13|Winter-Wonderland-Love-Story
»Ich kann's immer noch nicht fassen, dass du mit Coda Walker befreundet bist!«
Das waren die ersten Worte aus Elena's Mund, als ich ihr die Tür öffnete. Ihre großen Bambi-Augen waren ungläubig geweitet und sie strahlte mich wie ein Kind bei der Bescherung an. Sie hatte mir irgendwie nicht so richtig geglaubt, dass ich tatsächlich nach ihrem Verrat weiterhin Coda's wunderbare Gesellschaft genießen durfte. Wahrscheinlich hatte sie damit gerechnet, dass er ihr die Tür öffnen würde und ihr mit der Polizei drohend erklärte, dass er keine Callie kannte.
»Ich bin nicht mit ihm befreundet. Wir haben nur geschäftlich miteinander zu tun.« Das hatte er mir ja gerade erst deutlich gesagt.
Als würde mich meine beste Freundin gar nicht hören, fing sie an, zu quietschen und schlug die Hände begeistert zusammen.
»Du musst mir alles erzählen! Jedes Detail! Wie ist er so?«
»Er ist ein ziemliches Arschloch.« Womöglich stammten die Worte aus dem kleinen Eckchen in meinem Herzen, was immer noch damit kämpfte, dass er mein Leben nur schätzte, solange ich ihm nutzte. Aber eine Lüge war es deshalb trotzdem nicht.
»So ist das doch immer in den Filmen. Zuerst können sich die beiden Hauptrollen nicht leiden, dann verlieben sie sich, halten ihre Gefühle aber geheim, nur um am Ende glücklich bis ans Ende ihrer Tage zusammen zu leben. Genau das passiert hier. Deine Hallmark-Winter-Wonderland-Love-Story fängt gerade erst an!«
»Es gibt keine Love-Story«, stellte ich klar. Elena sah mich spöttisch an.
"Ach ja? Und was ist dann das hier?" Sie hielt mir ihr Handy entgegen und für einen Moment fand ich mich in einem Deja-vu wieder. Ich zog das Smartphone näher und erkannte ein Bild von Coda wie er jemanden umarmte. Bei genauerem Hinsehen, machte ich eine mir sehr bekannte Bommelmütze aus und erkannte lokale Läden im Hintergrund.
"Das darf ja wohl nicht wahr sein!", schimpfte ich. Gerade beim Ansatz meiner Freundin zu erzählen, dass das mal wieder ein Missverständnis war und hinter der Geste nichts romantisches steckte, hielt ich bei ihrem Anblick inne. Elena starrte an mir vorbei, die Kinnlade fast auf dem Boden.
Ich brauchte mich nicht mal umdrehen, um nachzusehen, was diese Reaktion ausgelöst hatte, tat es aber trotzdem.
Coda hatte sich halb hinter, halb neben mir positioniert. Seinen Arm stützte er lässig am Türrahmen über meinem Kopf ab, was mich quasi einkesselte.
"Guten Abend.", raunte er dramatisch, wobei seine Stimme aus den Tiefen seiner Brust ertönte. Ich musste mich zusammenreißen, nicht einzugehen, als mich der Klang durchfuhr. Doch die Tatsache, dass ich schon wieder ohne Einverständnis im Internet herumspukte, hielt mich auf dem Boden fest.
"Sieh nur, was du schon wieder angerichtet hast!", fuhr ich ihn halbherzig an und deutete auf den Bildschirm, der durch El's Starre weiterhin vor uns in der Luft schwebte. Coda tat genau das und ich schaute zu, wie sich sein Ausdruck... überraschenderweise recht wenig änderte?
"Wieso bist du nicht schockiert? Wieso beschuldigst du mich nicht, dass ich das Bild von jemandem schießen lassen und teuer verkauft habe?" Er zuckte gelassen mit den Schultern und lehnte sich näher zu mir. Wenn er noch weiter aufrückte, würde ich anfangen, zu schielen.
