10|Mehl und Eier
9.Dezember
»Hast du nichts besseres zu tun, als vor meiner Tür zu stehen?« Ich rieb mir den Schlafsand aus den Augen und blinzelte dann Coda an, der seine Tradition, mich aus dem Bett zu scheuchen, sehr ernst nahm.
»Es ist Sonntag und du hast nur noch 16 Tage Zeit, um mich zu quälen, damit du mir keinen Korb gibst. Auch wenn ich das alles super gern lassen würde, kann ich das jetzt erst Recht nicht mehr. Die anderen Jungs haben eine Wette am Laufen, ob ich die ganze Sache durchziehen werde, oder nicht. Es ist jetzt also ein dringender Notfall geworden.«, jammerte Coda und ich ließ ihn seufzend in meine Wohnung.
Hätte ich gewusst, dass er plötzlich jeden Tag vor meiner Haustür auftauchen würde und das auch noch zu Zeiten, die verboten sein müssten, dann hätte ich mich nicht so sehr darauf gefreut, ihn in mein Lieblingsthema des Jahres einzuführen.
»Sechzehn Tage reichen aus. Glaub mir. Und es gibt absolut keinen Grund, um jeden Tag um halb Zehn auf der Matte zu stehen. Sonntags bin ich da normalerweise noch in meiner Tiefschlafphase.«
Coda verdrehte seine Augen und ließ sich auf meine Couch fallen, als ob ihm die Bude gehören würde. Schon komisch, wie schnell er zum Herrn des Hauses geworden war und sich pudelwohl zu fühlen schien, obwohl er meine Wohnung 'ganz schön kompakt und vollgestopft' fand. Das hatte er mir vor drei Tagen frech ins Gesicht gesagt, woraufhin ich ihn im Dunkeln vor die Tür gesetzt hatte, damit er meine Kopfschmerzen nicht noch mehr verschlimmerte.
»Ich geh mich kurz umziehen, du kannst ja schonmal etwas von der Liste aussuchen, was du heute machen willst.«, gab ich ihm Bescheid. Coda nickte mit eher geringer Begeisterung und schnappte sich den Zettel.
Vor drei Tagen hatte ich ihn mehr oder weniger widerwillig ein weiteres Mal in mein trautes Heim eingeladen und wir hatten begonnen, Aktivitäten aufzuschreiben, die typisch für die Weihnachtszeit waren und eigentlich immer Glücksgefühle in einem hervorriefen. Naja, ich hatte angefangen, während Coda über sein kompliziertes und äußerst ungerechtes Leben gejammert und mein Wohnzimmer unter die Lupe genommen hatte.
Als Coda dann vorgestern plötzlich schon wieder klingelte und mich fragte, was denn so anstehen würde, hatte ich ihm die Tür mal wieder glatt vor der Nase zugeschlagen. Er durfte sich von draußen anhören, dass ich mich noch nicht in der Verfassung fühlte, um irgendetwas zu tun und er frühestens Sonntag wieder kommen sollte.
Das hatte er auch getan und zu seinem Glück hatte ich mich schnell wieder erholt. Lediglich ein leichtes Kratzen war ab und zu noch in meiner Stimme zu hören und das ein oder andere Husten begleitete mich noch durch den Alltag. Doch ich hatte scheinbar gar keine andere Wahl, als mich schnellstmöglich wieder aufzurappeln. Man könnte fast meinen, Coda könne es kaum abwarten, in den Weihnachtsspirit zu kommen, so wie er mich belästigte.
Ich wusste es allerdings besser. Er wollte es einfach schnell hinter sich bringen und im nächsten Jahr wieder zu einem Festtagshasser werden.
Aber nicht mir mir! Meine Hoffnung, ihm trotz seines Widerwillens etwas wahrhaftig Schönes zeigen zu können, war noch lange nicht verschwunden und ich nahm meine Sache ernster als ernst. Ein bisschen Zeitdruck kurbelte meinen Enthusiasmus nur an.
Zügig wechselte ich meine Schlafsachen mit meinem neuen Weihnachtspullover und einer schwarzen Jeans aus, dann lief ich ins Badezimmer und führte die Standard Grundhygiene durch, bevor ich mich zu Coda gesellte.
