Alles nur Bagatelle
"Du kleine Ratte! Du Schei*kerl! Ich mach dich fertig, alter! Ich bring dich um, hörst du!? Du bist Schmutz! Nichts wert! Ein Fehler bist du! Alle schämen sich für dich! Alle hassen dich! Du bist hässlich! Ich schwöre, ich bringe dich um! Und wehe, wehe deine schei* Eltern erfahren davon! Obwohl, die würden dich so lächerlich finden, dass du ihnen nicht mal mehr als Hundefutter dienen würdest!"
Wie jeden Tag warfen sie mir diese Wörter an den Kopf. Wie jeden Tag ließ ich die Schläge über mich ergehen. Ich hatte schon lange aufgehört mich dagegen zu wehren. Sie waren in der Überzahl. Sie waren stärker als ich. Was würde es mir nützen? Helfen würde es nicht. Es würde mir nur mehr Ärger einbringen.
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Ich verzog schmerzhaft mein Gesicht. Jeden Tag aufs Neue, tat es weh die offenen Wunden zu versorgen und zu verbinden. Sowohl die, die meine Mobber mir zufügten, als auch die, die ich mir eigenhändig zufügte.
Ich war schon immer auf mich allein gestellt...
Meine Mutter arbeitete den ganzen Tag und oft auch bis spät in die Nacht hinein. Mein Vater arbeitete auch, aber er beachtete mich nicht wenn er abends nach Hause kam. Er beachtete mich nur wenn er wieder Mal einen Grund gefunden hatte, mich zu schlagen und mir klar zu machen was für ein Fehler ich bin.
In solchen Momenten frage ich mich, ob meine Mobber magische Fähigkeiten haben. Sie finden genau die Worte die auf mich zu treffen. Auf einen Jungen mit gebräunter, vernarbter Haut. Auf einen Jungen mit dunkelbraunen, lockigen Haaren. Auf einen Jungen der immer gute Noten schrieb, weil er seinen Vater nicht schon wieder enttäuschen wollte. Auf einen Jungen der wahrscheinlich kein Selbstvertrauen besaß. Auf einen Jungen der schon lange die Hoffnung aufgegeben hatte.
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Wie immer saß ich um 6.00 Uhr morgens in der Bibliothek unserer Schule. Den Schlüssel der Schule wieder sicher in meinem Rucksack verstaut. Der Hausmeister hatte ihn mir Mal gegeben, weil er mich mochte und nicht wollte das ich an kühlen Tagen allein draußen in der Kälte sitze. Er wusste, dass ich hier drinnen nichts anstellen würde.
So vertrieb ich mir meine Zeit damit, ein Buch über Astronomie zu lesen. Ich laß dieses Buch nicht zum ersten Mal. Bücher waren für mich eine Möglichkeit der Realität zu entfliehen. Und am liebsten mochte ich es in die Welt der Sterne einzutauchen. In eine Welt ohne Ende. In einer Welt wo es immer Hoffnung gab.
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Das schrille läuten der Schulklingel ließ die Menschen um mich herum hektisch aufspringen. Sie packten in Windeseile ihr Zeug zusammen und stürmten aus dem Raum. Ich blieb sitzen. Wartete, bis alle weg waren. Danach ging ich zum Waschbecken und holte mir einen Putzlappen. Gründlich säuberte ich meinen Tisch und wusch dabei Begriffe wie:
"Schei*kerl"
"Schmutz"
"Nutzlos"
und zuletzt Dinge wie:
"Geh sterben!"
weg.
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Ich sah sie schon von Weitem. Lotor und seine Freunde. Sie grinsten mich an. Nicht freundlich, nur arrogant. Wir Raubkatzen schlichen sie um mich. Kreisten ihre Beute ein. In ihren Augen erkannte man das Verlangen. Das Verlangen nach Blut, nach schreien. Das Verlangen andere leiden zu sehen.
"Da bist du ja wieder, du kleine Ratte. Warum lebst du noch, nh?! Haben wir dir nicht gesagt du sollst verrecken gehen?! Haben wir, haben wir?! Du bist eine einzige Enttäuschung, ein Fehler! Sieh doch! Niemand würde dich vermissen! Du bist ganz allein auf dieser Welt! Nichtmal als Opfer bist du zu gebrauchen! Na, wie fühlt man sich dabei?!"