"Und wieso erfahre ich erst jetzt, dass du eine Love-Story mit mir willst?" Ich schnappte empört nach Luft, als wäre ich ein Fisch an Land. Dann drehte ich mich ganz zu Coda und piekte meinen Zeigefinger gegen seine Brust.
"Hat dir keiner beigebracht, dass man nicht Gespräche von anderen Leuten belauscht? Und noch wichtiger, hat dir niemand erklärt, dass man dann wenigstens richtig hinhören muss? Ich erwarte keine Love-Story! Du gibst der Welt nur dummerweise ständig mehr Futter für diese ganzen Verschwörungstheorien."
Coda ließ seinen Blick für mehrere Sekunden stumm auf mir verharren, bevor er schließlich nur schief grinste, als hätte er keine Sorgen im Leben.
"Die Katze ist eh schon aus dem Sack."
"Was für eine Katze denn?", fragte ich konfus.
"Colinda."
"Ich war mir sicher, dass diese Katze freigelassen wurde, damit die Welt sie bald vergessen würde."
"Jede Publicity ist gute Publicity.", entgegnete Coda seelenruhig.
"Sag das deinem Ich von vor ein paar Tagen! Du warst kurz davor, mich einen Kopf kürzer zu machen, weil du dachtest, ich wollte einen Happen deines Ruhms mopsen."
"Das ist ja sowas von eine Love-Story." Elena's träumerische Worte schafften es, dass ich meine Hände in die Luft warf und laut aufstöhnte.
"Können wir bitte aufhören, diese Worte zu sagen?"
"Meinst du etwa Love-Story?", flüsterte mir Coda ins Ohr und ich duckte mich schnell weg. Statt ihm noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, wandte ich mich meiner Freundin zu.
Sie schien sich ja diesmal schneller beruhigt zu haben. Beim letzten Mal, hatte es es die gesamte Autofahrt Nachhause gedauert und ich war mir immer noch nicht sicher, ob dieser Zustand nicht irreparable Schäden hinterlassen hatte.
"Es gibt keine Love-Story! Das ist dann auch das letzte Mal, dass ich dieses Wort von euch hören will. Und jetzt lasst uns endlich an die Arbeit gehen." Ich schlüpfte schnell in meine Stiefel und wollte zum Auto rennen, da hielt mich Coda zurück. Beinahe hätte ich ihn angemault, dass er mich nicht noch mehr reizen sollte, da schlang er auf einmal meinen Schal um meinen Kopf und anschließend legte er mir eine viel zu große Jacke über meine Schultern.
Ich hatte nicht mal die Chance, ihm meine Überraschung zu zeigen, weil er mich ohne Worte auf Elena zu schob. Die beobachtete das Spektakel mit erhobenen Augenbrauen und einem Blick der geradezu schrie 'Aha, keine Love-Story also?'. Ich griff schnell ihren Arm und schleifte sie zügig zu ihrem Auto.
"Ich will nichts hören.", grummelte ich. Zumal ich stark vermutete, dass Coda's plötzliche Geste nur ein kleiner Geck für ihn war. Er fand ja allem Anschein nach große Belustigung in Elena's Reaktionen. Jetzt probierte er mit allen Mitteln sie weiter aus der Fassung zu bringen. So ein Schlawiner.
Kopfschüttelnd fädelte ich meine Arme in die Jacke, die mich glücklicherweise sehr zuverlässig vor dem kalten Wind schützte. Ungeduldig wartete ich darauf, dass El das Auto entriegelte und wir endlich beginnen konnten, die Kisten zu schnappen, die beinahe jeden freien Zentimeter im Inneren einnahmen.
»Er steht auf dich.« Ich verdrehte die Augen und riss die Beifahrertür auf.
"Er hat mir gerade mitgeteilt, dass ich nur wichtig bin, weil er mich ausnutzen will." Ich hielt kurz inne, denn mir wurde bewusst, dass er diesen Tatbestand gestanden hatte, bevor ich dieses Geschäft eingegangen war. Ich dürfte also gar nicht so kleinlich sein. Die Regeln waren ja eigentlich von Anfang an klar gewesen.