Er hatte seine Füße auf den Sofatisch gelegt und hielt das Blatt Papier gelangweilt in die Luft.
»Und? Schon entschieden?«, fragte ich und schaute ihn neugierig an. Sein Blick hob sich und schulterzuckend hielt er mir die Liste entgegen. Dann deutet er halbherzig auf einen Punkt, als würde er eins von vielen Übeln wählen und keins war kleiner, als die anderen.
Ein breites Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht, als ich las, was denn nun anstand und ich klatschte erfreut in die Hände.
»Gute Wahl!« Coda schaute auf den Zettel, als würde er selbst zum ersten Mal sehen, was wir heute tun würden. Als er das Wort 'Weihnachtsbäckerei' las, rümpfte er die Nase und seufzte.
Augenrollend ließ ich meine Hände auf seine Schultern fallen, als würde ich ihm eine Massage geben wollen. In gewissen Weise tat ich das auch, als ich ihn leicht zwickte und er mich finster niederstarrte. Er sah jedoch einfach nur urkomisch aus, weil er seinen Kopf in den Nacken und auf die Rückenlehne gelegt hatte, um mich sehen zu können. Lächelnd tätschelte ich seine Wange.
"Komm schon, das wird cool! Plätzchen sind ja nun wirklich nichts, worüber man sich aufregen kann. Es ist Essen!"
Leise kichernd drehte ich mich um und machte mich auf den Weg in meine Küche. Die war verhältnismäßig gar nicht mal so klein, dafür aber auch nicht mehr die jüngste. Mein Vormieter hatte sie mir überlassen, weil alle Möbel in den Raum gebaut wurden und die Wände der Beschreibung 'krumm und schief' alle Ehre machten. Dementsprechend war hier jeder Schrank ein Unikat.
Für mich war es perfekt genug. Die etwas älteren Elektro-Geräten, funktionierten alle noch. Der nicht mehr ganz so modernen Fliesenspiegel an der Wand, war kaum zu erkennen, weil so viel Krimskrams den Blick darauf versperrte. Es befanden sich lediglich zwei Schränke in einem stetigen Verfall, den ich einzig und allein mit regelmäßig angebrachten Schichten Panzertape und viel Hoffnung aufhielt. Aber das alles machte es zu meiner eigenen, voll eingerichteten Küche.
Eine Rarität, wenn man bedachte, dass ich aufgrund meiner Miete und Lebenserhaltungskosten mit dem Budget einer Studentin auskommen musste.
Pfeifend machte ich mich daran, meine Vorräte zu durchsuchen. Zum Glück hätte ich selbst noch vor Weihnachten einen Haufen Kekse gebacken, weshalb ich schon vorgesorgt hatte. Das kam mir nun zu Gute und ich musste nicht bei den Nachbarn nach Zucker und Mehl schnorren. Ich nahm alle Zutaten aus deren Verstecken und platzierte sie in keiner besonderen Ordnung auf dem kleinen Tisch, welcher an eine Wand gepresst da stand.
Während ich die ersten Vorbereitungen traf, trudelte mein VIP langsam in den Raum und verbrachte die ersten Sekunden damit, auch diesen Teil meines Zuhauses genauer zu betrachten.
"Wie wär's, wenn ich uns erstmal eine heiße Schokolade mache?"
Begeisterung müsste ich wohl woanders suchen. In dieser Küche fand ich sie nur in mir selber.
"Ich mag Süßes nicht wirklich." Das waren dann ja die besten Voraussetzungen, um Plätzchen zu genießen...
Schnalzend schüttelte ich meinen Kopf. Er war ein Freak. Was mochte er überhaupt? Oder war er auf dieser Welt, um mein Gegenstück zu sein und deshalb konnte er all das nicht leiden, was ich über alles liebte?
"Heißt das dann, dass du keine heiße Schokolade willst?" Coda zuckte nichtssagend mit den Schultern und lehnte sich gegen die Küchentheke. Da er nicht in der Lage war, mir eine ordentliche Antwort zu geben, beschloss ich, Entscheidungen selber zu treffen. Alles andere würde nur in Hysterie und Aggressionen enden.
