08 | Kontrollverlust

Meine Tulpen, hier mal das neue Raf-Kapitel. Ich denke, ihr werdet es mögen. Ich küsse eure Augen. 

Malia schenkte Raphael ein Lächeln, als er ihr etwas später den Vortritt zu seiner Wohnung ließ. Es war das erste Mal seit seiner Trennung von Edita, dass sie sie betrat. Noch immer fühlte es sich seltsam an, dass er eine ganze Zeit lang hier mit seiner Ex-Freundin zusammengelebt hatte. Doch seine Beziehung mit ihr war vorbei, also schob sie die negativen Gedanken beiseite, zog ihre Pumps aus und schaute sich kurz unschlüssig um, während er hinter sich die Wohnungstür ins Schloss drückte.

Da die Wohnung offen gestaltet war, hatte sie schon von der Wohnungstür aus einen guten Überblick über das rechts gelegene Wohnzimmer, die offene Küche und den Essbereich, die Wendeltreppe, die nach oben führte, und die Empore, von der das Schlafzimmer und das Bad abgingen.

„Es hätte mir wirklich nichts ausgemacht, dich ins Studio zu begleiten, damit du an deinem Song weiterarbeiten kannst", griff sie ihr letztes Thema aus dem Treppenhaus wieder auf.

„Darum kann ich mich morgen kümmern. Heute überlegen wir uns erstmal, was wir mit deinem Auto machen. Aber vorher muss ich wirklich was essen", betonte er. Sie schmunzelte, als sein Magen wie zur Bestätigung ein weiteres Mal laut grummelte. Es tat ihr leid, dass er wegen ihr bisher nicht dazu gekommen war.

„Was hältst du davon, wenn ich dir als kleine Entschädigung was koche, bevor wir nach einer Lösung suchen?", schlug sie vor. Er lächelte. Es wirkte irgendwie verlegen.

„Ich habe nicht viel hier", gestand er, ehe sie ihm in die schicke Küche folgte. Dort gewährte er ihr einen Blick in den übersichtlich geordneten Kühlschrank. Sie inspizierte den Inhalt, schaute in ein paar Schränke und wandte sich dann wieder Raphael zu. „Hast du frische Gewürze da?"

Er runzelte skeptisch die Stirn.

„Was hast du vor?", fragte er, bevor er einen der oberen Schränke öffnete und auf einige Gewürz-Dosen deutete.

„Ich koche dir dein Lieblingsessen", lächelte sie, bevor sie die Zwiebeln, den Knoblauch und die frischen Tomaten aus der Schale auf der Anrichte nahm.

„Das weißt du noch?", hakte er überrascht nach.

„Dass wir weniger Kontakt hatten, bedeutet nicht, dass ich dich nicht mehr kenne", entgegnete sie.

„Dann weißt du ja, dass ich auch gern koche", gab er zurück, nahm ein Schneidebrett aus einem der Schränke und zog ein Messer aus dem Messerblock. Sie beobachtete, wie er begann, die Zwiebeln zu schälen. Sie setzte unterdessen das Wasser auf.

„Du weißt, wie man Spaghetti All'Arrabbiata kocht?", grinste er und warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.

„So schwer ist das nun wirklich nicht", kommentierte sie und begann, den Knoblauch von der Schale zu trennen. Er schnitt währenddessen die Zwiebeln in Ringe.

„Schon ätzend, dass du das jetzt so kleinredest; ich habe mich echt gefeiert, dass ich wenigstens das kann", lachte er.

„Ich bin mir sicher, dass du hervorragend kochen kannst", räumte sie ein und hackte den Knoblauch klein, ehe sie eine Pfanne aus dem Schrank nahm und etwas Olivenöl hineingab.

„Du würdest staunen, was ich alles zustande bringe. Meine Mutter hat einen guten Job mit mir gemacht", betonte er, bevor er die Zwiebelringe vom Schneidebrett in das heiße Öl schob. Anschließend schnitt er die Chilischote klein. Malia gab unterdessen den Knoblauch zu den Zwiebeln und schnappte sich die Tomaten. Zunächst legte sie sie in heißes Wasser ein, bevor sie damit begann, sie zu schälen. Er rührte die geschnittene Chilischote in der Pfanne unter und holte die Nudeln aus dem Schrank. Es duftete bereits herrlich, als sie die geschnittenen Tomaten in die Pfanne gab. Eine Weile ließ sie es vor sich hinköcheln, würzte hin und wieder mit frischen Kräutern und schmeckte die Sauce ab. Er lächelte, als sie ihm den Löffel zum Probieren reichte.