Das ließ mein Selbstwertgefühl zwar nicht sofort zurück auf Top-Position springen, aber ich fühlte mich trotzdem etwas besser. Er hielt sich zum ersten Mal an seine eigenen Grundsatz. Da musste man fast schon stolz sein.
»Ist doch klar, dass er sowas sagt. Er ist gerade in der Phase, wo er seine Gefühle noch nicht richtig zeigen kann. Das braucht ein bisschen Zeit.« Seufzend nahm ich mir mehr Kartons und Beutel, als ich tragen konnte und machte mich auf den Weg nach drinnen.
Ich bemerkte erst, dass Coda sich nicht om Fleck gerührt hatte, als ich die Stufe zur Haustür hinaufstolperte und er mich auffing.
"Gibt es einen Grund, wieso du so viel auf einmal tragen musst?" Ich reckte meinen Kopf, um ihn überhaupt sehen zu können, schaffte es aber nur, durch einen Schlitz zwischen zwei Boxen seine Nase zu erhaschen.
"Den gibt es. Offensichtlich sind die Herren der Schöpfung ja nicht gerade hilfreich, also müssen El und ich anpacken. Und da ich nicht Stunden damit verbringen will, Kisten zu schleppen, muss das eben etwas radikaler gemacht werden."
Coda schnaufte leise, nahm mir dann aber netterweise die Lasten ab, sodass ich wieder freie Sicht auf ihn hatte. Ohne ein weiteres Wort, stieß er einen lauten Pfiff aus. Zuerst war ich etwas verwirrt, doch dann hörte ich Getrampel und kurz darauf standen Cash, Brody, Leon und Toby vor uns.
Der Hund schmiss sich ohne Vorwarnung gegen meine Schienbeine, sodass ich Mühe hatte, nicht schon wieder durch seine Wucht umzukippen. Doch auch als ich mich zu ihm beugte und ihn streichelte, galt meine Aufmerksamkeit den Band-Mitgliedern.
Ich starrte sie mit Horror an. Das hatte ich nicht kalkuliert.
"Helft mal mit, das Auto auszuräumen.", war alles, was Coda anwies und die Jungs verfielen in Gehorsam. Ich schaute mit großen Augen zu, wie sie sich in Richtung Straße bewegten und an einer abermals erstarrten Elena vorbei schlenderten, als würde nicht gerade das Aufeinandertreffen des Jahrhunderts stattfinden. Sie machten die Situation nicht besser, als sie nacheinander eine gelassene Begrüßung an meine Freundin richteten und dann entspannt zum Auto liefen.
Elena sah aus, als hätte sie einen Geist gesehen. Die mit Lichterketten gefüllten Beutel in ihren Händen, fielen auf den Boden und ich sah zu, wie ihre Knie nachgaben und sie plötzlich auf dem Rasen hockte.
Langsam drehte ich mich zu Coda um, der das Spektakel mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht beobachtete. Als er meinen Blick auf sich spürte, schaute er zu mir.
»Du Schwein.«
»Ich weiß nicht, was du meinst.« Sein Lachen schallte durch das Haus, als er sich umdrehte und im Inneren verschwand.
-
»Du hättest mir ruhig schreiben können, dass Four Kings voll versammelt hier auf mich gewartet hat!«, schrei-flüsterte Elena mir zu und boxte gegen meinen Oberarm.
Ich verzog mein Gesicht vor Schmerz und sah sie böse an.
»Ich hab ja selbst nicht gewusst, dass sie heute hier sein würden. Außerdem hättest du im schlimmsten Fall noch einen Unfall gebaut, wenn ich es dir erzählt hätte. Selbst du als Vorzeige-Autofahrerin, hättest dich nicht ans Tempolimit oder die Verkehrsregeln gehalten..«
Wir beobachteten von Weitem aus, wie die Jungs die Deko ins Haus verfrachteten. Nachdem Cash gesehen hatte, dass ich mit anpacken wollte, hatte er gemeint, dass wir Mädels uns einfach ausruhen sollten und sie das alleine übernehmen würden. Das Angebot hatte ich doch glatt angenommen.
