4- Nicht richtig
/Aesthetic von littledemon_design/
Beliok war alleine in Angyonnes Büro. Sie saß auf einem der drei Sessel und kaute unruhig an ihren Nägeln. Professor Salno hatte sie, nachdem Zamra gegangen war, hier her geschickt.
Es war seltsam alleine auf die Direktorin zu warten. Die Sonne schien golden durch das gigantische Fenster und lag warm auf ihrer Haut. Wieso hatte Angyonne sie wohl alleine herbestellt?
In der Hoffnung, dass die Zeit ein wenig schneller verstrich, sah das Mädchen zu einem der Bücherregale im Raum. Viele der Buchrücken bestanden aus Leder und waren unbeschriftet. Sie waren gut erhalten, man musste kein Profi sein, um das zu sehen.
Die anderen Bücher waren ebenfalls gut erhalten, ihre Buchrücken waren jedoch in einer, für Beliok, unbekannten Sprache beschriftet. Es juckte sie in den Fingern aufzustehen und sich diese genauer anzusehen.
Gerade als sie diesem Impuls nachgehen wollte, schwang die Tür auf und Anygonne trat herein. Ihre Stiefel schlugen mit jedem Schritt donnernd auf dem Boden auf.
„Tut mir leid, dass ich dich so spät herbestellt habe, mein Kind", Angyonne lächelte breit. Höflich lächelte das Mädchen zurück, dann bemerkte sie, dass Angyonne etwas in ihrer Hand hielt.
„Ich dachte ich wäre früher da...aber ich wurde aufgehalten. Mach dir keine Gedanken."
Die Direktorin blieb hinter Beliok stehen. Ihr Schatten fiel über das Mädchen.
„Ich habe etwas für dich anfertigen lassen, damit du deine Kräfte besser kontrollieren kannst." Sie hielt einen Gegenstand vor Belioks Nase.
Es war eine unscheinbare Kette an der ein dunkler, runder Stein hing. Die Kette selbst bestand aus weißem Metall und der Stein war unglaublich glatt.
„Sie ist mit einer besonderen Magie gefüllt, welche dich bei einem Kontrollverlust unterstützen soll." Vorsichtig legte Angyonne ihr die Kette um den Hals.
„Du solltest sie nicht abnehmen", ihre Hände blieben auf den Schultern des Mädchens liegen.
Beliok griff nach der Kette um ihren Hals. Diese lag kalt auf ihrer Haut. Sie meinte etwas Pulsierendes darin spüren zu können.
„Nun gut, das war alles, Kind", Angyonne nahm ihre Hände von Belioks Schultern und deutete Richtung Tür.
„Von wem wurdest du- wurden sie aufgehalten?"
„Wie gesagt, mach dir keine Gedanken."
„Ah. Danke für die Kette."
Angyonne lächelte breit.
„Immer gerne doch."
Die Tür fiel geräuschvoll ins Schloss. Beliok fragte sich was Zamra und Morirok wohl in der Zwischenzeit gemacht hatten. Hoffentlich hatten sie nicht ohne sie Zero gespielt.
Sie öffnete ihre Zimmertür und sah Morirok an ihrem Schreibtisch über die Hausaufgaben gebeugt. Zamra war nicht zu sehen.
„Was war denn?", fragte Morirok, welche sofort von ihrem Tisch aufgesprungen war. Bevor Beliok antworten konnte, hatte Morirok die Kette entdeckt.
„Was' das?"
„Sie soll mir bei einem Kontrollverlust helfen."
„Ah", mit einem Mal sank ihre Freundin seltsam in sich zusammen. Morirok sah zu Boden. Dann begann sie zu zittern und zu schluchzen.
Sofort legte Beliok ihr eine Hand auf eine Schulter, etwas was Elyon immer gemacht hatte. Sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte. Woher kam dieser plötzliche Zusammenbruch?
„Alles in Ordnung?", fragte sie. Moriroks Schluchzen wurde stärker und sie trat näher an Beliok heran. Diese legte ihre Arme um sie. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Für eine Weile standen die zwei Mädchen einfach in ihrem Zimmer, Moriroks Körper zitterte, während sie sich an Belioks Schulter ausweinte.
Irgendwann hatte sie keine Tränen mehr übrig.
„Ich hab' Angst", sagte Morirok.
„Wovor?"
Sie löste sich aus Belioks Umarmung. Sie setzte sich an den Tisch, jedoch blieb sie dort nicht lange sitzen, sondern sprang sofort wieder auf.
