25. Kawaakari
Ich fand Hongjoong am Meer.
Er hatte die Knie eng an den Körper angezogen und die Arme um seine Beine geschlungen, spielte mit seinen Händen im Sand und sah unbeschreiblich schmal und verloren vor der endlosen Menge schwarzen Wassers aus. Das Mondlicht fiel zärtlich um seine zwergenhafte Gestalt, hüllte ihn in einen Mantel aus weiß und ließ seine Züge feenhaft zart wirken.
Ich hatte mir nicht die Zeit genommen die anderen zu befragen, wollte nur, dass er so schnell wie möglich nach Hause zu seiner Crew und seinem Schiff kam, mich allerdings auch gebürtig verabschieden.
Also näherte ich mich ihm leise durch den Sand, blieb an seiner Seite stehen, um mit ihm in die Dunkelheit hinaus zu sehen.
Das Meer rauschte leise in der Ferne, schwappte bis kurz vor unsere Füße, wie als würde es nach ihm greifen ohne ihm aber zu nahe kommen zu wollen.
Ich beobachtete die tanzende Reflexion den Mondlichtes auf dem Wasser, beobachtete, wie die sanften Wellen sie unterbrachen und neu formten, immer wieder.
"Auf japanisch nennt man es Kawaakari. Die Spiegelung des Mond- oder späten Sonnenlichtes auf dem Wasser."
"Was bedeutet deine Name?"
Ich kramte in meinem Kopf nach der Information, alte Information, vor Jahren versiegelt.
"Tsuki ist der Mond. Ko das Kind. Hoshi heißt Stern und Kawa Fluss.", sinnierte ich dann nachdenklich, starrte fasziniert in den Nachthimmel mit unzähligen, funkelnden Sternen hinauf.
Ich fröstelte etwas, weniger aus Kälte, sondern mehr vom Gefühl wie unheimlich klein ich mich im Universum anfühlte, wie unbedeutend ich war.
"Yongguk trägt einen Drachen im Namen. Es ist ein kraftvoller Name, sehr passend. Ich respektiere ihn sehr." Seine Stimme war ebenso klein wie seine Gestalt und nachdenklich zog ich meine Weste enger um mich, sah in die Weiten hinaus.
"Seokjin hat einen Schatz im Namen. Aber auf japanisch. Nimmst du auch namentliches Gold und Perlen an?", scherzte ich leise und neben mir kam Hongjoong nun auf die Füße, staubte sich den Sand von den Klamotten.
"Nein, aber er wäre wohl dennoch Gold wert. Wusstest du, dass sogar Hong Wasser bedeutet?"
"Sieht so aus, als hätten wir etwas gemein." Ich nahm meinen Kopf herab, um ihn in der Dunkelheit anzulächeln, nur vage zu erkennen.
"Ich werde es mir merken. Kawaakari, meine ich. Es ist ein hübsches Wort.", murmelte er in die Nacht hinaus, sah noch immer melancholisch über das Meer.
"Merke dir drei weitere für mich."
Nun wandte er sich mir zu, das Mondlicht streichelte beneidenswert seine Wange, brachte ihn zum leuchten.
"Koi no yokan."
"Was bedeutet es?"
Ich lächelte bloß, wandte mich von der See ab und wieder dem Wald zu.
"Das erzähle ich dir, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Habe eine gute Heimreise, Hongjoong, und grüße die anderen von mir. Ich werde alles daran setzen wiederzukommen." und San mitzubringen, aber ich ließ diesen Teil ungesagt.
"Wer sagt dir, dass ich nicht sofort Yeosang fragen werde, kaum bin ich zurück auf der Treasure?" Sein Lachen war angenehm.
"Eine gewisse Vorahnung. Also geh jetzt. Ich habe noch einige Käsekuchen nachzuholen."
Hongjoong lächelte in der Dunkelheit, auch wenn ich es nicht sah, aber ich wusste es. Und ich lächelte zurück, bevor ich mich langsam auf den Rückweg machte, hinter mir nurnoch das Wasser platschen hörte.
Ryujin also. Kaum überraschend.
-
"Heimdall ist der Gott, der Loki während Ragnarök erschlägt."
Angespannt lauschte ich Himchans Worten, aber an dieser Stelle erstarrte ich, richtete meine Augen gepeinigt auf Yongguk.
"Ich weiß, dass es ein Fehler war das zu sagen und werde mich dafür auch nie entschuldigen können. Aber nicht nur er wird jemanden verlieren und das wusste er."
Ich fragte mich, welcher von den ägyptischen Götterfängern Freyr war und welcher Heimdall. Abgesehen von Njörd hatte ich die anderen beiden schließlich nicht als solche getroffen.
"Wenn wir dich mit Jongup, Heimdall, Freyr, Njörd, Loki und Baldur losschicken... Und euch beiden Akuma und Fenris mitgeben könnten, dann könntet ihr das schaffen. Ich weiß nicht, wie gefährlich oder lange der Weg sein wird, aber mit dieser Macht dürfte es erträglich sein.", zählte Himchan berechnend auf, ließ sich nicht von Yongguk irritieren, während er seine Notizen machte.