Ich schwieg. Das tat ich immer. Ich hatte schon so lange aufgehört mich zu rechtfertigen. Am Ende wurde es immer nur noch schlimmer.
"Ich hab dich was gefragt!" "Genau, er hat dich was gefragt!"
Einer der Jungen entriss mir meinen Rucksack. Er schüttete ihn aus. Beäugte den Inhalt kritisch und trat mit schadenfroher Lache auf meine Schulmappe ein. Kaum hatte er davon abgelassen, begannen sie mich wieder anzustarren. Ich sah wie Lotor ausholte und schloss meine Augen. Wartete darauf, dass der erste Schlag und der darauf folgende Schmerz zu spüren waren. Doch es passierte nichts.
Und dann...
Erklang seine Stimme. "Hey ihr Hosenschei*er! Zu viel Angst es allein nicht mit ihm aufnehmen zu können oder was?!"
Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Nur ein paar Meter von mir und meinen Peinigern entfernt stand ein Junge. Ich schätze ihn auf 20, also gute 3 Jahre älter. Er hatte tiefschwarzes, schulterlanges Haar. Er trug eine dunkle Bikerkleidung. Seine Stimmfarbe war schön. Doch die Tonlage in der er sprach war sonderbar. Nicht fröhlich. Nicht wütend. Nicht traurig. Nicht aufgebracht.
Es schien als wäre ihm alles egal. Als wäre er die Ruhe selbst und keiner könnte ihn aus der Fassung bringen. Doch...in seinen Augen. In seinen Augen glaubte ich all diese Emotionen auf einmal zu sehen. Als würde in ihm ein Sturm toben.
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Es waren nun schon einige Wochen vergangen, seit er Lotor und seine Kumpanen in die Flucht geschlagen hatte. Die meisten waren mit ein paar blauen Flecken oder einem blauen Auge davon gekommen. Sie hatten seit dem nicht nochmal versucht mich zu verletzen. Jedenfalls nicht physisch.
Psychisch ging es immer weiter. Sie riefen mir weiter ihre Sprüche zu. Kritzelten meinen Tisch voll und riefen im Sekundentakt bei mir zu Hause an. Der Telefonterror war dabei das Schlimmste. Meine Mutter konnte ihren wohlverdienten Schlaf nicht bekommen und mein Vater war noch gereizter als sonst. Jedesmal wenn er jedoch trotzdem ans Telefon ging, war die Leitung auf der anderen Seite tot.
Er fing wieder an mich regelmäßig zu schlagen. Mir ins Gesicht zu schreien das er damals vor fast 18 Jahren lieber ein Kondom benutzen hätte sollen.
Da fiel es mir wieder ein... Ich hatte bald Geburtstag. Es würde mein achtzehnter sein. Damit wäre ich volljährig und könnte das tun und lassen was ich will. Doch so wenig meine Mutter auch für mich da war, zurücklassen wollte ich sie nicht. Ich hatte Angst mein Vater könne ihr das selbe antun.
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Immer öfter begegnete ich meinem hübschen Retter. Er war nett. Am Anfang hatte ich Zweifel, ob er nicht auch Lust bekäme mich irgendwann fertig zu machen. Je länger ich mich jedoch mit ihm unterhielt, desto mehr merkte ich, dass sein gefährliches Aussehen überhaupt nicht zu seinem weichen Charakter passte. Er erzählte mir viel über sich. Das er Künstler sei und eigentlich aus London käme. Das er für ein paar Monate hier im Land seie um neue Inspiration zu schöpfen.
Irgendwann begann er davon zu reden das ich seine neue große Inspirationsquelle sei. Ich glaubte ihm zuerst nicht, sagte er solle aufhören so einen Mist zu von sich zu geben, doch er hörte nicht auf.
Und während er immer weiter, jeden Tag, davon sprach wie wunderschön und wichtig ich ihm wäre, begann ich all das Schlechte im Leben zu verdrängen.
Meinen Geburtstag den ich nie leiden konnte, der Tag an dem ich am meisten weinte, wurde zu dem Tag an dem ich am meisten lachte. Hatte er mich doch tatsächlich in einen Freizeitpark ausgeführt. Ja. Ausgeführt.
