Was soll das?!

»Was soll das?« 

Hat der sie nicht mehr alle? Er muss doch gesehen haben, dass ich gerade die Tür zum Taxi geöffnet habe und am Einsteigen war. 

Also: WAS. SOLL. DAS? 

Na, auf seine Antwort bin ich ja mal gespannt, wenn denn mal eine kommt. Momentan schaut er mich nur völlig bescheuert von der anderen Seite des Taxis, wo er sich befindet, an. Passend zu seinem Verhalten. 

Er darf jetzt aber wirklich gerne die Tür wieder zu machen – von außen natürlich. Damit ich dann mal loskann. 

Kommt noch mal eine Antwort?! 

»Hallo?!«, frage ich noch mal nach, während ich meinen Oberkörper ans Auto presse, damit ich meine Hände in die Lüfte nehmen und sie ausschweifend über das Autodach bewegen kann. Vielleicht bemerkt er ja dann, was ich meine?! 

Er steigt ein. War das wirklich so missverständlich? Das war doch keine Einladung zum Mitfahren. 

Da ich jetzt auch nicht weiter weiß und wirklich losmuss, gebe ich auf und lasse mich auf den anderen Platz im Inneren nieder. 

Aua! Was verdammt ... Hat der jetzt echt seinen Regenschirm auch noch auf meinen Platz gelegt? 

»Was soll das denn jetzt?«, blaffe ich ihn an, während ich ihm den Regenschirm hinhalte. 

Meine Augen sind auf ihn gerichtet, aber weder guckt er mich an, noch erhalte ich eine Antwort. Ich verstehe nicht, was hier los ist. Habe ich irgendwo etwas an mir hängen, was zunächst himmlisch anziehend und direkt im Anschluss abschreckend wirkt, sodass er noch nicht mal imstande ist auf einfache Fragen zu antworten?! 

Den Regenschirm lasse ich ihm vor seine Füße plumpsen. Keine Reaktion von ihm. Langsam wird er mir unheimlich. 

»Bekommen Sie eigentlich mit, dass ...« 

»So, sitzen die beiden da hinten nun mehr oder weniger vergnügt und sind angeschnallt?!«, werde ich vom Taxifahrer unterbrochen. 

Mehr oder weniger – der ist ja gut drauf. Muss er doch mitbekommen haben, was hier los ist oder nicht?! Aber der möchte uns bestimmt auch nur, so schnell wie möglich, loswerden. Anschnallen – Ja, das tue ich mal lieber. Safety first und so, aber dieser Typ ... 

»Und wäre dann mal jemand so freundlich, mir zu sagen, wohin es gehen darf?« 

»Ja na klar. Tut mir leid, bitte zum ...« 

»Bringen Sie uns bitte zum Fortuna Platz«, werde ich zu meinem Erstaunen von dem Unbekannten zu meiner Linken unterbrochen. 

Ähm ... Was sagte er da gerade? Unser Ziel?! Derweil mein Hirn versucht diese Informationen auf irgendeine sinnvolle Weise zu verarbeiten, amüsiert ihn offenbar meine erstarrte Mine. Zumindest könnte sein Anblick in einer merkwürdigen schrägen Kopfhaltung mit diesen aufblitzenden funkelnden Augen so gedeutet werden. Macht er sich gerade ernsthaft über mich lustig? 

»Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«, dringt in einem ruhigen Ton zu mir durch. 

Redet der – dieser die ganze Zeit nicht antwortende Mensch – wirklich mit mir? Bilde ich mir das alles ein? Bin ich jetzt schon völlig irre? 

Ich starre immer noch. Mist. Ruckartig wende ich mich von ihm ab und dem Fenster zu. Dabei bemerke ich erst, wie das Taxi inmitten des Strudels angekommen ist, der voll mit – vor sich hin schleichenden Abgas produzierenden Gefährten – seinesgleichen zu sein scheint. 

Seufzend sinke ich tiefer in den Sitz hinein, blende das draußen Geschehene aus, sehe es ein. Es war nur ein kleiner Halm, der nun vor meinem inneren Auge zu Staub zerberstet. Gedanklich folge ich den Partikelchen, die sich auf und davon machen können. Ich beneide sie. 

»Eh-hem.« 

Erschrocken wirbelt mein Kopf hoch. Stimmt, der Typ. Ich könnte mir jetzt in diesem Moment gegen die Stirn klatschen, aber dieses Vergnügen bereite ich ihm nicht noch zusätzlich. 

»Ja?«, ist daher meine schlichte Nachfrage. 

»Zum einen haben Sie mir bisher nicht geantwortet, zum anderen dachte ich, da wir nun länger hier festhängen, dass wir ein wenig miteinander plaudern könnten.« 

»Aha, dachten Sie. Interessant. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich die kurze Zeit der Fahrt wenigstens entspannen. Das sollte dann wohl auch Ihre erste Frage beantwortet haben.« 

»Kurze Fahrt? Haben Sie eben nicht zugehört, was Gustav gesagt hat?« 

»Sind Sie Gustav und reden von sich sowohl in der ersten als auch dritten Person?« 

»Äh ... Nein.« 

»Wer ist dann also dieser Gustav?« Dabei bedeute ich ihm, ihn mir doch bitte zu präsentieren, und komme mit meiner rechten Hand gegen den Vordersitz und ahne, was jetzt kommt. 

