Kapitel 14
Jessica wirft die Tür laut zu und schnaubt. „Was sollte das? Was wollte der hier? Das war auf so vielen verschiedenen Wegen falsch!"
Jetzt rührt sich Violett und stöhnt leise, während sie sich unter ihrer Decke räkelt.
„Entspann dich mal." Um ehrlich zu sein, verstehe ich Jessis Problem nicht. Sicher: Ich hätte mir jetzt McDou nicht ausgesucht, um morgens als erstes in sein Gesicht zu gucken (schon gar nicht, nachdem er gestern so reizend war), aber sie übertreibt. Maßlos.
„Er ist ein Junge!"
„Um was geht es?", fragt Vi verschlafen.
„Er hat im Mädchenschlafsaal nichts zu suchen! Außerdem ist er ein Slytherin!"
„Wooh!" Vi sitzt mit einem Mal senkrecht im Bett. „Er ist immer noch mein Bruder!"
„Und bei Olly sagt auch keiner was, wenn er hier mit Sandy rumknutscht", murmle ich halblaut.
„Ein Slytherin, Vi!"
„Mein. Bruder!", zischt sie. „Ich werfe ihn garantiert nicht raus, wenn er nachts hier steht!"
„Wie kommt er eigentlich hier rein?", fragt Jessi aufgebracht und ich sehe heimlich zu Sandy, die immer noch leise vor sich hin schnarcht.
„Durch die Tür", schnaubt Vi.
„Und wie kommt er an dem Adlerknauf vorbei?! Der stellt seine Rätsel nur für uns Ravenclaws! Der soll uns schützen!"
Vi starrt sie sprachlos an. „Sag mal, drehst du gerade durch? Die Tür stellt jedem die bescheuerten Fragen. Du kannst auch einen Gnom aus dem Garten davorstellen, nur wird der die Frage nicht beantworten können."
„Das heißt, jeder kann einfach so zu uns in den Gemeinschaftsturm marschieren?" Jessica wird blass.
„Wenn du die Antwort kennst." Vi ist total genervt, während Jessi vollkommen hysterisch aussieht.
Ich verstehe das Problem immer noch nicht. Gestern Abend war sie total beschwipst von der Party nach Hause gewankt und es war kein Problem, als Clinton Fanning hier reingestolpert kam und es sich auf Vis Bett bequem gemacht hat.
Was ist jetzt das Problem mit Sly?
Jessi schnaubt, dann knallt die Tür erneut und sie ist verschwunden.
„Was zum...", murmele ich und Vi schüttelt nur den Kopf.
„Ich habe keine Ahnung", sagt sie.
„Vielleicht ist ihr Clintons Liebesgeständnis zu Kopf gestiegen." Ich zucke mit den Schultern. „Oder der Elfenwein."
Vi sieht mich an. „Clintons was?"
Ich rolle die Augen. „Du hast eine Menge verpasst, während ich versucht habe zu schlafen." Da fällt mir auf: „Wo warst du eigentlich die halbe Nacht lang?" Bei McDougal war sie offensichtlich nicht.
Vi öffnet und schließt den Mund. „Lernen", sagt sie hastig.
„Am Halloween-Abend. Nachts."
„Ich will eben nicht in Verzug kommen."
Jetzt erzählt sie mir was vom Einhorn. Sie ist die Jahrgangsbeste. Sie könnte einen Monat fehlen und wäre uns immer noch voraus. „Sicher."
„Du glaubst mir nicht."
„Würdest du mir denn glauben?", frage ich zurück und rutsche aus dem Bett.
Vis Schweigen ist Antwort genug.
Der Rest des Sonntags tröpfelt dahin. Jessi bekommen wir nicht mehr zu Gesicht und auch Vi äußert sich nicht mehr, wo sie letzte Nacht gesteckt hat.
McDougals versteckter Einladung, mit ihm Fliegen zu gehen, komme ich auh nicht nach, auch wenn ich ab elf immer wieder aus dem Fenster schaue, als ob ich das Quidditch-Feld sehen könnte - was ich nicht kann.
Trotzdem kribbeln meine Finger. Aber das wird später auch nicht besser.
