Marlene McKinnon | STERBEN
„Das ist Marlene McKinnon, sie wurde zwei Wochen nach dieser Aufnahme umgebracht, die haben ihre ganze Familie ausgelöscht."
Moody zu Harry (Orden des Phönix S. 208)
𝚂𝚃𝙴𝚁𝙱𝙴𝙽
Sag mir, Marlene McKinnon, was hast du an diesem Tag gedacht?
Bestimmt nicht, dass du heute sterben würdest. Es war ja schließlich dein Hochzeitstag.
Du saßest in deinem Zimmer und hast dich auf deinen großen Tag vorbereitet. Das weiße Kleid hing noch fein säuberlich auf einem Bügel und entlockte dir immer ein Lächeln wenn dein Blick darauf fiel.
Ein paar Stunden noch und du würdest Caradoc wiedersehen wenn er am Ende des Ganges auf dich wartete. Er verbrachte die Nacht in eurer Wohnung, während du bei deiner Familie geschlafen hattest. Eine dumme Tradition, fandest du, doch deine Mutter und deine Freundinnen hatten darauf bestanden und so hattest du lachend eingewilligt.
Deine Mutter hatte dir schon bei deinen Haaren geholfen, die nun in weichen blonden Locken über deine Schultern fielen und bald sollten auch deine Freundinnen kommen. Aber noch hattest du ein bisschen Zeit für dich selbst.
Du warst so jung, dennoch warst du dir so sicher, dass du Caradoc heiraten wolltest. Er war der Mann mit dem du dein Leben verbringen wolltest. Ihr kanntet noch aus der Schule, als du in Gryffindor warst und er in Ravenclaw. Die anderen sagten immer, dass ihr ein perfektes Paar wäret. Dir war es egal ob ihr perfekt war oder nicht, Hauptsache zusammen.
Und jetzt würdet ihr den Rest eures Lebens gemeinsam verbringen.
Sag mir, Marlene McKinnon, was hast du gedacht als dein Blick auf den schmalen Ring an deiner Hand fiel?
Bestimmt nicht, dass du heute sterben würdest. Es war schließlich der wichtigste Tag in deinem Leben.
Du erinnerst dich nur zu gut an den Tag als er dich fragte ob du ihn heiraten willst. Du kamst gerade von der Arbeit und er hatte ein Essen für dich vorbereitet. Wenn er wollte konnte er richtig romantisch sein. Natürlich hast du sofort ja gesagt. Danach war euch das Essen auch egal gewesen und die Kerzen brannten nieder, während ihr euch liebtet. Als ihr danach im Bett lagt, steckte er dir den Ring an den Finger.
Alles wäre perfekt gewesen wenn der Krieg nicht gewesen wäre. Du warst mittendrin. Schließlich warst du mitten in der Ausbildung zur Aurorin, wie so viele deiner Freunde und du warst eine Kämpferin für den Orden. Du warst stolz darauf zum Orden des Phönix gehören zu können und für die Seite des Lichts zu kämpfen. Endlich konntest du etwas Sinnvolles machen.
Es war noch nicht lange her, dass du eine Freundin an den Krieg verloren hattest. Du hattest gesehen wie kalt und herzlos er war. Sie war so unschuldig gewesen und nur weil sie das falsche Blut hatte, war sie umgebracht worden. Niemand hatte etwas dagegen tun können. Du wolltest das nicht mehr zulassen. Niemand sollte sterben nur weil er nicht reinblütig war.
Natürlich, du hattest es leicht. Deine Familie war reinblütig und reichte schon viele Generationen zurück. Ihr wart sicher, euch hätte der Krieg nicht kümmern müssen. Doch ihr habt nicht den Glauben so vieler anderer Familien geteilt, den Blacks, Lestranges, Yaxleys und wie sie alle hießen. Dein ältester Bruder liebte eine Muggelfrau und auch Caradoc war kein Reinblut. Du bist in dem Glauben aufgewachsen, dass alle gleich sind. Und du wolltest dafür kämpfen. Dein Vater hatte sich mit dieser Überzeugung nicht nur Freunde gemacht.
