5. Kapitel
Aidan hob ruckartig den Kopf.
Da stimmte etwas nicht.
Er schloss die Augen und spürte die Schwingungen, die auf ihn zukamen.
Da stimmte etwas gewaltig nicht!
Die Schwingung war weder gut noch böse. Aber Aidan konnte spüren, dass sie sich direkt neben Amelie befand. Und solche Stimmungen konnten schnell um schwenken. Ob zum Guten oder zum Bösen, dass konnte man nie voraus sehen.
Er überwand schnell die Distanz bis zu den Katakomben.
Verdammt. Bis her kam er, aber nicht weiter.
Er schloss erneut die Augen und rief nach seiner Ziehmutter.
Doch sie kam nicht!
Bei all den Göttern, warum musste sie ihn gerade jetzt hängen lassen?
„Aidan? Was machst du denn hier?"
Devon am mit seinem Bruder, dem Halbdämon um die Ecke.
Aidan kniff die Augen zusammen.
Dieser Halbdämon war ihm nicht geheuer. Er war zwar Amelies Bruder, aber eben ein Dämon. Aidan hatte sich über ihn informiert. Lucian war der Sohn einer Menschenfrau und eines Feuerdämons. Obwohl er eigentlich von einer Dämonenhorde aufgenommen worden wäre, wollte er bei den Halbwesen bleiben. Quasar, der Fürst der Feuerdämonen hatte nichts dagegen, aber er bestand darauf, dass Lucian mindestens alle drei Monate in die Unterwelt kam, um die Gebräuche der Dämonen kennen zu lernen. Er wurde also zu einem Dämon erzogen.
Und dementsprechend verhielt er sich manchmal auch. Trotz seiner einundzwanzig Jahre war er unvernünftig, schnell aufbrausend und hatte das Feuer, das in ihm ruhte, nicht im Griff. Deswegen hatte er auch keinen Schulabschluss, was für ihn aber kein Problem darstellte.
Devon war ganz anders.
Er eiferte seiner Schwester Amelie nach und war einer der besten Studenten seines Jahrgangs. Und das war für einen Werwolf wirklich bemerkenswert.
Er studierte Sport und Geschichte. Er hatte sogar angefangen, Mythologie Kurse zu belegen. Dass er in diesem Kurs heraus stach, verwunderte Aidan eher nicht.
Jetzt blieben beide vor Aidan stehen. Devon freundlich wie immer und Lucian skeptisch.
„Ich war gerade hier in der Nähe. Doch jetzt bin ich auf den Nachhauseweg."
Devon grinste ihn an.
„Du bist einen Saufen gegangen, ohne mir Bescheid zu sagen? Ey, was für ein Teamkollege bist du denn?"
Aidan hatte sich wirklich für Rugby entschieden. Und wie Devon es voraus gesehen hatte, war er wirklich gut darin.
„Nein, ich wollte mich mit einer Freundin treffen, aber sie ist nicht gekommen!"
Wenigstens log er jetzt nicht.
Lucian war trotzdem skeptisch. Er sah auf seine Armbanduhr.
„Um die Zeit noch?"
Aidan zuckte mit der Schulter.
„Ich wartete lange auf sie!"
Devon grinste.
„Und ich dachte, du hast ein Auge auf unsere Schwester geworfen. Wenn du aber so lange auf eine Frau wartest, dann muss sie etwas Besonderes sein!"
Hast du eine Ahnung! Sie ist eine Göttin! Und ich erwürge sie, weil sie nicht gekommen ist!
Lucian schien sich vorerst mit dieser Antwort zufrieden zu geben.
Devon war da weniger argwöhnisch.
„Hast du noch Lust mit uns ab zu hängen?"
Lucians Kopf ruckte zur Seite.
„Bist du irre?", zischte er. „Denk an Mum und Dad!"
Devon zuckte mit den Schultern.
„Ich nehme ihn mit ins Haus, nicht in die Katakomben."
Damit schien Lucian zufrieden zu sein.
Er nickte Aidan kurz zu, dann verschwand er.
Devon zog Aidan mit sich.
„Hast du es noch weit nach Hause? Du kannst auch bei mir pennen! Aber ich warne dich. Meine Mum macht keinen guten Kaffee!"
Aidan hatte keine andere Wahl, als Devon zu folgen.
„Nein, ich wohne nicht weit weg. Ich kann auch nach Hause...."
Devon ließ gar kein Einwand gelten.
„Ach Quatsch! Jetzt hab dich nicht so. Du pennst bei mir und morgen können wir uns ein Auto teilen."
Aidan ging erst einmal mit.
