20. Kälte
Wir hatten 8 Uhr in der Früh, an einem Montag Morgen und ich wartete gerade mit dem Rest meines Kurses darauf, das unsere Lehrerin hier auftauchen würde.
Nach einer weiteren halben Stunde kam sie auch endlich an, wohl gemerkt zu spät, es wollten sich sogar schon ein paar verdrücken.
Sie schoss an uns vorbei, schloss die Tür auf und stürmte so gleich hinein.
Wir anderen setzten uns ebenfalls langsam in Bewegung und nahmen unsere Plätze ein. Ein kurzer Blick über die Klasse verriet mir das Kyle noch garnicht anwesend war.
"Guten Morgen, entschuldigt die Verspätung. Setzt euch bitte, wir fangen sofort an." sagte sie, wirkte dabei mehr als gestresst. Ich kramte meine Unterlagen heraus und folgte eher ein bisschen abwesend dem Gerede der Lehrerin.
Das was Freitag passiert war, ging mir nämlich immer noch nicht aus dem Kopf und ich frage mich die ganze Zeit warum er das gemacht hat. Meine Gedanken schweiften komplett ab, bis ein kurzes Klopfen zu hören war und die Tür geöffnet wurde.
In dieser stand kein geringerer als Kyle höchst persönlich, total verschlafen und nicht wirklich fit, zumindest was man auf den ersten Blick sah.
"Hab verschlafen." murmelte er, setzte sich anschließend auch schon auf seinen Platz. Unsere Lehrerin seufzte nur und machte direkt mit ihrer Erklärung weiter.
"Ihre Projekte gehen hoffentlich gut voran, denn nächste Woche werden wir die ersten Vorträge hören." sagte sie. Ein murmeln zog durch den Saal. Viele hatten wohl vergessen das die paar Wochen schon rum waren.
Mein Blick glitt darauf kurz zu Kyle, der keinen Muskel bewegte. Wir waren nämlich auch noch nicht komplett fertig, mussten unsere beiden Themen noch miteinander verbinden und Unterschiede heraus arbeiten. Aber ihn darauf anzusprechen, wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
—
Die Klingel ertönte und im Saal wurde es automatisch lauter. Alle packten die benötigten Unterlagen zusammen und machten sich auf den Weg nach draußen.
Auch ich tat es ihnen gleich, ging danach mit ruhigen Schritten nach draußen und setzte mich auf meinen Lieblingsplatz unter dem großen Kirschbaum.
Ich hatte jetzt eine Freistunde bis mein nächster Kurs anfing und überlegte ob ich nicht jetzt weiter an dem Projekt arbeiten sollte. Allerdings bräuchte ich Kyle dafür. Wir hatten eben erfahren, das wir eine der ersten waren, die unser Projekt nächste Woche vorstellen durften. Begeistert war ich davon zwar nicht, aber eine Wahl hatte ich ebenso wenig.
Meine Augen scannten den großen Platz nach ihm ab, bis ich ihn schließlich auch fand. Er lehnte lässig an einer der mit Graffiti beschmierten Wände, die man aber eher als Kunstwerk bezeichnen konnte, da sich dort der Kunstkurs verewigt hatte. Bei ihm standen Marc, Jackson und Alex. Sie redeten über irgendwas, natürlich konnte ich das ganze nicht verstehen, aber sie schienen ihren Spaß dabei zu haben.
Ich überlegte ob ich mich dazu gesellen sollte, damit ich mit ihm sprechen konnte, aber der nächste Blick ließ mich meine Entscheidung schnell überdenken. Kyle's Blick traf meinen und so viel Kälte wie in diesem Moment habe ich noch nie in seinen Augen gesehen. Es waren nur Sekunden, aber trotzdem fühlte ich mich gleich total unwohl und ich fragte mich, ob ich etwas falsches getan hatte.
Trotz allem sammelte ich meinen Mut und stand auf, lief danach auf die vier zu. Als ich bei ihnen ankam, verlor ein leises 'Hey' meine Lippen und die Aufmerksamkeit, von drei der Jungs, lag auf mir. Sie begrüßten mich ebenfalls kurz, wendeten ihren Blick aber sogleich wieder ab. Ich atmete einmal durch und setzte dann zum Reden an.
"Kyle können wir kurz reden?" fragte ich ihn. Sein Blick schnellte direkt zu mir und ich meine ein kleines Funkeln in seinen Augen zu sehen. Er nickte nach einer kleinen Denkpause nur und wir gingen ein paar Meter von den anderen weg.
Er sah mich an, wartete wohl darauf das ich begann zu reden, was ich auch tat.
"Wollen wir jetzt in der Pause für das Projekt arbeiten, damit wir für nächste Woche fertig sind?"
Kyle sagte erst nichts, aber man sah dass der kleine Funke von eben aus seinen Augen verschwand.
"Kann nicht." war das einzige was er sagte, als er sich wieder umdrehte und zu seinen Jungs verschwand.
Ich stand immer noch an Ort und Stelle und verstand gerade garnichts mehr. Er war noch nie so kalt zu mir, zumindest nicht vor Freitag. Lag es wirklich nur daran oder war etwas anderes vorgefallen?
Mein Blick ging nochmal kurz zu ihm, bevor ich mich umdrehte und Richtung Wohnheim verschwand. "Dann arbeite ich eben alleine weiter." dachte ich mir und setzte meinen Weg fort. Ich hoffe nur, dass sich das mit ihm bald klären würde.
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