Sag mir, Marlene McKinnon, was hast du gedacht als du dein leuchtendes Gesicht im Spiegel sahest?
Bestimmt nicht, dass du heute sterben würdest. Schließlich sollte es ein fröhlicher Tag für alle werden.
Rund um den Spiegel hattest du lauter Fotos geklebt. Manche bewegten sich und lachten dir fröhlich zu. Erinnerungen an deine Zeit in Hogwarts. An Zeiten als es noch keinen Krieg gab. Sie alle sahen so sorglos und jung aus, schoss es dir durch den Kopf. Und wenn du heute in ihre Gesichter sahst, waren kaum noch Spuren davon zu sehen.
Benjy, seine Augen waren wie ein dunkles Grab, Edgars Gesicht mit tiefen Sorgenfalten, Remus Gesicht noch blasser und müder, Lilys rote Haare nicht mehr wie die hellen Flammen, aus Sirius Augen sprach nicht mehr ständig die Abenteuerlust. Sie alle waren erwachsen geworden, alle schneller als sie mussten.
Aber heute sollten sie das alles vergessen. Du wolltest, dass sie alle glücklich waren und feierten. Es war Caradocs und dein großer Tag und alle sollten daran teilhaben. Es war nur eine kleine Feier, doch alle wichtigen Leute aus deinem Leben würden da sein und dass reichte dir. Mehr wolltest du auch gar nicht. Du wolltest nur glücklich sein. Ein bisschen Glück konnten sie alle in Zeiten des Krieges vertragen.
Dein Blick fiel auf das Foto, das vor zwei Wochen gemacht wurde. Es hatte einen Ehrenplatz zwischen all den anderen. Es zeigte fast alle Mitglieder des Ordens, deine Mitstreiter und Freunde. Du erinnerst dich noch an all das Gelächter und die gutmütigen Streitereien während ihr versucht habt euch alle darauf zu quetschen. Es war ein lustiger Abend gewesen an dem ihr alle noch lange zusammen gesessen habt und Moody Geschichten aus seiner langen Zeit als Auror erzählt hatte, aber nur weil Sirius ihm ein bisschen viel Feuerwhiskey gegeben hatte.
Sag mir, Marlene McKinnon, was hast du gedacht als du dein weißes Kleid angezogen hattest?
Bestimmt nicht, dass du heute sterben würdest. Es war doch so ein schöner Tag heute.
Die Sonne schien zum ersten Mal seit langer Zeit wieder und der Himmel war blau. Keine einzige Wolke war zu sehen. So hattest du dir immer deinen Hochzeitstag vorgestellt, auch wenn du als Kind nie viel für solche Träumereien übrig gehabt hattest.
Du drehst dich vor deinem Spiegel und das weiße Kleid wirbelt durch die Luft. Es ist schlicht, doch du wolltest kein anderes. Es lässt dich wunderhübsch aussehen. Ein mädchenhaftes Kichern entweicht deinen Lippen, auch wenn es nicht recht zu dir passen will, doch du kannst nicht anders. Du bist so glücklich, dass du es in die ganze Welt hinausschreien könntest.
Sag mir, Marlene McKinnon, was dachtest du als du den lauten Knall im Erdgeschoss hörtest?
Bestimmt nicht dass du heute sterben würdest. Es war doch ein Tag zum Feiern.
Den ganzen Tag herrschte schon Geschäftigkeit in dem großen Anwesen der McKinnons, ihr würdet im Garten heiraten, eine Hochzeit bei strahlendem Sonnenschein und unter freiem Himmel. Wahrscheinlich war nur etwas hingefallen, dachtest du und stecktest eine Locke fest, die sich bereits gelöst hatte.
