17.Nackte Drohungen

Albträume von einer toten Alice plagten Jackson und raubten ihm den Schlaf. Er starrte an die Dielen und hörte auf das Schnarchen der anderen. Seit Tagen schon hatte er sie nicht gesehen. Der Neue, Sebastian, hatte wieder die Kombüse übernommen. Laut ihm war sie krank und kurierte sich in der Kapitänskajüte aus. „Was hat sie denn ?", hatte Jackson da gefragt, angsterfüllt und misstrauisch zugleich. „Eine Art Fieber"

Diese Antwort hatte ihn nicht beruhigt, im Gegenteil; sie bestärkte seine Sorge sogar. Er wollte nichts sehnlicher als Alice zu sehen, seine Alice. Ihr Lachen und ihre Stimme hören, ihre weiche Hand in seiner spüren und den süßen Geruch ihrer Haare wieder in der Nase haben war alles was er wollte. War das denn so viel verlangt ? Er schloss kurz die Augen. Er würde den Kapitän morgen darum bitten sie zu sehen und wenn er ihm diesen Wunsch verwähren würde, würde er sie eben so besuchen, ohne Erlaubnis.

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„Sie muss weg" Sebastian sah nicht von dem Fisch auf den er gerade würzte. „Wieso ? Hast du auf einmal doch das Verlangen zu schlafen und hälst es auf der Bank nicht aus ?" Sein Ton war spöttisch, was Moriarty's sowieso schon schlechter Laune den Rest gab. „Nein" Jetzt hob er doch den Blick. Mit gehobener Braue schaute er ihn an. „Und was ist dann das Problem ?" „Ich bin ihre Anwesenheit leid" Der Koch brach in Gelächter aus.

„Oh man entschuldige bitte, der große Kapitän braucht wieder seine privaten Gemächer!" James biss die Zähne zusammen und zückte sein Messer, doch er hörte auch nicht auf zu lachen als er ihn mit besagtem Messer an der Kehle gegen die Feuerstelle drückte. Breit grinsend meinte er: „Antrag abgelehnt" James presste das Messer tiefer in seine Haut sodass ein Tropfen Blut hervorquoll. Ästethisch lief er über die silberne Klinge und tropfte schließlich mit einem unhörbarem Platschen auf den Dielen wo er sich in einem dunkelbraunen Fleck verewigte.

„Ihre Schulter ist verheilt, das Fieber abgeklungen, sie kann wieder arbeiten" „Nein kann sie nicht", erwiderte Sebastian kalt, sich nicht ein Stück um das lebensbedrohliche Teil an seinem Hals kümmernd. „Sie hat Schmerzen!" James Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ausreden" Sebastian funkelte ihn an, der Blick lodernd trotz der kühlen Farbe. „Das sind keine Ausreden das sind Fakten! In dieser Verfassung darf sie nicht arbeiten gehen oder sie wird sterben" „Dann werde ich sie auf einer Insel aussetzten" „Und eine Meuterei riskieren ?", fragte Sebastian, wieder in dem herausfordernden Ton den er auch schon vor vier Tagen benutzt hatte. James beugte sich noch etwas vor, ihre Lippen berührten sich fast, die Klinge hatte schon einen oberflächlichen, dünnen Schnitt vollzogen. „Ja die werde ich riskieren. Ein dummes Mädchen wie sie kann mich nicht aufhalten und ein so naiver Bursche wie du ebenso wenig"

Sebastian stemmte sich gegen ihn. „Achja ?" In diesem Moment passierte etwas zwischen ihnen während sie so eng aneinander gepresst dastanden und sich anstarrten, den Blick voller Hass und Wut. Dieses Etwas veranlasste ihn dazu sein Messer von Sebastian's Kehle zu nehmen und diesen, seine Lippen auf James zu drücken. Voller unausgesprochener Gefühle rissen sie sich die Kleider vom Leib und brachten jene auf die menschlichste Weise zusammen.

Das Holz der Tür war zwar unangenehm in James' Rücken doch das war es wert, jeden Splitter der sich in seine Haut grub akzeptierte er ohne auch nur an eine Beschwerde zu denken und jede Faser die über seine Haut kratzte genoss er in vollen Zügen denn er hatte Sebastian in sich, während er ihn verfluchte und auf die schlimmsten Arten beleidigte und es war besser als alles von dem James je gewagt hatte zu träumen.