Er wusste, dass Devon ihn nicht in die Katakomben, sondern in das ehemalige Pfarrhaus führte, dass sein Vater für die Obdachlosen geöffnet hatte. Eigentlich war es eine gute Sache. Obdachlose hatten endlich ein Dach über den Kopf und bekamen Arbeit. Der einzigste Fehler dabei war, dass sie mit Blut bezahlen mussten. Aber das schienen sie gerne zu machen.
Devon ging mit ihm in das Haus und führte ihn die Treppen bis unter das Dach hinauf.
„Hier hat jeder von uns sein eigenes kleines Reich. Amelie und Lucian bleiben aber im Moment lieber bei meinen Eltern. Dad hat in Sachen Computer immer die neuste Technik und die nutzen sie gerne aus. Zumindest Amelie. Lucian geht nur gerne in das Zockerzimmer und hockt die halbe Nacht vor den Spielekonsolen!"
Das dachte sich Aidan.
Er war erstaunt, als Devon die Tür öffnete und eine Minisuite zum Vorschein kam. Sie hatte zwei Zimmer und eine kleine Küche. Eigentlich hatte Devon ein dunkles Loch erwartet, aber trotz des anbrechenden Abends war es hell und gemütlich eingerichtet.
Devon schmiss seine Sporttasche in eine Ecke und öffnete ein Fenster. Kühle Nachtluft strömte in die Zimmer.
„Setzt dich irgendwo hin. Willst du etwas trinken?"
Aidan nickte.
„Ein Glas Wasser bitte!"
Devon grinste und ging in die kleine Küche. Nach einer Weile kam er mit zwei Gläsern Wasser.
„So. Jetzt kannst du mir sagen, warum du wirklich hier in der Nähe bist. Den Bullshit mit der Frau glaube ich dir nämlich nicht!"
Aidan verschluckte sich beinahe am Wasser.
„Bitte?"
Devon schnaubte grimmig.
„Ich weiß schon lange, dass du das Wesen bist, das auf meine Schwester aufpasst. Du bist ein Nephilin, habe ich Recht?"
Aidan war so verblüfft, dass er nur nicken konnte.
„Du willst ihr nichts Böses, das habe ich bemerkt, aber warum passt du auf sie auf? Von alleine kommst du doch nicht auf die Idee!"
Aidan wischte sich über das Gesicht.
„Nein. Obwohl ich schon vorher oft hier war. Ich habe eure Familie beobachtet. Aber den Auftrag, auf Amelie auf zu passen, habe ich von Nyx!"
Devon pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Nyx? Die Nachtgöttin? Was hat sie mit Amelie zu schaffen?"
Aidan nahm einen Schluck Wasser.
„Eigentlich nichts. Es gibt wohl ein paar Arschgeigen, die es auf deinen Dad und deine Mum abgesehen haben. Da Amelie aber die Schwächste von eurer Familie ist, soll ich besonders ein Auge auf sie haben!"
Devon nickte und dachte einen Moment nach.
„Du bist eigentlich gar nicht aus Amerika?"
Aidan hob die Augenbraue.
„Doch, das bin ich! Meine Mutter war Amerikanerin und mein Vater..." er zuckte mit den Schultern. „Wer weiß das schon! Irgendein Engel, der sie wahrscheinlich von vorne bis hinten verarscht hat, nur um sie ins Bett zu bekommen."
Devon setzte sich in einen Sessel und legte seine Beine auf den Couchtisch.
„Du hast ja keine hohe Meinung von deinem Vater!"
Aidan schnaubte.
„Nicht jeder ist wie deiner!"
Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, bereute er es schon wieder. Er kannte Devons Geschichte ja von Nyx.
Doch Devon lächelte nur leicht.
„Nur keine Scheu. Mein leiblicher Vater ist wahrscheinlich genauso ein Arsch gewesen wie deiner. Nur mit dem Unterschied, dass mein jetziger Dad ihn getötet hat für das, was mir das Rudel angetan hatte. Lebt deine Mutter noch?"
Davon schüttelte den Kopf.
„Nein. Schon seit einhundert Jahren nicht mehr!"
Devon, der gerade einen Schluck getrunken hatte, spuckte das Wasser im hohen Bogen aus.
„Verdammt. Wie alt bist du?"
Aidan schüttelte lächelnd den Kopf.
„Würdest du mir sowieso nicht glauben! Aber ich bin etwa einhundertfünfzig Jahre alt. Als Nephilin habe ich zwar keine Unsterblichkeit in mir, aber Nyx, die mich als Kind zu sich nahm, hat mir da einige Sachen mitgegeben. Dazu gehört es auch, dass ich langsam älter werde. Vom Aussehen bin ich etwa achtundzwanzig. Da nimmt man mir auch den Studenten gut ab. Wenn es nach den Kumpels von meinen Vater ginge, wäre ich schon längst tot! Ich denke, wir beide haben es nicht so schlecht getroffen!"
Devon nickte und prostete ihm zu.
„Darauf sollten wir trinken!"
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