Ich hatte Baldur kennen gelernt, als ich nach dem Abschied von Hongjoong zurück zum Haus gekommen war. Er war ein junger Mann mit Haaren so rosa wie Zuckerwatte und einem Lächeln, das die Blumen zum Blühen brachte. Er war so liebreizend und friedlich, ich fühlte mich automatisch wohl in seiner Nähe.
Ich fragte mich nur, wie San so etwas töten könnte. Er würde nicht. Baldur würde ihn womöglich zu sehr an Wooyoung erinnern mit seinem perlenden Lachen und den glitzernden Augen.
"Wie soll ich zurückkommen, wenn... sollte Ragnarök auf der Reise beginnen?"
Himchan und Yongguk tauschten einen langen, gequälten Blick.
"Wenn es davor beginnt, wirst du nicht zurück kommen... Wenn es beginnt, nachdem ihr bei dem Brunnen wart, werden wir davon erfahren und dich holen kommen, sofern möglich. Versuche dir die Wege zu merken, auf denen ihr wandelt und wir werden versuchen dich mit genug Magie auszustatten, um dich am Leben zu erhalten.", seufzte Himchan kehlig und schrieb auch das nieder.
Ich schluckte um den Kloß in meinem Hals.
"Wir reden morgen über die letzten Details. Geh du schlafen.", nickte Yongguk mich letztendlich hinfort und ich verließ auf leisen Sohlen das Zimmer, machte mich auf die Suche nach Youngjae.
Der Mann hatte sich vollkommen bekleidet in seinem Bett ausgestreckt und beobachtete gerade lüstern Daehyun dabei sein Oberteil zu wechseln, als ich mit einem vorsichtigen Klopfen eintrat.
Zumindest Youngjae wusste bereits Bescheid und las mit einem Blick in mein Gesicht die Stimmung, bevor er seufzend neben sich auf die weiche Matratze klopfte.
"Setz dich."
"Erinnerst du dich an Wooyoung, Youngjae?" Ich sank an seine Seite und sah ihn in seinem Gehirn suchen, sein Gedächtnis nach dem Namen durchforsten.
"Dein kleiner Bruder.", half ich sanft aus und er grinste träge, schloss kurz in Erinnerungen die Augen.
"Ich habe schon lange nicht mehr von ihm gehört. Wie alt waren wir, als er ging? 9? 10 vielleicht? Großvater wollte ihn zum besten Mann der Marine machen, aber ich habe nie wieder etwas von ihm gehört..."
"Ich habe ihn getroffen, weißt du? Er ist Pirat geworden. Und ein Götterfänger, wie ihr."
Youngjae saß mit einem Mal aufrecht und starrte mich überrascht an, die großen Augen ungläubig.
"Wirklich? Götterfänger als Piraten... Das stelle ich mir eigenartig vor. Vermutlich hatte Großvater einen Herzinfarkt, als er davon hörte. Geschieht dem alten Knacker recht." Er sah kurz düster drein, dann wandte er sich aufgeregt wieder an mich.
"Wie war er so? Hat er dich erkannt? Welcher Gott hat sich ihn geangelt?" Er war aufgeregt und Youngjae in dieser kindlichen Aufregung zu sehen, tat mir wirklich gut.
"Er war... Laut. Immer am Lachen. Die gesamte Crew liebt und bemuttert ihn, war er glücklich, so waren es alle, egal wie schlimm die Situation war. Er klingt immernoch wie ein Delfin, wenn er lacht, nichts von wegen Stimmbruch." Youngjaes Mundwinkel zuckten nach oben und auch Daehyun ließ sich nun am Fußende des Bettes nieder, lauschte uns neugierig.
"Er hat mich erkannt, als ich deinen Namen erwähnt habe. Er hat die englische Sprache vergessen, spricht aber fließend spanisch. Er war derjenige, durch den ich erst darauf kam meine Situation anzusprechen, sonst wäre ich jetzt noch ratlos mit einem Haufen Piraten allein." Ich musste lachen und Youngjae stimmte leise ein.
"Er ist auch kein Gott, sondern eine Göttin."
"Oh, so wie Seokjin also! Wow, was es alles gibt! Welche denn?"
"Die...aztekische Göttin des..." Mein Blick wanderte zu Daehyun. "Zarten Maises?"
Kurz war es still, dann heulte Youngjae in Gelächter, während Daehyun sich empört aufplusterte.
"Zarter Mais? Zarter Mais?! Warum kann ich nicht der zarte Mais sein, wenn ich schon Mais sein muss?!"
Wir weckten vermutlich das ganze Haus, aber das spielte gerade keine Rolle. Wir genossen diesen kurzen Moment der Freude in vollen Zügen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top