Kapitel 3 - "Dafür, dass du da bist."

Als es dann tatsächlich sieben Uhr war fand ich mich im Gemeinschaftsraum ein. Sirius, James, Peter und Remus warteten bereits auf mich und winkten mich zu sich.

Remus sah grimmig drein, so als ob das, was er gerade tat, ihm widerstreben würde. Die vier führten mich wortlos zu einem verlassenen Klassenzimmer und schlossen die Tür ab. "Also, worum geht's?", fragte ich und setzte mich auf einen der Tische. James und Sirius nahmen rechts und links neben mir Platz. "Du musst uns bei etwas helfen...", begann James zu erklären. "Wir wollen Animagi werden.", platzte Sirius heraus und Remus verbarg das Gesicht in den Händen. "Mit der Tür ins Haus, wie immer.", nuschelte er durch seine Finger hindurch und ich konnte nicht anders als kurz aufzulachen.

"Animagi also. Und wozu?", fragte ich die vier, doch Peter schüttelte nur stumm den Kopf. Ich sollte wohl nicht fragen, und Remus war sichtlich unwohl in seiner Haut. Ich machte mir keine Gedanken darüber. "Okay, dann lassen wir dieses Thema vorerst. Ihr habt nicht vor euch zu registrieren, hab ich recht?", grinste ich und James nickte wie wild, was Sirius und Peter zum Lachen brachte. "Und wofür braucht ihr meine Hilfe?", wollte ich wissen. "Du bist talentiert in Verwandlung und allein kriegen wir's irgendwie nicht hin.", gab Sirius zu und ich brach in lautes Gelächter aus.

"Was bei Merlins Bart ist so witzig?", fragte Peter und blickte mich verwirrt an. Ich wischte mir eine Lachträne aus dem Auge und blinzelte einige Male. "Oh Gott, das ist doch nicht so einfach! Da gibt es nicht einfach einen Zauber und das war's, das erfordert eine Reihe von teilweise ziemlich merkwürdigen Dingen, wie zum Beispiel ein Alraunenblatt einen Monat lang im Mund zu behalten." Die Augen der Jungs wurden groß und Sirius verzog angeekelt das Gesicht.

"Und in welches Tier verwandeln wir uns dann?", kam es von Peter. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. "Ihr habt kein einziges Buch darüber gelesen, oder? Man erfährt erst bei der Verwandlung in welches Tier man sich verwandeln wird. Aber es ist einem selbst ähnlich, wenn ihr also irgendwie besonders mutig seid, dann ist es das Tier auch. Verstanden?", erklärte ich und bekam Kopfnicken von allen Seiten. "Und jetzt gehen wir erst einmal in die Bibliothek und lesen alle Bücher über Animagi durch, die es gibt."

Unterwegs begegneten wir Lily, der ich freudig zuwinkte. Sie erwiderte die Geste, verzog aber das Gesicht als sie James neben mir bemerkte.

"Hey, Evans, wenn ich ein Tier wäre, welches würde es sein?", rief James Lily zu, doch sie sah stur geradeaus. "Vom Aussehen her, ein Nacktmull.", antwortete sie und verschwand.

James stand da, sah aus wie ein begossener Pudel und wurde von uns anderen ausgelacht. "Sie hat nicht einmal gezögert.", bemerkte Sirius und James sah noch ein wenig niedergeschlagener aus. Der arme Teufel, er hatte wohl keine Chance bei Lily.

Die Wochen vergingen und wir kamen mit der Animagus-Sache gut voran. Ich hatte beschlossen ebenfalls einer zu werden, die Versuchung war einfach zu groß, doch Remus machte nicht mit. Immer wenn ich ihn darauf ansprach wich er aus und auch die anderen wollten mir nichts verraten.
Ich beschloss, dass ich ich die Sache wohl erst einmal ruhen lassen und später darauf zurückkommen sollte.