Doch erneute ertönte ein Knall und ein Krachen, dann Schreie. Du hieltest mitten in der Bewegung inne und lauschtest. Die Stimmen klangen nicht nach deiner Familie, sie waren tiefer und dir fremd. Hastig nahmst du deinen Zauberstab vom Tisch und öffnest die Tür zum Flur hinaus.
Ein bunter Strahl Licht schießt durch den Flur und schlägt in der Treppe ein. Du hörst nun die Schreie deiner Mutter, dazwischen die beruhigende Stimme deines Vaters wie er Fluch um Fluch schleudert. In deinem schönen Kleid und barfuss wagst du dich weiter nach vorne, hin zur Treppe.
Zwischen dem Geländer erkennst du dass zwei maskierte Männer im Flur stehen und sich mit deinen Eltern duellieren. Dann taucht plötzlich dein kleiner Bruder auf, den Zauberstab in der Hand und bereit sich zu verteidigen, obwohl er doch erst sechzehn ist.
Schneller als du die Treppe hinunterlaufen kannst, taucht ein dritter Mann auf und sein Fluch streckte deinen kleinen Bruder nieder. Du siehst wie in Zeitlupe wie er fällt und sich dann nicht mehr rührt. Erstickt keuchst du auf, bevor du dich wieder an deine Ausbildung erinnerst und die Treppe hinunterstürmst. Unter deinen nackten Füßen zerbrechen knirschend die Scherben der Flurfenster, doch es ist dir egal.
Todesser sind in deinem Haus und bedrohen deine Familie. Du fragst sich wie sie ins Haus gekommen sind, schließlich ist das Anwesen seit Jahrhunderten unter den besten Zaubern die es gibt. Vielleicht hat jemand dich verraten, überlegst du, doch der Gedanke verliert sich schnell als du die ersten Flüche auf die Männer richtest.
Sie alle tragen Masken, doch du weißt, dass einige deiner alten Schulkameraden unter ihnen sind. Jungen die du sieben Jahre lang fast jeden Tag gesehen hast. Aber nun sind sie deine Feinde und ihr steht auf zwei verschiedenen Seiten. Einer von ihnen fällt unter den gemeinsamen Zaubern von dir und deinem Vater, doch dafür kommen immer mehr nach. Du weißt, dass ihr in der Unterzahl seid, doch du wirst nicht aufgeben. Niemals würdest du das tun.
Dein älterer Bruder erscheint, seine Hände zitternd und das weiße Hemd voller Blut. Du siehst in seine Augen und weißt, dass er gerade eben gesehen hat wie seine Frau vor seinen Augen gestorben ist. Sie konnte sich nicht verteidigen. Er kämpft rücksichtslos, er hat nichts mehr zu verlieren.
Deine Mutter fällt neben dir zu Boden, die blauen Augen, die du von ihr geerbt hast, weit aufgerissen und das lange Haar wie ein Heiligenschein um sie herum. Dein Vater schreit voller Schmerz auf, so rau und kaputt, dass es dir im Herzen weh tut. Aber du hast gelernt weiterzukämpfen und schon sprichst du den nächsten Fluch aus. Für Trauer ist danach immer noch Zeit.
Zwischendurch fragst du dich wie es kommen konnte, dass du hier in deinem Hochzeitskleid stehst und gegen die Todesser kämpfst. Deine Frisur hat sich schon längst aufgelöst, deine Füße sind blutig, das Kleid voller Risse.
Es sollte doch so ein schöner Tag sein. Du solltest nicht hier stehen.
Das grüne Licht kommt auf dich und trifft dich. Dann ist deine Welt nicht mehr grün, sondern schwarz
Sag mir, Marlene McKinnon, was hast du gedacht, als du starbst?
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Ich habe es endlich geschafft einen 2. Teil zu schreiben :) Ich habe zwar mal gesagt, dass erst jemand anderes dran kommt, aber mir ist aufgefallen, dass von der Chronologie her Marlene die Erste sein muss, die vom Orden stirbt, deshalb kommt sie jetzt dran :)
veröffentlicht: 12/10/2013
editiert: 17/11/2021
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