„Und?", hakte sie neugierig nach. Er lächelte.

„Nicht schlecht für eine Kroatin", kommentierte er frech.

„Was soll das denn heißen?", platzte es aus ihr heraus. Er lachte.

„Schmeckt bombe, ehrlich", sagte er versöhnlich. Sie lächelte zufrieden. Einen Moment wartete sie noch, bis sie die Nudeln abgoss. Er holte währenddessen die Teller aus dem Schrank und reichte sie ihr. Obwohl sie überhaupt keinen Hunger hatte, gab sie sich selbst auch ein paar Nudeln auf den Teller, denn sie Sauce schmeckte wirklich so verführerisch, wie sie duftete.

„Fast könnte man glauben, du seist Italienerin", lobte er sie amüsiert, als er kurz darauf zufrieden seinen Teller von sich schob. Es freute sie, dass es ihm offenbar so gut schmeckte, dass er gleich zwei Portionen verdrückt hatte. Doch jetzt schien er endgültig satt zu sein.

„Früher habe ich ab und zu mal bei meinem Onkel in der Küche ausgeholfen", offenbarte sie lächelnd. Er runzelte die Stirn. „Dein Onkel ist Koch?", fragte er überrascht.

„Nicht direkt. Ihm gehört das Adria."

„Das Restaurant, in dem wir neulich nach dem Fotoshooting gegessen haben?", hakte er irritiert nach. Sie grinste.

„Genau."

„Und du hast mich zahlen lassen?", platzte es ungläubig aus ihm heraus.

„Du wolltest mich unbedingt zum Essen einladen. Schon vergessen?", erinnerte sie ihn frech grinsend.

Er schüttelte lächelnd den Kopf.

„Unglaublich", sagte er.

„Ich hoffe, du bist mir jetzt nicht böse deswegen", erwiderte sie und sah prüfend in seine Augen. Er schüttelte den Kopf.

„Quatsch. Aber jetzt verstehe ich auch, weshalb der Kellner dich die ganze Zeit beobachtet hat", kommentierte er. Sie grinste.

„Tut mir leid, dass ich es dir nicht gesagt habe."

„Trinkst du dafür ein Glas Wein mit mir?"

Sie runzelte die Stirn.

„Du trinkst doch gar keinen Wein", erwiderte sie.

„Mit dir mache ich eine Ausnahme. Dabei überlegen wir, was wir jetzt mit deinem Auto machen. Komm."

Der Gesichtsausdruck, mit dem er sie jetzt anschaute, duldete keinerlei Widerspruch. Also lächelte sie und nickte. „Okay. Hier oder lieber im Wohnzimmer?"

Kurz darauf fand sie sich auf der Couch in seinem Wohnzimmer wieder. Sie mochte die schlichte Schrankwand-Kombination im Wohnzimmer, die er mit einer Wohnlandschaft bestehend aus einer Couch, einem Sessel und einem Wohnzimmertisch kombiniert hatte. An der Wand stand ein Regal, in dem er seine Plattensammlung aufbewahrte. In einer kleinen Ecke hatte er sein Büro eingerichtet, worauf ein kleiner Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl und ein paar Aktenordner hindeuteten. In der anderen Ecke standen eine Anlage und eine Gitarre. In Fensternähe standen ein paar Grünpflanzen. Raphael hatte das Licht gedimmt. Auf dem Tisch flackerten dafür ein paar Kerzen vor sich hin.

„Am einfachsten wäre, jemand würde dir den Schlüssel herbringen und ihr würdet zu zweit wieder zurückfahren."

Sie ließ Raphaels Idee einen Moment auf sich wirken. Seine dunklen Augen funkelten geheimnisvoll im Kerzenlicht. Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte, das Kribbeln in ihrem Bauch zu verdrängen.

„Das kann ich doch niemandem zumuten", antwortete sie kopfschüttelnd.

„Wieso nicht? Unter Freunden ist sowas selbstverständlich", erwiderte er entschieden. Malia nippte an ihrem Weinglas.

„Du tust, als würde ich um die Ecke wohnen, aber es sind über dreihundert Kilometer."

„Ich habe dir ja schon angeboten, sie mit dir zu fahren. Dann müsstest du keine Freundin fragen", erinnerte er sie, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen.

„Das kann ich unmöglich annehmen, Raphael", sagte sie ernst.

„Besser, ich fahre dich, als du beauftragst diesen völlig überteuerten Express-Dienst", kommentierte er. Sie seufzte tief.

