26.Gott schütze den König
Sebastian konnte die Spannung auf dem Schiff förmlich greifen, so schwer lag sie in der Luft. Niemand machte Späße, sang oder unterhielt sich in irgendeiner Weise. Alles war ruhig. Beunruhigend ruhig.
Laut James' Berechnungen würden sie am morgigen Nachmittag Nassau erreichen. Sebastian hatte das Gefühl das er der einzige war der das vollkommen realisierte was das hieß, denn sowohl James als auch Alice, die es auf ähnlichem Wege wie Sebastian erfahren hatte , waren voll guter Stimmung. Bei James wunderte ihn das nicht besonders viel; James war arrogant, er glaubte er wäre der Beste und hätte eine einen Ausweg für jede Situation. Und Alice schien das bedenkenlos zu glauben. Natürlich glaubte Sebastian auch an ihn aber er glaubte nicht das ein Mensch, egal welcher es auch sein möge, dazu fähig wäre für alle Probleme eine Lösung zu haben. Die dann auch aufging.
Deswegen regte sich in ihm eine panikartige Nervosität die sich von Seemeile zu Seemeile steigerte. Auch die Anspannung auf dem Schiff schien damit zu wachsen, es war geradezu beängstigend wie still es an Deck war.
Und dann war es soweit: Die Dämmerung brach ein.
Sebastian lag in seiner Hängematte. Ab und zu hörte er ein Schnarchen, eine raschelnde Decke oder ein rostiges Quietschen. Nur das Rauschen des Meeres war allgegenwärtig. Er lag bestimmt einige Stunden so da; bewegungslos, still, mit wild klopfendem Herzen, mit dem Wissen dass bald etwas passieren würde. Ein ihm wohl bekanntes Geräusch durchbrach die Stille. Es war das Stöhnen einer Metallkette. Sie ließen den Anker fieren. Ein kalter Schwuer jagte seinen Rücken hinunter. Er spürte wie das Schiff langsamer wurde und schließlich anhielt. Wieder eine drückende Stille bis ein ekelhaftes Kreischen sie durchschnitt. Es ließ ihn beinahe aufschrecken. Es war das metallische Schleifen eines Messers an einem anderen metallenen Gegenstand. Er wollte aufspringen und flüchten, doch er unterdrückte den Drang. Zu groß wäre das Risiko. Vielleicht war nur jemand von der Nachtschicht mit seinem Messer an einen Nagel gekommen.
Ein erschrockenes Einatmen und ein darauffolgendes: „Psscht sonst bist du ganz schnell tot" erwiesen diese Theorie als falsch. Er begann zu zittern. Aber nicht vor Kälte. Es war nicht kalt unter Deck, es war eher das Gegenteil der Fall: Die Luft war stickig und eklig warm. Alle freuten sich über jede Minute mehr die sie auf Deck verbringen konnten. Es war die Angst die ihm diese, nur für ihn spürbare, eisige Decke auferlegte.
Langsam tastete er nach seinem eigenen Messer. Kräftig schloss er die Finger um dessen Griff. Die Personen bewegten sich mit schleifenden Schritten die nach und nach verklangen und aufeinmal war es wieder still. Jedoch nicht für lang.
Er hatte seine Knöchel gerade etwas entspannt als es zu einem zweiten solcher Zwischenfälle kam. Ein erschrockenes Einatmen, Flüche, und wieder die schleifenden Schritte. Es geschah immer wieder, immer schneller, bis aufeinmal Sebastian selbst ein Messer an die Kehle gehalten wurde.
„Ganz langsam aufstehen. Kein Wort oder du sdienst bald Davy Jones", flüsterte eine Stimme die er nicht sofort idetifizieren konnte.
Er befolgte den Befehl, sein Messer in den Ärmel seiner langärmeligen Tunika schiebend. Leicht schnitt das Metall in seine Haut. „Ganz leise" Sebastian hatte ein Déjà-Vu. Dies erinnerte ihn an das Mal als Jackson ihn bedroht hatte um herauszufinden was mit Alice passiert war. Er folgte der fordernden Bewegung in seinem Rücken und trat auf den Flur hinaus. Er spürte wie sich die Anspannung des jungen Mannes etwas löste und ergriff seine Chance. Innerhalb eines Moments war sein Messer in seine Hand gerutscht. Er riss den Arm hoch und schob das Messer in die Beuge die der Arm seines Angreifers über seiner Schulter machte. Mit brutaler Kraft schob er den Arm weg während er mit seinem Bein hinter das des anderen langte und es weg zog. Er löste seinen Griff um seinen Hals und stolperte weg. Sebastian wirbelte herum und bedrohte den Mann nun seinerseits mit einem Messer.
