17. Dezember - Tote Gehirne
Es war ein schöner Tag, als sie kamen.
Die Sonne schien stark auf die junge Svargamana ein, die die Strahlen beinahe einsog. Sie liebte die Wärme, da es eine der wenigen Gefühle war, die sie gut spüren konnte. Ihre Eltern hatten ihr immer erzählt, dass sie eine seltene Mutation besaß, die dafür sorgte, dass sie stärker war und weniger fühlte.
Svarga, so kürzte das Mädchen gerne ihren Namen ab, hasste es. Die Erwachsenen schienen es zwar als Segen zu sehen, aber die Kleine dachte dabei eher an einen Fluch. Es stimmte zwar, dass sie noch nie krank gewesen war und sich auch noch nie verletzt hatte, aber manchmal war sie so neugierig darauf, wie es wohl wäre irgendetwas anderes als Wärme zu spüren, dass sie komplett verrückt wurde.
Das Mädchen stand auf und lief am Rande des großen Teiches entlang, der sich neben dem großen Haus erstreckte. Sie hob ihre nackten Füße behutsam an und senkte sie mit höchster Konzentration Richtung Wasser.
Was bedeutete es, das Wasser zu fühlen? Eine Kälte, was noch?
Svarga wusste es nicht und konnte es sich auch überhaupt nicht vorstellen. Sie fluchte laut ihre Eltern und trat einen Stein mit aller Kraft. Das Projektil wurde etliche Meter weit katapultiert und versank mit einem lauten Geräusch im Wasser.
Wut begann sich in ihr aufzubauen. Diese Erwachsenen, die sich ihre Eltern nannten, waren Psychopaten. Sie konnte es sich nicht anders erklären. Schließlich hatten die beiden ihre Tochter von der Außenwelt komplett abgeschnitten und ihr auch noch einen Namen gegeben, der "Tod" bedeutete.
Sie spürte, wie ihre Wut weiter in ihr aufstieg. Sie trottete schnell ins Haus, um zu versuchen sich abzulenken. Doch ihre Gedanken waren komplett chaotisch und negativ. Sie wollte einfach nur alles vor sich zerreißen, vielleicht auch ihren eigenen Körper. Würde sie dabei etwas spüren?
Doch sie kontrollierte sich wieder und beschloss in die Küche zu gehen, um sich ein Glas Wasser zu holen.
Als sie gerade das geschmacklose Getränk hinunterschluckte merkte sie verägert, dass sie die falsche Flasche ergriffen hatte. Svarga konnte es einfach nicht glauben, dass sie schon wieder aus Versehen Putzmittel getrunken hatte. Sie wollte gerade die richtige Flasche greifen, um aus Gewohnheit zu trinken, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte.
Erschrocken sprang das Mädchen flink hinter die Tür und lauschte aufmerksam. Sie hörte leise Schritte. So unauffällig, dass sie diese beinahe nicht wahrnehmen konnte und dabei hatte sie schon ein viel besseres Gehör als ihre Eltern.
Das Mädchen lugte vorsichtig durch den Spalt zwischen Tür und Wand hindurch und erkannte drei weibliche Gestalten. Eine schien mittleren Alters zu sein und die anderen zwei sahen aus, als wären sie über 60. Doch das seltsame war, dass sie an manchen Stellen bläulich schimmerten und komische Objekte in den Händen trugen, die wie futuristische Gewehre aussahen.
"Seid ihr euch sicher, dass sie hier ist?", flüsterte die Jüngere und eine der beiden älteren Frauen, mit einem bläulich metallischen Aufsatz auf dem Kopf nickte.
"Geht ihr die Treppen hoch zusammen mit Truppe 461 und 3789, ich schaue mich hier unten um.", sprach die andere Alte, die etwas Bläuliches auf der Brust trug.
Svargas Instinkte schienen einzukicken. Sie wusste überhaupt nicht warum, aber sie hatte keine Angst. Sie fühlte, als wolle sie alle möglichen Informationen aus dieser Gruppe herausdrücken zu wollen. Doch gleichzeitig ahnte sie, dass die Soldatinnen mit dem Auftrag gekommen waren, Svarga zu töten.
Die beiden Anführerinnen der Truppen waren bereits im Treppenhaus verschwunden und die Alte mit der blauen Brust begann ihre Suche auf dem Erdgeschoss.
Jetzt da das Mädchen die Einbrecherin so sah, brodelte ein unwiderstehlicher Jagdinstinkt in ihr auf. Sie spürte, dass sie durch die Auftrennung eine große Chance gewonnen hatte und nahm behutsam einen Teller in die Hand. Sie hatte einen Plan. Dann warf sie ihn präzise in die andere Ecke der Küche.
Sofort vernahm das Mädchen, wie die Schritte der Alten aufhörten und sofort Richtung Küche drehten. Sie kam näher und näher, bis...
Svarga sprang aus ihrem Versteck heraus und griff sofort nach der Waffe der Frau. Diese wich schnell aus, was Svarga unheimlich irritierte; schließlich war das Mädchen es gewohnt, immer schneller und stärker als alle anderen Menschen zu sein, die sie kannte.
