20 | Perspektiven

Das letzte Kapitel, meine Lieben. Ich hoffe, es gefällt euch :)

Raphael beobachtete Malia dabei, wie sie sich ein paar Ohrringe ansteckte. Sie stand im kleinen Badezimmer der kleinen Finca, die sie gemeinsam mit Cassie und John angemietet hatten, und fummelte an ihrer Frisur herum.

Ihre Unterkunft befand sich nur fünf Minuten vom Strand entfernt, war in einer ruhigen Gegend gelegen und bot einen wunderschönen Ausblick auf die bergige Landschaft. Das große Wohnzimmer mit offener Küche führte zu einer Pergola im Freien mit einem Tisch für acht Personen und einem Grill, um die Ecke auf der Südseite lagen der Pool und ein Fischteich. An die zwei großen Schlafzimmer grenzten jeweils zwei kleine Terrassen mit Meerblick, im zweiten Stock gab es außerdem noch einen Whirlpool.

Raphael war fasziniert von dieser Stadt, seit er für einen der vielen Videodrehs zusammen mit John hier gewesen war. Im Herbst waren die Temperaturen hier noch sehr angenehm, doch die Urlaubszeit in Deutschland war bereits vorbei, sodass das Risiko relativ gering war, deutschen Fans in die Arme zu laufen. Cassie und John waren heute Morgen nach Deutschland zurückgeflogen, also hatten sie die Finca bis zum Ende der Woche für sich allein.

Als Malia ihm einen Blick zuwarf, schenkte Raphael ihr ein Lächeln. Er freute sich auf den gemeinsamen Abend mit ihr. Sobald sie nach Deutschland zurückkehrten, würde die Arbeit ihn zunächst wieder so sehr im Griff haben, dass sie sich nur alle paar Wochen sehen konnten. Da sie sich jetzt bereits mehrere Monate trafen, setzte ihnen beiden der Umstand sehr zu, doch noch hatten sie keine dauerhafte Lösung dafür gefunden. Das war eben der Nachteil an ihrer Fernbeziehung, doch die Gefühle waren so stark, dass sie beide bereit waren, sich mit der Situation zu arrangieren. Bisher gelang es ihnen ganz gut. Er schob die Gedanken beiseite, als Malia ihn neugierig musterte.

„Bist du fertig?", fragte sie und strich über den Stoff des weißen, figurbetonten Kleides. Es hatte einen tiefen Ausschnitt und einen langen Schlitz und betonte so ihre Reize. Schon jetzt hätte er es ihr am liebsten kommentarlos wieder ausgezogen.

„Ich warte nur auf dich", erwiderte er, während er sie zufrieden betrachtete.

„Vergiss es. Du brauchst gar nicht so zu gucken", kommentierte Malia entschieden. Er grinste.

„Was kann ich dafür, wenn ich so eine heiße Freundin habe?"

Sie lächelte, als er sie zu sich heranzog und ihr einen Kuss auf die Schläfe drückte, bevor sie sich von ihm löste und vor ihm den Raum verließ. Er folgte ihr nach draußen. Sie schlüpfte in ein Paar Pumps, das ihre langen Beine noch ein wenig mehr streckte, dann hakte sie sich bei ihm unter. Beinah fühlte er sich neben ihr in Shirt und lässiger Jogginghose underdressed, doch Malia schien es nicht zu stören, dass er sich nicht ganz so viel Mühe gegeben hatte wie sie.

Es dauerte nicht lang, bis sie das kleine Restaurant an der Strandpromenade erreichten. Mittlerweile hatten sie sich an die spanischen Gegebenheiten angepasst und ihr Abendessen in die späten Abendstunden verlagert. Da sie den Tag am Strand verbracht hatten, waren sie so spät dran, dass der Mond bereits mit den Sternen über dem Meer um die Wette strahlte. Es war atemberaubend schön. Auch Malia ließ den Ausblick einen Moment auf sich wirken, als sie auf der Terrasse mit Meerblick und romantischer Außenbeleuchtung Platz genommen hatten.

„Gefällt es dir?", fragte er. Sie lächelte.

„Sehr. Ich finde Barcelona sowieso sehr schön", antwortete sie.

„Ich auch", sagte er.

Seine Augen funkelten dabei im Kerzenlicht. Malia seufzte lautlos. Er war ein so schöner Mann. Ein hübscher Kellner, der an ihren Tisch getreten war, unterbrach die Unterhaltung, um ihnen die Speisekarten zu reichen und ihre Getränkebestellung aufzunehmen. Malia warf einen Blick in die Karte, konnte sich jedoch nicht entscheiden. Zum Glück ließ der Kellner ihnen noch etwas Zeit. Als er die Getränke brachte, bestellte Raphael sich ein Steak, sie einen Gemüseauflauf. Als er wieder verschwunden war, sah sie abermals verträumt auf das dunkle Meer hinaus. Sie sah so schön aus, dass Raphael nicht umhinkonnte, ein Foto von ihr zu machen. Erst, als er das Smartphone wieder weggesteckt hatte, drehte sie ihm wieder ihren Kopf zu.

