30. Flucht
Ich entschied mich dagegen panisch in das tückische Wasser zu springen und brachte daher zuerst etwas Abstand zwischen mich und den schuppigen Schatten hinter uns. Ich hatte keinen genauen Blick auf die Kreatur riskiert, aber sie war auf jeden Fall deutlich zu groß für uns zum bekämpfen und schneller, als ich es von einem Ungetüm dieser Größe erwartet hätte.
Es vergingen einige Minuten, in denen ich also nur um den Baum herum rannte, ohne ihn auch nur zu Hälfte umrundet zu haben und erst als das Brüllen des Drachen etwas leiser geworden war, riskierte ich es erst wieder mich umzusehen.
San und Jongup schienen mir als einziges gefolgt zu sein, der Rest musste in die andere Richtung gerannt sein. Auch die beiden Wölfe waren hier.
"Gut, lasst uns gehen.", war alles, was San noch unter seinem Atem murmelte, dann verschwand er mit einem Mal und statt seiner saß ein riesiger Rabe vor uns, ähnlich dem, der ihn hergebracht hatte. Ich starrte ihn noch mit offenem Mund an, während Jongup schweigend zu mir trat und mir deutete auf seinen Rücken zu steigen.
San der Rabe hatte rote Untertöne in seinem glänzend schwarzen Gefieder und ich war vorsichtig es nicht durcheinander zu bringen, als ich kompliziert auf seinen Rücken kletterte, anschließend Jongup hinauf half.
San hüpfte zu unseren Wölfen hinüber und krächzte ihnen etwas zu, bevor er sich jeweils einen in die Klaue nahm, selbst das noch schaffte.
"Wie werden die anderen entkommen?", wunderte ich mich leise, während San seine Schwingen spreizte und abhob, geschwind begann über das sprudelnde Wasser zu gleiten.
"Njörd ist immernoch ein Gott des Wassers. Sie werden einen Weg finden.", erwiderte Jongup leise hinter mir und behielt unsere Umgebung im Auge, bis San einige Minuten später vorsichtig wieder absetzte. Heimdalls Pferde grasten in der Nähe ohne einen Hauch von Furcht und ich war froh sie hier zu sehen.
"Wir sehen uns am Runenkreis, geht ihr schon mal vor."
Ich fuhr gerade zu San herum, um ihn zu fragen, warum er uns nicht begleiten würde, dann war aus dem Rabe bereits ein Fisch geworden, der ohne jede Sorge ins Wasser platschte, sofort nicht mehr zu sehen war.
Beinahe sprang ich ihm nach, aber ich unterdrückte den lächerlichen Reflex rechtzeitig.
"Nicht. Er kommt klar."
Jongup begann zielstrebig mich zu den Pferden hinüber zu ziehen, sein Gang war etwas schief aber ich schaffte es nicht genauer darüber nachzudenken, zweifelte noch immer an San.
Der eiserne Mann sprach nicht, sondern wuchtete mich bloß wortlos auf eines der Pferde hoch und pfiff seinen Wölfen zu folgen, mir blieb nicht die Gelegenheit den anderen nachzuhängen.
-
Wir erreichten den Runenkreis als erste, mussten allerdings auch nicht lange warten, bis Youngjae, Baldur und Heimdall uns erreichten. Njörd schien mit den gleichen Gründen wie San geblieben zu sein und Baldur beharrte darauf, dass wir mich zuerst hier heraus bringen müssten, Heimdall und er würden auf die anderen beiden warten.
Ich zögerte lange ihm zuzustimmen, traute ihrer Feinseligkeit gegenüber San nicht, aber musste mich letzten Endes fügen, betete nur, dass San recht damit behalten würde zu überleben, selbst wenn er Baldur tötete.
Immerhin hatten sie alle zwar Gemeinsamkeiten mit ihren Göttern, aber sie waren nicht gänzlich identisch zu ihnen, ebenso wie ihre Geschichten. Er könnte sich sehr gut auch irren.