Es war Mister Cooper.
Der hatte sein Messer aber in der Hand behalten und stach nun vorwärts, Richtung Sebastians Bauch. Der Steurmann wusste sich aber zu helfen. Er sprang zur Seite und setzte sein Messer in Mister Coopers Oberarm. Der schrie auf. Für einen Moment dachte Sebastian er hätte gewonnen. Ein breites Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er trat Mister Cooper in seinen Bauch, so hart dass er auf seinem Hintern landete. Er hustete und Blut tropfte über seine Lippen.
Sebastian warf keinen Blick zurück. Mit großen Schritten sprintete er los, zur Kapitänskajüte. Aber er kam nicht weit. Der Lärm musste die anderen Meuterer alamiert haben denn aufeinmal landete etwas Schweres auf Sebastians Rücken. Das enorme Gewicht und die Überraschung rissen ihn zu Boden. Sein Messer sprang ihm aus der Hand, hinein in die tiefe Dunkelheit. Sebastian versuchte sich hoch zu stemmen, sich zu wehren doch muskulöse, breite Hände legten sich um seine Handgelenke und hielten ihn am Boden. Ein junges Gesicht erschien in seinem Sichtfeld. Es wurde umrahmt von langen braunen Haaren von denen einige Strähnen mit bunten Holzperlen verziert waren. Im nächsten Moment krachte seine Nase auf die Planken. Es knackste und Sebastian fluchte. Ein brennender Schmerz durchzog sein ganzes Gesicht.
Ungewollte Tränen schossen ihm in die Augen und verschleierten seine Sicht. Ein dreckiger Lappen wurde ihm in den Mund gestopft während der Mann der ihn zu Boden gerissen hatte gewaltsam seine Arme auf seinen Rücken drehte und sie dort mit einschneidenden Seilen fesselte.
Er hatte verloren.
_..._
Ruppig wurde er von drei Männern, darunter Theodore der ihn dreckig angrinste, nach oben auf Deck geführt wo schon seine Kameraden, die die James ebenfalls treu blieben, um den Mast versammelt waren. Sebastian stießen sie grob dazu. So saßen sie auf den geschrubbten Dielen, gefesselt und geknebelt, zu ihren Geiselnehmern empor blickend.
Diese hatten sich stark bewaffnet. Jeder trug mehrere Gewehre und Kugeln bei sich. Dazu kamen bei jedem einige Säbel die das Licht des Vollmondes auf ihre Gefangenen bösartig hell reflektierten.
Sebastian hatte eine Heidenangst vor dem was passieren würde. Mit aufgeregtem Atem, eisiger Gänsehaut und angespannter Angst wartete er, darauf das irgendetwas passierte. Um sich abzulenken schaute er auf seine Mitgefangenen. Unter ihnen war Hector, ihr Quatiermeister, Thomas der Hauptsteuermann und Jackson und Alice die dicht nebeneinander saßen.
„Robbie", schoss es Sebastian aufeinmal durch den Kopf, „Wo ist Robbie ?!" „Vielleicht sitzt er direkt hinter mir", dachte er, sich selbst beruhigend, „Und ich sehe ihn nicht weil er auf der anderen Seite des Mastes ist" Er atmete tief durch und versuchte sein Herzpochen unter Kontrolle zu bekommen.
Sie würden das schaffen. James würde es schaffen.
Die Luke wurde aufgestoßen und Theodore kletterte breit grinsend heraus, ein Entermesser zwischen den Zähnen. Der Junge der Sebastian die Nase gebrochen hatte kam hinterher. Sebastian konnte sich nicht recht an seinen Namen erinnern... Vielleicht war es etwas wie Carl oder Calvin gewesen...
Sebastian's Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Der nächste Meuterer der aus der Luke kletterte war Robbie. Mit seiner schlaksigen Gestalt, seinen unordentlichen, kastanienbraunen Locken und schmaler Stupsnase.
Als wäre dieser Schock nicht groß genug raubte der letzte Mann ihm den Atem und ließ sein Herz zusätzlich einen Schlag aussetzen.
James kam aus der Luke. Die Hände ebenfalls hinter dem Rücken gefesselt und auch einen Knebel um den Mund.Und trotzdem grinste er.
Mit weit aufgerissenen Augen musste Sebastian mit ansehen wie sie James herum schubsten und ihn mit einem Tritt in die Beugen auf die Knie zwangen. Es war ein falsches Bild. Es passte nicht zusammen. James Moriarty auf seinen Knien.