"Also gut, während ich mich um das kümmre, kannst du dir schonmal mein Rezeptbuch schnappen und nach Plätzchen stöbern.", schlug ich vor. Bevor ich auch nur irgendeine Form des Widerwillens hören oder sehen konnte, hatte ich bereits das gut-geliebte Buch geschnappt und es gegen Coda's Brust gedrückt. Etwas hilflos, nahm er es, schaute es dann an, als sei es ein Zauberbuch, was ihn auffressen würde, bis er sich seinem Schicksal endlich ergab und anfing, darin rumzublättern.
Zufrieden nickend, wandte ich mich dem Herd zu und begann die erste Leckerei des Tages vorzubereiten. Während ich darauf wartete, dass die Platte heiß wurde, zerstückelte ich Schokolade und schaltete das Radio an. Weihnachtsmusik ertönte in all ihrer Herrlichkeit.
Meine Hüften schwangen von ganz alleine im Rhythmus, doch ich hielt mich davon ab, zu summen. Das verursachte einen lästigen Juckreiz in meinem Rachen, auf den ich gern verzichten konnte.
"Kannst du eigentlich auch singen?", fragte ich nebenbei und schaute neugierig zu Coda. Der war tatsächlich in mein Rezeptbuch vertieft und hob seinen Blick gar nicht erst, sondern blätterte weiter.
"Nicht so gut, wie Cash."
"Was ist das denn für ein Vergleich?"
"Was meinst du?"
"Naja, du musst dich ja nicht gleich mit Johnny Cash messen. Es reicht, wenn du sowas sagst, wie 'Für den Schul-Chor hat's gereicht.' Oder 'Bei Karaoke bin ich immer erster Platz.'."
Dunkelbraune Augen trafen auf meine ebenso braunen Seherchen. Ich hatte das Gefühl, dass ich in diesem Moment sehr doll verurteilt wurde. Für was, musste sich noch zeigen.
"Ich kann immer noch nicht glauben, dass du Four Kings nicht kennst. Immerhin kommen wir auch noch aus der Gegend. Aber dann kommt so ein Spruch und das kann nur von Herzen kommen. So viel Ignoranz kann man in Witzen gar nicht zeigen." Er schüttelte ausdruckslos den Kopf, bevor er ein freudloses Lachen von sich gab.
"Cash ist mein Kumpel. Der Front Sänger von unserer Band."
"Ohh!" Ich hätte gern gesagt, dass ich mich an den Namen erinnern konnte, weil ihn Elena bestimmt schonmal erwähnt hatte. Doch da war nichts. Das hieß nicht, dass ich mich schlecht fühlte. Es gab ja immerhin kein Gesetz dafür, dass man alle Superstars beim Namen nennen können musste.
Ich rührte kurz angebunden in der braunen Flüssigkeit herum, bevor ich mich bückte und ein paar Schürzen aus einem Schrank fischte. Eine warf ich ohne Vorwarnung zu Coda. Er fing sie einhändig mit Leichtigkeit auf, hielt den Stoff vor sich in die Luft und sah zuerst den Fetzen und dann mich an. Dabei hoben sich seine Augenbrauen ungläubig.
»Das ist nicht dein Ernst, oder? Ich ziehe das nicht an.«, lachte er, doch meine Miene blieb unverändert.
»Natürlich ist das mein Ernst. Das gehört erstens dazu und zweitens wollen wir doch nicht deine tollen Klamotten ruinieren, oder?«, fragte ich mit ironischem Unterton und der Drummer seufzte untergeben.
»Du bist der Boss.« Ich grinste auf seine Aussage hin und band mir meine eigene Schürze um, die ein süßes Rentier aufgedruckt hatte. Das Prachtstück hob ich extra für die Weihnachtszeit auf, weshalb ich immer wieder begeistert war, wenn ich es rausholen und benutzen konnte. Es war nur schade, dass ich Coda nicht zeigen konnte, wie die rote Nase leuchtete. Aber ich war zu geizig, Batterien dafür zu kaufen.
