Marias Himmelssturz
Wer hätte gedacht, dass aus einem einfachen, aufmunternden Spruch ein tiefer Sturz wird?
Du nicht?
Sophie sicher auch nicht, als sie einen zu Maria an einem normalen Dienstag gesagt hat. Aber beginnen wir mal mit der Geschichte, bevor unsere zukünftigen Mitglieder weiter blättern.
Ob die Sonne geschienen oder dicke Tropfen geregnet haben, kann man nicht mehr genau sagen, denn die einzige Überlieferung konnte auf einer Datenbank in Canada gefunden werden. Auf jeden Fall hatten ein paar Kathiistinnen genügend Zeit, um sich über ihre Cover für einen Wettbewerb auszutauschen. Maria, die nicht wirklich zufrieden mit ihrem Cover war, äußerte ihre eigene Kritik an diesem. Sophie, die zwar insgeheim Maria zustimmen wollte, dass das Cover keinen Preis bekommen würde, sprach ihr trotzdem Mut zu:
»I don't get your problem?! Ich finde die echt süß und knuffig, you know! Außerdem fällt kein Meister aus dem Himmel!«
Gerührt von dem serotoninfördernden Kommentar begann Marias Schritt zur Tiefe aber weg von der Tiefe. Stellt euch bei der ersten Tiefe eine Tatarus-Tiefe und bei der zweiten eine Himmelblaue-Augen-Tiefe vor. Jetzt müsstet ihr das richtige Bild vor Augen haben.
Nachdem sie sich noch einmal deutlich ausgedrückt hat, dass sie eindeutig zu lange für das Cover gebraucht hatte, erwiderte sie, dass sehr wohl Meisterinnen (ob Meister auch eingeschlossen waren, wurde nie aufgelöst) vom Himmel fallen, sie sei ja das optimale Beispiel.
Ein dunkles Kapitel aus Marias Vergangenheit zuckte ihr in dem Moment durch den Kopf. Zwar hatte sie diesen tiefer, als der Tatarus tief ist, in ihrem Gehirn vergraben, doch nicht tief genug, damit sie sich nicht daran erinnern konnte. Vielleicht hatte da auch ihre Göttin die Finger im Spiel.
Unsere Göttin betonte zwar immer wieder, dass sie nur mit Wörtern und nicht mit Leben spielen würde, aber leider kam dieser Grundsatz nach dem besagten dunklen Kapitel aus Marias Vergangenheit.
Wenn man die Chance auf Macht hat - ergreift man sie, nutzt die Macht, um sich die Macht zu holen, oder lässt man sie einfach so verschimmeln, damit sie verdunsten und in den Himmel zu der Göttin steigen kann?
Eine Person muss wohl genau das getan haben, denn Maria war gerade alleine in Kathis Thronsaal, der im besagten Himmel lag. Diese verdunstete Chance flog also genau an Maria vorbei und sie lief ihr einfach so hinterher. Der Geruch nach Ben&Jerry's war zu verführend für sie. Ehe sie sich's versah, fand sie sich zu den Stufen von Kathis Thron gegenüber.
Und Kathi war nicht da. Niemand war da. Ein Schauer überflutete Maria und sie ging noch einen Schritt näher zum Thron. Und noch einen. Dann passierte es.
Sie streckte die Hand nach den ersten Stufen aus, nur um den Stein zu berühren, den Stein zu dem Thron der Meisterin der Meisterinnen. Kurz gesagt: Den Stein der göttlichen Kathi.
Das Territorium war durchschritten, Haut berührte Stein, ein heller, greller Ton war zu hören. Mit einer gewaltigen Druckwelle wurde Maria zurück geschleudert und fand sich auf ihrem schmerzenden Hintern wieder.
Der Ton durchschnitt die Luft wie ein scharfes Messer. Schärfer als jede Schafe scherende Schere. Zum Glück wurden keine Schafe rasiert von dem Ton.
Rasiert wurde nur eine Person, und zwar Maria.
Von dem grellen Ton aufgeschreckt wurden nicht nur die heiligen Ben&Jerry's Becher, sondern auch die Göttin in Person. Sie befand sich in ihrem pompösen Schlafzimmer, wo sie Zeit für ihren Intelligenz-Schlaf verbrachte. Schnell zog sie sich ihren Morgenmantel über und begann die Treppen runter zu rennen. Warum sie nicht geflogen ist, weiß man bis heute nicht. Wahrscheinlich waren ihre Schulnoten einfach zu gut.
Vielleicht wollte sie aber auch Maria eine Chance geben, die noch nicht verdampft war. Diese Chance lies Maria allerdings aus, denn sie hatte gar keine andere Wahl. Ihr Po tat einfach zu sehr weh. Sie wusste nur eine Sache, die sie machen konnte: Sich festhalten.