Sie überlegten gemeinsam, wie sie ihre letzten wenigen Urlaubstage verbringen konnten, bevor sie wieder nach Deutschland zurückkehren mussten. Dabei verloren sie sich in Erzählungen rund um die vergangenen Tage und ihre neusten Erlebnisse. Sie hatten die Zeit hier sehr genossen; so sehr, dass Malia am liebsten noch ein paar Tage länger geblieben wäre, doch das war leider nicht möglich.

Nachdem sie gegessen hatten, schlenderten sie händchenhaltend wieder in Richtung Unterkunft zurück. Er hatte sich dazu breitschlagen lassen, das Auto stehenzulassen, und jetzt, als sie miteinander herumalberten, hier und dort stehenblieben und sich küssten, war er froh darüber. Erst, als der Weg beschwerlicher wurde, weil sich die Unterkunft in hügeligem Gelände befand, verlor Malia die Lust an ihrem Spaziergang, was nicht zuletzt an den Pumps an ihren Füßen lag.

Kurz vor der Unterkunft blieben sie schließlich stehen. Von hier aus hatten sie einen schönen Blick auf das dunkle Meer. Malia schmiegte sich verzückt an ihn. Er ließ es geschehen, schaute ihr tief in die Augen und verschloss ihre Lippen mit einem Kuss. Sie seufzte leise, schlang ihre Arme um seinen Hals und erwiderte ihn; zunächst zaghaft, dann immer fordernder. Er genoss diesen Moment. Viel zu lang hatte er ich mit der Frau an seiner Seite ständig versteckt, damit niemand davon etwas mitbekam. Doch hier konnte er abschalten und sich einfach fallenlassen.

Etwas später fiel er schwer atmend aufs Bett. Malia ließ ihm keine Gelegenheit, zu Atem zu kommen. Stattdessen kletterte sie sofort auf ihn und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie sah ihm tief in die Augen, verlor sich darin und raubte ihm beinah seinen Verstand. Ihre Lippen suchten gierig seinen Mund, während seine Hände ihren Rücken hinab wanderten. Er ließ seine Hände unter den Bund ihrer Shorts wandern, während sie sich stürmisch küssten.

Die Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, als sie ihre Unterkunft beteten hatten, hatte sich mittlerweile ins Unendliche gesteigert. Ein Funke reichte aus, um die brennende Luft um sie herum zum Explodieren zu bringen.

Das Blut war inzwischen aus seinem Kopf südwärts gewandert. Auch Malia spürte seine Erektion zwischen ihren Schenkeln. Er stöhnte in den Kuss hinein, als sie sich an ihm zu reiben begann und knöpfte ihre Shorts auf. Mit einem bestimmten Ruck drehte er sie auf den Rücken, streifte ihr die Shorts von den Hüften und das Top über den Kopf. Ihre Finger kratzten währenddessen am Saum seiner Jeans entlang und hinterließen ein Brennen dort, wo sie ihn berührte.

Es dauerte nicht mehr lang, bis sie wild knutschend nackt aufeinander lagen. Ein Blick in seine lusterfüllten Augen verriet ihr, dass sie ihm mindestens genauso sehr gefehlt hatte; dabei schliefen sie, seit sie hier angekommen waren, mindestens einmal pro Nacht miteinander. Ein letzter willenloser Kuss, dann spreizte sie widerstandslos ihre Schenkel. Als er in sie eindrang, stöhnte sie erleichtert auf. Er schaute ihr kurz in die Augen, bevor er begann, sich fallenzulassen.

Das leise Rauschen des Meeres beruhigte ihn, als er einige Zeit später seine Augen aufschlug. Er brauchte einen Moment, sich in der Dunkelheit der Nacht zu orientieren. Er drehte sich langsam auf die Seite, um nach Malia zu sehen, die wie so häufig während des Schlafs von ihm weggerutscht war. Erst, als seine Augen sich an das fehlende Licht gewöhnten, realisierte er, dass sie nicht mehr neben ihm lag. Die große Terassentür stand offen, ein sanfter Luftzug wehte herein und bewegte die Vorhänge.

Er seufzte schwer, stand auf und streifte sich eine Boxershorts über, bevor er an die Tür trat und hinausschaute. Malia stand in einem seiner T-Shirts mit dem Rücken zu ihm auf der Terrasse und hatte den Blick auf den Ozean gerichtet. Sie bemerkte ihn nicht, als er ein paar Schritte auf sie zumachte. Sofort hüllte ihn die kalte Nachtluft ein. Erst, als er seine Arme von hinten um sie schlang und seinen Kopf über ihre Schulter schob, drehte sie ihm ihren Kopf zu.

„Was machst du hier?", fragte er leise und strich über ihren Bauch. Sie legte ihre Hände auf seine.

„Nachdenken", antwortete sie und lehnte ihren Kopf an seiner Schulter an.

„Worüber?", wollte er wissen.

„Darüber, wie schön es hier mit dir ist", sagte sie. Er lächelte.

„Ich finde es auch schön mit dir."