„Ich... du und Zamra, ihr habt euren extra Unterricht und alles. Die Lehrer behandeln euch ein wenig anders- ihr...scheint euch immer mehr zu verstehen und ich...bin einfach nur noch da."
Erneut begannen sich Tränen in Moriroks Augen zu bilden. Ihre spitzen Ohren sanken nach unten.
„Wir werden nicht anders behandelt-"
„Doch! Es ist nicht sehr offensichtlich, wenn man euch nicht kennt! Ihr werdet öfters zurückgeholt und... Es liegt nicht daran, dass ihr so schlecht seid. Du hast gerade eine Kette geschenkt bekommen", Moriroks violette Haaren begannen sich in Rauch zu verwandeln. Innerhalb weniger Sekunden waren ihre Haare zu wilden Flammen geworden
„Was wollte die Direktorin am ersten Tag wirklich mit euch besprechen?", ihre Stimme wurde am Ende immer lauter.
Das schlechte Gewissen bohrte sich in jede Zelle von Belioks Körper während sie in das wütende Gesicht ihrer Freundin sah.
„Wir sind Teil-", ein plötzlicher Schmerz, angefangen in ihrer Brust, durchzuckte ihren Körper und Beliok fiel auf ihre Knie. Der Boden verschwamm vor ihren Augen. Sie hörte einen Schrei und spürte einen dumpfen Aufprall.
Als Beliok ihre Augen öffnete sah sie Morirok neben sich hocken. Ihre gelben Augen waren geweitet und ihre spitzen Ohren lagen fast flach an ihrem Kopf.
„Was ist passiert? Alles in Ordnung? H-Hast du dir wehgetan?"
„Ich weiß es nicht", antwortete Beliok mit schwacher Stimme.
„Ich hol' dir ein Wasser! Bleib bis dahin liegen!", Morirok war bereits aufgesprungen und ins Badezimmer gelaufen. Sie kehrte wenige Momente später mit einem Becher Wasser zurück.
Beliok setzte sich auf, ihr Hinterkopf schmerzte von dem Aufprall. Der Raum vor ihr wurde zu einem Mischmasch von Farben. So fest sie konnte, kniff das Mädchen ihre Augen zusammen. Die Farben wurden zu soliden Gegenständen, nachdem Beliok ihre Augen langsam öffnete.
Ihre Freundin stützte sie, während sie ihr den Becher gab. Sie trank ein wenig, fühlte sich jedoch kein bisschen besser. Der Schmerz, welcher sie zu ihrer Ohnmacht gebracht hatte, klang noch in ihrem Körper nach.
Das schlechte Gewissen ließ nicht lange auf sich warten.
„Ist wieder alles gut?", fragte Morirok sanft.
„Mhm", machte Beliok.
„Tut mir leid-", sagte Morirok schließlich und sah auf ihre Hände.
„Nein, nein. Wir sagen es dir bald, okay?", das schlechte Gewissen legte seine Hände um ihren Hals, als sie den Satz fertig sprach.
Beliok hoffte, dass Zamra dem zustimmen würde.
„Hast du mit Zamra darüber geredet?", fragte sie schließlich, nachdem die Stille zu erdrückend für Beliok wurde.
„Nein. Ich habe sie zuletzt heute bei Professorin Salno gesehen."
„Hmmmm", machte Beliok, ein Versuch die Stille zu füllen. Morirok hatte ihr Handy vom Tisch genommen.
„Sie hat uns geschrieben. Wir sollen in den Garten kommen."
Etwas peinlich berührt holte Beliok ihr eigenes Handy hervor und las die Nachricht, welche bereits vor zwanzig Minuten geschickt worden war. Gefolgt von drei >HAAALLOOOO???? ANTWORTET MAL!! BITTEEEEEE!!!< Nachrichten.
Die zwei kamen im Garten der Schule an, wo sie schnell einen Blick auf Zamras rote Locken und ihren Hörnern zwischen den blauen und violetten Blumen erhaschen konnten.
„Da seid ihr ja endlich!", rief diese breit grinsend.
„Was wollte Direktorin Nekraik von dir?", fragte sie weiter.
Beliok zeigte auf die Kette und erklärte, was Angyonne ihr erklärt hatte. Sie warf einen kurzen Seitenblick auf Morirok, doch sie schien mehr an den Blumen interessiert zu sein.
„Du hast uns herbestellt, warum?", fragte Morirok sofort, nachdem Beliok mit ihrer Erklärung fertig war.
