Kapitel 8
Wir waren bei der zweiten Tasse und Helene erzählte mir lang und breit von ihrem Yogakurs auf Juist letzten Herbst, als Flo in den Garten kam. Die Autoschlüssel in der linken Hand und seine Mutter wütend anguckend.
„Du hast auch wirklich ein Rad ab, Mutter!"
Helene unterbrach ihre Erzählung und hob nur die Augenbrauen. „Also ich finde mich eigentlich noch ganz gut beisammen, oder was sagst du Jana?"
Flo sah kurz zu mir, dann baute er sich vor seiner Mutter auf. „Du schickst mich zu einer Kundin, deren Pferd bei uns in die Weiterbildung gehen soll, aber erzählst ihr, das wäre ein Date! Klingt für mich nicht als hättest du noch alle Tassen im Schrank!"
„Ach, Flöhchen! Hab dich mal nicht so! Von Bille kann ich in den nächsten Jahren nicht viel erwarten und ich hätte schon gerne in zwei Jahren ein paar Enkelkinder. Dann bin ich schließlich schon 65."
Flo atmete tief ein. Oh, war er kurz davor, seine Kontenance zu verlieren! Sein Kiefer trat hervor und er verspannte sich zunehmend. „Dir geht es echt nicht mehr gut! Ich glaube, dein Yoga steigt dir zu Kopf!"
Ich verschluckte mich fast an meinem Kaffee und musste an mich halten, nicht loszulachen. Dieses Chaos! Wie ich das vermisst hatte!
„Komm mit!", wandte sich Flo, an mich, ohne seine Mutter aus den Augen zu lassen.
„Darf ich noch austrinken?", kicherte ich.
„Ja!", grummelte er und ich musste mich nur noch mehr zurückhalten nicht loszulachen.
Gemeinsam liefen wir zu den Stallungen.
„Das hat sie nicht gemacht, oder?", fragte ich belustigt.
Flo warf mir einen finsteren Blick zu. „Was denkst du denn? Hat sie dich jetzt auch auf mich angesetzt?"
„Sie hat es versucht."
Er stöhnte genervt auf. „Warum kann sie es nicht einfach mal lassen!"
„Sie meint es doch nur gut." Ich knuffe ihn in die Seite. Uh, da hatte jemand eindeutig mehr Muskeln bekommen! Er hatte sich früher zumindest weicher angefühlt.
Flo schnaubte auf und hielt mir die Sattelkammertür auf. Es roch nach Lederfett und an den Wänden stapelten sie die Sättel förmlich. „Ich will mich nicht mehr aufregen!"
„Sehr gut", ich grinste. „Dann gibt mir mal die Details."
„Welche Details?"
„Unser Deal?"
Er seufzte und lehnte sich gegen das Waschbecken. „Ja, klar." Plötzlich sah er müde aus und ich hätte ihn am liebsten ganz fest in den Arm genommen. „Du würdest mir den Arsch retten, wenn du ja sagst."
„Sagtest du Donnerstag schon und ehrlich, jetzt kann ich es verstehen!"
„Also sagst du ja?"
Ich schüttelte den Kopf. „Nicht so schnell! Ich will erst die Details!"
„Ist doch eigentlich eine simple Geschichte. Wir tun so, als wären wir zusammen, damit meine Mutter endlich mal runterkommt."
Ich rollte mit den Augen. Soweit waren wir schon. „Flo, das muss glaubhaft sein. Das weißt du schon, oder?"
„Schon klar!" Er trommelte nervös mit den Fingerknöcheln gegen den Rand des Waschbeckens und legte die Stirn in Falten. Das sah wirklich süß aus.
Ich warf einen Blick aus dem Fenster. Raffa harkte vor dem Fenster Blätter zusammen. Mit einem tiefen Seufzen trat ich auf ihn zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Raffa neugierig zu uns hereinspähte. Zuckersüß lächelnd hob ich die Hände und richtete ihm den Kragen, während ich ihm tief in die blauen Augen sah. Die waren fast so blau wie Sahras.
„Was wird das?"
„Der Anfang. Wir streuen hier sozusagen gerade die Saat." Mit den Augen deutete ich in Raffas Richtung. „Die Pfleger sind doch immer die Ersten, die was mitbekommen."
„War das gerade ein Ja?"
„Vielleicht. Und vielleicht habe ich auch noch eine kleine Bedingung." Ich pokerte echt verdammt hoch. Tief holte ich Luft. „Du bringst Sahra das Reiten bei."
Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen. Dann nickte er langsam. „Ok. Wir haben noch Ulfi, der freut sich, wenn er wieder eine Aufgabe hat."
Am liebsten hätte ich vor Freude gequietscht. So einfach konnte ich meiner Tochter also ihren Wunsch erfüllen und dann auch noch auf einem Lehrmeister seinesgleichen! Ulfi hatte Flo ausgebildet und Bille war ihn bis zu den Europameisterschaften der Ponyreiter geritten. Besser ging es wohl kaum!
„Ist das alles?", fragte Flo angespannt. Ich hatte meine Hände noch nicht von seinem Kragen genommen und ihm wieder in die Augen gesehen.
Grinsend nickte ich. „Und jetzt setzen wir dem Ganzen die Krone auf!"
Ich konnte fühlen, wie Flo den Atem anhielt, als ich mich steckt und ihm einen Kuss auf die Wange drückte, der vom Fenster aus locker ausgesehen haben musste, als hätte ich ihn wirklich geküsst.
„So, ich muss jetzt los! Ich habe zwei Wochen Kündigungsfrist, aber kann an den Wochenenden schon anfangen. Schreib mir einfach." Damit marschierte ich aus der Tür und spürte noch seinen überrumpelten Blick in meinem Rücken.
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