🔹Kapitel 1🔹

Was? Das konnte doch nicht sein! Nur ein schlechter Traum oder doch Wahrheit? Warum tat er das? Was wollte er nur von mir? Ich war so wehrlos, er konnte genauso gut jeden anderen Einkäufer als Geisel benutzen...

Heftig zog er mich an den Haaren mit sich. Seine Waffe hielt er immer noch gegen meine Stirn. Ich kreischte vor Schmerzen auf.
,,Halt endlich deine Klappe!", brüllte er mir ins Ohr. Ich versuchte, keinen Ton mehr zu machen, doch so einfach war das gar nicht. Ich wusste, in was für einer schrecklichen Situation ich mich gerade befand. Ich war Geisel eines Überfalls geworden, ganz plötzlich hallten diese Schüsse durch den Laden. Und dann stand er auf einmal hinter mir und richtete seine Waffe auf mich. Meine Mutter hatte mir aufgetragen, ein paar Äpfel für den Obstsalat, welchen sie zum Abendessen machen wollte, zu kaufen. Ich hatte mich natürlich zuerst geweigert, aber sie hatte schon immer das letzte Wort. Hätte ich mich nur einmal in meinem jungen Leben durchgesetzt... Dann würde ich mich nun wahrscheinlich nicht in solch einer miesen Lage befinden...

Einer der Verkäufer versuchte, dem Überfall ein Ende zu bereiten, indem er sich einem der Täter vorsichtig näherte. Eine hirnrissige Idee, wie ich fand. Schließlich waren die Banditen alle bewaffnet und der Verkäufer hatte gar nichts, womit er sich hätte verteidigen können!
,,Bleib stehen!", schrie der Mann, der sein Gesicht hinter einer schwarzen Maske versteckte. Er richtete seine Waffe auf den Angestellten, doch er wollte es wohl unbedingt herausfordern. Er schlich immer weiter, als wäre es eine Wasserspritzpistole, die auf ihn gerichtet war. Ich konnte diesen Mann einfach nicht verstehen. Wollte er unbedingt sein Leben aufs Spiel setzen, nur, damit er, falls er doch überleben sollte, als Held dastand? Warum, guter Mann?

Ich bemerkte, wie die Anspannung des Verbechers, welcher mich noch immer festhielt, wuchs. Kurz ließ er die Haare los, um seinen gesamten Arm um meinen Hals schlingen zu können. Das tat zwar weniger weh, als an dem Pferdeschwanz, welchen ich trug, gezogen zu werden, aber ich konnte mir denken, dass er mich nun garantiert nicht einfach so gehen ließ.
Verdammt! Das hatte ich alles meiner Mutter zu verdanken, die immer so stur sein musste! Okay, ich sollte nicht so denken. Schließlich konnte sie nicht ahnen, dass ausgerechnet am diesem Tag der Supermarkt um die Ecke überfallen wurde und ich als Geisel genommen wurde.

Was meine Familie wohl dachte? Dass ich mich verlaufen hatte? Das würden sie mir bestimmt zutrauen, glaubte ich. Tollpatsch war wohl ein harmloser Ausdruck für mich, ich war wahrhaftig ein Schussel.

Der Mann, der mich gefangen genommen hatte, marschierte nun mit mir zu seinem Komplizen, der immer noch mit diesem blöden Verkäufer zu kämpfen hatte.
,,Beweg dich!", schnauzte er schlecht gelaunt und zog mich weiter. Hallo? Ich wurde gerade entführt! Ich stand auf wackeligen Knien, da war man eben nicht so schnell unterwegs!
Endlich hielt er an.
,,Bleib stehen, oder sie stirbt!", schrie er mit scharfer, bestimmter Stimme.
Ich musste nicht schlau sein, um zu kapieren, dass er mit diesem ''sie'' mich meinte. Dieser Satz ging mir, im wahrsten Sinne des Wortes, unter die Haut. Wenn er nicht stehen blieb und unbedingt den Helden spielen musste, würde dieser kranke Verbrecher mich eiskalt erschießen! Alle Menschen, die wie ich einkaufen waren, lagen sich ängstlich in den Armen, Kinder weinten und Babys brüllten. Verzweifelte Mütter versuchten, ruhig zu bleiben, was ihnen allerdings nicht gelang.

Wie konnte man nur so kalt sein? Wenigstens die jungen Mütter mit ihren Kindern konnten sie doch gehen lassen!

,,3...2...", zählte der Verbrecher, der mich festhielt. Ich begann heftig zu zittern, aber das zauberte ihm nur ein verschmitztes Lächeln ins Gesicht.
,,Oh, Schätzchen...", flüsterte er mir ins Ohr. Was? Schätzchen? War er denn völlig übergeschnappt? Wollte er... wollte er mich etwa mit zu sich nach Hause nehmen? Als ich daran gedacht hatte, wünschte ich mir, dass er mich nun abknallen würde. Dann würde es nur ein einziges mal weh tun und dann hoffentlich nie wieder. Wenn er mich allerdings mit nach Hause nahm... Wer wusste schon, was er dort mit mir vorhatte?
,,Ich brauch dich noch...",murmelte er weiter.
,,Wa...was hast du vor?", gab ich leise fragend zurück. Sein Lächeln wurde noch breiter.
,,Das, mein liebstes Engelchen, wirst du bald erfahren!"