„Ich habe etwas gefunden und ich glaube nicht, dass wir davon wissen sollen", Zamra grinste von einem Ohr zum Anderen.
Wortlos folgten die anderen beiden ihrer Freundin. Zamra führte sie durch die Reihen an Blumen, bis sie schließlich vor einer Wand aus Blumen standen.
„Ihr fragt euch sicher, warum ich euch hergeführt habe."
„Sollten wir das nicht?", fragte Beliok.
Zamra schob einige der Blumen zur Seite. Beliok und Morirok sahen sich mit weiten Augen an. Hinter der Blumenwand befand sich eine weiße Tür, mit einem Flammenmuster darauf.
„Sie ist leider verschlossen", sagte Zamra sofort.
Morirok trat an die Tür und legte ihre Hand darauf. Rauch stieg von ihrer Handfläche auf und das Mädchen riss ihre Hand sofort zurück.
„Bist du okay?", fragte Zamra und legte ihr einen Arm auf die Schulter.
Fasziniert betrachtete Morirok ihre Hand. Eine kleine Narbe hatte sich in der Mitte ihrer Handfläche gebildet.
„Ja...Ich denke schon. Diese Tür...hat an meinen Kräften gezogen. Ich weiß nicht wie ich es erklären soll."
„Versteh ich. Ich hatte auch ein komisches Gefühl als ich versucht habe sie zu öffnen. Was glaubt, ihr ist dahinter?"
Beliok schluckte schwer und starrte wortlos auf die Tür. Sie war gut versteckt, hinter der Blumenwand. Vielleicht befand sich etwas Gefährliches dahinter.
„Was genau denkt ihr, dass ihr da tut?", ertönte mit einem Mal eine Stimme hinter den Mädchen. Beliok erstarrte und sah zu Boden. Zamra ließ die Blumen wieder über die Tür fallen, mit einem unschuldigen Grinsen im Gesicht drehte sie sich zu Angyonne um.
Morirok spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug, die Narbe auf ihrer Handfläche begann zu jucken, während sie in das wutverzerrte Gesicht von Direktorin Nekraik sah.
Sie hielt ihr Zepter fest umklammert, die violette Kugel an der Spitze leuchtete so stark wie noch nie.
„W-wir... garnichts, n-nur umsehen. Im Garten. Wie no-ormale Schüleri- Schülerinnen", stotterte Zamra. Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Und du!", Angyonne wandte sich an Beliok. Ihr Blick wurde härter.
„Von dir hätte ich besseres erwartet. Nach allem was ich für dich getan habe."
Die Enttäuschung in ihrer Stimme war unüberhörbar.
Belioks Lippen schienen zugenäht zu sein. So sehr sie eine Erklärung geben wollte, sie konnte ihre Lippen nicht bewegen. Schweiß lief ihren Nacken hinab, sie grub ihre Fingernägel in ihre Handflächen und hoffte, dass es gleich vorbei sein würde.
Aber Angyonne sah sie weiterhin an.
„Antworte mir!", rief sie. Beliok zuckte zusammen.
„Tut mir leid", piepste sie.
„Alle drei mitkommen", ihr Ton ließ keine Widerrede zu. Mit hängenden Köpfen folgten die Mädchen ihr in ihr Büro.
Die Vorhänge waren zugezogen und die einzige Lichtquelle war eine kleine Lampe auf Angyonnes Tisch.
„Hinsetzen", die Direktorin klang nach wie vor bitter und stellte sich hinter ihren Tisch.
Beschämt sahen die drei auf ihre Hände. Angyonne hatte ihre Hand inzwischen auf ein Buch gelegt, welches vor ihr lag und begann zu murmeln.
„Revasauc daf Atmeintis."
Beliok wachte in ihrem Bett auf. Es war mitten in der Nacht, wie ihr ein Blick aus dem Fenster verriet. Die Nacht lag dunkel vor ihr und sie wollte sich gerade wieder umdrehen und weiterschlafen, da hörte sie ein leises Schluchzen von Moriroks Bett.
Sie erinnerte sich an ihr Gespräch, nachdem Angyonne ihr die Kette geschenkt hatte. So leise wie möglich stieg sie zu Morirok hinunter.
„Alles in Ordnung?", flüsterte Beliok.
„Nein."
„Hast du mit Zamra geredet?"
„Ich habe sie nach dem Sport Unterricht nicht mehr gesehen."
„Wollen wir morgen mit ihr reden?"
Morirok nickte, soweit Beliok dies in der Dunkelheit ausmachen konnte.
