Langst

Titel: 'Cause life isn't for everyone

WARNUNG!!! Enthält SVV, Depressionen, Anxiety, Suizid u.w.

Fasziniert starrte Lance auf das Rot. Das dunkle tiefe Rot.

Langsam quoll es hervor, sammelte sich. War es am Anfang doch noch so hell gewesen, so war es nun fast schwarz.

Wie in Zeitlupe löste es sich, floss über die, von der Sonne geküssten, Haut. Immer weiter suchte es sich seinen Weg, hinterließ eine warme Spur. Und dann, als es seine Fingerspitzen erreichte, tropfte es zu Boden.

Wo vorher nur verzweifelte Schluchzer und schmerzerfüllte Schreie zu hören waren, erklang jetzt nur noch ein leises ‚Blop'. Und auf dem Boden, weiß wie Schnee, breitete sich das Rot aus.

Rot. Eine so dominante Farbe. Sie steht für Leidenschaft, für Liebe. Doch, am aller meisten für Schmerz.

Menschen sahen in allem immer nur das Positive. Sie sahen die Liebe, mit ihren süßen Seiten, mit den Schmetterlingen im Bauch und den Herzen in den Augen. Sie sahen die Leidenschaft, mit ihrer verführerischen Seite, mit dem vorfreudigen Kribbeln und der unbändigen Lust.

Menschen sahen nicht das Negative. Sie sahen nicht den Schmerz, den alles auf der Welt mit sich brachte. Wenn man einen Menschen liebt und ihn verliert, dann bringt es Schmerz. Einen so großen Schmerz, dass man sich wünscht nichts mehr zu fühlen. Wenn die Leidenschaft versiegt, bleibt das Gefühl der Leere. All das schöne Kribbeln und die Lust sind weg, ersetzt durch eine Leere die einen wünschen lässt wenigstens irgendetwas zu fühlen und wenn es nur Schmerz ist.

Ja, Schmerz war gefährlich. Er war gefährlich und vielfältig.

In Lance' Fall fraß er ihn auf. Nicht der physische Schmerz, der durch Wunden oder Kopfschmerzen zustande kam, nein. Lance' Schmerzen kamen von ihm, aus seinem tiefsten Inneren.

Es waren seine Gedanken.

Nutzlos.

Untalentiert.

Hässlich.

Nervig.

Ersetzbar.

Fehl am Platz.

Platzverschwendung.

Ein Paladin zu viel.

Das war es, was seinen Schmerz fütterte. Das war es, was ihn nachts nicht schlafen ließ und weswegen er Stunden einfach nur hinaus in die unendlichen Weiten der Galaxy starrte. Manchmal, da dachte er an Kuba zurück. Dort in diesem riesigen Haus hatte er gewohnt. Dort hatte seine Familie gewohnt.

Lance war es gewohnt gewesen, dass es nie still war. Seine Mamá war stets durch das Haus gewuselt, hatte gekocht und geputzt, jedem jederzeit geholfen. Er war es gewohnt gewesen, dass sein Neffe und seine Nichte durch die Räume flitzten, laut herumschrien und mit ihren Spielzeugfiguren kämpften.

Er war es gewohnt gewesen mit seiner Schwester Veronica Spa-Tage zu haben. Sie haben sich die Haare gemacht, Gesichtsmasken getragen und vor allem haben sie geredet. Sie haben geredet über alles, was man sich auch nur vorstellen konnte und auch wenn vieles davon oft kaum einen Sinn gemacht hat, so hatte der Braunhaarige doch stets eine gute Ansprechpartnerin für ernste Dinge. Und jedes Mal, wenn er daran dachte, kam ihm dieser eine Abend wieder in den Sinn.

Den damals 15-Jährigen beschäftigte seit einiger Zeit eine gewisse Sache und als er an diesem Abend nach einem erfolgreichen Welnesstag mit seiner Schwester auf ihrem Zimmer saß, beschloss er mit ihr darüber zu reden. Zugegebenermaßen hatte er sich ziemlich dämlich angestellt, aber Veronica hatte das herzlich wenig interessiert. Stattdessen war sie erfreut über das Geständnis ihres kleinen Bruders, der sich nun endlich seine Bisexualität eingestanden hatte.

