Kapitel 23
Das erste Training verläuft eher mäßig. Auf einer Skala von 1 bis 10 (wobei 10 ein perfektes Training wäre) würde ich dem Training heute eine 2 geben – maximal. Der Lärm der neugierigen Zuschauer dringt permanent zu uns durch und setzt uns unter Druck. Finn hat sich zudem ein richtig ordentliches Veilchen geschlagen und sein linkes Auge schwillt zusehends zu. Er hält kaum einen Quaffel, weil sein Auge quasi blind ist. Zum Glück muss er niemandem etwas beweisen, Fawley ist ja die Nummer 1.
Fawley selbst ist... Naja, sagen wir es so: Wenn er wirklich Hogwarts bester Hüter ist, wird es eine echte Herausforderung, dieses Schulturnier zu gewinnen. Er ist allerhöchstens okay. Das ist meine objektivexMeinung nach zwei Stunden desolaten Trainings.
Wir werfen am Ende Strafschüsse aufs Tor und er hält kaum einen. „War noch nie meine Stärke", rechtfertigt er sich angespannt und ich kann das nicht fassen.
Aus den Augenwinkeln sehe ich Finns Reaktion darauf. Es ist ein unterdrücktes Husten, während er sich ein Kühlpack aufs Auge drückt. Und ich verstehe es auch. Ein Hüter muss doch in der Lage sein, einen Strafwurf zu halten! Sind in den drei Ligaspielen, in denen Fawley eingesetzt war denn keine ausgeteilt worden?
„Nein", sagt Finn, als ich ihn genau das hinter vorgehaltener Hand frage, „Es gab dieser Saison kaum Verwarnungen. Ich erinnere mich an drei. Zwei davon waren in unserem Spiel. Eine, als wir gegen Gryffindor gespielt haben."
Ja... und zum Schluss im Training schafft es Atticus, sich mit seinem eigenen Klatscher k.o. zu schlagen, indem er den gegen die Balustrade pfeffert, der Ball abprallt und ihn selbst vom Besen haut. Madam Hooch ist so stinkig darüber, dass sie kurz davor ist, ihn für immer vom Feld zu schicken und ihm lebenslangs Spielverbot zu erteilen.
Außerdem hat es Dom Manners noch nicht kapiert, dass der Hauspokal vorbei ist und wir seit heute ein Team sind. Er drischt dermaßen heftig auf den Klatscher ein, dass er Sander und Mimi gleich zweimal vom Besen schlägt. Top Voraussetzungen, um harmonisch miteinander auszukommen.
Am Ende des zweistündigen Trainings ist Hooch sauer und jeder von uns schweißgebadet und gefrustet. Hooch erzählt etwas von „dringend nötigem Teambuilding" und rauscht dann davon.
„Team-Building, pah!" Dom Manners rollt die Augen. „Schwachsinn. Brauch ich nicht. Ich weiß, wie man den Klatscher schlägt und fertig."
„Alter, du sollst nicht uns vom Besen knüppeln!" Sander schüttelt den Kopf und ich befürchte, dass es gleich hitzig wird. Atti kann immer noch nicht richtig geradeaus schauen.
Mein Blick wandert zu Finn, der sich müde die gestern verletzte Schulter reibt und sich ein neues Kühlpack auf das Auge packt. Ich habe keine Ahnung, ob er das Gleiche denkt wie ich, aber er grinst plötzlich und sagt: „Ich geb dem Ravenclaw ungern recht, aber das solltest du jetzt wirklich bleiben lassen, Dom."
„Ich hau vom Besen, wen ich will. Und was willst du eigentlich, Sly? Du spielst ja noch nicht mal! Du bist nur zweite Wahl. Zu recht: schlägst dich selbst k.o.!"
Finn hebt eine Augenbraue. „Danke."
„Dann fliegst du vermutlich aus der Mannschaft", sage ich statt Finn und verschränke die Arme vor der Brust.
„Das hast du nicht zu entscheiden, Horror-Irre!"
Finn verspannt sich, doch ich werfe ihm einen warnenden Seitenblick zu. „Nee, aber McG. Und die will das Turnier gewinnen. Also reißt euch alle mal am Riemen."