Baldur brachte uns so schnell wie möglich wieder aus dem Runenkreis hinaus und schlüpfte wieder hinein, kaum waren wir drei sicher auf der anderen Seite. Die Kälte biss sofort wieder in unsere Glieder und dieses Mal war da kein San, der mich wärmen konnte.
Stattdessen hatte ich nur einen von kleinen Wunden übersähten Youngjae und einen Jongup, der sofort zu Seite hin weg kippte, als wir ankamen. Wir waren sofort über ihm, unsere Rufe auf tauben Ohren und bis wir es endlich geschafft hatten seine Kleidung weitesgehend beiseite zu schieben, war er bereits bewusstlos, lag reglos unter uns auf dem Stein.
Nidhöggrs Kralle hatte ihn an der Hüfte fein durchbohrt, definitiv genug Schaden angerichtet, um tödlich zu wirken.
"Was sind unsere Optionen?", fragte ich zitternd Youngjae, der sich unsicher auf die Unterlippe biss, Jongup wieder mit blutgetränkter Kleidung verdeckte.
Fenris presste sich winselnd an die Seite des bewusstlosen Götterfängers und auch Akuma wirkte verbissen etwas zu tun.
"Wir könnten ihn mit Fenris fort schicken, zum nächsten Arzt. Aber sollten sie angegriffen werden, wird das vermutlich ihr Ende sein." Sein Haar fiel ihm in die Stirn, als er nervös Jongups Temperatur mit der Hand maß und gestresst warf er es hinfort.
"Es ist die Frage, ob sie es in der Zeit auch schaffen würden... Wir bräuchten eher einen Heiler genau jetzt genau hier."
Ich würde es als puren Zufall beschreiben, dass es exakt der Moment war, in dem die anderen vier aus dem Portal stolperten, im Schlepptau eine weitere Gestalt mit Kutte, die mir vage bekannt vorkam.
Für einen Moment stand die Zeit still, ich starrte nur den Mann an, den ich wohl überall wiedererkannt hätte, während eine kalte Böe über uns wehte, alle zum erzittern brachte.
Um uns ging abrupt alles in Flammen auf, eine feurige Wand zog sich rings um den Runenkreis und spendete eine plötzliche Wärme, fast Hitze. Wir wichen alle etwas mehr zur Mitte hin, aber der Fokus blieb auf dem Fremdling.
In Sans Augen loderten die Flammen, als er sich dem Mann in der Kutte zuwandte, der Rest verfolgte gespannt den Austausch.
"Gib dich zu erkennen.", zischte er ihm bösartig zu und ich sprang augenblicklich auf, um ihn warnend am Arm zu greifen, etwas vom Kuttenträger weg zu ziehen.
Zu meiner Überraschung wurden wir allerdings nicht angegriffen, viel eher setzte die Gestalt bloß ihre Kapuze ab und wir erblickten eine bildschöne Frau mit langem, schwarzem Haar und feinen Zügen.
So viel zu dem Gedanken, dass ein Mann mich vergiftet hatte.
"Wer bist du, wie bist du in dieses Portal gelangt?", forderte San hart zu erfahren, Heimdall ließ sich hinter uns schwerfällig zu Boden sinken, um sein Bein zu schonen. Es war inzwischen mollig warm, aber noch immer schwebten einige von uns in Lebensgefahr.
Sie sprach in der Sprache des Südens, die Sprache, die auch die Sklaventreiber miteinander gesprochen hatten und San nickte zu Njörd hin vor zu treten.
Der fragte die Frau leise und vorsichtig ein paar Dinge, bevor er sich zu uns umwandte, um zu übersetzen.
"Sie ist Serket, die ägyptische Göttin von Gift und Heilung. Sie ist diejenige, die dich vergiftet hat und es scheint, als habe Mimir sie uns absichtlich in den Weg gestellt."
San ließ schweigend seind Hand in seine Tasche gleiten und ließ sie dort, während die Frau weiter auf Njörd einsprach. Der nickte knapp und wandte sich ernst mir zu.
"Sie kann dich außerdem heilen."
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