🔹Kapitel 7🔹
Benommen konnte ich wahrnehmen, wie Simon mich packte und über seine Schulter warf. Dann lief er mit mir die ewig langen Flure des Hauses entlang. Warum hatte er das getan? Ich war sowieso wehrlos gegen ihn! Er hätte mich auch ganz einfach, wie Matze es immer tat, laufen lassen können, anstatt mich niederzuschlagen.
Mein Schädel brummte wie gestern Abend als sie mich ebenfalls zusammengeschlagen haben. Da wurde ich jedoch bewusstlos, heute nicht. Zum Glück.
Ich hörte, wie ein Handy zu klingeln begann und wollte meinen Kopf, welcher schlapp auf dem Rücken von Simon lag, heben, was mir allerdings nicht gelang.
,,Frendling?“, meldete sich Simon, nachdem er mühsam mit seiner linken Hand in die rechte Hosentasche gegriffen hatte. Geschah ihm ganz recht! Wenn er mich schon unbedingt tragen wollte, dann sollte er wenigstens auch ein bisschen leiden müssen! Nun kannte ich also auch noch seinen Nachnamen! Super! Ob Matze wohl genauso hieß wie er?
,,Nein, Chef, sie liegt hier auf mir, ich habe sie zusammengeschlagen. Die kriegt gar nichts mehr mit! ... Ok, ja, wir kommen so in einer Dreiviertelstunde, schätze ich ... Und warum? Ich meine, sie bringt doch nichts! ... Achso, ok ... Ja, tschüss, Chef!“, das war alles, was ich von dem Telefonat mitbekam. War ja nicht gerade hilfreich. Was meinte er mit ,,Wir“? Ihn und Matze oder ihn und ... mich? Aber immerhin wusste ich nun, dass er mich bewusstlos glaubte. Vielleicht konnte mir das noch zum Vorteil werden...
Und Matze? Wo war der eigentlich?
Simon lief mit mir durch die Haustür und er musste sich bücken, um seinen Kopf nicht anzuschlagen. Dass er so groß war, hatte ich noch gar nicht bemerkt! Er hatte einen schlanken, aber doch kräftig aussehenden Körper. Seine braunen Haare hatte er sorgfältig mit Gel zurückgekämt. Er war so überhaupt nicht mein Typ. Matze sprach mich da vom Optischen schon eher an. Ihre Charakter waren natürlich beide total blöd: Simon machte mir mit seinem Lachen Angst und bei Matze wurde ich angesteckt von seinem Lachen! Aber bei Matze wusste ich nie recht, wie er gerade im Moment drauf war, er änderte seine Laune ständig!
Wir liefen zu dem BMW, mit welchem sie mich auch hierher gebracht hatten. Als er die Tür öffnete, sah ich Matze auf der Hinterreihe sitzen.
,,Du hast sie bewusstlos geschlagen, hm?“, fragte er grinsend, während er meine offenen Augen durchbohrte. Reflexartig schloss ich sie schnell. Simon antwortete triumphierend: ,,Ja, das hab ich! Und im Gegensatz zu dir kann ich das ziemlich gut!“ Gedanklich verdrehte ich meine Augen. Sie waren beide dumm wie Bohnenstroh, keiner von ihnen konnte mich gut bewusstlos schlagen! Nun wusste ich also, wen er mit ,,Wir“ vorhin am Telefon meinte: Ihn, Matze UND mich! Wir würden ungefähr eine Dreiviertelstunde fahren. Vielleicht blieb mir da etwas Zeit, um die Gegend zu erkunden? Aber nein, ich war ja immer noch bewusstlos! Ich hätte mich am Liebsten aus Simon's festem Griff gelöst, aber gegen ihn hatte ich sowieso keine Chance. Und außerdem würde Matze seinem Geliebten bestimmt helfen und gegen die beiden hatte ich bereits verloren, bevor ich überhaupt angefangen hatte, zu kämpfen!
Grob legte Simon mich auf der Sitzreihe ab. Dann holte er seine Handschellen heraus und fesselte mich. Und ich konnte mich nicht einmal wehren, da ich ja angeblich nicht ansprechbar war! Wenn er das rausbekommen hätte... Dann wäre ich wahrscheinlich einen Kopf kürzer geworden! Warum hatte Matze mich nicht verraten? Wieso half er mir? Er war mein Entführer! Genau wie Simon! Und die beiden waren Komplizen! Sollten die sich nicht eigentlich alles erzählen? Sie waren schließlich auch noch ein Paar! Matze hob meinen schmerzenden Kopf und legte ihn auf seine Beine. Dann begann er behutsam, mich zu streicheln. Mein Kopf lag in Richtung Rückenlehne, weshalb ich nicht sehen konnte, was Simon gerade anstellte. Erst, als ich das Zuschlagen der Autotür hörte, wusste ich, wo er gerade war. Vorsichtig wagte ich es, meine Augen zu öffnen. Musste Matze mich unbedingt ununterbrochen streicheln? Ich war doch kein Baby!
Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke in den Sinn: Was, wenn Matze mich jetzt noch ein wenig ''verwöhnen'' wollte, bevor ich in die Höhle des Löwens musste? Streichelte er mich deshalb so ... liebevoll?
Vorsichtig drehte ich mich um, sodass ich in sein Gesicht gucken konnte. Er hatte dieses typische Matze-Grinsen aufgesetzt und schaute nach vorne, wahrscheinlich zu Simon. ,,Ich muss hier raus!“, schoss es mir alamierend durch den Kopf. Als hätte er meine Gedanken gelesen, starrte Matze nun zu mir und meinte: ,,Mädchen, du kannst nicht gehen!“ Ein bisschen schadenfroh klang dieser Satz.
,,Warum nicht?“, wollte ich wissen.
,,Weil du unsere hübschen Gesichter kennst, und außerdem könntest du uns noch ganz nützlich sein...“, entgegnete er mir, ,,aber stell dich erstmal ohnmächtig, sonst wird der Simon dir nochmal wehtun!“ Wahrscheinlich sollte das wie eine Drohung klingen, aber irgendwie hörte es sich mehr als ,,Tipp“ an.
Also drehte ich meinen Kopf wieder auf die Lehnenseite und schloss meine Augen. Nun konnte ich vorne das Geräusch einer aufgehenden Autotür wahrnehmen. Simon stieg ein. Wo würden sie mich hinbringen? Was hatten sie denn nur mit mir vor? Ich wollte nach Hause! Eine einsame Träne lief meine Schläfe entlang. Niemand, außer mir natürlich, bemerkte sie. Ich glaube, ich hatte noch niemals so sehr Heimweh! Nicht einmal, als wir mit der Klasse eine Woche in London waren...
Knatternd sprang der Motor an. Nun würde ich also erfahren, was die beiden mit mir vorhatten. Aber wollte ich das überhaupt so genau wissen? Ich hatte Angst. Furchtbare Angst. Dass Matze mich durchgehend streichelte, machte alles nur noch schlimmer. Warum tat er das? Das machte mir so viel Angst!
,,Mätzchen?“, kam es vom Vordersitz.
,,Ja?“, gab Matze amüsiert zurück. Warum grinste er denn jetzt schon wieder? Dieser Typ wird mich an den Rand meiner Nerven bringen!
,,Hast du schon mal drüber nachgedacht, ob wir dem Chef unsere hübsche Idee preisgeben sollen? Ich meine, der hat doch ganz andere Pläne mit ihr...“, fuhr Simon geheimnisvoll fort. Konnte mich vielleicht mal jemand aufklären? Also: Simon und Matze hatten etwas anderes mit mir vor als ihr Chef. Aber was?
,,Hm...ich weiß nicht... ich glaube, er könnte schon ziemlich wütend werden, nicht wahr?“, antwortete Matze. Diesmal klang seine Stimme irgendwie ein bisschen unsicher. ,,Aber glaubst du denn, unser Plan ist besser?“, fragte er seinen Freund dann.
Matze schaute etwas traurig auf mich und unsere Augen trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Ich sah ihn flehend an, doch er schaute schnell wieder weg.
,,Natürlich ist unser Plan besser! Der Chef wird sie so nach und nach, langsam und qualvoll kalt machen und wir? Wir müssten nur ein paar mal für eine halbe Stunde etwas mit ihr machen! Also wenn das nicht besser ist, dann weiß ich auch nicht!“, gab Simon ein bisschen beleidigt zurück. Kalt machen? Hieß das, dieser Chef wollte mich umbringen? Hilfe! Insgeheim betete ich, dass ich hier lebend und unversehrt wieder heraus kommen würde.
Seufzend meinte Matze: ,,Aber sie ist doch noch so jung!“
Dieser Satz machte mir beinahe noch mehr Angst, als die Tatsache, dass sie mich töten wollten. Wozu war ich zu jung? Warum sagten sie mir nicht einfach, was sie vorhatten? Diese verdammte Ungewissheit trieb ich in den Wahnsinn!
Konnte mir denn niemand helfen? Niemand? Nicht einmal die Polizei? Ich war vollkommen auf mich allein gestellt...
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