Meine normale Schürze hatte ich Coda gegeben, der sich nun damit abfinden musste, dass er einen sexy Frauenkörper im Bikini modelte. Etwas gemein war das vielleicht, aber meine geliebte Weihnachtsschürze würde ich nicht an ihn weitergeben. Nicht, wenn er immer noch ein so hohes Weihnachtshasser Level besaß.
Ich wandte mich grinsend der heißen Schokolade zu und entschied, dass sie fertig war. Ich holte zwei Tassen aus dem Schrank - eine in Lebkuchenform, die andere im Weihnachtsmann-Design - dann füllte ich das braune Gold in die beiden Gefäße. Ich schnappte mir fix Schlagsahne aus dem Kühlschrank, sprühte eine ordentliche Ladung in beide Tassen und griff dann nach Zimt.
"Magst du Zimt?", fragte ich und sah zu Coda. Der war schwerbeschäftigt, seine Schürze zu binden. Keine Ahnung, ob er nicht wusste, wie man einen Knoten und eine Schleife machte, oder ob er einfach nicht gelenkig genug war, an seinen Rücken zu kommen, aber er mühte sich sichtlich ab.
»Brauchst du vielleicht Hilfe?«, fragte ich unschuldig und biss auf die Unterlippe. Sein Blick kreuzte meinen und ich musste leise Kichern, als ich seine Hilflosigkeit sah. Hätte ich gewusst, dass es eine zu große Herausforderung war, blind eine Schleife zu binden, dann hätte ich womöglich ein Exemplar mit Klettverschluss besorgt.
»Lass mich mal.«, lachte ich und packte Coda an den Schultern, um ihn zu drehen. Ich bildete mir ein, eine leicht rosa Färbung auf seinen Wangen gesehen zu haben, aber ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die zwei Schnüre, die sich mehrfach verheddert hatten.
Schnaufend versuchte ich, sie zu entwirren und schaffte es nach einer Weile auch, sodass ich eine schöne Schleife binden konnte und zufrieden dreinschaute.
»Da haben wir es. Jetzt können wir loslegen.«
-
»Ich wusste nicht, dass es am Ende so aussehen würde.«, sagte Coda leicht geschockt, als er das Ausmaß der Unordnung in Augenschein nahm. Es sah in der Tat wie ein Schlachtfeld aus, aber ich war mir sicher, dass es sich gelohnt hatte.
Dem wunderbaren Duft der Kekse zufolge, welche bereits im Ofen backten, war es ein voller Erfolg.
»Oh, glaub mir, hier sah es schon deutlich schlimmer aus. Wenn ich Besuch habe und alle ein Fünf-Sterne-Dinner erwarten, dann passiert das auch ganz schnell. Ich bin kein sehr ordentlicher Küchenchef, schätze ich.« Lachend stemmte ich mich nach oben, sodass ich mich auf die Arbeitsplatte setzen konnte und die Beine baumeln ließ.
Coda stand mir gegenüber, die Handflächen auf die Tischplatte gestützt und starrte in den Ofen. Ich beobachtete ihn still und fragte mich, ob es ihm Spaß gemacht hatte. Mich konnte man mit Plätzchenbacken immer überzeugen, aber ob das auch für ihn galt? Ich war mir nicht sicher. Er schien sogar immun gegen die fröhlichen Lieder, die aus meinem Radio erklangen. Nicht ein einziges Mal hatte ich ihn dabei erwischt, wie er mit summte, geschweige denn sang.
Aber dann wiederum hatte er sich die ganze Zeit kaum beschwert. Ganz im Gegenteil, er hatte die Arbeit ernst genommen. Ich war in kürzester Zeit nur noch hier, um Anweisungen zu geben, nicht mehr. Coda hatte alle Zutaten gesucht, alles gemischt, den Teig durchgeknetet und mir fast auch noch verwehrt, die Plätzchen auszustechen.
Er hatte gemeint, dass er ein System befolgte und ich das nur durcheinander bringen würde. Letztendlich überließ ich ihm den Vorrang und knipste stattdessen ein paar heimliche Fotos.
Vielleicht würde ich irgendwann mal skrupellos werden, meinen Respekt verlieren und Geld benötigen. Dann könnte ich Bilder von Coda Walker beim Plätzchenbacken sicher für ein paar Pennies verkaufen.