Am meisten bewegt, von all den Weisheiten die der junge Kubaner von seiner Schwester gelernt hatte, war ihre an diesem einen Abend jedoch die Schönste. So waren ihre Worte damals gewesen:

„Liebe ist die Kraft, aus zwei verletzlichen Seelen das zu machen, was sie alleine niemals werden könnten. Und Seelen, Lance, haben kein Geschlecht"

Ja, das war mit hoher Wahrscheinlichkeit eine seiner schönsten Erinnerungen, doch fast genauso schön waren die mit seinem großen Bruder Luis. Luis war der Älteste der McClain Geschwister. Er war schon verheiratet, wohnte mit seiner Frau jedoch noch bei den anderen in dem riesigen Haus. Seine zwei Kinder, Nadia und Sylvio trugen zur allgemeinen Belustigung bei, um hier mal auf vorangegangene Erzählungen einzugehen.

Doch trotz dessen, dass er eine eigene Familie hatte, spielte er jeden Abend mit Lance im Wohnzimmer. Nein, ich rede hier nicht von irgendwelchen Brettspielen oder sonstigen Dingen. Jeden Abend spielte Lance am Klavier und sein Bruder die Gitarre. Stundenlang sangen sie gemeinsam Lieder und an besonders ruhigen Tagen lauschte ihnen die komplette Familie, während sie alle gemeinsam bei ihnen im Wohnzimmer ruhten.

All das war der Braunhaarige gewohnt gewesen. Die Menschen, die Geräusche, die Liebe.

Doch hier oben im Weltall gab es nichts davon. Hier oben war es beängstigend still. Hier oben waren die Gänge im Schloss stets leer und jeder Schritt hallte dreifach so laut. Doch am meisten fehlte Lance die Liebe.

Er wusste, dass seine Teammitglieder nicht kalt waren. Im Gegenteil, Coran erzählte so gerne Geschichten über Altea, Hunk backte freudig und mit vollster Hingabe für alle, Pidge gab stets ihr Bestes die Technik weiter zu entwickeln, um es jedem hier angenehm zu machen, Shiro hörte jedem zu, der Probleme hatte und im Verlaufe der Zeit, die sie alle schon hier oben in den unendlichen Weiten verbracht hatten, hatte Pidge im irgendwann den Spitznamen ‚Spacedad' gegeben. Allura arbeitete fast durchgängig daran, die Voltron Koalition zu vergrößern und neue Angriffe gegen die Galra zu planen.

Und dann war doch noch Keith. Ja und Keith, nun ja, war einfach Keith.

Ihr seht, Team Voltron war sicher alles andere als herzlos und kalt, aber was ihr auch wissen müsst ist, dass einige Menschen das nicht sehen. Nicht sehen können.

Es gibt Menschen, die haben keine offensichtlichen Probleme. Sie werden nicht misshandelt, gemobbt oder sind todkrank. Diese Menschen, oft junge Menschen, verfallen ohne ersichtlichen Grund in tiefe Trauer.

In eine Trauer, die so groß ist, dass sie alle anderen Emotionen von einem schiebt. Bist du einmal in Kontakt mit ihr getreten, wirst du sie dein Leben lang nicht los. Sie, und die grausame Dunkelheit die sie mit sich bringt. Eine Dunkelheit so schwarz wie die Nacht und so kalt wie Eis.

Erst wickelt sie dich ein, wie eine Decke. Sie spendet dir Trost, lullt dich ein. Doch dann, wenn du bemerkst, dass sie nicht gut ist und du fliehen möchtest, ist sie bereits zu Stein verhärtet. Verzweifelt suchst du nach einem Ausgang, prallst immer wieder an ihren festen Seiten ab. Und wenn du das Gefühl hast, dass es am schlimmsten ist, dann macht sie es noch schlimmer.

Dann entwickelt die ehemalig warme Decke, nun hart wie Stein, spitze lange Dornen. Und mit jeder Bewegung die du tust, rammst du dir die Dornen stärker ins Fleisch. Tiefer. Schmerzvoller.

Ja, der Schmerz. Der Schmerz ist von nun an dein ständiger Begleiter. Du fragst etwas Überflüssiges? Es ist dir extrem peinlich? Du schlägst dich innerlich selbst. Du sagst etwas Falsches? Du schlägst dich innerlich selbst. Du tust etwas, von dem du denkst, es sei für andere komisch? Du schlägst dich innerlich selbst.

Und mit jedem Schlag, jeder Tat, wachsen die Dornen. Irgendwann sind sie überall. Nirgendswo ist noch keine und du blutest fürchterlich innerlich. Und was wissen wir über Blut? Über das mystische Rot? Genau, je mehr es wird, desto dunkler wird es. Wenn du also so stark blutest, dass selbst du in nächtliches Schwarz gehüllt bist, dann kommt es.

