Kapitel 24



Finneagan

„Finn. Warte." Evans Stimme hallt im Korridor wieder, genau wie ihre Schritte.

Ich habe die Halle auf dem Absatz verlassen. Ich habe keine Luft mehr bekommen. Bekomme ich immer noch nicht. Ich muss raus hier, raus aus dem Schloss.

Und doch bleibe ich stehen. Ich kann nicht anders. Ihre Stimme hält mich fest, sorgt dafür, dass etwas in mir ganz ruhig wird. Sie schließt zu mir auf, schlingt ihre Arme von hinten um mich und lehnt ihren Kopf seitlich gegen meinen Oberarm. „Das sind Idioten..."

„Ich weiß", höre ich mich sagen und lege ganz automatisch meine Hände auf ihre, die auf meinem Bauch liegen. „Aber sie haben auch Recht.", sage ich mechanisch, "Sie werden das nicht verstehen. Die Slytherins werden glauben, dass ich mich gegen unsere Haus-Ehre entschieden habe und-" Ich breche ab, als ich merke, dass Rory mich langsam zu sich herumdreht. Ich wehre mich nicht dagegen. Ich will mich nicht wehren.

„Du hast dich für die Schul-Ehre entschieden."

„Für, gegen, ist doch egal..." Ich widerstehe dem Drang, die Augen zu verdrehen. Mir geht dieser ganze Haus-Wettkampf mittlerweile ohnehin ganz schön auf den Sack. Schon damals, als Gryff noch da war, hat mich das wahnsinnig gestresst. Ich will nicht in diesem irrsinnigen Vergleich mit meiner Schwester und meinen Freunden stehen müssen. Aber ich bin zu ehrgeizig, um mich von sowas nicht mitziehen zu lassen, wenn die Masse an mir zieht und zerrt.

„Finn", sagt sie fest. „Du hast dich entschieden. Nicht gegen. Sondern für. Es ist dir nicht egal." Sie sieht mich an. „Du hast dich für die Schule entschieden."

„Und für dich", füge ich leise hinzu und sehe sie an. „Er hat dich Schlammblut genannt."

Rory schweigt und presst die Lippen aufeinander. Sie sieht aus, als hätte man - ich - ihr einen Eimer kaltes Wasser über geschüttet. „Ich bin kein-" Sie sieht total angewidert aus. Und blass. Sehr blass. „Dass es diesen Ausdruck überhaupt noch gibt."

„Manners Großvater war ein Todesser." Ich sehe den Korridor hinunter Richtung Halle und weiß nicht so Recht, warum sie so reagiert. Warum ich es überhaupt anspreche. „Rory, du-" Aber mehr bekomme ich nicht heraus. Der alte Ausdruck der Beleidigung rührt etwas in ihr an, das ist offensichtlich. Er verletzt sie.

„Finn..." Sie schließt die Augen. „Als mein Bruder verschwand..." Ich sehe, wie sie schluckt. „Mein Vater ist ein Muggel. Und... als Collin verschwand... In den USA ist die Zaubereigemeinschaft nicht so... liberal... wie hier, was das Zusammenleben von Zauberern und Muggeln angeht."

Scheiße. Ich weiß sofort, auf was sie anspielt. Wir haben im letzten Schuljahr über die amerikanische Zauberergemeinschaft gesprochen und in diesem Zusammenhang auch über das Rappaportgesetz.

Wir sitzen auf einer der Treppen, als sie mir von den Wochen nach Collins Verschwinden erzählt. Von den Befragungen durch den Geheimdienst des MACUSA. Von den versteckten Drohungen gegen ihre Eltern und die Entscheidung, dann letztlich die USA zu verlassen.

„Ich will nicht wissen, wie das damals war", flüstert sie. „Als Du-weißt-schon-wer noch da war. Als sie Muggelstämmige und Halbblüter wie mich verfolgt haben." Sie schluckt und legt mir unvermittelt die Hand aufs Knie. „Danke." Sie sieht mich an. „Danke, dass du all das zu diesen beiden Trollen gesagt hast. Du bist..." Sie seufzt. "-toll."

Ich halte ihrem Blick stand, auch wenn ich den Kloß in meiner Kehle mit viel Kraft hinunterschlucken muss. „Das hättest du im September auch nicht geglaubt, oder? Dass du das mal zu mir sagst?"

Sie lächelt, legt mir die Hand an die Wange und küsst mich sanft. „Ruh dich nicht darauf aus, McDou."

Ich schmecke ihrem Kuss nach und seufze leise. „Ich werde es versuchen..."

Sie hält inne und schweigt einen Augenblick. „Wo wolltest du eigentlich hin?", fragt sie dann.

„Raus. Hab keine Luft mehr bekommen."

Sie nickt. „Panikattacke?"

Sie stellt die Frage mit Bedacht und ich lausche dem Wort nach. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob das eine war. Ob es eine geworden wäre, wenn sie nicht gekommen wäre. Ich hatte das Rauschen im Ohr, keine Luft, ein rasendes Herz. Und am Ende sitze ich jetzt hier, neben ihr, mit klarem Kopf und klarem Verstand. Kein Rauschen mehr im Ohr, mein Puls geht normal. Und mein Kragen ist mir nicht mehr zu eng.

Stattdessen mache ich mir Sorgen um sie.

Der Drang, sie zu küssen, nimmt zu. Ich will nicht über Panikattacken sprechen. „Du wirst dir Sorgen machen, wenn ich dir nicht antworte, oder?"

Sie lächelt vage. „Man kennt sich, Holzkopf."

„Dann muss ich dir auch nicht antworten..."

„Geht's dir besser?"

Ich nicke, greife ihre Hand und drücke einen Kuss auf ihren Handrücken. „Alles okay."

„Sicher?"

Ich nicke. „Aber schön wird das in den nächsten Tagen nicht. Mit den Idioten."

Sie beugt sich zu mir und küsst mich erneut. „Das bekommen wir hin. Zusammen. Lauf nur nicht weg."

„Ich wollte nicht weglaufen. Ich wollte nur Luft holen." Ich lächle vorsichtig, während ich die Worte umständlich betone, damit sie merkt, dass ich wirklich nicht weglaufen wollte. nicht weglaufen. Nur Luft holen. Auch wenn wir beide wissen, dass es nicht stimmt. Ich erwidere ihren Kuss. Das hier könnte ich den ganzen Tag lang tun. Mit ihr irgendwo herumlungern und sie küssen. Mehr brauche ich im Moment gar nicht, um klar zu kommen. Um diese Panikwellen zurückzudrängen, die zum Glück immer seltener werden, je häufiger ich Evans um mich habe. Sie wirkt wie ein Schutzschild auf mich ein. Wie Balsam oder eine sehr gutaussehende, süß-schmeckende Medizin.

........

Naa, alle schon besinnlich oder noch im Vorweihnachtsstress?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top