»Ich weiß, dass ich gut aussehe. Wenn du im Internet nachschaust, wirst du sogar genügend Fotos finden, die du dir Tag und Nacht anschauen kannst. Du musst mich also nicht so anschmachten.«, grinste Coda und holte mich so wieder zurück aus meinen Gedanken in die Realität.
Ich wollte bereits empört rufen, dass ich ihn niemals im Leben anschmachten würde, aber ich zögerte, als ich ihn wirklich wahrnahm. Bei einem solchen Anblick musste man ja doch irgendwie hingucken, ob man wollte oder nicht.
»Glaub mir, ich werde nirgends so ein Bild finden, wie das, was gerade vor mir steht.«, kicherte ich und Coda zog belustigt eine Augenbraue hoch.
»Ist das so?«, fragte er und kam einen Schritt näher, was in meiner Küche bedeutete, dass er nun direkt vor mir stand und wir dieses Mal beinahe auf Augenhöhe waren. Ich nickte und räusperte mich leise, als er seine Arme neben meinen Körper stellte und so erfolgreich in meinen Orbit einbrach.
»Mhh. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Bilder gibt, die dir noch besser gefallen würden... Letztes Jahr gab es da diese Calvin Klein Kampagne...« Ich musste ein Lachen unterdrücken, als er so vor sich hin säuselte und mich mit einem Schlafzimmer-Blick anschaute.
»Coda... kein einziges Bild könnte deinen derzeitigen Anblick toppen. Ich meine, der einzig wahre Coda Walker... in einer sexy Bikini Schürze? Ich bin absolut sicher, da gibt es nichts, was mich mehr vom Hocker hauen könnte«, lachte ich und hörte ihn scharf die Luft einziehen.
»Und das sagt ausgerechnet die, die Mehl in den Haaren hat! Und was ist das überhaupt für ein Schnitt? Bist du in einen Kindergarten gegangen und hast dir freiwillig die Haare von kleinen Gören mit Bastelscheren schneiden lassen?«, rief er defensiv. Ich schaute ihn ungläubig mit offenem Mund an. Was für ein Arsch! Womöglich ein Arsch, der Augen hatte und den Zustand meiner Haare ganz gut erkannt hatte... aber trotzdem!
»Das war gemein, nimm's zurück!« Er schaute mich intensiv an, als ob er darüber nachdachte, sich zu entschuldigen. Oder eher so, als ob er analysierte, ob ich gleich in Tränen ausbrechen würde und er es tatsächlich zu weit getrieben hatte. Doch als ich ihm nur Empörung gab, schüttelte er langsam den Kopf.
Dezent gereizt, entschied ich, es ihm heimzuzahlen. Kurzerhand schnappte ich die Mehlpackung neben mir und leerte die letzten Überreste darin über Coda's Kopf aus.
Es war still. Kein Laut war zu hören, bis auf das fröhliche Kling Klang des Radios und das Dröhnen des Backofens. Er schaute mich geschockt an, ein paar Flöckchen Mehl in seinen langen Wimpern hängend und ich starrte mit großen Augen zurück.
»Ich hoffe für dich, dass ich das gerade nur träume.«, knurrte er und ich hielt die Luft an, um nicht laut los zu prusten.
»Du müsstest dich gerade sehen!«, platzte es aus mir heraus und dann brach auch mein Lachen los. Dummerweise hatte ich nicht bedacht, in welcher Position ich mich befand, sodass ich wohl oder übel fühlen musste.
Coda packte mich an den Hüften, als ich versuchte, zu fliehen und noch bevor ich protestieren konnte, spürte ich, wie etwas mit einem Knacken und einem leichten Schmerz auf meinem Kopf zerbrach und etwas Kaltes über meinen Kopf lief.
Wir beide hielten erneut inne und schon wieder starrten wir uns an, als waren wir nicht sicher, was geschehen war und was nun kommen würde.
"Weißt du, wie teuer Eier heutzutage sind?", fragte ich leise. Auf den überrumpelten Blick, den Coda mir entgegen warf, konnte ich nicht anders und fing lauthals an zu lachen. Ich griff selbst nach zwei Eiern, um sie Coda über den Kopf zu ziehen.