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„Sir ?" Der Kapitän schaute nicht von der Karte auf die er derzeit auf Deck studierte. „Ja Jackson ?" „Ich würde Miss Dilton gerne besuchen" „Nein. Sie ist sehr ansteckend", sagte er kurz angebunden, Richtung Reling gehend. „Darf ich sie wenigstens sehen ?" Moriarty seufzte genervt und hielt sich das Fernrohr an's rechte Auge. „Ich sehe nicht was das für einen Sinn hätte, Jackson. Warte doch einfach noch ein wenig, ihr wird es mit Sicherheit bald besser gehen" Damit schob er das Fernrohr wieder zusammen und wandte sich an Hector der nahe bei stand.

„Hol' die Gefangenen an Deck, wir haben Biscay's Hafen schon fast erreicht"

Jackson biss sich auf die Lippe. „Sir ist es wirklich nicht möglich,- Ich will doch nur -" Moriarty's Augenlider flatterten gereizt. Warum konnte er es denn nicht einfach hinnehmen?! War es denn so schwer und kompliziert?! Wütend fuhr er herum. „Nein!" Jackson machte einen Satz zurück. „Sie ist hochansteckend und ich kann jetzt keine kranke Mannschaft gebrauchen!" Jackson schlug die Augen nieder. „Tut mir Leid Sie aufgehalten zu haben Sir" Moriarty schnalzte. „Das es Ihnen Leid tut bringt mir meine Zeit auch nicht zurück"

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„Was willst du in Frankreich ?" James schaute nicht von seiner Karte auf. „Ich wüsste nicht was das dich angehen würde" Alice seufzte leise. Sie wünschte sich das alles wieder so war wie früher. Das sie mit ihm normal reden könnte. Aber sie konnte die Zeit nicht zurück drehen und wenn sie ehrlich war wollte sie das auch gar nicht. Sie hatte sich diese ganze Zeit lang etwas vor gemacht. Natürlich hatte sie gewusst das er gefährlich war, das er böse und barbarisch war, aber dabei hatte sie außer Acht gelassen das er auch unberechenbar war, was wirklich das angsteinflößenste war.

Stumm beobachtete sie wie er die Karte mit einer anderen verglich. Ein Klopfen ließ ihn den Kopf heben. Schnellen Schrittes ging er hinüber und öffnete die Tür. Wie sich herausstellte war es Sebastian der mit neuem Verbandszeug unter dem Arm nun hereinkam. Alice entgingen die Blicke nicht mit denen sie sich musterten. Sie waren voll purer Leidenschaft.

„Wie geht es dir ?", fragte Sebastian, sich an die Bettkante setzend während James die Tür verriegelte. „Gut, es schmerzt viel weniger als gestern" Sebastian lächelte. „Das ist sehr gut. Kannst du dich aufsetzen ?" Sie nickte und tat wie gewünscht. Langsam streckte sie auch den Arm aus. Es ging gut, nichts zog oder brannte als sie es tat, nur die mittlerweile übliche Müdigkeit ihrer Knochen spürte sie. Sanft machte Sebastian sich daran den Verband abzunehmen. Sie grub die Zähne in die Unterlippe. Das Blut klebte zwischen ihrer Haut und dem Stoff und brannte unangenehm als Sebastian dies abzog. Doch sie war es gewohnt, in den letzten Tagen war es zur Routine geworden.

Sebastian besah sich ihre Wunde genaustens und fuhr mit dem Zeigefinger über die Ränder. „Das sieht schon viel besser aus. Ich denke in vier Tagen wirst du vollkommen geheilt sein" Aufmunternd lächelte er ihr zu, sie erwiderte es halbherzig. „Woher weißt du eigentlich so viel über ... sowas ?", fragte sie während er die Wunde mit frischem Meerwasser säuberte. „In der Navy war ich mit einem Arzt befreundet. Außerdem habe ich >>sowas<< oft genug gesehen" Sie wechselten einen kurzen Blick und wandten sich dann schnell ab. „Ich frage mich was aus ihm geworden ist..."

Zum Abschied tätschelte er ihre Hand. „Bald wird alles wieder so wie es war" Sie sahen sich in die Augen. Blau traf auf Braun. Sie wussten beide das er log, doch sie ließen es so stehen und taten so als hätte er Recht.

Schweigend sah sie dabei zu wie er die Kajüte wieder verließ und welche Blicke er von Moriarty hinterher geworfen bekam. Und plötzlich hatte sie unglaubliche Sehnsucht nach Jackson und seinen starken Armen.

