Kapitel 11 - Von Flammen und Todessern
Als ich später an diesem Tag aus meinem Schlaf erwachte, fühlte ich mich wie gestern Morgen. Ach ja, der Alkohol.
Doch er hatte mir nicht nur Kopfschmerzen beschert. Überrascht bemerkte ich, dass ich nicht in meinem eigenen Bett lag. Genau genommen war es gar kein Bett, nur eine Decke auf dem Boden eines verlassenen Klassenzimmers. Allein war ich auch nicht, denn als ich meinen Kopf drehte, blickte ich in das Gesicht von... Gideon Prewett, der noch selig schlief.
Ich konnte mich an kaum etwas von letzter Nacht erinnern, doch anhand unserer im Raum verstreuter Klamotten konnte ich mir denken, was passiert war. Ein zufriedenes Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Gideon war einer der beliebtesten Jungen der ganzen Schule, neben ihm aufzuwachen, war so ziemlich das beste, was hätte passieren können.
Obwohl Gid wirklich süß aussah, wie er da vor sich hin döste, hielt ich es für besser, ihn nun zu wecken.
„Gid, wach auf! Es ist schon nach zwölf, es gibt bald Mittagessen.“ Ich strich ihm die Haare aus dem Gesicht und er kniff die Augen zusammen. „Hm? Schon so spät?“, gähnte er, doch plötzlich war er hellwach. „Hailey?“, fragte Gideon ungläubig und sah mich mit offenem Mund an. „Oh.“, machte er, als sein Blick auf die herumliegende Kleidung fiel. „Du erinnerst dich also auch an nichts? Tja, dann sind wir schon zu zweit.“, bemerkte ich und Gideon grinste mich an. „Ich denke, wir wissen auch so, was passiert ist.“, sagte er und zwinkerte mir wieder zu. „Nur eine Frage, Gid... Was willst du von mir?“, fragte ich ihn und legte den Kopf schief. Wir schwiegen einige Zeit. „Nicht Festes.“, gab er zu und sah zu Boden. „Bitte, sei deshalb nicht böse auf mich, es ging alles so schnell und ich war betrunken, sonst hätte ich dir meine Absichten früher erklärt.“, entschuldigte er sich. Ich schenkte ihm ein Lächeln. „Kein Problem. Ich suche gerade eigentlich auch keine feste Beziehung. Freunde?“ Gideon sah auf. „Freunde.“
In meinem Schlafsaal schliefen noch alle. Obwohl Lily eigentlich früh zu Bett gegangen war und fast nichts getrunken hatte, war sie eine konsequente Langschläferin und deshalb auch noch nicht wach. Auf Zehenspitzen wollte ich mich in mein Bett schleichen, doch Lilys dämliches Exemplar vom gestrigen Tagespropheten machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich rutschte darauf aus und landete mit einem lauten 'Rumms!' auf meinen vier Buchstaben.
„Wassisdennlos?“, nuschelte Marlene und irgendwer murmelte 'Lumos.'. „Alles gut, ich bin's nur, Hailey!“, flüsterte ich, doch das war gar nicht nötig. Alle vier Mädchen waren wach und Alice stand auf und zog die Rollläden hoch. Marlene sah mich verschlafen an. „Okay, Hailey, aber warum hast du noch dein Outfit von gestern an?“, fragte sie und rieb sich die Augen. Ich grinste breit. Sofort war meine beste Freundin hellwach. „Wo kommst du her? Warum grinst du so? Warst du mit jemandem zusammen? Mit wem? Was habt ihr da gemacht?“ Ihre vielen Fragen erschlugen mich fast. „Ganz ruhig, Marlene.“, lachte ich. Marlene stand eilig auf und zog mich auf ihr Bett. „Erzähl, erzähl, erzähl!“, verlangte sie ganz hibbelig. „Okaaayyyyy, alsooooo...“, begann ich gedehnt, „Ich war in einem unbenutzten Klassenraum. Mit Gideon Prewett.“ Marlene quietschte aufgeregt. „Und habt ihr... Du weißt schon?“ Ich nickte leicht uns sie gab einen fiependen Laut von sich. „Und, seid ihr jetzt zusammen?“, wollte sie mit glänzenden Augen wissen. Verlegen kratzte ich mich am Kopf. „Also, eigentlich nicht. Das war nichts Festes, verstehst du?“ „Oh mein Gott, Hailey du Schlampe!“, lachte sie und ich stimmte mit ein. „Um Himmels Willen, Hailey! Gideon Prewett? Und du lässt ihn gehen?“, fragte Lily mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen. „Tja...“, antwortete ich lachend.
