22. Die Kräfte der Götterfänger

Ganz, wie Hongjoong es geplant hatte, brachen wir am nächsten Morgen zu zweit in einem kleinen Segelboot auf, überließen Seonghwa das Kommando.

Ich hatte mich zuvor noch von Wooyoung verabschiedet und Yeosang und Yunho für ihre Hilfe gedankt, San hingegen hatte ich nur vorsichtig zugewunken.

Die Nervosität lag noch immer unangenehm in meiner Magengrube, nahm mir den Appetit und der Gedanke daran die nächsten Tage allein mit Hongjoong auf diesem engen Platz zu sein, erleichterte mir die Akzeptanz auch nicht besonders.

Dennoch versuchte ich tapfer das Beben meiner Hände nicht auffallen zu lassen, ließ mir von ihm fest die Hand geben, als ich von der Treppe in das Boot stieg.

Mingi und Seongwha lehnten über uns an der Reling und beobachteten besorgt den Austausch, Jongho kam extra noch mit einem Apfel angerannt. Er warf ihn uns mit den Worten zu, dass wir ihn spalten und teilen sollten und der Pirat an meiner Seite nickte bloß souverän, winkte ihnen dann zum Abschied zu, während er die Segel hisste.

"Ich bin bald wieder da, also benehmt euch. Mingi, alle Verletzungen hier gehen auf deine Kappe, denk daran."

"Aye, Cap!"

Ich hatte Wooyoung nicht gefragt, wer er war und hoffte diese Information durch Hongjoong zu erlangen, aber vorerst würde ich warten, bis er alle Vorbereitungen getroffen hatte.

Wir segelten davon und winkten noch lange dem Schiff, bis uns dann eine sanfte Brise, stärker als natürlich, aber noch immer angenehm zum Segeln außerhalb ihres Sichtfeldes trug und ich allein war mit einem Mann mit einem unwiderstehlichen Lächeln und der See.

"Das ist der Punkt, an dem du mich zurecht weist mit einem Mörder allein zu sein.", scherzte ich sanft, musterte ihn um unseren kleinen Mast herum. Er saß direkt am Heck des Schiffes, ich am Bug, und er hatte die ledergekleideten Beine weit gespreizt, stabilisierte sich damit an beiden Rändern des Schiffes.

Hut und Maske ruhten an seiner Seite, aber er trug heute ohnehin ein weißes Hemd und teures, schwarzes Leder darüber, nicht die schicke Jacke mit Gürtel, die die Schiffstracht zu sein schien.

Bei meinen Worten allerdings fielen seine Lippen auf und formten ein erschrockenes o, seine beschäftigten Hände an den festgemachten Seilen verharrten. Beinahe unsicher suchte er meinen Blick.

"Sag so etwas nicht... Seonghwa mag gelogen haben, als er sagte wir verletzen keine Frauen, aber das heißt nicht, dass ich mit dir solche Absichten habe!" Er klang gekränkt und beinahe tat es mir leid, aber als er begann leise zu schmollen, gar nicht so furchteinflößend zu wirken, vergab ich mir.

"Seonghwa ist ein Gott der Winde, nicht? Er wird uns helfen zu den Inseln zu kommen?", wechselte ich also das Thema und Hongjoong nickte sofort wieder gut gelaunt, kramte dann in seiner Tasche nach dem Apfel.

"Die meisten meiner Crewmitglieder sind wasserelementar. Es zieht sie zum Meer, aber ich bin froh, Seonghwa zu haben, er war uns oft von großer Hilfe." Er fand den Apfel und zückte ein Messer, begann ihn penibel in der Mitte zu teilen. Ich rief mir Jonghos Worte ins Gedächtnis.

"Warum zerbrichst du ihn ni-" Sein warnender Blick brachte mich zum schweigen und ich versuchte mein Grinsen in meinen Haaren zu verbergen, scheiterte allerdings und wurde prompt mit einem halben Apfel abgeworfen.

"Hey! Wie oft noch, wenigstens du musst mich respektieren! Ich bin ein gefürchteter Pirat, so nett ich auch aussehe!"

"Ach, das ist der Versuch nett ausszusehen?"

Dieses Mal sprang er auf und brachte das Boot gefährlich zum schwanken, weswegen ich kichernd meinen Apfel aß, ihn vorerst in Ruhe ließ.

Ich dachte über die Götterfänger nach, versuchte jeden, den ich bisher kannte einem Element zuzuordnen und Verbindungen zu erstellen wie mit Jaebeom und Junhong.

Das Meer war ruhig um uns, der Himmel von einem klaren Blau und Seonghwas Wind trieb uns sanft vorwärts, wiegte uns sicher gen Ziel.

Hongjoong summte leise vor sich hin und prüfte regelmäßig einen Kompass und unsere Seile, teilte sich die angenehme Stelle mit mir.

Ich wurde immer mal wieder von kreischenden Möwen erschreckt, gewöhnte mich allerdings schnell daran und wusste sie auszublenden. Daran maß ich es, wie sehr ich das hier bereits gewohnt war, wir fern ab ich von meiner üblichen Lebensweise war.