„Äh-Beliok?"
„Ja?"
„Kannst du dich zu mir legen? N-nur für heute Nacht?"
„So wie früher?"
„Mhm."
„Dann rutsch."
Sie hörte das Rascheln der Bettdecke und stieg ins Bett. Unter der Bettdecke war es warm und Beliok kuschelte sich ein wenig näher an Morirok.
„Gute Nacht", flüsterten beide.
Beliok hatte sich eigentlich einen traumlosen Schlaf gewünscht, doch dieser Wunsch sollte unerfüllt bleiben.
Sie stand in einem Garten um sie herum befanden sich pinke, blaue und rote Blumen. Hin und wieder hörte sie Moriroks und Zamras Stimmen, doch ihre Worte waren unverständlich.
Mit klopfendem Herzen sah sie in die Richtungen, aus der die Stimmen kamen, doch jedesmal sah sie nur wieder Blumen.
„Ich habe was gefunden", ertönte plötzlich Zamras Stimme direkt neben ihr. Beliok fuhr herum und sah sich einer weißen Tür gegenüber stehen. Zamra war nirgends zu sehen.
Mit einem Mal stieg ihr der Geruch von Rauch in die Nase, dann hörte sie einen leisen Schmerzensschrei.
Die Tür löste sich auf und vor ihr stand Morirok welche fasziniert auf ihre Hand sah.
„Es hat an meinen Kräften gezogen", sagte sie.
Beliok wollte fragen, welches es ihre Freundin denn meinte, doch ihr Mund öffnete sich nicht. Erneut befand sie sich in einer Blumenwiese, umgeben von den verschiedensten Blumenarten und Farben.
Mit einem Ruck wachte Beliok auf. Es wurde langsam hell. Immer noch ein wenig irritiert schwankte das Mädchen zum Bad, um sich etwas zu trinken zu holen. Die Badezimmertür wurde immer wieder unscharf. Sie blinzelte ein paar Mal um den Schwindel loszuwerden.
Der Traum war in die hinterste Ecke ihres Gehirns verschwunden und ein neuer Gedanke hatte übernommen. Sie konnte sich nicht mehr an gestern erinnern, nach dem Zusammenbruch von Morirok waren ihre Erinnerungen nicht nur verschwommen, sondern fehlten gänzlich.
Vielleicht machte sie sich aber auch wegen nichts verrückt. Wahrscheinlich hatten die drei einfach ihre Hausübungen gemacht.
Schließlich wachten die anderen beiden auf. Beliok wartete nervös darauf, dass sie wach genug waren.
„Könnt ihr euch an gestern erinnern?", fragte sie, als sie schließlich beim Frühstück saßen.
Die Frage erntete ihr zwei verwirrte Blicke.
„Ja. Ich habe mir den Schulgarten angesehen und war...dann irgendwann wieder bei euch."
„Danach meine ich. Was hast du danach gemacht?", fragte Beliok.
„Hmmm...Keine Ahnung. Ist das wichtig?", fragte Zamra.
„Ich hab' einfach das Gefühl, als hätte ich was vergessen."
„Deine Hausübung?", fragte Zamra grinsend.
„Nein. Die definitiv nicht. Morirok, weißt du was ich meine?"
Es dauerte, bis sie antwortete. Heute schien sie ganz auf ihr Frühstück konzentriert zu sein.
„Ich denke nicht, dass gestern noch irgendetwas ‚wichtiges' passiert ist."
„Zamra was hast du im Garten gesehen?"
„Na ja, ist halt eben ein Garten. Da wachsen Blumen. Sehr viele davon sind rot."
Beliok seufzte tief und gab nach.
„Ja, ihr habt recht. Gestern war wahrscheinlich langweilig."
„Na dann, auf zum Unterricht?", fragte Morirok welche bereits aufgestanden war.
◇─◇──◇─◇
Skorch erwachte durch einen plötzlichen Kraftschub. Die Feuerlachen welchen ihren Körper durchbrachen rührten sich. Das Feuer in ihnen begann sich nach langem wieder zu bewegen. Sie schnappte überrascht nach Luft.
So schnell dieses Gefühl gekommen war, war es auch wieder verschwunden. Dennoch, sie hatte es gespürt. Die Berührung einer Feuerruni. Wahrscheinlich der passenden Feurruni, von der Angyonne heute Morgen berichtet hatte.