Manners schnaubt affektiert und verlässt geladen die Umkleide. „Arschloch", sagt Mimi leise und ich höre Atti leise lachen.
„Er ist eben... kantig." Finn zuckt mit den Schultern. „Aber ein guter Treiber." Damit streift er sich das T-Shirt über den Kopf und Mimi und Sally halten - wie auch ich – die Luft an. „Ich geh duschen. Mädels, ihr denkt euch so ein Gruppen-Kuscheln aus, wenn Hooch daraufbesteht", bestimmt er und verschwindet Richtung Dusche.
Mimi sitzt Minuten später noch immer desillusioniert auf der Bank in der Hufflepuff-Umkleide und starrt auf den polierten Boden. „Das war echt..."
„Scheiße?" Cassie reibt sich ihren Oberarm und stöhnt. „Hey, dieser Manners hat einen Klatscher an der Klatsche."
Ich verkneife mir das Grinsen wegen des Wortspiels. Manners war total im Beast-Mode.
„Und was war eigentlich mit Fawley los?", fragt Mimi. „Der hat noch nie so mies gespielt."
„Tja..." Ich zucke mit den Schultern und verkneife mir den Blick zur Dusche. Von dort hört man nur Gemurre. Die Stimmung ist tatsächlich am Boden.
„Habt ihr eine Idee, was das Team-Building angeht?", fragt Mimi.
„Willst du dir wirklich was ausdenken?", frage ich und schäle mich aus meiner Ausrüstung.
„Hat Sly doch gesagt."
„Ja, der hat aber auch ein Gehirn. Er kann es sogar benutzen, stell dir vor." Ich grinse breit. „Er ist nämlich entgegen der landläufigen Meinung nicht blöd."
„Das weiß ich", Mimi seufzt entzückt. „Habt ihr diesen Körper gesehen?"
„Das hat jetzt was genau mit seiner kognitiven Leistungsfähigkeit zu tun?", frage ich spitz nach und blinzle. Aber sie hat Recht: Ich habe diesen Oberkörper auch gesehen – und auch den beeindruckenden schwarzlila Bluterguss an seiner Schulter, wo Henry Morrisons Klatscher ihn gestern erwischt hat. Die Prellung muss wirklich wehtun. Aber daran verschwendet zumindest Mimi keinen Gedanken.
Mimi wird rot. „Nichts. Man kann ihn sich nur eben auch gut anschauen. Ich frage mich, wie die Slytherin-Mädels nach jedem Training mit ihm in der Umkleide aushalten, ohne-"
„Mimi!" Ich rolle mit den Augen und versuche, nicht knallrot zu werden. Ich lehne mich gegen die Wand und bin darauf bedacht, meine Gedanken zu beruhigen - und lenke ab. „Wie lange haben wir, bis das Turnier beginnt?"
„Vier Wochen, bis die Mannschaften kommen." Cassie streckt ihre Beine aus und gähnt. „Bis dahin sollten wir doch eigentlich eine Mannschaft formiert bekommen, oder?"
Sollten wir. Eigentlich.
Ich hoffe, dass sie Recht behält.
Nach dem Training müssen wir tatsächlich alle in den Unterricht. Es ist seltsam, nach dem Sieg im Quidditch-Pokal und dieser ausschweifenden Party gestern jetzt im Unterricht zu sitzen, und als ehemalige Horror-Irre für dieses Spiel gestern immer noch gefeiert zu werden.
Schüler, die vor Monaten hinter meinem Rück getuschelt haben, gratulieren mir jetzt offen zu meiner Glanzleistung gestern und zur Nominierung zur Hausmannschaft. Sie sonnen sich in meinen fünf Minuten des Ruhms.
Als ob ich das Getuschel vergessen hätte.
Immerhin sind die Lehrer uns Spielern gegenüber heute gnädig und erlassen uns die Hausaufgaben. Am erleichtersten darüber scheint Finn zu sein. Ich hatte nach dem Training keine Gelegenheit mehr, mit ihm zu sprechen und auch zwischen dem Unterricht ergibt es sich nicht. Er ist stets von seinem üblichen Gefolge umringt, aber nach Zaubertränke passt er Vi ab. „Kannst du mir deine Aufzeichnung von Zaubereigeschichte geben, Vivi?"