Hongjoong und ich hatten bereits verglichen. Wie ich es gewohnt war mit den feinen Damen teuren Tee zu trinken, umgeben zu sein von Gold und Glanz, während Hongjoong sich durch einen Sturm kämpfte, die Hände blutig von rauen Tauen. Es könnte unterschiedlicher nicht sein, aber ich begann den Reiz in seiner Lebweise zu sehen, sie der meinen vorzuziehen.

"Ich glaube ich habe da ganz komische Götterfänger in England gefunden. Die meisten passen in kein Element."

"Erzähl mir von ihnen."

"Zuerst ist da Stendarr. War es Stendarr?" Hongjoong nickte mir aufmunternd zu. "Stendarr, ja. Ich habe die Liste von seinen Aufgaben bereits bekommen und finde ihn nicht wirklich irgendwo wieder."

"Hmm... Die zugehörige Mythologie ist etwas... zeitlos. Mehr als die Elemente geht es ihnen um Werte und Tugenden, um die unberührbaren Dinge. Von den Mythologien mit mehreren Göttern haben sie auch die wenigsten. Sie sind selten, aber wahre Schätze." Sein Lächeln war weich.

"Zu ihm habe ich gleich noch einen! Wooyoungs Bruder, aber ich habe den Namen seines Gottes vergessen. Er ist der Handelsgott?", wurde ich immer leiser und blinzelte ihm verlegen zu, aber der Pirat lachte bloß und lehnte sich etwas zurück, um die Augen zu schließen.

"Zenithar, ja. Gleiche Sache wie mit Stendarr. Wen hast du noch? Außer Tyr?"

"Da gibt es noch Tlaloc. Er ist luftelementar." Himchan war der erste gewesen, den ich kennen gelernt hatte, derjenige, der mich in diese unglaubliche Geschichte eingeführt hatte.

Hongjoong nickte friedlich.

"Dann habe ich noch... ich weiß gar nicht, wie der Gott heißt. Der aztekische Gott des Maises jedenfalls."

Damit war Hongjoong mit einem Ruck aufrecht und seine Augen weit aufgerissen, als sie die meinen suchten. Sofort gab ich einen fragenden Laut von mir, sah dann ein verschlagenes Grinsen um seine Mundwinkel spielen.

"Wirklich? Er heißt Centeotl, bist du dir sicher?" So wie Daehyun immer jammerte, ja. Ich nickte entschieden.

Nun lachte Hongjoong offen auf und lehnte sich auf seine Arme zurück. "Verdammt, das ist göttlich. Wooyoung ist die Göttin des zarten Maises, ich liebe es." Seine Augen kniffen sich eng zusammen, als er laut lachte.

Ich brauchte einen Moment, aber sicher doch. Youngjae war einfach umgeben von Maisgöttern.

Zarter Mais war eigenartig spezifisch, aber ich würde keine Fragen dazu stellen, das war Daehyuns Gebiet.

"Dann ist da noch Shu, aber ich weiß nur Shu... Keine Ahnung, was er so tut."

"Shu?"

Hongjoong setzte sich auf, um mich sehr ernst zu betrachten.

"Das ist eine ziemlich interessante Gruppe, in der Tat. Shu ist ebenfalls luftelementar und hat wohl die wichtigste Rolle in Ägypten. Seine Kinder sind Nut" er deutete gen Himmel "und Geb." die Erde. "Shu ist verantwortlich dafür, dass Nut und Geb nicht aufeinander treffen und hält damit mehr oder weniger unsere Welt zusammen. Die Griechen haben einen Gott namens Atlas, dieselbe Aufgabe."

Gut, dass Junhong so riesig war. Er nahm sein Schicksal wohl sehr ernst.

"Du bist an der Reihe. Erzähl mir über deine Gruppe."

"Hmm Seonghwa kennst du bereits, er gehört zu den Maisgöttern." Er lachte wieder leise. "Yunho auch und frag mich nicht nach der Aussprache seines Gottes, sie ist ganz grässlich. Er ist erdelementar, Gott der Berge, Höhlen und Erdbeben. Auch Tiere, er liebt Tiere. Yeosang ist japanischer Abstammung. Gott der Fischer und Glück: Ebisu. Von San hast du bereits gehört, er ist ein Trickser, der Gott des Verrats und der Lügner, aber als Person wirklich umgänglich für einen Chaosgott. Feuerelementar, wie auch Jongho. Der ist ein griechischer Schmiedegott. Er arbeitet gerne mit seinen Händen, falls du es noch nicht gemerkt hast." Hongjoong zwinkerte mir verspielt zu und ich lauschte seinen Worten lächelnd weiter.

"Bleibt noch Mingi, der andere Chaot. Er ist ein Weingott, zuständig für Verrücktheit und wirklich, man spürt es." Er rollte gutmütig die Augen.

Ich war verwirrt mit all den Informationen und Details, versuchte jedem das richtige zuzuordnen.

"Der Schatz der Treasure ist aber natürlich Wooyoung. Der zarteste Mais, den man sich vorstellen kann."

Ich schwelgte so sehr in seinem lachen, dass ich ganz vergaß nach ihm selbst zu fragen.

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