„Ich weiß, aber ich will niemandem zur Last fallen."

Er verdrehte die Augen.

„Wieso bist du so unglaublich stur? Lass dir doch einfach von mir helfen."

„Du lässt mich schon bei dir schlafen", sagte sie.

„Stimmt. Und abgeholt habe ich dich vorhin auch schon. Dann reicht es mit meiner Unterstützung", kommentierte er sarkastisch, bevor er sie eindringlich anschaute. „Entspann dich, Malia. Du bist immer für deine Freunde da. Es ist vollkommen okay, um Hilfe zu bitten. Das Schlimmste, was passiert, ist, dass sie nein sagen. Wenn du Angst davor hast, enttäuscht zu werden, weil sie dich hängenlassen, frag niemanden, sondern nimm einfach mein Angebot an. Ich mache das wirklich gern", beteuerte er.

Sie seufzte erneut, nahm einen großen Schluck Wein und stellte das Glas wieder auf dem Wohnzimmertisch ab.

Sie wusste, dass er Recht hatte, doch gerade deswegen haderte sie mit sich selbst. Sie wollte ihren Freunden gar nicht erst die Möglichkeit geben, sie mit ihrer Reaktion auf ihre Bitte um Hilfe zu enttäuschen. Oder war das bereits die Wirkung des Weins? Immerhin hatte sie bereits zwei Gläser getrunken und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, fühlte sie sich bereits ein wenig angeheitert.

„Ich wüsste nicht, wen ich um so etwas bitten sollte. Ich meine, die Person muss wirklich einiges für mich auf sich nehmen, und-"

„Cassie würde es tun; da bin ich mir sicher", unterbrach er sie.

„Sie hat gerade so viel um die Ohren, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass sie Zeit für so eine Aktion hat", kommentierte sie frustriert.

„Das wirst du nicht herausfinden, wenn du sie nicht anrufst", lächelte er aufmunternd. Das verräterische Kribbeln in ihrem Bauch wurde stärker.

„Du musst das nicht jetzt entscheiden. Schlaf erstmal eine Nacht darüber", schlug er vor. Sie nickte erschöpft.

„Vermutlich hast du Recht", sagte sie lächelnd. „Danke, dass ich hier übernachten kann."

„Hör endlich auf, dich ständig für selbstverständliche Dinge zu bedanken", forderte er energisch. „Außerdem verbringe ich gern Zeit mit dir. Ich tue mir also auch selbst einen Gefallen."

Sie lächelte verlegen.

„Ich verbringe auch gern Zeit mit dir", gestand sie.

„Es liegt nicht an mir", stellte er grinsend fest.

„Ich verspreche, dass ich mich bessern werde", beteuerte sie leise. Sie war inzwischen so müde geworden, dass ihr beinah die Augen zufielen. Sie brannten und sie hatte das Gefühl, sich kaum noch auf die Unterhaltung konzentrieren zu können.

„Vielleicht sollte ich langsam schlafen gehen", murmelte sie kraftlos. Er nickte, bevor er aufstand.

„Komm, ich zeige dir alles."

„Was? Nein!", platzte es aus ihr heraus, als sie begriff, dass er gerade dabei war, ihr sein Schlafzimmer zu zeigen, was bedeutete, dass er vermutlich vorhatte, auf der Couch zu schlafen. „Ich kann im Wohnzimmer übernachten."

Er schüttelte entschieden den Kopf.

„Auf keinen Fall", sagte er und erhob sich, dann hielt er ihr seine Hand hin. Ihre Finger kribbelten, als sie sie ergriff und sich von ihm auf die Beine ziehen ließ. Als ihr schwindelig wurde, erkannte sie, dass sie eindeutig zu viel Wein getrunken hatte, hoffte jedoch, dass er das nicht bemerken würde. Vorsichtig folgte sie ihm in Richtung Wendeltreppe, spürte jedoch selbst, dass sie wankte. Er schlang sicher seinen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen.

„Du solltest wirklich schlafen", grinste er, als sie es die Treppe hinaufgeschafft hatten.

„Du bist nicht unschuldig daran", kommentierte sie düster. Er lachte.

„Was kann ich dafür?", fragte er.

„Du hast mich abgefüllt", erwiderte sie.

Er blieb stehen. Sie erschauderte, als er eindringlich auf sie herabschaute.