„Ihr habt nichts auf", sagt sie.
„Ja, weiß ich." Er steckt die Hände in die Hosentaschen und sein Blick wandert kurz – viel zu kurz - zu mir. Er verkneift sich ein Lächeln, das sehe ich, was irgendwie sehr niedlich ist. „Deine Notizen versteh ich besser als diesen Text in Neuere Zaubereigeschichte, den ihr lesen sollt."
„Ihr", sie betont das Wort deutlicher als zuvor, „habt nichts auf, Finni."
„Ja, weiß ich", gibt er genervt zurück. „Und wir beide wissen, dass ich spätestens morgen dann bis nachts in der Bib sitze, weil ich die Lücke schließen muss."
Vi sieht zu mir und seufzt. Dann kramt sie in ihrer Tasche und steckt Finn ihre Aufzeichnungen zu – und er mir hinter ihrem Rücken einen zusammengeknäulten Zettel. Mein Herz macht einen Satz, während er genervt davon geht.
„Er ist so ein Streber, ey...", sagt sie, während wir -ohne ihn - zum Mittagessen gehen. An uns vorbei eilen jüngere Schülerinnen und Schüler, die mir alle zur Nominierung graulieren und sich dabei fast überschlagen, wie großartig ich bin. „Bei Dumbledore, ich hasse Schüler." Sie rollt die Augen. „Dieses Geschleime. Dieser Tratsch."
Ich rutsche auf die Bank auf unseren Stammplatz, sondiere die Auswahl auf dem Tisch und schöpfe mir Brokkoli-Suppe auf den Teller und schaue sie ein wenig irritiert an. „Entschuldigen Sie, Miss McDougal, waren Sie es nicht, die mich heute früh auf das jüngste Getratsche festnageln wollte?"
Vi blinzelt irritiert, weil sie offensichtlich keine Ahnung hat, auf was ich anspiele.
„Ach, komm schon: Sander und Olly haben dir erzählt, sie hätten gesehen, dass Peeves gehört hätte, dass-" Ich verziehe den Mund zu einer Grimasse. „Du tratschst genauso wie alle anderen. Fass dir mal an die eigene Nase."
„Das ist was anderes."
„Warum? Weil es um deinen Bruder geht?" Ich lache trocken.
„Genau."
„Auch der hat Privatsphäre verdient." Ich grinse. „Gerade weil er dein Bruder ist."
Vi mustert mich gründlich. „Du wirst wieder rot."
„Werde ich nicht." Werde ich doch, ich spüre förmlich, wie mir das Blut in die Wangen läuft. Verdammt.
Vi räuspert sich und beugt sich zu mir. „Okay, Aurora Evans. Dann erzähle ich dir jetzt, was ich weiß, ohne dass es mir jemand erzählt hat: Er hat dich geküsst. Und es war ein guter Kuss. Ein richtig guter Kuss. Und danach hat er es versaut, und zwar so richtig. Weil er dir Dinge erzählt hat, die er sonst noch nicht mal – literally – unserer Mum erzählen würde. Und gestern hat er es wieder versaut. Und dann... hat er es zum Glück nicht nochmal versaut." Sie grinst mich breit an. „Wie war ich?"
Mir klappt der Mund auf. „Erstaunlich gut."
„Ach, Schätzchen. Wir sind Zwillinge..." Sie tätschelt mir den Arm. „Er glaubt immer, dass ich diese Dinge a) nicht weiß und b) nicht aus ihm rauskriege. Er ist immer so niedlich, wenn er das denkt."
Ich blinzele. „Er hat dir das alles erzählt?"
„Rory... er ist total verknallt. Über beide Ohren. Er muss mir das nicht erzählen, damit ich aus seinem Gestammel und Gestottere schlau werde. " Sie lächelt. „Keine Angst, ich erzähl das schon nicht rum."
„Er ist nicht über beide Ohren-", setze ich an und tauche meinen Löffel in die Suppe ein. Dann fällt mir der zerknäulte Zettel ein, den er mir nach Zaubertränke zugesteckt hat.
.......
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Brauche das heute einfach... ein bisschen 💕🙃
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