Ehe ich mich versah, zog er den Abzugshahn und schoss auf den Verkäufer, der einfach nicht auf die Befehle dieser Banditen gehört hatte. Natürlich tat er mir leid, aber eigentlich war er doch selbst schuld.
Mir lief es eiskalt den Rücken herunter, als der Mann mit rollenden Augen zu Boden krachte. Ein Mädchen konnte der umfallenden Leiche gerade noch so entkommen und wurde nun von seiner Mutter getröstet. Was würde den noch alles passieren? Wollte er etwa hier übernachten? Mittlerweile war es bereits dunkel geworden und daraus schlussfolgerte ich, dass wir bereits nach 20:00 Uhr haben mussten. So gegen sechs Uhr abends war ich von zuhause losgelaufen, dementsprechend war ich seit mindestens eineinhalb Stunden hier in dem kleinen Laden. Und etwa eineinviertel Stunden war ich Geisel...

Nun meldete sich eine hübsche, junge Frau, die einen kugelrunden Babybauch hatte. Ich sah sie ab und zu auf dem Weg zur Schule, doch kennen tat ich sie nicht wirklich. ,,Es tut mir wahnsinnig leid...", begann sie und krümmte sich vor Schmerzen, ,,aber ich glaube, es geht los! Lassen Sie mich gehen, ich flehe sie an!"
,,Pf...", machte einer der Verbrecher, ,,wenn Sie hochschwanger wären, wieso gehen sie dann alleine einkaufen? Ich glaube Ihnen kein Wort!"
,,Eigentlich bin ich auch erst im achten Monat, aber der Stress und die Angst...", stotterte sie leise. Ihr kamen die Tränen in die Augen. Am liebsten wäre ich nun zu ihr hingerannt und hätte sie umarmt, sie getröstet und... wäre ich keine Geisel, hätte ich das garantiert getan! ,,Ja, is' klar!", murrte der herzlose Verbrecher. Er zielte mit seiner Waffe auf den Bauch der Frau. Sie ließ einen entsetzten Schmerzensschrei los, als er abdrückte.
Die junge Mutter sank in sich zusammen, ihr Bauch begann zu bluten. Mir liefen ein paar Tränen aus meinen Augen. Das Baby war tot! Das Baby...
Und wenn man dieser Frau nicht bald helfen würde, starb sie auch! Wie konnte man eigentlich so unglaublich herzlos sein? Ich meine, sie hatte sich bestimmt die ganze Schwangerschaft über auf ihr Kind gefreut und nun? Ein Schuss, und ihr ganzes Leben hatte sich verändert...
Ob sie ihren Freund wohl noch hatte?

Ich zählte unbemerkt die Menschen, die hier noch lebend eng zusammengekuschelt standen und saßen, es waren 17 Erwachsene und... 11 Kinder! Ein paar der Einkäufer konnten sich vorhin noch heimlich aus der Tür schleichen, doch dort stand nun ein Komplize meines Geiselnehmers.
Nun wollte ich auch noch wissen, wie viele die Verbecher waren. Meine Augen schweiften durch den Raum. Ich konnte zwar nur 6 erkennen, wusste aber, dass es noch mehr gab.

Der Mann, der mich noch immer um den Hals packte, was mittlerweile übrigens echt schmerzte, zog mich, mit der Waffe auf meinen Kopf Richtung Tür.
,,Ein Fehler, und du bist tot!", raunte er mir gefährlich ins Ohr. Was hatte er denn nun wieder vor? Wurde mein Alptraum doch war? Musste ich nun mit zu ihm? Zu ... einem Verbrecher?
,,Mach auf!", befahl er mir und mit zitternden Händen öffnete ich langsam die Türe. Er schob mich nach draußen. War frische Luft herrlich! Im Laden war es sehr stickig gewesen, natürlich... Schließlich gab es dort kein Fenster, welches man hätte aufmachen können, denn eigentlich war ja immer die Türe offen... Eigentlich...
Er drückte mit seinen Füßen gegen meine Beine und deutete mir so, dass ich laufen sollte. Doch wohin nur?
Er drückte mich immer weiter nach vorn, bis wir endlich vor einem weißen BMW stehen blieben.
,,So, Kleine!", sagte er. Endlich ließ er meinen Hals los. Er drückte mich gegen das Auto, sodass ich unter keinen Umständen abhauen konnte.
Vorsichtig drehte ich mich um.
Er lachte laut und irgendwie fand ich das ziemlich beängstigend...
Schnell drehte ich meinen Kopf wieder Richtung Auto, was ich jedoch sofort bereute.
Er stieß mit irgendeinem metallischen Gegenstand mit voller Kraft gegen meinen Hinterkopf, woraufhin ich wohl direkt in seine Arme gekippt war.
Das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, dass er ,,Sorry" geflüstert hatte...

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