Theodore erhob die Stimme: „Was sollen wir mit ihm machen ?" „Ihn töten!" „Ja! Über die Planke mit ihm!" „Ausetzen!" „Zu Davy Jones mit ihm!" „Lasst ihn uns versklaven!" „Ja er soll unsere Drecksarbeit machen!" „Leiden muss er!" „Zu den Haien!"
„Wartet. Sollten wir nicht zuerst beschließen wer der neue Käpt'n wird ?" erklang eine klare Stimme heraus aus all dem lüsternem Geschrei nach Tod und Leid. Es war der Junge dessen Name Sebastian nicht einfallen wollte. Zustimmendes Gemurmel wurde laut. „Theodore du sollst unser neuer Käpt'n sein!" „Nein, Caleb soll es werden" „Wie wäre es mit mir?" „Hier George macht das sicher gut!" „Ich bin für Caleb!" „Der ist viel zu jung! Theo ist die bessere Wahl!" „Caleb hat das alles hier angefangen, er sollte Käpt'n werden!"
Die Rufe verklangen für Sebastian zu einem trommelnden Hintergrundgeräusch. Himmelblau traf auf Mahagonibraun. James zwinkerte und erhob sich. Alle Augen richteten sich sofort auf ihn. Als hätte er alle Zeit der Welt schüttelte er seine Fesseln ab und zog sich den Stoffetzen aus dem Mund. Er spuckte auf die Planken. „Was habt ihr dadrauf gepisst oder was ist dieser ekelhafte Geschmack?!"
Caleb zückte seinen Säbel und richtete ihn auf James, doch der war schneller. Er machte einen Satz zur Seite und entwaffnete George sodass Caleb nun auch einen Säbel hatte der auf seine Kehle zeigte.
Arrogant grinste James in die Runde und plötzlich wirkte er viel größer als seine sieben einhalb Köpfe.
„Habt ihr wirklich gedacht ihr könntet mich stürzen ? Hier alles ändern ? Jemand anderes an meine Stelle setzen ?", laut lachte er auf und machte einen Schritt auf Caleb zu der verunsichert zurückwich. Auch in den Augen seiner Verbündeten spiegelte sich Unsicherheit. Moriartys spöttischer Ton bohrte sich in ihre Gehirne, ließ sie zweifeln und deswegen nicht reagieren.
Hatten sie wirklich geglaubt es wäre so einfach ?
„Ihr seid verloren ohne mich. Alles was ihr könnt habe ich euch beigebracht; ihr wart der Abschaum Nassaus, unzuverlässige Trunkenbolde, ekelige Taugenichtse die niemand anheuern wollte. Ich habe euch zu Ruhm verholfen, habe die Menschen dazu gebracht euch nicht mehr zu verstoßen sondern zu euch aufzusehen! Ihr alle schuldet mir Respekt und Dankbarkeit!"
Er machte eine Kunstpause und schaute eindringlich in die Menge der Meuterer. „Aber nicht nur das! Ihr alle schuldet mir etwas. Deine Mutter Caleb; ich habe deinen gewaltsamen Vater für sie getötet. Theodore; ich habe dich vor der Exekution letzten Winter bewahrt. Genauso wie dich George. Christoph; ich habe dir Geld geliehen damit du nicht von Johnsons Männern getötet wirst; Ich habe euch allen ähnliche Gefallen getan; Gefallen die ihr mir nie zurückgezahlt habt. Wäret ihr wirklich so ehrenlos und würdet mich töten ohne mir das wiedergegeben zu haben ?"
Zweifelndes Schweigen. Sie alle hielten sich für Männer von Ehre, einer Ehre die nicht beschmutzt werden sollte.
Moriarty grinste und trat noch einen Schritt auf Caleb zu. „Würdet ihr das tuen und mit einem neuen Kapitän in Nassau anlegen würden die Leute sich an eure alten Zeiten erinnern; an eure dunkelsten Momente an eure schamvollste Taten... Ihr würdet verachtet werden. Alles wäre so wie damals.", er hob die Stimme, sprach ernergischer, kraftvoller, „Mit meinem Tod stellt ihr die Zeit zurück" Er legte den Kopf schief und lehnte sich vor, den Blick auf Caleb's braune Augen gerichtet. Er senkte die Stimme wieder: „ Nun ist die Frage: Ist es das was ihr wollt ?"
Caleb knickte ein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einem Klirren fiel sein Säbel zu Boden und mit einem dumpfen Geräusch trafen seine Knie auf die Planken. Die Augen geschlossen, senkte er den Kopf. „Meine aufrichtigste Verzeihung Kapitän Moriarty Sir. Gott schütze Sie" Nichts hätte deutlicher sein können:
James hatte gewonnen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top