Sie starrte an den Eishügeln vorbei, welche sie umgaben. Die weiße Tür, der einzige Ausgang aus diesem gefrorenem Gefängnis flackerte in der Ferne. Die Fesseln um Skorch' Handgelenke wurden fester, als sie aufstand.
Sie wusste was dies für sie bedeutete. Ärger.
Skorch hoffte das Angyonne sich Zeit ließ, wieder bei ihr aufzutauchen. Wie sehr Skorch diese Frau hasste.
Die Tür war nun nicht mehr zu sehen und um sie herum tobte nun wieder eiskalter Wind.
◇─◇──◇─◇
Beliok, Zamra und Arona waren mit Angyonne alleine in der Turnhalle.
„Beliok, du wirst dich heute verwandeln. Die Kette sollte dich in Schach halten. Zamra, du wirst dir von Arona einen anderen Umgang mit deinen Eiskräften zeigen lassen. Einen Weg wie du Eis schneller erschaffst."
Aronas Miene verfinsterte sich für wenige Sekunden, sie hatte nicht die geringste Lust Lehrerin für eine zwölfjährige zu spielen. Doch sie setzte ihr bestes Lächeln auf. Sie wollte nicht schon wieder die Wut ihrer Mutter beschwören.
„Du solltest doch freundlich zu den beiden seien."
„Ich bin nicht unfreundlich."
Es war Abend, die beiden waren in Angyonnes Büro. Arona lehnte an dem hässlichen Tisch und Angyonne war auf und ab gegangen.
Nach Aronas Antwort blieb sie stehen und sah ihre Tochter direkt an. Da merkte Arona, dass sie zu weit gegangen war.
Ihre Mutter rief ihr Zepter in ihre Hand, machte schnelle Schritte auf Arona zu bis sie direkt vor ihr stand.
„Hüte deine Zunge. Wie ich sehe hast du deine Manieren vergessen."
„N-nein warte! Ich w-werde ab j-jetzt freundlicher sein-"
Sie sah wie ihre Mutter ihre Lippen bewegte und fand sich bewegungsunfähig.
Das Zepter schmetterte auf ihre Arme, Beine und ihren Bauch. Einige Risse zeigten sich und liefen über ihren gesamten Körper weiter. Tränen stiegen in ihre Augen. Der Schmerz hallte durch ihren ganzen Körper.
Ihr linkes Bein wurde von einer feinen Eisschicht überzogen, Teile davon splitterten auf den Boden.
Als dies zum ersten Mal passiert war, hatte Arona versucht zu schreien, doch der Zauber hatte selbst dies verhindert. Die Tränen würden erst fallen, wenn der Zauber rückgängig gemacht war.
Arona klammerte sich an das einzige bisschen Hoffnung, dass sie hatte. Sie hatte noch nie ihr Gesicht verletzt, denn das Gesicht war schwerer wiederherzustellen als der restliche Körper.
Ihr linkes Bein pochte vor Schmerz, ihr Knie war bereits taub.
Schließlich war es vorbei. Ihrem Bein sah man nichts an und Arona saß in ihrem Zimmer um sie herum herrschte totenstille.
„Verwandle dich."
Beliok schluckte schwer, dennoch befolgte sie Angyonnes Worte. Sie beschloss langsam vorzugehen, zuerst ihre Flügel. Der Rest würde hoffentlich von selber passieren.
Zwei schwarze Drachenschwingen brachen aus ihrem Rücken hervor. Der Schmerz stach in ihre Haut. Das Mädchen holte tief Luft.
Ihre Schuppen breiteten sich über ihren gesamten Körper aus, die Knochen ihrer Hände brachen wurden zu zwei schwarzen Klauen.
Dann brach die Magie aus ihr. Zuerst spürte das Mädchen eine warme Flüssigkeit an ihrem Rücken, sie trat genau dort hervor, wo ihre Flügel ihren Rücken trafen.
Panik füllte Belioks Hals, als dieselbe Flüssigkeit aus ihren Augen trat. Das Mädchen kniff ihre Augen so fest zusammen, wie sie konnte. Farben tanzten vor ihr.
Sie öffnete ihren Mund, um Luft zu holen, die flüssige Magie brannte sich juckend in ihren Rücken und ihre Wangen.
Sie holte Luft, doch je öfter sie dies tat desto weniger Luft schien es zu geben. Panisch rief sie nach Angyonne, dies sollte nicht passieren, die Kette war genau dafür gedacht-
Das Jucken und Brennen verschwand plötzlich und Beliok wurde ganz warm. Sie öffnete langsam ihre Augen. Sie sah zu Angyonne, welche von einem sanften Leuchten umgeben war.