»Jap. Sie wissen es schon, wie ich bemerke.« Erneut blitzen seine Augen bei der Belustigung über mich auf. 

»Und was hat Gustav gesagt?« 

»Dass wir hier feststecken. Niemand kommt vor, niemand zurück. Niemand irgendwohin. Und keiner weiß, wie lange es dauert.« 

Ich höre ihm zu, schaue aber Gustav an, der dem nickend zustimmt, leider. 

»Super«, kommt aus mir heraus, indes ich mich in den Sitz zurückfallen lasse, erneut. 

»Ist, wie es ist.« Ja danke für diese Weisheit, Mister Bescheuert. Als ob ich das nicht wüsste. Meine Arme verschränken sich wie von allein vor meiner Brust. 

»Wie wäre es denn mit dem Du?«, beginnt er also sein doofes Geplauder. Ich nicke bloß. Auf das Siezen gebe ich eh nichts. 

»Schön. Ich bin Ron und du?« 

»Dalia«, presse ich hervor. 

»Ein besonderer Name, gefällt mir«, in der Stimme schwingt leichte Bewunderung mit. 

»Was ist daran besonders? Ist doch nur ein Name.« 

»Kein Name ist nur ein Name. Glaubst du an Glücksmomente?« 

»Also, wenn ich den heutigen Abend so betrachte ... dann Nein«, gebe ich eventuell etwas zu vorschnell und unüberlegt zurück. Aber was soll denn jetzt diese Frage? 

»Schade.« 

Nun ist er es, der sich wegdreht und aus dem Fenster schaut, was mich irgendwie betroffen macht. So richtig übel scheint er doch nicht zu sein, wenn auch seltsam. 

Glücksmomente ... und daran glauben?! Ist mir gerade zu hoch. 

»Ich würde dir jetzt gerne eine kurze Geschichte erzählen, ok?«, bittet er mich plötzlich aus heiterem Himmel. Ich will, glaube ich, gar nicht wissen, was Gustav über uns denkt. 

»Ok.« Irgendwie fühle ich mich gerade schuldig für den vorangegangenen Stimmungswechsel, also kann ich ihm ja mal kurz zuhören. 

»Er und sie, so verschieden sie auch sein mögen, begegneten sich, obwohl keiner der beiden damit je gerechnet hatte. Um genau zu sein, konnten sie sich nicht einmal Gedanken darum machen, denn wenn sie vorher nichts voneinander wussten, ... Na ja. Du weißt schon, denke ich.« 

Soll das jetzt irgendwie auf uns bezogen sein? Oh, oh, oh. 

»Der Zufall hatte sie zueinander gebracht oder womöglich auch das Schicksal?! So genau ist das ja nicht zu bestimmen. Oder ist das eventuell Glaubenssache?!« 

Irgendwie klingt er echt süß, wie er das so erzählt. Seine Augen leuchten richtig. Halt, Stopp, was denke ich denn da?! 

»Sie mussten gemeinsam ausharren, wenngleich sie ihm gerne eine übergebraten und er ihr vermutlich die Fähigkeit zum Reden genommen hätte. Doch was wäre dann geschehen? Hätten sie beide ihren aggressiven Gelüsten und Trieben nachgegeben, hätte das nicht fatale Folgen auf die Zukunft gehabt?« 

Er geht ja richtig auf in seiner – oder unseren – Geschichte. Ist es denn unsere Geschichte?! Als würden gerade ganz viele Ameisenkolonien durch meinen Körper krabbeln ... So kribbelnd ... Dieses sich ausbreitende Prickelnde ... 

»Er wäre wahrscheinlich bei ihrer Stärke ohnmächtig geworden und sie hätte ihm nicht einmal ihren besonderen Namen nennen können. Er hätte nicht das Glück bekommen, ihr diese Geschichte zu erzählen sowie sie nicht, diese zu hören.« 

Stimmt. Ich hätte sein Leuchten nicht bewundern und er mich nicht strahlen lassen können. 

»Dass sie wunderschön wie die Dahlien ist, hätte er ihr ebenso wenig sagen können. Dazu wäre er kein Zeuge ihres Mutes geworden. Und ... Er hätte ihr nicht erzählen können, dass sie, die nicht an all das glaubt, es schon allein in ihrem Namen trägt.« 

Wow ... 

»Sie hätten ihren Glücksmoment verpasst«, erkenne ich und sehe in seine leuchtenden funkelnden Augen. 


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* 1.279 Wörter 
* geschrieben für einen Writing Contest 
von LinaewenFinduilas 

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