„Also ich habe jetzt Lust auf ein Glas Kürbissaft und ein, zwei blutige Steaks, und ihr? Lass uns zum Mittagessen gehen, wenn wir schon das Frühstück verpasst haben.“, schlug ich vor und erhielt Zustimmung von allen vier Mädels. „Seit wann isst du dein Steak eigentlich blutig? Am Anfang des Schuljahres sagtest du noch, du würdest Medium bevorzugen.“, bemerkte Marlene. „Hm, stimmt. Keine Ahnung, woher dieser plötzliche Sinneswandel kommt.“
Als ich dann tatsächlich beim Mittagessen mein tatsächlich ziemlich blutiges Steak aß, winkte mir Gideon vom anderen Tischende aus kurz zu. Ich erwiderte die Geste und Marlene neben mir fing zu kichern an.
„Was ist denn so witzig da drüben?“, fragte Sirius mir gegenüber. „Hailey hat letzte Nacht mit Gideon Prewett... Mpf!“ Ich hatte Marlene mitten im Satz die Hand vor den Mund gehalten. „Was hast du mit Gideon gemacht, Puschel?“ Sirius zog die Augenbrauen hoch und grinste mich an. „Was... Schmutziges? Du kleines Luder!“ Mein bester Freund lachte herzlich. „Das sagt der Richtige! Wer ist denn so plötzlich mit dieser Hufflepuff da verschwunden?“, konterte ich und Sirius grinste schief. „Sagen wir einfach, wir sind beide keine Engel, okay?“, schlug Tatze vor. „Einverstanden, auch wenn du erst neulich behauptet hast, du wärst einer.“ „Ist das mit Prewett eigentlich 'ne Beziehung oder bloß 'ne Bettgeschichte?“, fragte Sirius direkt. „Bettgeschichte hört sich so negativ an. Sagen wir, es ist nichts Festes. Und die Hufflepuff?“ Sein Grinsen wurde noch schiefer. „Weiß nicht mal mehr ihren Nachnamen.“ Ich lachte auf. „Wer war das denn? Also, was war ihr Vorname?“ Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Ann, glaube ich.“, sagte er vage. Wieder entfuhr mir ein kurzes Lachen. „Glaubst du also, ja?“ „Mhm, ganz sicher bin ich mir aber nicht.“, witzelte Sirius und kniff die Augen zusammen.
„Ach, hast du Hailey von deiner neuesten Flamme erzählt, Tatze?“, mischte sich James ein, der bis eben noch in ein Gespräch mit Moony vertieft gewesen war. „Sie ist nicht meine Flamme, aber ja. Und stell dir vor, Hailey hat mit Gid...“ Weiter kam Sirius nicht, ich hatte ihm meinen Ellenbogen in die Seite gerammt und er verkniff sich einen Schmerzensschrei. „Dann hat Sirius also seinen Ruf als Herzensbrecher wieder mal verteidigt, ja?“, versuchte ich James abzulenken, der prompt darauf herein fiel. „Ja, aber er hat erzählt, dass er vorher noch nie... Aaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhh!“ Tatze hatte Krone mitten im Satz mit einem Stück Siruptorte beworfen. Tja, was Sirius vorher noch nie getan hatte, erfuhr ich nie, denn eine wilde Essensschlacht hatte begonnen und wir vergaßen unser Gespräch in all dem Chaos.
Am Nachmittag überredete ich Marlene zu einer Runde Zaubererschnippschnapp, obwohl sie dieses Spiel eigentlich gar nicht ausstehen konnte. Währenddessen unterhielten wir uns über dies und das, hauptsächlich belanglosen Tratsch, aber auch ernstere Angelegenheiten.
„Warum hattest du eigentlich noch keinen einzigen Freund? Ich meine, du bist total hübsch und einfach super, da müssen sich doch haufenweise Jungs für dich interessieren! Vor Kurzem hab ich gehört, dass dieser Chang auf dich stehen soll, der sieht voll gut aus.“ Das wollte ich meine beste Freundin schon lange einmal fragen.
Doch Marlene wurde plötzlich ganz komisch. Sie druckste herum, zupfte an ihrer Krawatte, wie sie es immer tat, wenn sie nervös war, und biss sich auf die Lippe. „Ich bin einfach an keinem von ihnen interessiert.“, antwortete sie nach langem Schweigen.
Zwar kam mir ihr Verhalten schon sehr merkwürdig vor, doch wie immer dachte ich mir nichts dabei. Sie musste wohl einfach einen schlechten Tag haben.