Ohne zu wissen, was sie tat rannte Beliok auf Angyonne zu und umarmte sie. Diese lächelte sanft und streichelte dem Mädchen über ihre Schultern. In diesem Moment fühlte sie sich geborgen, sie wusste das Angyonne ihr nie etwas tun würde.
Mit einem Mal schien die Raumtemperatur zu fallen.
◇─◇──◇─◇
Jeryn saß alleine in ihrem Wohnzimmer und schwelgte in Erinnerungen. Das erste Treffen mit Angyonne war ihr so genau im Gedächtnis geblieben, als wäre es gestern passiert.
Jedoch war es nicht gestern passiert. Es war über zehn Jahre her.
Es hatte sich im Club Nachtigall abgespielt. Der Club, vor allem die Tanzfläche, war voll und Jeryn hatte sich gerade zur Bar vorgekämpft. Sie trug ein weißes, enges Hemd mit einer dunkelblauen Anzugshose und ihre kurzen bunten Haare waren nach hinten gekämmt.
„Ein Sternenlicht", sagte sie und die Barkeeperin verschwand wortlos. Währenddessen bemerkte Jeryn die junge Frau neben sich. Wahrscheinlich in ihrem Alter.
Die Unbekannte trug ein weißes, enges Kleid, ihre schwarzen Haare lagen offen über ihren Schultern und ihre Arme wurden von goldenen Armbändern geziert. Das Kleid betonte ihre Hüften besonders gut.
„Kann ich dir was zu trinken kaufen?", fragte Jeryn. Die Unbekannte drehte sich mit einem unbeeindrucktem Gesichtsausdruck um.
Sie hatte blaue Augen, die Farbe füllte ihren gesamten Augapfel aus. Sie trug violetten Lippenstift und hellblauen Lidschatten.
„Vielleicht. Bekomme ich mehr als einen Drink?", ihre Stimme war sanft trug jedoch einen Unterton den Jeryn nicht deuten konnte.
„Was immer du willst", antwortete sie schließlich.
Das Gesicht der Fremden leuchtete auf und sie griff nach Jeryns Handgelenk. Sie verbrachten nicht nur diese Nacht zusammen.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und erhob sich von dem blass pinkem Sofa, welches sie vor vier Jahren mit Elyon gekauft hatte.
So sehr Jeryn die Vergangenheit ändern wollte- Sie musste zusehen, ihre Tochter zu beschützen.
Das schlechte Gewissen, dass es ihre Schuld war, wenn Beliok etwas zustoßen würde sah um die Ecke.
◇─◇──◇─◇
Elyon konnte nicht schlafen. Die Bettseite neben ihr war leer. Sie war nach wie vor wütend auf ihre Frau, wie einfach sie nachgegeben hatte.
Es hätte bestimmt einen anderen Weg gegeben Belioks Magie unter Kontrolle zu bringen. Angyonnes plötzliches Auftauchen hatte diesen versperrt.
Vielleicht hätte Solei dafür gesorgt. Elyon starrte in die Dunkelheit. Vor einem Monat hatte sie versucht einen Brief an Beliok zu schreiben.
Er war zurückgesendet worden. Auch ihre Anrufe schien Beliok zu ignorieren, genau so wie ihre SMS.
Ein Gedanke schlich sich an sie heran. Elyon stieg aus dem Bett. Sie fand Jeryn in der Küche.
Ihre Frau saß am Küchentisch und rührte in einer Tasse herum. Von weitem konnte Elyon den Inhalt nicht erkennen.
„Jer. Kannst du auch nicht schlafen?", fragte sie.
„Nein", Jeryn sah nicht auf.
„Sag- Woher wusste Angyonne von Belioks Kräften?"
„Sie hat überall ihre Ohren- Willst du mir vorwerfen Ich hätte ihr davon erzählt?", Jeryn sah auf. Ihre Augen waren voller Wut.
„Nein. Ich-", Elyon brach ab und sank auf einen Stuhl.
„Tut mir leid. Ich mache mir nur Sorgen."
Jeryn schnaubte.
„Ich doch auch. Wieso liegt dein Brief noch im Vorzimmer?"
„Er ist zurückgekommen. Ungeöffnet."
„Hm. Was wollen wir tun?"
Elyon seufzte tief.
„Wir müssen mit Angyonne reden, sie dazu bringen, Beliok nichts anzutun."
„Ich wette das hat sie bereits", Jeryns Blick verfinsterte sich.
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