Wir hatten es alle geschafft, das Alraunenblatt einen Monat lang im Mund zu behalten, auch wenn James sich einmal daran verschluckt und es fast ausgehustet hätte.Auch hatten wir vor ein paar Tagen dem Trank die letzte Zutat hinzugefügt, einen Totenkopfschwärmerkokon.

Nach einiger Zeit spürte ich abends, wenn ich die nötige magische Formel aufsagen musste, wie in meiner Brust zwei Herzen schlugen, was laut Buch ein gutes Zeichen war. Das Gebräu hatten wir in einem verlassenen Klassenzimmer platziert, es musste dort ungestört in vollkommener Dunkelheit verweilen bis das nächste Gewitter begann, und wir mussten jeden Abend den Zauberspruch "Amato, Animo, Animato, Animagus" aufsagen.

Ich bemerkte, dass die Rumtreiber, wie sie sich selbst nannten, allesamt wirklich klasse waren. Wir wurden gute Freunde und auch Lily und ich kamen uns näher. Meine beste Freundin war allerdings Marlene. Zwischen ihr und mir hatte es einfach gepasst. Doch ich unternahm auch viel mit Sirius und James. Wir hatten denselben Humor und die beiden waren genauso wagemutig wie ich, hatten dieselben bescheuerten Ideen.

Wirklich sehr bescheuerte Ideen. Wir saßen jede Woche mindestens einmal nach, meistens weil wir irgendjemanden verflucht hatten. Dieser Jemand war entweder, zum Missfallen Lilys, Schniefelus oder ein Slytherin der uns dumm kam. Oft waren auch Remus und Peter mit von der Partie.

Doch eines fiel mir auf. Remus war einmal im Monat krank und konnte nicht zum Unterricht oder saß mehr tot als lebendig im Klassenraum.

Manchmal hatte er frische Narben im Gesicht und an den Händen, die aussahen wie Kratzer eines Tieres. Und tatsächlich war es meine heimliche Leidenschaft zur Astronomie, die mir den entscheidenden Hinweis zu Remus Zustand brachte. Ich war gerade dabei gewesen, mein Astronomiebuch durchzublättern, als ich auf einen Mondkalender stieß. Ich wusste noch, dass Remus am Tag zuvor wieder gefehlt hatte, und aus Neugierde ließ ich meinen Blick über die Seiten schweifen. Da bemerkte ich etwas: Gestern war Vollmond. Könnte es sein, dass...? Dem musste ich einfach nachgehen!

Einen Monat später war Remus wieder nicht zum Unterricht erschienen, und wieder war in der vorigen Nacht Vollmond gewesen. Für mich war der Fall damit klar, sein Fehlen bei Vollmond, seine Narben, seine Blässe und Augenringe. Remus Lupin war ein Werwolf.

Natürlich war es ein kleiner Schock für mich, doch statt mich von ihm zu entfernen wollte ich ihm helfen. Er war einer meiner besten Freunde geworden und Freunden steht man bei, in guten wie in schlechten Zeiten.

Ich musste nur noch überlegen, wie ich Remus damit konfrontieren sollte. Er war die Art Mensch die sich von Freunden entfernt um sie zu schützen.

Ich fasste den Entschluss, dass es das beste sei, wenn ich zuerst mit Sirius darüber sprach. Dass er von Remus' Werwolfdasein wusste, war klar wie Kloßbrühe, weshalb wöllten er, James und Peter sonst Animagi werden? Werwölfe griffen nur Menschen an. Als Tiere könnten sie also jeden Monat Remus beistehen, ihn in Schach halten.

Ich könnte auch mit Peter darüber sprechen, aber bei ihm war ich mir nicht ganz so sicher, dass von allem wusste, oder vielmehr, dass er mir Auskunft geben konnte.

Dann wäre da noch James, auch er war mit Sicherheit eingeweiht. Doch der war gerade beim Nachsitzen für einen dauerhaften Kopfblasenzauber, der Schniefelus äußerst amüsant aussehen ließ, und ich musste jetzt sofort mit jemandem darüber reden.