Zumal ich noch die Aufgabe gehabt hatte, Elena vom Boden aufzusammeln und sie genügend zu beruhigen, sodass sie nicht tief Luft holte und die ganze Nachbarschaft mit einem Banshee-Schrei alarmieren würde.
Ich hatte es schließlich geschafft, El bis zur Haustür zu manövrieren, auch wenn sie jedes Mal beinahe wieder zusammenbrach, wenn die Jungs an uns vorbei marschierten. Und zum Glück hatten alle den Anstand, die Situation zu behandeln, als würde sich kein Super-Fan von ihnen in näherer Umgebung aufhalten. Auch wenn ich vermutete, dass es ihnen durchaus bewusst war.
Offensichtlich wusste mindestens Coda davon, doch er hielt sich ebenso zurück und grinste lediglich amüsiert, wann immer er einen Blick auf Elena werfen konnte.
»Denkst du, du könntest mir die Nummern von Four Kings klar machen?«
Schmunzelnd sah ich die Brünette an, die nervös mit ihren Fingern spielte.
»Mal schauen, was sich machen lässt. Aber wirst du überhaupt in der Lage sein, sie jemals anzuschreiben?«
"Das Wissen, dass ich ihre Nummern habe, ist alles, was ich brauche." Kichernd tätschelte ich ihren Arm.
»Callie, ich glaube wir haben alles!« Auf Brody's Ruf hin, setzte ich mich in Bewegung, ergriff dabei noch Elenas Hand und wir beide liefen zum Auto, an dem Brody und Leon mit dem letzten Rest der Kisten warteten. Ich ignorierte, wie sich ihre Finger immer mehr durch Coda's Jacke und in meinen Oberarm bohrten, je näher wir kamen. Wenn das der Preis war, damit sie sich mehr oder weniger normal vor diesen Personen verhielt, nahm ich das in Kauf.
»Ich bin erstaunt, dass so viel in das Auto gepasst hat.«, lachte Leon, doch ich winkte direkt ab.
»Mit diesem Schmuckstück haben wir auch meinen Tannenbaum transportiert und sogar schonmal einen Kühlschrank. Das Auto macht vielleicht nicht viel her, aber es passt eine Menge rein.«
»Also gut, wenn jetzt alles drin ist, wollen wir auch schnell wieder ins Warme, oder nicht? Der Wind ist ganz schön frisch.« Wir alle schienen mit Brody's Vorschlag einverstanden.
»Kommst du auch mithelfen?«, fragte Leon Elena.
Sie zuckte zusammen und deutete zögerlich auf sich selbst, als ob er sie nicht explizit anschaute. Als Leon lächelnd nickte, schaute El hilfesuchend zu mir, so als ob sie keine Antwort hatte. Ich sah sie auffordernd an, meine Mimik deutlich zeigend, dass ihr Zögern nicht der Situation entsprechend war, doch sie sagte nichts weiter.
Augenrollend, schlang ich einen Arm um ihre Schulter und grinste die beiden Kerle vor mir begeistert an.
"Fantastische Idee. Je mehr Leute helfen, desto mehr Spaß kann man haben."
Zufrieden mit dem Ergebnis, drehte ich mich und El um und wir dackelten alle zurück zum Haus, wo Coda mal wieder im Türrahmen stand und wartete. Ich grinste ihn frech an, als sein Blick zu meiner Freundin fiel. Falls er etwas gegen ihr Beisein hatte und einen Kommentar abgeben würde, müsste ich ihm wohl oder übel knebeln.
Doch entgegen meiner recht negativen Annahme, sagte er nichts und schaute mich - mein Gott, ich musste fast sagen... mit einem weichen Gesichtsausdruck an?
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