Dieser eine Mensch, dieser eine von Millionen hatte Gefühle für mich entwickelt. Ich konnte es nicht leugnen, mir erging es genauso. Und für diese wenigen Momente, in denen ich in seinen Armen lag und mich geborgen fühlte hatte ich wieder Hoffnung.
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Zu früh. Zu schnell. Kam der Tag näher an dem mein Retter, der den wundervollen Namen Keith trug, wieder zurück nach London musste.
Ich hatte die 12. Klasse beendet. Abitur geschafft. Durchschnitt 1,1. Es hätte so schön sein können. Endlich sah ich meine Mobber nicht mehr. Endlich gab es einen Lichtblick am Horizont, dachte ich bevor mich die Realität einholte.
Nicht nur das Keith wieder zurück musste, auch mein Vater hatte begonnen mich nicht nur zu schlagen. Öfter kam es auch dazu das er mich irgendwo einsperrte, das er mir Essen und Trinken verbat. Der Telefonterror lies auch nicht nach...
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Wütend stapfte Keith vor mir aus der Wache. Er hatte mit mir Anzeige gegen meinen Vater, Lotor und all die anderen machen wollen. Bevor er und ich jedoch anfingen konnten auch über meinen Vater, das größte Problem, reden zu können hatten die Polizisten uns mit den Worten:
"Telefonterror?! Also bitte! Mit solchen Bagatellen können wir hier nichts anfangen"
auch schon aus der Wache geworfen.
Während Keith sich also in Rage redete und immer wieder beteuerte das sowas doch unmenschlich sei, blieb ich still. Vielleicht hatte der Polizist recht und es war gar nicht so schlimm wie wir es dargestellt hatten? Vielleicht war all das mobben, all der Terror wirklich nur eine unwichtige Sache? Ich meine...vielleicht entsprach das genau dem Verhalten, was man Abschaum, wie ich es war, entgegen brachte?
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Ich konnte immer noch nicht begreifen was gerade passiert war. Keith war bei mir aufgetaucht, ich hatte ihn angerufen als mein Vater begann mich wieder einmal zu schlagen. Mein Retter hatte meinen Erzeuger, mittlerweile wollte ich ihn wirklich nicht mehr Vater nennen, beschimpft. Er hatte ihn angeschrien und ihm so eine Standpauke gehalten, wie ich sie noch nie bekommen oder gar gesehen hatte. Am Ende dieser ganzen Szene hatte er schnellst möglich all meine Sachen, es waren nicht viele, zusammengepackt und war mit mir aus der Wohnung geflohen.
Unser Ziel? Ehrlich gesagt... ich weiß es nicht. Ich meine, natürlich weiß ich wohin das Flugzeug in dem er und ich uns jetzt befinden hinfliegt, nach London, aber wie es weitergehen wird weiß ich nicht. Vielleicht werde ich in London studieren. Vielleicht wird Keith dort weiter malen. Vielleicht hält unsere Beziehung für immer. Vielleicht bricht sie nach ein paar Wochen. Eigentlich war es egal, denn nachdem er sich, kurz nach Start des Flugzeugs zu mir gedreht hatte, mein Gesicht in seine Hände genommen hatte, mir gesagt hatte das er mich liebt und mich danach zärtlich geküsst hatte, war alles was ich brauchte Er und meine neu gewonnene Hoffnung.
Denn all das, waren nicht einfach nur Bagatelle.
Äh....Hallu?
Dieser Oneshot wurde inspiriert durch das Buch "Nicht Chicago. Nicht hier."
vampierhouse eigentlich hattest du ja Zahl gesagt, aber Kopf war dann halt doch besser ;)
Ich muss sagen...ich finde den OS nicht so schlimm wie einige andere, aber ich finde zum Ende hin wird er immer schlechter und ich bin von meiner Grundidee/story ziemlich abgewichen. Naja okay...wird schon irgendwie hinhaun XD
Ich hoffe er hat euch gefallen ^^
Annyeonghaseyo ✌
- 1663 Wörter
Ps: Ich hab kein Bock Korrektur zu lesen, also müsst ihr mit den Fehlern leben XD
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