Teil 1 | Vorbereitung

Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mich gut auf die anstehende Klassenarbeit vorbereitet hätte.

Ich hatte meine Notizen höchstens drei Mal durchgelesen, was für meine Verhältnisse schon häufig war.
Meiner Meinung nach brachte es sowieso nichts, unnötig viel Zeit in die Vorbereitung zu stecken. Am Ende lief es sowieso immer wieder aufs Selbe hinaus.

Eigentlich war ich ein guter Schüler.
Ich beteiligte mich am Unterricht, stellte die richtigen Fragen in den richtigen Momenten und war sogar zum Klassensprecher gewählt worden.

Meine Hausaufgaben erledigte ich gewissenhaft.

Nur wenn es um Klassenarbeiten ging, sah die Welt ganz anders aus.
Mit einer Drei wäre ich schon zufrieden, doch meistens schaffte ich es nicht einmal über die gefürchtete Fünf hinaus.

Ich hörte, wie meine Klassenkameraden sich über den anstehenden Test unterhielten. Je mehr ich von ihren Gesprächen mitbekam, desto nervöser wurde ich.
Jeder einzelne von ihnen schien sich besser vorbereitet zu haben, als ich.
Wahrscheinlich würde ich am Ende derjenige sein, der den Notenspiegel drastisch nach unten zog.

Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus.
Hoffentlich würde ich diese Klassenarbeit überstehen, ohne allzu häufig auf die Toilette zu müssen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit betrat endlich die Lehrerin, Frau Bernstein, den Flur. Den Schlüssel für den Klassenraum hielt sie bereits in der Hand, ebenso wie einen Stapel Papier.

"Guten Morgen allerseits", begrüßte Sie uns fröhlich, als wäre heute ein ganz normaler Montag.
Die unbeschriebene Klassenarbeit, die unter dem Arm der Lehrerin eingeklemmt war, schien mich fies anzugrinsen.

Ich schloss die Augen und versuchte alle negativen Gedanken zu verdrängen.
Stattdessen versuchte ich mich auf die Zeit nach der Klassenarbeit zu konzentrieren. Nach der Arbeit stand Mathe auf dem Stundenplan.

Ein Fach, in dem ich richtig aufblühte.
Ich liebte es, wie logisch und nachvollziehbar die Mathematik war.
Hier existierten nur richtig oder falsch.

Keine Grauzonen, keine Fehlerpunkte bei falscher Rechtschreibung, keine Bevorzugung von wortgewandteren Schülern, zu denen ich mich nun wirklich nicht zählen konnte.

Ich vernahm das Geräusch des Schlüssels, der sich im Schloss zwei Mal nach rechts drehte.
Gleich würde es soweit sein.

Einige meiner Klassenkameraden begannen plötzlich zu tuscheln. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten.

Möglicherweise eschauffierten sie sich darüber, dass sich unter meinen Achseln bereits Schweißflecken gebildet hatten. Der berühmte Angstschweiß, der nur in besonderen Stresssituationen auftrat.

Und dies war eben so eine Situation.

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