Sophie betrat den Saal noch vor Kathi. Erst sah sie eine noch nicht weinende Maria, dann den rot leuchtenden Thron. Bevor sie sich Gedanken darüber machen konnte, ob der Thron eine Fehlfunktion hatte und die Weihnachtsbeleuchtung angegangen war, hörte sie gewaltige Schritte hinter sich.
Die große kleine Kathi kam in den Raum gehetzt, vollkommen verschwitzt und außer Atem. Es war nur das schnelle Atmen von ihr zu hören. Für eine ziemlich lange Zeit, bis ihr Atem langsamer und regelmäßiger wurde.
Da machte Maria ihren Fehler. Sie bewegte sich, lockerte ihren Griff um die einsame und etwas unmotiviert rumstehende Straßenlaterne, und klopfte sich den Schmutz vom Po. Was die Straßenlaterne im Thronsaal zu suchen hatte (hoffentlich nicht ihr Licht, dafür war sie am falschen Ort, weil die Kathiisten alle nicht so helle waren) oder warum sich auf dem Boden Schmutz befunden hatte, wusste sie nicht.
Kathi kam langsam auf Maria zu und baute sich vor ihr auf. Leider musste sie nach oben schauen, denn Maria war schlappe zehn Zentimeter größer als sie, weshalb sie ein paar Schritte nach hinten auf die Stufen ihres immer noch blinkenden Throns ging.
Etwas irritiert von dem roten Licht blinzelte sie kurz. Diesen Moment nutzte die Straßenlaterne, um sich das Licht des Thrones zu stehlen und sich davon zu machen.
Jetzt konnte sich Maria nirgends mehr verstecken.
»Ich kann doch nicht zulassen, dass du MEINEN Platz einnimmst! Er steht mir seit meiner Geburt zu!«, sagte sie langsam und bedrohlich.
Die Frage, wann Kathi überhaupt geboren worden war, weil sie ja eine Göttin ist, verkniff sich Maria und nickte langsam. Leise, aber zu laut für Kathis umwerfende Ohren flüsterte Sophie: »Maria just ... go very slowly in my direction I will protect you!«
Sie streckte die Hände beschützend aus, doch dann bemerkte sie Kathis Blick. Also änderte sie ihre Meinung. »Ehm, weißt du was? Ich glaub du bist doch auf dich alleine gestellt!«
Sophie nahm ihre Beine in die Hand, stellte sie wieder hin und begann zu rennen. Also waren es nur noch Maria und die Göttin.
Maria zuckte schon alleine bei dem Anblick zusammen, als Kathi ganz tief Luft holte. Innerlich zählte sie die Sekunden und je länger Kathi die Luft einsog, ein desto unmutigeres Gefühl beschlich Maria. Bei der Zwanzig hielt Kathi inne. Zu spät kam Maria in den Sinn, ebenfalls wegzurennen und sie schaffte es nur noch, sich umzudrehen, drei Schritte zu rennen, bis sie der Trollwind von hinten traf.
Zwar war Kathi nicht geflogen, aber Maria dafür umso weiter. Die Fenster taten sich von alleine vor Maria auf und sie schoss in die Luft hinaus. Dabei konnte man nur noch einen langen Schrei hören, allerdings war es ein opernhafter Schrei, denn Maria wollte ihre Gesangsstimme nicht ruinieren.
Sie versuchte mit den Händen zu rudern, während der Erdboden immer näher kam. Als sie zu viele Details erkennen konnte, kniff sie die Augen zusammen. Jetzt spürte sie nur noch den kalten Wind auf ihrer Haut und hörte den immer näher kommenden Lärm einer großen Straße.
Der Sturz war tief, die Landung war weich. Erleichtert, sich nicht alle Knochen gebrochen zu haben, öffnete sie langsam ein Auge. Dann noch eins. Ein drittes hatte sie nicht.
Eine schmale Gasse erstreckte sich vor ihr. Dann kam ihr ein unangenehmer Geruch in die Nase. Sie blickte auf ihren Landeplatz. Wenn sie eine Zuschauerin gewesen wäre, hätte sie den Vorgang mit dem Spruch „Müll ist in Müll gefallen" kommentiert, nur konnte sie sich ihre Rolle leider nicht aussuchen und verkniff es sich, den Gedanken auszusprechen.
Dass sie nur im weichen Müll gelandet war und nicht in der Antarktis, hatte sie allein dem zu verdanken, dass Kathi davor einen Dauerlauf zum Thronsaal gelaufen war.
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