als ich stehe wird mir sofort schwarz vor Augen und kleine bunte Sterne blinken vor meinem Sichtfeld. Ich taumel etwas nach links und rechts, stoße gegen den Baum an den ich mich eben noch gelehnt habe und falle schließlich unsanft auf den Boden.
"Hi Teo!", sagt die Stimme von Rob. Er klingt nicht bedrohlich, eher überrascht.
Also sehe ich langsam nach oben in Robs zerschrammtes Gesicht: "Hi!"
"Alles gut bei dir?", fragt er und reicht mir die Hand. Ich nehme sie und ziehe mich daran hoch, dann klopfe ich mir grob feuchte Erde und Moosstücke von der Jacke: "Du bist wohl nicht in Mordlaune?!"
Rob lacht: "Ich bin kein Mörder. Ich will auch nur überleben!"
"Hast du schon jemanden getötet?", frage ich.
"Ich denke nicht.", sagt Rob zögernd. "Aber ... weißt du, in so einem Gemetzel wie eben ... sieht man manchmal nicht, wohin man wirft, wenn-"
"Solange es nicht absichtlich war!", unterbreche ich ihn. Rob lächelt nervös.
Ich erinnere mich wieder an die Worte meiner Mutter. An die Sache mit dem Team und so.
Ich kenne Rob zwar nicht wirklich, aber ich denke, ich kann ihm vertrauen. Ich meine, würde er mich töten wollen, hätte er das ja sofort tun können!
"Willst du allein weiter, oder kann ich mitkommen?", frage ich deshalb.
"Du kannst ruhig mitkommen. Aber ich warne dich: Ich werde noch so lange laufen, bis ich an dem Metallgerüst bin!"
"Metallgerüst?"
"Ja, du weißt schon. Das Ding hinter den Bäumen. Ich glaub, wir sind fast da! Und ich will wissen, wie die Umgebung hier genau aussieht!", meint Rob. "Also komm."
Ich befürchte schon, weitere drei Stunden laufen zu müssen, aber nach höchstens zwanzig Minuten bleibt Rob ruckartig stehen: "Teo!"
"Was ist?", frage ich schwach und hebe den Kopf. Das, was ich sehe, verschlägt mir den Atem.
Wir stehen vor einem Riesenrad. Das Metallgerüst ist ein Riesenrad!
Die Waggons sind klein und jeweils blau oder rot-weiß gestreift. Fenster gibt es nicht, sie sind offen und haben als Dach eine Art Regenschirm mit dergleichen Musterung wie die niedrigen Wände der Waggons.
"Also, ich hab mit allem gerechnet aber nicht damit!", staunt Rob neben mir. "Es gibt sogar ein Kassenhäuschen! Das ist einfach unglaublich!"
Ich nicke nur stumm und lege meine Hand auf eine der Metallstangen. Das Metall ist kühl und es klebt auch kein Blut daran.
"Teo, sieh dir das an!", ruft Rob, der um das Riesenrad herumgelaufen ist. Ich folge seiner Stimme und stehe schließlich auf einem richtigen Jahrmarkt.
Um uns herum stehen ordentlich aneinandergereihte Buden, alle sind geschlossen und mit dicken Schlössen gesichert. Gegenüber von dem Riesenrad, ungefähr hundert Meter entfernt, steht ein Karussel mit braunen und weißen Pferden.
Wir stehen wirklich auf einem Spielfeld.
Etwas so lustiges wird für uns zu einer Art Friedhof.
"Zuckerwatte!", sagt Rob strahlend und deutet auf eine rosa angemalte Bude mit schreiend bunten Plakaten auf denen die verschiedensten Süßwaren abgebildet sind.
Er läuft darauf zu und ich will ihm schon folgen, als ich wieder etwas knacken höre.
Irgendwo rechts hinter mir, wo der Wald ist.
Das letzte mal als ich dieses Knacken gehört habe, war es nur Rob, aber was ist, wenn es dieses mal jemand oder etwas gefährliches ist?!
Langsam laufe ich auf das Geräusch zu: "Rob? Ich glaube, wir sollten hier weg!"
Er hört mich nicht.
Wieder knackt es, mir wird eiskalt und mir fallen wieder all die Waffen ein, die einige Tribute mit sich herumtragen.
"Was ist, Kumpel?". Rob stößt mich spaßhaft in den Rücken, ich zucke heftig zusammen.
"Alter, wirst du schon paranoid oder was?!", lacht er.
"Ich dachte nur, ich hätte was gehört!", sage ich und werfe noch einen Blick zu dem Wald hinter mir.
"Vielleicht verfolgen uns die aus Zwei ja schon. Möglich wär's!", meint Rob schulterzuckend. "Vielleicht hast du Recht: Lass uns weiter!"
"Nicht nur: Wir suchen uns einen Schlafplatz! Wenn wir müde herumtorkeln sind wir leichte Beute!", ergänze ich energisch. Rob sieht mich abschätzend an, bevor er mir auf die Schulter klopft und grinst: "Gute Anmerkung! Vorschlag angenommen!"
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