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„Hat der Käpt'n sich verletzt ?" Hector schaute ihn verwundert an. „Nein, wieso ?" „Weil Sebastian gerade mit Stoff und einem Eimer Wasser zu ihm ging" Hector räusperte sich. „Nun das wird schon seine Richtigkeit haben Jackson, mach dir keine Sorgen um den Käpt'n du weißt doch wie er ist" Nervös lachte er während Jackson die Stirn runzelte und nachdachte.

„Hector ? Was glaubst du würde die Mannschaft von Moriarty halten wenn er... wenn er ein-einen Kameraden töten würde ?" Jacksons Stimme wackelte verdächtig. Nur schon bei dem Gedanken seine Geliebte für immer verloren zu haben wurde ihm übel. Hector legte den Kopf schräg.

„Das hat er schon oft getan" „Ja aber was wenn er... wenn er es im Geheimen tuen würde ?" „Ich wüsste nicht wo da das große Problem wäre wenn das gerechtfertigt wäre" „Und wenn nicht ?" Hector seufzte. „jackson ich verstehe nicht worauf du hinaus wi- Nein!" Seine Augen weiteten sich bei der Erkenntnis, „Nein, Nein, nein! Hör' auf an sowas auch nur zu denken!"

„Aber was wenn -" „Ich diskutiere mit dir nicht über solche Möglichkeiten wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen!" „Das können wir doch gar nicht wissen!" „Eben! Solange es keinen Anlass gibt reden wir nicht über soetwas! Schlag' es dir aus dem Kopf!"

Aber das konnte Jackson nicht. Tag und Nacht hing er mit den Gedanken an dieser Frage. Würde die Mannschaft sich auf seine Seite schlagen wenn er eine Meuterei anzetteln würde ? Das war schwer zu sagen. Wenn Moriarty nicht so angsteinflößend wäre, wäre die Antwort schnell gefunden aber so...

Er schloss die Augen. Vielleicht sollte er sich erstmal Gewissheit über seine Vermutung verschaffen.

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„Okay ganz ruhig", krächzte Sebastian die Hände langsam hebend, als Zeichen der Ergebung. Das kalte Metall an seiner Kehle ließ ihn eine Gänsehaut bekommen. Der Mann hinter ihm öffnete die Kombüsentür und schob sie beide hinein. Dort begann sein Angreifer schließlich zu reden: „Lebt sie noch ?" Sebastian schluckte sein Grinsen hinunter. Es war Jackson der ihm gerade von hinten ein Entermesser an den Hals presste. Sebastian schwieg. Er wusste nicht ob er etwas sagen durfte und sollte. „Lebt sie noch?!", wiederholte der Kanonier nun fordernder.

Er spürte einen kleinen Schnitt, gleich an seinem Adamsapfel. Er biss die Zähne zusammen. „Ja" Der Griff wurde lockerer. „Hat Moriarty sie...sie -" „Nein", sagte Sebastian, schneller als er denken konnte. Jackson nahm langsam das Messer herunter. „Er hat nicht auf sie geschossen ?" Er klang überrascht. Sebastian wandte sich herum und schaute Jackson in die Augen. Er sah tot aus. Seine braunen Augen zierten dunkle Ringe, und wirkten leblos. Generell war er auch sehr blass und mager im Gesicht. „Nein hat er nicht" Jackson nickte, wandte sich um und verschwand aus der Kombüse wo Sebastian jetzt auf einem Fischfass zusammen sank. Müde fuhr er sich durch die sandblonden Haare.

Er wusste nicht warum er das gesagt hatte. Im Moment war er wirklich nicht auf Moriarty's Seite und hasste ihn inniger als vor seinem Aufbruch um ihn zu töten. Und dennoch nahm er ihn in Schutz vor der Mannschaft. Er schüttelte den Kopf. Es ergab keinen Sinn. Wütend trat er gegen den kleinen Tisch. Noch einmal. Und noch einmal, solange bis sein Knie schmerzte.

Er hasste ihn! So, so, so sehr! Er hasste ihn abgrundtief!

Erschöpft lehnte er sich gegen die Kante und vergrub das Gesicht in den Händen.

Er liebte ihn...So, so, so sehr.

Eine Träne entkam seinen Augen. Wütend wischte er sie weg, genau wie ihre Nachfolger, doch sie waren nun nicht mehr aufzuhalten. In lauter Bächen liefen sie sein gebräuntes Gesicht hinab.

Er liebte ihn abgrundtief.


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Ein kleines Vorab - Weihnachtsgeschenk <3

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