[05]

»Child,
Why did no one ever teach you that you cannot turn people into homes?
People are rivers.
Ever changing, ever flowing.
They will disappear with everything you put inside them.«

Jisung PoV

Drei Tage waren inzwischen bereits vergangen, in denen wir uns in der dunklen Kerkerzelle befanden und bei jedem Tag davon ausgehen mussten, dass es unser letzter war, was die Wachen uns auch zu gerne klar machten. Man sollte meinen, nach all der Zeit hätte ihrer Erheiterung an unserer Situation nachgelassen, doch stattdessen schien sie mit jeder Sekunde, die wir hier drinnen verbrachten, zu wachsen. 

Ich hatte mich inzwischen schon fast damit abgefunden, den Rest meines wahrscheinlich nur noch sehr kurzen Lebens an die Zellwand vor mir zu starren und darauf zu warten, dass man mich hängte oder  mir den Kopf abschlug, während Changbin immer noch verzweifelt nach einem Ausweg suchte und Felix sich zur Beschäftigung mit ein paar Ratten angefreundet hatte, die durch die Zellen huschten und ihm alle möglichen Geschichten über ehemalige Gefangene und deren gescheiterten Fluchtversuche erzählen konnten.

"Haben wir wirklich schon alles überlegt, wie wir hier rauskommen?", fragte Changbin zum gefühlt tausendsten Mal, was ihm nur ein genervtes Stöhnen von mir und Felix einbrachte.

"Ja, haben wir.", erwiderte ich genervt und lehnte meinen Kopf gegen die kalte Steinwand an der ich saß. Ich konnte seine unmöglichen Pläne inzwischen wirklich nicht mehr hören.

"Aber was ist, wenn wir uns einfach rausbuddeln. Dauert halt ein bisschen, aber wenn uns die Ratten helfen?", erkundigte er sich nach Meinungen zu seinem neuen mehr oder weniger genialen Plan, für den ihn inzwischen selbst die Ratten verurteilend ansahen. 

"Ich bin mir relativ sicher, dass die Wachen es mitbekommen, wenn du anfängst dich mit deinen Händen raus zu buddeln.", erwiderte Felix. "Mal davon abgesehen, dass das hier Steinboden ist. Da scheuerst du dir die Finger ab, bevor du auch nur zwei Zentimeter gegraben hast. Und auch die Ratten werden es nicht schaffen, eine Öffnung zu graben, die groß genug ist."

"Aber wir können doch auch nicht einfach tatenlos hier rum sitzen!", entgegnete Changbin. "Wir können doch nicht einfach aufgeben!"

"Doch, können wir.", sagte ich, stand auf und klopfte mir den Dreck von der Hose, ehe ich wieder begann auf und ab zu laufen, so wie am ersten Tag. Meine Schritte wurden dabei von dem Klingen der Ketten begleitet, die mir inzwischen die Handgelenke wund gescheuert hatten. "Es wird einen Grund haben, dass sie uns noch nicht hingerichtet haben. Selbst die Wachen wundern sich, wieso wir noch am Leben sind. Die meisten Schwerverbrecher werden innerhalb von wenigen Stunden öffentlich hingerichtet. Die Tatsache, dass wir überhaupt noch atmen, ist ein Wunder. Ich verstehe nur nicht warum-"

Noch während ich meinen letzten Satz aussprach, formte sich in meinem Kopf eine Vermutung, die ich wohl auch so schnell nicht loswerden würde. Vor Schock über meine Erkenntnis blieb ich stehen.

"Minho.", flüsterte ich leise, sodass es für meine Freunde und Zellengenossen nach kaum mehr als einem Seufzer angehört haben konnte. Dann lief ich weiter auf und ab. Meine Beine konnten ebenso wenig Ruhe finden wie meine Gedanken.

Er musste irgendwie dafür gesorgt haben, dass wir am Leben gelassen wurden. es war ein trauriges Leben, das aus kalten, kahlen Steinwänden, Wasser und trockenem Brot bestand, aber es war immer noch besser als tot zu sein, oder nicht? Also hatte er mich doch erkannt? Oder wollte er nur das Rätsel lösen, das ich aufgeworfen hatte? 

"Also ich würde uns ja nicht gerade als Schwerverbrecher bezeichnen.", meinte Changbin eingeschnappt. (A/N: Changbin wäre als Zwerg eher ein Kleinkrimineller. (Es tut mir leid, aber der musste sein und ich weiß nicht, wie ich ihn in die Story einbauen soll.))

"Wir sind in die Schatzkammer des Königs eingebrochen! Oder haben es zumindest versucht.", widersprach Felix.  "Jisung hat den Kronprinzen als Geisel benutzt und gedroht, ihm den Hals aufzuschlitzen!"

"Ja, aber wir haben es ja nur versucht und deren blöder Kronprinz lebt auch noch, also ist doch quasi nichts passiert."

