14. Das Leben geht weiter

Peeta's Sicht:

"Wo sind die ganzen Häuser hin?," frage ich entsetzt, als Katniss mich durch unsere Heimatstadt führt, die nun ausschließlich aus Trümmern besteht. Nur das Dorf der Siegerbleibt verschont. Im Gegensatz zur Distrikt 12 in meinen Erinnerungen ist es hier menschenleer und außergewöhnlich still, sodass man auch das leiseste Vogelgezwitscher, das ich normalerweise nicht einmal wahrnehme, laut und deutlich hören kann. Was habe ich alles verpasst? Wo ist meine Familie? Im Moment fühle ich mich wie ein Neugeborener, der neugierig seine Umgebung erkundet.

Seufzend erzählt Katniss, dass unsere Stadt während der Rebellion zerstört wurde, wie sie es einmal mit Distrikt 13 gemacht haben und dass Präsident Snow getötet wurde. Auch die Anführerin der Rebellen, Präsedentin Coin, von der ich nie was gehört habe, ist tot. Katniss höchstpersönlich hat sie erschossen. Die Hungerspiele gehören nun der Geschichte an. Alles klingt schön und gut, aber dennoch hat Katniss eine schlechte Nachricht für mich.

"Deine Familie hat die Bombardierung leider nicht überlebt, es tut mir furchtbar leid, es dir sagen zu müssen," offenbart sie wehmütig.

Ich muss leider gestehen, dass ich nicht weiß, ob ich meine Familie nachtrauern soll. Komischerweise verspüre ich überhaupt kein Trauer oder Schmerz. Meine Familie hat mich nie geliebt, ich war ihnen gleichgültig. Sie hatten sich nie für mich interessiert.

"Was soll's? Sie haben sich sowieso nie um mich gekümmert," antworte ich barsch. Meine Stimme zittert und meine Lippen formen sich zu einem bitteren Lächeln. Wie sehr ich mich auch bemühe lässt sich meine Enttäuschung nicht vertuschen.
Seit meiner Geburt habe ich nie Aufmerksamkeit von meinen Eltern bekommen. Keine Umarmung, kein Küsschen, kein Lob, gar nichts. Jetzt kann ich nichts mehr daran ändern. Meine Familie ist einfach so von mir gegangen. Aber so ist eben das Leben. Unsere Träume sind wie Seifenblasen, die jederzeit  platzen können. Niemand kann vorhersagen, was als Nächstes passieren wird. Die Pläne, die wir stolz schaffen, sind im Endeffekt wie  Sandburgen, die von heute auf morgen wieder von gigantischen Flutwellen verschluckt werden können.

„Ich bin sicher, dass sie dich geliebt haben. Ich kann mir keine Eltern vorstellen, die ihre Kinder nicht lieben.  Meine Schwester ist auch bei der Rebellion umgekommen. Wir werden das gemeinsam überstehen, okay?"

Katniss lächelt mich mitfühlend an, bevor sie mich in ihre warme, ermutigende Arme schließt. Erstaunlicherweise ist mir ihre Nähe so angenehm, dass ich alles andere um mich herum einfach ausblende, als gäbe es nur uns zwei auf der ganzen Welt. Ich halte sie fest an mich gedrückt und werde sie  auf keinen Fall als Erste loslassen. Die Wärme und Geborgenheit, die ich dabei empfinde, ist unbeschreiblich. Nachdem wir uns nach einer halben Ewigkeit wieder voneinander gelöst haben, fühle ich mich gleich tausend Mal besser.

"Komm, ich zeige dir noch deine Bäckerei," sagt sie lächelnd.

"Ich habe eine Bäckerei?," frage ich überrascht.

"Ja und du hast sie sogar selbst renoviert," gibt sie grinsend zurück.

Ich bin so froh , dass Katniss bei mir ist  und mich durch diese schwere Zeiten begleitet. Was auch immer passiert, mein Leben geht weiter. Ich muss stark bleiben und nach vorne schauen.

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