Die Frau richtete das Gewehr auf die Brust ihrer Gegnerin und schoss einen lautlosen dunkelroten Strahl ab. In allerletzter Sekunde konnte Svarga noch ausweichen. Dann packte sie – diesmal erfolgreich – den Lauf der Waffe und riss das Objekt an sich. Dann richtete sie es auf die Alte und schoss ohne nachzudenken in je eines ihrer Beine.
Die Soldatin schien geschockt zu sein und kollabierte sofort.
Svarga musste nun schnell handeln. Sie ergriff die Kriegerin unter den Achseln und zog sie unter die Essenstheke. Dort hatte sie schon seit einigen Jahren einen kleinen versteckten Raum vorbereitet, der beinahe komplett schalldicht war.
Sobald beide im Bunker waren, schloss das Mädchen die Tür und blickte auf ihre Gefangene, die nicht aufgehört hatte, wild um sich zu schlagen, als wäre nichts passiert.
"Was wollt ihr?", zischte Svarga mit einem unheimlichen Ton.
Die Alte, als sie bemerkte, dass ihre Anstrengungen umsonst waren blickte finster in die Augen ihres Zielobjektes.
"Du bist eine Aberration!", schrie sie, "Die Federation hat uns geschickt, um dich auszulöschen. Dich sollte es nie geben!"
Svarga war nun komplett dem Jagdinstinkt ergeben und leckte sich bedrohlich die Lippen, wie eine Schlange.
"Ach ja, ein Monster bin ich, das weiß ich selbst."
Die Alte starrte das Mädchen amüsiert an und begann zu lachen. Erst leise und langsam und dann immer schneller und unmenschlicher.
"Du glaubst du seist besonders, nicht wahr?", äußerte sie schließlich zynisch, "Bist du aber nicht. Das einzige was dich von uns anders macht ist, dass du nie ein Leben hattest."
Svarga wurde kurz aus ihrem Wahn gerissen.
"Wovon redest du?", fragte sie entsetzt.
Die Alte schien nun auch etwas verwirrt.
"Du hast nie gelebt.", sprach die Frau.
Svarga hatte einen Strudel im Kopf.
"Aber natürlich... Ich lebe doch!", schrie sie verzweifelt.
Die Gefangene hatte nun einen beinahe mitleidigen Blick aufgesetzt und erklärte: "Nein. Du bist tot. Du bist so wie wir. Ein totes Gehirn, zwangsvoll wiederbelebt in einem leblosen Körper."
Das Mädchen begann schwer zu atmen. Sie schritt hin und her und nahm ihre Umgebung nicht mehr wahr.
"Nein, nein, nein... NEIN!", schrie sie aus ganzer Lunge, "DAS KANN NICHT STIMMEN!"
"Aber es ist die Wahrheit...", fuhr die Alte fort, "Und tief in deinem Innern weißt du, dass es stimmt. Du kannst nichts spüren, außer Wärme und deinen inneren Aufruhr. Manchmal packt dich der Aufruhr so sehr, dass du am liebsten deinen eigenen Körper zerfleischen würdest, in der Hoffnung endlich etwas Neues zu erleben."
Svarga stockte und der Wirbel in ihrem Kopf wurde nur noch stärker. Sie konnte dem nicht glauben und doch wusste sie, dass es wahr war.
"Aber selbst wenn du das tust, bringt es nichts, denn du wirst nicht spüren und dein Körper wird sich wieder aufbauen.", fuhr die Frau in Trance fort, "Und dann sieht es so aus."
Sie deutete auf ihre Brust. Zum ersten Mal beobachtete Svarga nun den bläulich metallischen Glanz und Entsetzen durchfuhr sie. Es war, als wäre die Stelle von einer schützenden, transparenten Schicht umgeben und im Innern war alles bläulich schleimig und flüssig.
"Wir können nicht sterben, da wir schon tot sind. Und jetzt arbeiten wir für die Federation. Sie haben uns Erlösung versprochen und nur sie können es tatsächlich halten. Doch du bist eine Nicht Registrierte. Deine Eltern haben gegen den Kodex verstoßen, als sie dich hergestellt haben. Soweit ich weiß war es von Anfang an ein Plan. Sie haben alles vorbereitet, damit du schon tot geboren werden würdest..."
Svargamana konnte es kaum fassen und fühlte sich betrogen. Das Chaos in ihr war so groß, dass sie es nicht mehr unterdrücken wollte. Sie wollte einfach nur weg. Von dem Haus, von ihrem Eltern von allem. Auch wenn sie dafür gegen unzählige Tote Gehirne kämpfen musste. Dann lief sie einfach zur Tür.
"Sehr gut, wenn dein Aufruhr dich von alleine zu uns bringt, ist es Recht!", sprach die Alte amüsiert während das Mädchen die Tür hinter sich schloss.
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Was glaubt ihr passiert mit Svarga?
Es tut mir leid, dass ich mit dem Adventskalender im Verzug bin. Leider hab ich es gestern nicht mehr geschafft und werde heute wahrscheinlich auch nicht mehr dazu kommen Kapitel 18 hochzuladen... Aber morgen wird es hoffentlich 18 und 19 geben und danach wieder für den Rest der Adventszeit richtig.
Heov veîmon siniuv!
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