Ich versuchte einfach gar nicht erst der Diskussion der beiden zu folgen, sondern driftete mit meinen Gedanken zurück zu Minho. Dazu warum er uns am Leben ließ und zu dem Tanz, den wir beide geteilt hatten. Für einen kurzen Moment hatte ich dabei nur das Glück gefühlt, das wohl ein jeder verspüren musste, der die Ehre hatte, sich von Minho das Tanzen beibringen lassen durfte. Unser Plan, unsere Armut und all das Leiden der vergangenen Jahren hatte ich dabei für einen kurzen Moment hinter mir lassen können und ich würde alles dafür geben, das noch ein weiteres Mal erleben zu können. 

Leise begann ich die Melodie zu summen, zu der wir getanzt hatten. Sie beruhigte mich irgendwie und ließ mich weiter daran zurück denken, dass ich endlich wieder seine Nähe hatte spüren können und alles sich endlich wieder so angefühlt hatte wie früher.

Zwei weitere Nächte vergingen und so allmählich hatte auch Changbin die Hoffnung auf eine Fluchtmöglichkeit aufgegeben, so wie ich und Felix auch. Die Sonne war bereits untergegangen und die beiden anderen schliefen schon, doch ich wurde von meinen Gedanken wachgehalten. So allmählich packte mich die Sehnsucht nach meiner Freiheit. Das Ziehen in meiner Brust, das immer weiter wuchs, je länger ich aus dem Fenster sah, quälte mich und gab dem Schlaf keine Chance. Erneut stimmte ich leise die Melodie des Tanzes mit Minho an, in der Hoffnung sie würde mir dabei helfen, zur Ruhe zu kommen und meine Sehnsucht zu stillen.

Die Stille der Nacht, in der sonst nur das Gemurmel der Selbstgespräche eines gefangenen einige Zellen den Gang runter zu hören war, wurde von Schritten auf dem Gang unterbrochen. Erst bei genauerem Hinhören erkannte ich, dass es sich dabei nicht um die schweren Schritte der Wachen handelte.

Neugierig sah ich zur gitternen Zellentür, vor der nun jemand stehen blieb. Sein Gesicht und sein Körper wurden von einem langen Umgang verborgen, dessen Kapuze er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, sodass ich nicht genau sehen konnte, um wen es sich handelte. Erkennen tat ich ihn trotzdem. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum ich unbewusst aufstand und so nah an die Zellentür herantrat, wie es mir die Ketten erlaubten.

"Du bist es also wirklich.", sagte er und ich glaubte, ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht erkennen zu können. "Dass wir uns nach all der Zeit so wiedersehen würden... Du hast mir gefehlt."

Er streckte seine Hand nach meinem Gesicht aus, doch ich zuckte zurück.

"Ich habe dir gefehlt?", schnaubte ich verächtlich. Wenn er mir bis eben tatsächlich auch gefehlt hatte, war davon jetzt jedenfalls nicht mehr viel übrig. Jetzt war da wieder die Wut darüber, dass er mich damals zurückgelassen hatte. "Du bist doch auf einmal nicht mehr aufgetaucht! Ich habe auf dich gewartet, Minho! Monatelang, sogar jahrelang! Verdammt, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich habe bis vor fünf Tagen noch darauf gewartet, dass du wieder auftauchst! Da erscheint es mir doch sehr passend, dass wir uns wiedersehen, wenn du als Kronprinz durch die Gegend spazierst, während man mich im Kerker vergammeln lässt! Genauso wie du mir damals nicht geholfen hast, sondern mich im Dreck zurückgelassen hast!"

Er sah mir direkt in die Augen und ich erkannte Reue in seinem Blick. Reue und Schmerz.

"Warum verstehst du es nicht, Jisung? Ich wollte dir helfen, aber ich konnte einfach nicht. Jetzt kann ich es aber!", seine Reue wurde zu freudiger Aufregung. "Ich werde euch hier rausholen. Nicht jetzt, aber in ein paar Nächten, wenn alles geregelt ist. Warte nur noch ein letztes Mal auf mich."

"Lüg mich an und du wirst dir wünschen, ich hätte dir auf dem Ball tatsächlich die Kehle durchgeschnitten.", zischte ich.

Er wandte sich zum Gehen, doch stockte dann.

"Es tut mir leid, dass es soweit gekommen ist, Jisung. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun."

Mit diesen Worten verschwand er wieder im Gang und ließ mich in meiner Zelle zurück, wo ich noch seinen Schritten lauschte, bis sie nicht mehr zu hören waren, und mich dann wieder an die Steinwand sinken ließ.

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Neues Kapitel:)
Bei mir geht bald die Klausurenphase los, also werden wir sehen, wie viel ich dann schreiben kann.
Ich hocke auch seit 3 Tagen mit Gehirnerschütterung Zuhause und bin von meinem momentanen Love Life angenervt, also wird das Ganze an Jisung rausgelassen mit noch einem Kerker-Kapitel und seiner Wut/Sehnsucht nach Minho gequält. So muss das.

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