„Das hast du schon selbst ganz gut hingekriegt", stellte er leise klar, bevor er sich zu ihrer Enttäuschung von ihr abwandte und eine Tür aufschob. „Da vorn ist das Bad. Ich hole dir nur noch etwas zum Umziehen", sagte er und deutete auf die andere Seite des Flurs, bevor er im Schlafzimmer verschwand. Erst, als sie zu frösteln begann, realisierte sie, wie sehr seine Körperwärme sie eingehüllt hatte. Sie war froh, als er nur wenige Augenblicke später mit einem T-Shirt in der Hand wieder zurückkehrte.

„Danke", lächelte sie. Als sie es ihm aus der Hand nahm, berührten sich ihre Finger für einen Moment. Es fühlte sich an wie in einem schlechten Film, nur, dass ihr dieser hier weitaus besser gefiel. Schnell huschte sie ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu.

In der Hoffnung, sich gleich etwas nüchterner zu fühlen, spritzte sie sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht, doch die erfrischende Wirkung blieb aus. Also schälte sie sich aus ihrem Kleid und streifte sich das T-Shirt über, strich sich die Haare glatt und kehrte ins Schlafzimmer zu Raphael zurück.

Sie erstarrte in ihrer Bewegung, als sie das Schlafzimmer betrat. Raphael stand splitterfasernackt mit dem Rücken zu ihr gewandt vor seinem Kleiderschrank. Ihr Mund wurde trocken, während ihr Blick an seinen starken, entblößten Schultern klebenblieb. Sie erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte, ihn zu berühren. Plötzlich blitzten Bilder aus der Vergangenheit vor ihrem geistigen Auge auf. Sofort wurde ihr noch ein wenig heißer. Sie erschrak, als Raphael sie bemerkte und zu ihr herumfuhr.

Sie sah ihn aus großen Augen an, während ihre Gedanken sich überschlugen. Die ganze Zeit hatte sie nicht daran gedacht, wie es sich angefühlt hatte, ihn zu spüren, doch jetzt, als er so vor ihr stand und sie aus seinen dunklen, geheimnisvollen Augen mit undefinierbarem Gesichtsausdruck musterte, musste sie sich unmerklich auf die Zunge beißen.

„Du tust, als hättest du mich noch nie so gesehen", grinste er amüsiert, während sie bemerkte, dass sie vor lauter Überraschung beinah das Atmen vergessen hatte und leise nach Luft schnappte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, also schaute sie ihn einfach nur an. Einerseits war ihr die Situation unangenehm, andererseits genoss sie diesen Augenblick, kostete ihn aus und stellte sich vor, wie es wäre, ihn jetzt einfach zu küssen. Ihre Lippen begannen vorfreudig zu kribbeln, während sie nach wie vor mit ihrer Selbstbeherrschung kämpfte.

Im nächsten Moment fragte sie sich selbst, weshalb sie versuchte, sich etwas vorzumachen, wo sie sich doch so sehr zu ihm hingezogen fühlte? Schließlich hatte er sofort alles stehen und liegen gelassen, um ihr zu helfen, als sie sich bei ihm gemeldet hatte – obwohl sie sich seit Wochen rarmachte. Möglicherweise war es jedoch auch der Alkohol, der ihre Sinne benebelte.

Ein spitzbübisches Schmunzeln bildete sich auf Raphaels Lippen, während sein Blick zu ihren nackten Beinen hinabwanderte. Auch er schien sich gerade daran zu erinnern, wie es sich anfühlte, den Stoff des T-Shirts nach oben zu schieben und ihre Haut zu erkunden, während er seine Lippen fest auf ihre presste, sie massierte, an ihnen saugte und knabberte, bis sie kurz davor war, den Verstand zu verlieren. Augenblicklich fühlte sie sich noch viel mehr von ihm angezogen. Es war, als würde sie die Kontrolle über ihren Körper verlieren, als ihre Beine sie zu ihm herübertrugen.

Er sah aufmerksam auf sie herab, rührte sich jedoch nicht. Sie erschauderte unter seinem tiefen Blick. Er ließ sie all die schlechten Gedanken vergessen. Ohne länger zu zögern, legte sie ihre Hand in seinen Nacken und zog ihn zu sich heran, bevor sie ihre Lippen auf seine presste. 

Ich weiiiiß, lang haben wir drauf gewartet, und endlich, endlich und dank vieeel Alkohol (haha) fällt sie über ihn her. Okay, vermutlich wären wir alle etwas nervös geworden, hätte er einfach unerwartet nackt vor uns gestanden. Aber gut. Er hat es sich verdient. :D

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