Es. Das tiefe endlose schwarze Loch, was dich mit so einer Kraft hineinzieht, dass du keine Chance hast zu entkommen. Wie auch, wenn alles um dich herum dunkel ist und deine Sicht so trüb.

Das ist der Moment, an dem der Schmerz so stark ist, dass er dich umbringen kann. Wenn das Gefühl der Leere, der Motivationslosigkeit, das Gefühl der Einsamkeit und des Unverständnisses sich mit der Dunkelheit verbünden und alles zu viel wird. Viele überleben diesen Moment nicht und die, die es tun, tun es nicht ohne Folgen.

Lance hat ihn überlebt. Wie? Nun, so wie es die meisten tun. Sie überdecken den Schmerz. Sie überdecken den psychischen Schmerz mit dem Physischen.

Seit diesem Moment ist Lance' bester Freund seine Klinge. Das kleine graue Stück Metall, was versteckt in einem kleinen Fach seines Badschrankes liegt. Und jeden Abend, wenn der blaue Paladin wieder allein in seinem Bett liegt und die Gedanken überhandnehmen, nimmt er seinen besten Freund und zieht in durch die mokkafarbene Haut. Immer und immer wieder, wie in Trance.

Er sieht das Rot. Das faszinierende Rot.

Er sieht sein Blut fließen, spürt den Schmerz, das starke Ziehen und es beruhigt ihn. Es beruhigt ihn mehr als alles andere. Es lässt seine Schluchzer verklingen, seine schmerzvollen Schreie, weil seine Gedanken zu sehr weh tun.

Sobald Lance dieses einzigartige Rot sieht, vergisst er alles. Sein Kopf ist wie leer.

Keine depressiven Gedanken. Keine suizidalen Gedanken.

Keine Panikattacken, Angstattacken, Hyperventilation.

Dann bekommt der ehemalig so fröhliche Kubaner seinen so sehr gewünschten Frieden.

Nun versteht ihr es, nicht wahr? Ihr versteht, warum der Blauäugige, dessen Seelenspiegel ehemals so ozeanblau gewesen waren und nun nur noch einem schmutzigen Grau gleichen, immer in Erinnerungen lebt. Warum er nicht sehen kann, dass seine Freunde ihn lieben.

Denn er kann nicht sehen, nur hören. Und so sieht er nicht ihre besorgten Gesichter, sondern hört nur ihre gestressten Worte:

„Nicht jetzt Lance"

„Ich habe keine Zeit dafür, Lance"

„Du störst"

„Nein"

„Du nervst"

„Streng dich mehr an!"

„Das verstehst du eh nicht"

Ja, der Krieg bringt vieles mit sich, auch den Stress und den Druck, der nun auf den Schultern von allen von ihnen lastet. Also bitte, verurteilt sie nicht. Sie können nichts dafür. Das ist auch etwas, was Lance auf seinen Briefen stehen hat.

Auf den Briefen die er an jeden von ihnen über die Zeit geschrieben hat. Dann, wenn alles mal wieder zu viel war und er seine Gedanken und Gefühle ordnen musste. Nein, Lance hatte keinen Abschiedsbrief.

Er hatte keinen, weil sein Tod nicht geplant war und dennoch hat er ihn mit ausgebreiteten Armen in Empfang genommen, denn ganz vielleicht waren seine Schnitte dieses Mal einfach zu tief gewesen und die Menge des geheimnisvollen Rotes einfach zu viel.

Er hatte gegen die Dunkelheit verloren.

'Cause life isn't for everyone. 

---

1648 Wörter, 12.09.2019

Wenn man seinen Gedanken in einer Downphase freien Lauf lässt...

Naja, hier habt ihr einen Langst Oneshot! Ich lese solche OS extrem gerne auf Englisch und wollte eh schon seit geraumer Zeit einen schreiben, so mit. Tatsächlich überlege ich auch eine Langst FF anzufangen mit dem gleichen Titel wie dieser OS hier und sie würde auch etwas Klance beinhalten, aber da bin ich mir noch unsicher.

Aufjedenfall sorry, dass nichts kam, aber Schule hat wieder angefangen und ich bin zur Zeit auch eigentlich krank hehe...

Ich hoffe es hat euch gefallen, bis zum nächsten Oneshot!

- Shadowgirl110

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top