Beim Mittagessen kommt die Post. An die Hundert Eulen und Uhus schweben in die Große Halle und werfen vor den Schülern ihre Briefe ab und auch vor Vi landet eine Schleiereule, die ihr mit strengem Blick ein Bein hinhält.
Aber deswegen kribbeln meine Finger nicht. Das passiert wegen des entsetzlichen Lärms, der zeitgleich aus dem Korridor vor der Großen Halle kommt. Dazu tönt ein Schrei „Evans!" quer durch die Halle und ich fahre in mir zusammen, als Professor Trewalaney, die Lehrerin für Astrologie, mit ihrer riesigen Brille ihren Kopf durch das Portal streckt. „Rory Evans?!" Sie sieht mit dieser Brille und den wallenden Gewändern aus wie ein gewaltiges Insekt.
„Was hast du gemacht?", fragt mich Olly über den Tisch hinweg. „Hast du im Unterricht wieder Mist gezaubert?"
Ich habe keine Ahnung. „Es ist Sonntag, Olly." Ich schiebe mir noch einen Rest Roastbeef in den Mund und stehe dann auf.
Trewlaney steht aufgeregt in der Türschwelle. „Sie sind Evans?", fragt sie flatterhaft und nimmt mich grob am Arm, nachdem ich genickt habe. Sie eilt mit mir nach rechts in den Korridor und dort sehe ich ein zerschlagenes Fenster, zwei zerzauste Uhus und ein sperriges, in Packpapier geschlagenes Paket, das verkeilt im Fensterrahmen steckt. Darauf steht mit krakeliger Schrift mein Name geschrieben.
„Was zum-"
Ich starre auf die Uhus, die sich gegenseitig Glassplitter mit dem Schnabel aus dem Gefieder zupfen, und dann auf das Paket, das zwischen Fensterrahmen und einer halb umgekippten Rüstung klemmt.
„Was haben sie sich da schicken lassen?"
„Nichts!"
„Wie nichts sieht das nicht aus, Evans!", faucht Trewlaney.
„Ich schwöre, Professor, ich habe mir gar nichts schicken lassen. Ich habe keine Ahnung, was das ist!" Ich sehe wieder zu dem Paket. Das Paket ist riesig. Bestimmt zwei Meter lang und hat einen Durchmesser von sicher 80 Zentimetern.
„Sollen wir die Schulleiterin holen, um das zu klären?!"
„Um was zu klären?"
Fuck.
Die strenge Stimme von McGonagall lässt uns beide zusammenzucken. „Was ist hier los?"
„Miss Evans hat sich verbotenerweise Scherzartikel schicken lassen!", mutmaßt Trewlaney.
„Das stimmt nicht! Ich habe mir überhaupt nichts schicken lassen! Schon gar keine Scherzartikel!"
McG schiebt sich bereits an uns vorbei und hantiert am Fenster herum, um das verkeilte Paket hereinzubekommen. „Wo ist eigentlich dieser Tunichtgut von Filch, wenn man ihn einmal braucht?", murmelt sie in sich hinein. Laut quietschend löst sich die Rüstung, als McGonagall das Paket in den Korridor hievt, und das Metall kracht scheppernd auf den Boden. Die beiden Uhus fliegen aufgeregt in die Luft, der kleinere fliegt gegen Trewlaney, die kreischend auf den Boden fällt.
„Sibyll, bitte!", sagt McGonagall gelangweilt. „Es ist nur ein Vogel!"
Aber die schreiende Lehrerin bekommt sich kaum noch ein. Sofort eilen einige Schüler aus der Großen Halle herbei und verrenken sich die Hälse, um zu sehen, was hier passiert.
„Weasley, Potter!", ruft McGonagall, und zwei Mädchen lösen sich kichernd aus der Menge. „Kümmern Sie sich bitte um Professor Trewlaney!" Dann hebt sie ihren Zauberstab, sagt sehr würdevoll: „Reparo" und an mich gewandt: „Evans, mitkommen" und marschiert mit dem Paket und dem Arm in Richtung Klassenräume davon.
Wer findet die Frage jetzt?
Oder seid ihr vom Ablenkungsmanöver zu abgelenkt ?😇😎
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