„Aber... Wie war's eigentlich mit Prewett?“ Marlene grinste anzüglich und stupste mich mit ihrem Ellenbogen an. „Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, wie ich überhaupt in dieses Klassenzimmer gekommen bin.“, erklärte ich schulterzuckend. „Merlin, Hailey! Du trinkst zu viel, viel zu viel. Du musst dich doch wenigstens an ein bisschen was erinnern können!“, rief Marlene entrüstet. Doch ich zuckte nur wieder mit den Schultern. „Nein. Ich weiß absolut gar nichts mehr von gestern Nacht. Es ist merkwürdig, wirklich.“ Eigentlich war es ganz und gar nicht merkwürdig. Das Vergessen beziehungsweise Nicht-abspeichern von Erlebnissen, war eine vorhersehbare Auswirkung von zu viel Alkohol.
Abends machten wir uns aufen Weg in die Große Halle. Doch als wir beinahe dort angekommen waren, kamen uns kreischende Schüler entgegen. Gryffindors, Slytherins, Ravenclaws und Hufflepuffs schienen so schnell wie möglich aus der Großen Halle fliehen zu wollen. „Was ist da los? Warum rennen die weg?“, fragte ich und ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. „Ich weiß es nicht, Hailey, aber wir müssen verschwinden! Da ist irgendwas Schlimmes passiert!“ Die Panik in Marlenes Stimme war nicht zu überhören.
Was war da drin bloß los? „Ich geh da jetzt rein. Bring dich in Sicherheit, Marlene, ich berichte dir dann alles.“, sagte ich und rannte gegen den Schülerstrom auf die Große Halle zu. „Nein! Hailey! Warte!“, rief Marlene mir hinterher, doch ihre Schreie gingen in denen der vielen anderen Schüler unter.
In der Großen Halle angekommen sah ich die Ursache für den Aufstand, doch es war nicht das, was ich gern gehabt hätte. Es war kein Streich von den Rumtreibern, der etwas ausgeartet war, und auch keines von Hagrids magischen Geschöpfen, das hier Ärger machte. Überall in Großen Halle kämpften Lehrer und ältere Schüler mit dunklen Gestalten, die jüngeren waren mittlerweile alle heraus geströmt. Teile der Halle waren zerstört und die Häusertische umgeworfen worden. Ich wusste, wer diese Gestalten waren, doch ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie die Todesser hierher gekommen waren.
Erst jetzt fiel mir die am Boden liegende Gestalt auf. Sie lag praktisch direkt vor mir, der Hinterkopf blutete und die Augen waren glasig und leer. Mit Schrecken erkannte ich die Leiche Bertram Aubreys. Panik stieg in mir auf, er war zwar ein Idiot gewesen, aber das hier hatte er nicht verdient.
Wenn ich nicht sofort die Flucht ergriff, dann würde ich vielleicht genauso enden. Ich ließ den Blick noch einmal über das Geschehen schweifen, hoffte, dass mich niemand entdecken würde, bevor ich hier raus war.
In diesem Moment ertönte ein Schrei. Mein Kopf fuhr herum und ich erkannte Professor Kesselbrand, der Pflege Magischer Geschöpfe unterrichtete. Er lag am Boden, mit seinen wenigen Gliedmaßen musste es sowieso schon schwer genug sein, gegen eine Horde Todesser zu kämpfen. Ich mochte Professor Kesselbrand, doch durch seine Leichtsinnigkeit würde er hier nicht allein überleben, nicht, wenn er bereits am Boden lag.
"Expelliarmus!", rief ich und der Zauberstab des Todessers, der mit Professor Kesselbrand gekämpft hatte, flog zu mir. Was hatte ich gerade über Leichtsinnigkeit gesagt? Das war eine dumme Idee gewesen. Warum der Entwaffnungszauber? Ich hätte auch den Schockzauber verwenden können, den Levicorpus, nur nich den Expelliarmus. Jetzt würde ich erwischt werden. Der Todesser drehte sich langsam um und sah mir bedrohlich in die Augen. Er kam einige Schritte auf mich zu und ich war von der Angst wie gelähmt. Und sowas nennt sich Gryffindor.
Das war's, jetzt ist mein Leben vorbei. Ich werde sterben, ich werde sterben, ich werde sterben.
Doch als ich mich gerade mit meinem baldigen Dahinscheiden abgefunden hatte, brach der Todesser zusammen. Professor McGonagall stand hinter ihm, mit erhobenem Zauberstab, und gab mir ein Zeichen, ich solle sofort verschwinden. Ich machte kehrt und rannte so schnell es ging aus der Großen Halle.
Puh, Schreibblockaden sind echt scheiße. Ich habe den letzten Rest des Kapitels kaum schreiben können, mehr als gefühlt zwei Sätze pro Tag waren einfach nicht drin. Zum Glück war diese Phase schnell wieder vorbei, jetzt geht's wieder mit dem Schreiben.
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