Kapitel 7
Am Montag war ich allein zum Gestüt. Sahra war im Kindergarten und ich hatte von Zahyd spontan freibekommen.
Schon als ich um die Kurve war, kam mir Bille entgegen. Überrascht blieb sie stehen. Ihre dunkelblonden Haare trug sie in einem Pferdeschwanz, der ihr bis zur Schulter ging und sah wie immer viel zu dürr in ihren grauen Reithosen aus.
„Jana!", rief sie und trabte mir entgegen. „Wow! Ich dachte, Flo hätte sich dich nur eingebildet."
Ich schmunzelte. Sie hatte sich kein bisschen verändert. „Schön, dich zu sehen!"
„Und wie. Du siehst richtig gut aus! Wie läuft das Studium?"
„Alles gut. Ich habe gehört, du hast einen neuen Freund?"
„Nee, das geht schon länger. Hat Flo dir das erzählt? Er nimmt es mir immer noch krumm, dass ich kaum Zuhause bin und er deswegen immer der Notfallkontakt ist, wenn etwas ist." Sie kicherte und die Grübchen auf ihren Wangen traten hervor. „Komm" Sie fasste mich am Arm. „Mama, wird sich so freuen, dich zu sehen!"
Helene Morgenstern stand im Garten, als wir um die Ecke des Hauses bogen. Mitten auf einer Yogamatte und streckte die Arme grazil gegen Himmel. Die Vögel zwitscherten und ich war für den ersten Moment total fasziniert von den vielen sehr gepflegten Rosen und allerlei anderem Grünzeug.
„Schau mal, wen ich gerade gefunden habe." Bille legte stolz einen Arm um mich, als wenn ich eine Trophäe wäre.
Sofort hielt Helene in ihren Bewegungen inne und wandte den Kopf zu uns, nur um dann von der Matte zu springen und mich ganz fest in ihre Arme zu nehmen. Sie roch noch wie früher, auch wenn sie seitdem eindeutig einiges abgenommen hatte. Das Leben hier draußen schien ihr gutzutun.
„Lass dich mal ansehen!" Sie nahm mein Gesicht zwischen die Hände und seufzte. „Genauso hübsch wie früher! Ach, was haben wir dich vermisst!"
„Ich euch auch." Eigentlich müsste ich mich jetzt entschuldigen, dass ich mich nie gemeldet hatte, aber dazu gab sie gar keine Chance.
„Ich habe mich so gefreut, als Flo sagte, er hätte dich getroffen. Das kannst du dir nicht vorstellen! Ist das toll!" Verzückt lächelte sie und ließ mich langsam los. „Frederik! Frederik, komm mal! Du glaubst nicht, wer da ist!"
Nur Minuten später stand auch Frederik Morgenstern im Türrahmen der geöffneten Terrassentür und strahlte mich an. „Nee, wenn das nicht unsere Jana ist! Wo warst du, Mädchen?"
„Äh ... mit dem Studium sehr beschäftigt." Eine bessere Ausrede fiel mir nicht ein.
„Immer noch Tiermedizin?"
Ich nickte. „Ich bin hier an die Uni gewechselt."
„Schön! Sehr schön! Hat man eine Chance, dich als Bereiterin gewinnen zu können?"
Ich lachte. „Das hat Flo mir Donnerstag auch schon angeboten."
„Natürlich war er schneller als ich!" Frederik wies nach innen. „Willst du was trinken?"
„Nein. Ich wollte eigentlich zu Flo." Ich musste einfach die Details wissen, bevor ich Ja sagte.
„Du, der ist gerade noch unterwegs." Helene hakte sich bei mir unter. „Da können wir doch nun wirklich gemütlich einen Kaffee trinken!"
Hilfesuchend sah ich zu Bille, aber die grinste nur in sich hinein. Na, danke auch. Mit Helene Kaffee trinken konnte Stunden dauern und ich musste um zwölf Sahra vom Kindergarten abholen.
„Flo sagte, du wohnst hier in der Nähe?", fragte Helene, während sie mich zum Gartentisch führte.
„Ja, äh ... Ich kann ja nicht ewig bei meinen Eltern wohnen."
„Frederik, machst du mal ne Kanne Kaffee und bring die Milch mit!", wandte sich da Helene schon an ihren Mann, bevor sie mich auf einen der Gartenstühle drückte.
Sie setzte sich mir gegenüber und strahlte wieder. „Ach, das ist doch schön! Du, der Flo hat sich so gefreut, dich getroffen zu haben!"
„Ich fand es auch schön, ihn mal wieder zu treffen." Die Röte stieg mir in die Wangen.
„Ihr wart ja auch so toll befreundet!" Wobei sie befreundet auffällig betonte und verträumt den Kopf aufstützte. „Es war wirklich so schade, als ihr keinen Kontakt mehr hattet."
Ich presste die Lippen zusammen und nickte angespannt.
„Aber da war jetzt nichts zwischen euch, oder?"
„Nein! Nein, auf keinen Fall!" Da war eher Torben gewesen, dieses One night stand und mein Leben danach ein Scherbenhaufen. „Zwischen uns war immer alles ok."
„Na dann." Helene lehnte sich in den weichen, blau-weiß gestreiften Polstern zurück. „Kannst du mir vielleicht sagen, was mit ihm ist?"
„Was soll denn mit ihm sein?"
Frederik stellte zwei Tassen, die Packung Milch und eine Kanne Kaffee auf den Tisch und verließ uns sofort wieder, dass ich keine Chance hatte, mich zu bedanken.
Sie seufzte und lehnte sich vor, als würde sie mir das im Vertrauen erzählen. „Seit Monaten setzte ich ihm die schönsten Frauen vor. Eine schöner als die andere, sehr nett, gut erzogen. Du verstehst schon, aber er weist sie alle ab! Das geht doch so nicht! Der Junge muss doch mal von der Straße! Hat er dir gegenüber mal was angedeutet?"
Ich verschluckte mich. „Äh ... ähm ... Nein! Nein."
Sie verzog säuerlich das Gesicht. „Was soll das denn! Ist denn keine gut genug für ihn?"
Ich griff nach meiner Kaffeetasse und goss erst ihr und dann mir großzügig ein. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit!
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