„Weißt du eigentlich, dass hier alles angefangen hat?", fragte sie nachdenklich und drehte sich in seinen Armen zu ihm um.

„Mit uns, meinst du?"

Es stimmte. Sie hatten sich damals hier in Barcelona das erste Mal persönlich getroffen.

Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und sank gegen seine Brust.

„Genau."

Er seufzte leise.

„Es war dumm von mir, das, was wir uns aufgebaut haben, aufzugeben", räumte er reumütig ein.

„Du hast mich letztens gebeten, die Sache mit Edita zu vergessen und nach vorne zu schauen", erinnerte sie ihn.

„Ich weiß, dass das nicht einfach ist", sagte er.

„Eigentlich wollte ich dich gerade bitten, dasselbe zu tun", lächelte sie. Er erwiderte es und ließ seine Hände durch ihre dunklen Haare gleiten. Sie legte erwartungsvoll den Kopf schief.

„Weißt du, es ist kein Zufall, dass ich mit dir hierher geflogen bin", eröffnete er ihr. Sie runzelte die Stirn.
„Wie meinst du das?"

„Wie du schon gesagt hast: hier hat alles mit uns angefangen, auch, wenn wir erst über Umwege zusammengekommen sind. Aber hier hat alles seinen Ursprung. Für mich ist es im Bezug auf dich und meine Karriere eine symbolische Stadt. Sie hat mich vom ersten Augenblick fasziniert und ich habe schon immer gesagt, dass ich hier einmal ein Haus kaufen werde."

„Du willst hierherziehen?", fragte sie überrascht.

Auf seinen Lippen bildete sich ein Lächeln.

„Ich werde meine Wohnung in Wien behalten und mir auch dort ein Studio einrichten, in dem ich mit neuen Künstlern arbeiten kann, aber dauerhaft sesshaft werden möchte ich hier."

„Du willst also weg aus Deutschland", schlussfolgerte sie überfordert.

„Ja, auf Dauer schon. Mein Ziel war immer Wien oder Barcelona, aber ich habe mich für Barca entschieden", sagte er ernst. Sie schluckte, denn sie realisierte, was das bedeutete.

„Und was ist mit uns? Ich meine, wie stellst du dir das alles vor?", fragte sie unsicher. Die Befürchtung, ihn noch weniger zu sehen und schlussendlich ihre Beziehung daran zerbrechen zu sehen, schmerzte.

Er strich sanft durch ihr Haar. Eigentlich hatte er noch etwas warten wollen, doch in diesem Moment stimmte einfach alles; das Rauschen des Meeres, der Mondschein und seine Gefühle für sie. Er fühlte es genau jetzt; so intensiv, wie noch nie zuvor. Er war bereit, diesen Schritt zu gehen und hoffte sehr, dass sie es auch war. Er wunderte sich selbst darüber, wie leicht es ihm über die Lippen kam, sah es jedoch nur als eine weitete Bestätigung dafür, das Richtige zu tun.

„Das hängt ganz von dir und deiner Entscheidung ab. Ich liebe dich, Malia, und ich möchte, dass du mich hierher begleitest."

Hatte er das gerade tatsächlich gesagt?

Malia fühlte sich vollkommen überrumpelt. Nicht nur, dass er ihr sagte, dass er sie liebte – er wollte offenbar auch den Rest seines Lebens mit ihr verbringen. Hier, in Barcelona. Ihre Gedanken rasten. Es würde bedeuten, dass sie mit ihm ein neues Leben anfangen würde; in einem fremden Land, dessen Sprache sie nur mäßig beherrschte; weit weg von ihrer Familie und ihren Freunden. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie realisierte, dass es gerade um alles ging. Ihr Mund wurde trocken, sie fand nicht die richtigen Worte. Sie wollte so vieles sagen, doch sie bekam keinen Ton heraus. Natürlich bedeutete er ihr wahnsinnig viel. Sie war unendlich glücklich, dass sie endlich zueinander gefunden hatten. Aber konnte sie sich tatsächlich vorstellen, ihr Leben in Deutschland für ihn aufzugeben?

Sie wusste es nicht. Doch eins wusste sie. Sie fühlte sich sicher und geborgen in seinem Arm, sie fühlte sich angekommen. Nur die Zukunft würde zeigen, ob es für ein für immer reichen würde.

Ich weiß, es ist irgendwie ein offenes Ende geworden und ich hoffe, dass ihr mir verzeiht. Aber vielleicht erfahren wir ja an anderer Stelle, welche Antwort Malia ihm gegeben hat und wie es mit den beiden nun weitergehen wird? :) Lasst euch überraschen. Viel mehr interessiert mich gerade die Frage, wie ihr reagiert hättet. So lang sind sie schließlich nicht wieder zusammen, trotzdem ist die Art, wie er sie fragt, ja schon süß. Würdet ihr ihn begleiten oder könntet ihr auch verstehen, wenn sie zögern würde? Es ist ja schon ein großer Schritt, Familie und Freunde hinter sich zu lassen und in ein anderes Land zu gehen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top