Der hatte mich aber blitzschnell durchschaut und rannte eilig in Richtung Wohnzimmer. Ich sprang hinterher und da mein gesunder Menschenverstand abgeschaltet war, schmiss ich das Ei einfach nach ihm. Es zerbrach in einer schönen Sauerei auf meinem Wohnzimmerboden.
Im Moment kümmerte mich das allerdings herzlich wenig, denn ich hatte wichtigere Dinge zu tun. In etwa, die Verfolgung aufzunehmen.
»Bleib stehen!«, schrie ich kichernd, doch Coda hatte andere Gedanken und schnappte sich ein weiteres Ei und ein restliches Stück Butter. Ich duckte mich, als er das Ei warf. Es zerbarst glücklicherweise hinter mir an einem der Schränke. Ich wagte einen Blick zu Coda, welcher mit breiten Schultern im Türrahmen stand. Sein Gesicht schrie quasi, dass er alles für einen Sieg tun würde.
Die halbe Butter flog durch die Luft. Wie in Zeitlupe bahnte sie sich ihren Weg zu mir und landete dann mit einem Platsch auf der einst roten Nase des Rentiers auf meiner Schürze. Ich stieß einen frustrierten Laut aus und rappelte mich langsam auf. Wieso konnte er so verdammt gut zielen? Wenn er jemals in einer Schneeballschlacht antreten würde (und das würde er, dafür sorgte ich), wäre er ein gutes Teammitglied.
Ich versuchte erneut mein Glück und anscheinend hatte Coda nicht gewusst, dass ich noch ein zweites Ei versteckte, weshalb es ihn überraschte, als ich es schleuderte. Triumphierend jaulte ich, als es ihn an der Brust traf und ich war mir sicher, dass er nun nichts mehr gegen meine Schürze hatte.
»Du weißt nicht, mit wem du dich anlegst, Belly!«, sagte Coda zwischen zusammen gebissenen Zähnen und ich grinste ihn frech an.
»Oh glaub mir, wir scheinen beide unser Gegenüber zu unterschätzen.«
Nur wenige Sekunden später ging die Schlacht weiter. Es wurde alles geschmissen, was uns in die Hände fiel (abgesehen von Messern und meinem Mixer) und es dauerte nicht lange, da standen wir uns gegenüber und kratzten das Schlamassel von unseren Klamotten, um es auf den anderen zu werfen.
Ich hatte die ganze Zeit den Spaß meines Lebens und nun war ich auch sicher, dass Codas Lachen echt war. Aber nach einer weiteren Minute, waren wir einander so nah, dass es nichts mehr brachte, etwas zu werfen, weshalb ich ihm einfach eine Hand voll Pampe ins Gesicht schmierte.
Zu meiner Verwunderung nahm er keine Rache, schaute mich einfach nur stumm an und verwirrte mich zudem immens mit seinem Verhalten. Er trat noch etwas näher, sodass unsere Oberkörper sich fast berührten und dann setzte er an, etwas sagen.
»Ich-«
Ein Klingeln riss uns aus dem Moment und ich stellte schnell fest, dass es die Eieruhr war, die sich zuverlässig meldete, wenn die Plätzchen aus dem Ofen mussten und die nächste Fuhre hinein konnte.
»Die Kekse sind fertig!«, rief ich. Ohne Rücksicht auf Verluste, stopfte ich meine verschmierten Hände in meine alten Ofenhandschuhe und machte mich daran, das Blech raus zu holen. Sofort kam eine neue Wolke Duft in meine Küche geschwebt und ich lächelte zufrieden.
Nachdem ich das nächste Blech im Ofen hatte, drehte ich mich wieder zu Coda, der sich nicht bewegt hatte und mich einfach nur beobachtete.
»Was wolltest du sagen?«
Er zog seine Augenbrauen etwas zusammen, was lustig aussah, mit den ganzen Zutaten im Gesicht und schüttelte leicht seinen Kopf.
»Schreib mir einfach eine Rechnung für die Zutaten.«, grummelte er und ich lachte.
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