13. 60 Sekunden
Teo
Die runde Plattform bewegt sich. Ich stolpere fast gegen die durchsichtige Röhre, die mich umgibt.
Um mich herum, hinter der Röhre, liegt der Raum, in dem ich meine Ausrüstung bekommen habe.
Beziehungsweise das, was hier Ausrüstung genannt wird. Ich trage andere Klamotten, ohne irgendwelche Schmuckelemente.
Darunter auch eine Regenjacke, ein Pullover und ein relativ dünnes T-Shirt. Dadurch bin ich wohl für verschiedenes Wetter ausgerüstet.
Waffen oder Lebensmittel habe ich nicht bekommen. Irgendwie bin ich froh, dass auf meiner Jacke keine große Eins ist.
Die Röhre um mich herum verschwindet, die Plattform rastet ein.
Ich sehe braungrünes Moos und höre leises Vogelgezwitscher. Dann ertönt die Stimme von Baldwin.
"Willkommen zu den allerersten Hungerspielen! Unsere Tribute sind eingetroffen, der Countdown läuft ab jetzt!", brüllt er, seine Worte scheinen von überall wiederzuhallen.
Ich sehe auf und das was ich sehe, verschlägt mir den Atem, während mein Herz noch schneller schlägt.
Die Plattformen sind in einem Halbkreis auf einer riesigen Lichtung angeordnet, in der Mitte ist ein silbernes Füllhorn und um das Ding herum liegt das, was den Titel Ausrüstung auch verdient hat.
Ich sehe Rucksäcke, Messer, Speere, Essen und vieles Mehr. Davon hat man uns nichts erzählt, wurde das in letzter Sekunde entschieden?
Ich werde noch aufgeregter, soweit das möglich ist. Wurden die Bomben deaktiviert?
Können wir dort hinlaufen um uns Zeug zu holen, gefahrlos?
Ich sehe zu den anderen, dann erst bemerke ich den großen Bildschirm.
Es prang eine große 50 drauf, die sich nach einer Sekunde in eine 49 verwandelt.
Unsere Zeit läuft ab. Soll ich zu den Sachen laufen oder nicht?
Was, wenn die anderen schneller sind?
Ich sehe mir meine Gegner an, die meisten sehen so unentschlossen aus wie ich. Auf Robs Gesicht zum Beispiel spiegelt sich pure Verwirrung.
Octavia sieht eher entschlossen aus, als hätte sie das System, wenn es denn eins gibt, durchschaut.
Gerade als ich beschließe einfach loszulaufen, explodieren Bomben rechts neben mir. Aus Reflex gehe ich in die Knie und halte meine Hände über meinen Kopf, während ein verzweifelter Schrei über die Lichtung schallt.
Ich erwarte schon, einen Kommentar von Baldwin zu hören, aber es kommt nichts.
Ich sehe wieder auf, auf allen Gesichtern spiegelt sich blankes Entsetzen. Ich sehe vorsichtig nach rechts, dort wo auch alle anderen Blicke hin gerichtet sind.
Mir dreht sich der Magen um.
Der Oberkörper (allerdings ohne den linken Arm) von einem der Tribute dessen Name ich nicht kenne, liegt zwischen zersengtem Moos.
Die Zeit läuft weiter ab.
Mit Mühe konzentriere ich mich wieder auf meine Situation, versuche das Bild des zerfetzten Teenagers zu vergessen.
Jedenfalls ist damit der Plan gestorben, sich jetzt sofort einige der Sachen zu holen.
Aber was mache ich sonst?
Mein Gehirn arbeitet auf hochtouren. Ich kann nicht kämpfen, das haben mir mehrere Personen deutlich klar gemacht.
Aber ich bin schnell.
Wenn ich wegrenne, kann ich mir keine Ausrüstung holen und starte mit nichts in die Arena.
Wie es Außerhalb dieser Lichtung aussieht weiß ich noch nicht, ich könnte mich einfach umsehen, aber ich zwinge mich dazu, mich auf die auf der Wiese verteilten Sachen zu konzentrieren.
Nicht weit entfernt von mir liegt ein Messer. Es sieht gut aus, die Art der Klinge kann ich nicht erkennen.
Aber hauptsache etwas, oder?
Daneben sehe ich ein Brot und etwas, das wie eine Wasserflasche aussieht. Und endlich habe ich eine Art Idee, was ich machen werde, wenn die Sekunden ablaufen.
Ich werde zum Wasser laufen, nehme auf dem Rückweg Brot und Messer an mich. Und dann renne ich weg. Um mich herum sind Bäume, dahinter sehe ich irgendwelche Metallgerüste.
Aber das ist erst einmal egal, hauptsache ist, dass ich das Zeug das ich will bekomme. Dann muss ich in den Wald laufen, damit ich nicht von anderen erwischt werde, während ... oh.
Deshalb sind die Sachen hier.
Sie wollen direkt am Anfang, dass es zu einem Gemetzel kommt.
Sie wollen direkt am Anfang Tribute loswerden, so schnell wie möglich.
Einige werden versuchen sich viele gute Sachen zu nehmen, dabei kommt es zum direkten Kampf und das Kapitol kann mit einem packenden Anfang die ersten Hungerspiele einläuten.
Nachdem mir das klar geworden ist, weiß ich, dass ich noch schneller laufen muss als bei der Prüfung.
Ein Blick zur Uhr.
Wir haben noch zehn Sekunden.
Noch zehn Sekunden Gnadenfrist, die letzten neun Sekunden in meinem Leben, die ich sicher bin.
Die letzten acht Sekunden, in denen ich nicht von anderen gejagt werde.
Die letzten sieben Sekunden, in denen ich ruhig atmen kann, vielleicht sogar die letzten sechs Sekunden in denen ich wirlich ruhig denken kann.
Die letzten fünf Sekunden, in denen ich mir Sorgen machen kann, wie es wohl gleich weitergeht.
Die letzten vier Sekunden, in denen noch alles ungewiss ist, die letzten drei Sekunden in denen ich meine Umgebung nicht kenne.
Die letzten zwei Sekunden, in denen mir noch einmal klar wird, wie unglaublich riskant das alles ist.
Wenn ich direkt beim Gemetzel am Füllhorn draufgehe, wären die Spiele für mich doch sofort vorbei oder?
Eine Sekunde.
Der letzte Gedanke an Tommy, ich weiß nicht für wie lange.
Dann ertönt der Startschuss.
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