Ich fand Sirius im Gemeinschaftsraum, er war gerade dabei den Aufsatz für Zaubertränke zu schreiben. Es kam selten vor, dass Sirius die Hausaufgaben machte, entweder er schrieb sie ab oder er hatte sie einfach nicht. Der Grund dafür war keineswegs fehlende Intelligenz oder zu wenig Talent, es interessierte ihn schlichtweg nicht. Er war, genau wie ich, der Typ Schüler, der nie lernte und trotzdem nur Os und Es schrieb. Er und James waren Allrounder und fast überall die Besten. Es gab beinahe nichts was sie nicht konnten und Remus, der zwar ebenfalls talentiert war aber für sehr gute Noten schon lernen musste, war manchmal mächtig neidisch auf die beiden.

Ich war im Grunde nicht anders und in Verwandlung, Astronomie, Zaubertränke und Zaubereigeschichte übertraf ich die zwei sogar.

Sirius hatte gerade seine Feder in die Tinte getaucht, als er mich bemerkte. Er winkte mir mit der rechten Hand zu und verspritzte dabei die Tinte über den ganzen Tisch. Dabei traf er auch Lily, die ihn daraufhin verfluchte und sich sich wegsetzte. Sirius grinste mich an. "Was gibt's, Kleine?" "Nenn mich nicht so oder du hast meine Faust im Gesicht. Und ich wollte mit dir reden, weil... Das erzähle ich dir besser unter vier Augen." Sirius nickte und zog mich aus dem Gemeinschaftsraum. Er hatte meinen ernsten Tonfall bemerkt und sprach kein Wort.

Wir betraten einen verlassenen Klassenraum und ich schloss die Tür hinter mir. "Also?", fragte Sirius und sah mich, mit einer Schulter gegen die Wand gelehnt, erwartend an. "Es geht um Remus. Ich... Er fehlt einmal im Monat und kommt mit Narben zurück. Ich hab im Mondkalender nachgesehen. Du weißt es, Sirius, und ich musste zuerst mit jemand anderem sprechen, bevor ich Remus damit konfrontiere." Sirius nickte abwesend. "Ich wusste du würdest es bald herausfinden. Aber Remus ist immer noch derselbe, du musst dich nicht fürchten und..." "Sirius! Du glaubst doch nicht etwa, dass ich deshalb jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben will!", unterbrach ich meinen besten Freund empört und stemmte die Hände in die Hüften. "Nein, natürlich nicht, ich...", begann Sirius, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. "Ich werde Remus auch helfen! Als Animagus versteht sich. Apropos, ich hoffe es gewittert bald, dann können wir uns endlich zum ersten Mal verwandeln. Ich bin gespannt welchem Tier ich ähnlich bin, hoffentlich was Großes!"

Der letzte Schritt um ein Animagus zu werden, war den Trank mit dem Alraunenblatt und einigen anderen Zutaten ungestört in einer Ecke stehen zu lassen, ihn nicht einmal anzusehen und einmal am Tag bis ein Gewitter aufzieht eine Zauberformel aufzusagen. Dann, wenn die Blitze zuckten und der Donner grollte, musste die Formel noch ein letztes Mal gesprochen und das Gebräu getrunken werden und man würde sich zum ersten Mal in ein Tier verwandeln, dessen Bild kurz vor der Transformation vor den Augen aufblitzt.

Plötzlich, ganz unerwartet, umarmte Sirius mich. Er drückte mich fest an sich und ich erwiderte die Umarmung. So standen wir da, einige Minuten lang, und schwiegen. Doch die Stille war nicht unangenehm oder erdrückend, im Gegenteil, ich genoss sie. Nach einer Weile löste ich mich von ihm. "Womit hab ich das denn verdient?", fragte ich grinsend und sah in Sirius sturmgraue Augen. "Dafür, dass du da bist. Einfach deshalb.", antwortete er und lächelte leicht.

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