Kapitel 9: Abschied nehmen
Den Rest des Tages verbrachte Charlie in der wunderbaren Gesellschaft der Elbin Arwen, welche ihn durch Bruchtal führte und mit ihrer samtigen Stimme Geschichten aus längst vergangenen Zeiten erzählte.
Wenn es möglich war führte Arwen ihn zu detaillierten Wandbildern, dass er sich alles etwas besser vorstellen konnte, denn die Handfertigkeit und Begabung der Elben war unfassbar.
Besonders interessiert war der junge Mann an der Geschichte von Isildur, wie dieser den einen Ring bekommen und Mittelerde gerettet hatte.
Ihn überraschte die Komplexität mit welcher Arwen die Sage weiterführte und ausschmückte.
Von dem goldenen Ring ganz zu schweigen, Charlie betrachtete ihn ehrfürchtig auf dem Wandbild, welches den König der Menschen und Sauron zeigte, in einen Kampf verwickelt.
Seine Begeisterung wuchs als die Elbin ihm Isildurs Schwert zeigte, völlig zerbrochen, da Sauron es zertreten hatte.
„Aber wie ging es weiter, Herrin? Das kann doch unmöglich die ganze Geschichte sein!"
Arwen lächelte nur und führte ihn in die Gärten Bruchtals, von Blumen bewachsen, die schöner nicht sein könnten und vom Wasserrauschen der Fälle umgeben.
Das Vogelgezwitscher harmonierte ebenfalls mit diesem magischen Ort.
Sie setzten sich auf eine Gartenbank, welche unter einem alten Baum stand, der ihnen Schatten spendete.
Und Arwen fuhr fort mit der Geschichte, wie der Ring Isildur verriet und dann verloren ging.
„Und von da an ward der Ring der Macht niemals mehr gesehen.", schloss sie mit ihrer Erzählung.
Daraufhin schwiegen sie beide und genossen die Schönheit, welche sie umgab, bis Charlie fragte: „Was geschieht, wenn jemand den Ring findet? Wird Sauron wieder auferstehen?"
Arwen dachte lange über ihre Antwort nach, bis sie die wohlüberlegten Worte aussprach: „Es ist ungewiss, ob der Ring jemals gefunden werden wird. Ob in zwanzig, hundert oder tausend Jahren, ich vermag es dir nicht zu sagen, denn die Zukunft ist verhüllt. Und auch weiß ich nicht, ob die Bosheit Saurons noch immer im Dunkeln glimmt und Rache schwört an den Menschen, die seinen wertvollsten Schatz raubten und ihm den Körper nahmen. Doch sei dir versichert – es braucht dich nicht zu kümmern."
Sie lächelte und nahm Charlies Hände in ihre, tief sah sie ihm in die Augen und hauchte ihm schließlich einen Kuss auf die Stirn.
„Kommt, lasset uns nicht in der dunklen, alten Zeit verweilen. Der Tag ist wunderschön und ich möchte dir mehr von den Bauten meines Volkes zeigen."
Lachend erhob sich die Elbin und führte den jungen Mann weiter herum, bis es Abend ward und da fragte sie: „Wollt ihr die Gelegenheit nutzen, um mit mir und meinem Vater am Tisch zu speisen?" Arwen trat schon auf den Essensbereich zu und sah ihn eindringlich an.
Charlie grinste „Ihr habt vermutlich bessere Tischmanieren als die Zwerge. Dann verderbe ich mir den Hunger nicht."
Die Elbin lachte und zusammen gingen sie zu Elronds Tafel, um Salat und Wein zu kosten.
Nach nicht all zu langer Zeit hatte Charlie eine weiße Scheibe Brot in den Händen.
„Das sind Lembas.", erklärte Herr Elrond „Sie sättigen den kräftigsten Mann nach nur wenigen Bissen." Zögerlich brach sich der Jüngere ein Stück des Gebäcks ab und probierte.
„Nicht übel!", war sein Urteil, doch er hielt sich doch lieber an den Salat, der saftig grün war und frisch knackte, wenn man kaute.
Nach einer langen Mahlzeit geleitete Arwen Charlie zu den Zwergen, welche sich noch immer auf der steinernen Plattform aufhielten, ein Lagerfeuer entzündet hatten und darauf etwas brieten.
„Werde ich euch vor meiner Abreise noch einmal sehen, Herrin?", fragte Charlie an Arwen gewandt. Diese schüttelte bedauernd den Kopf, lächelte ihm aber zu.
„Leider nein. Ich reise morgen ab, um mit einigen Freunden die Schönheit des Waldes zu bestaunen. Der Abschied ist jetzt."
Betrübt sah Charlie der Elbin entgegen, er hatte sie in den letzten Tagen wirklich liebgewonnen, weil sie so anders war als alle anderen.
So ruhig und gefasst, aber auch wunderschön und mit einem guten Sinn für Humor.
Ihre Worte wählte sie sorgfältig und mit Bedacht aus und diese waren immer perfekt.
Arwen lächelte ihm aufmunternd zu, dann umarmte sie ihn sanft.
Sie roch nach Wald und Freiheit, Charlie seufzte.
„Ich wünsche dir und Thorin alles Glück dieser Welt. Mögen die Valarn euch beschützen und eure Reise unter einen guten Stern stellen."
Dann zog sie sich etwas vom Finger, nahm die Hand des Jüngeren und steckte ihm einen hübschen Ring an.
Er war weiß und ziemlich edel, Edelsteine formten eine Blume und von dieser weg rankten sich die weißen Blätter zu dem Ring an sich.
„Das kann ich unmöglich annehmen, Herrin."
Die Elbin lächelte „Es ist ein Geschenk und du kannst mich bei meinem Namen nennen, wir sind Freunde. Gute Freunde." Der Braunhaarige sah auf seine Hand und dann zu der Elbin auf.
„Habt Dank, Arwen." Sie umarmten sich nochmal, dann ging Charlie zu den Zwergen und als er zurückblickte war Arwen verschwunden.
„Wir haben dich den ganzen Tag über nicht gesehen, Charlie.", Kili war es, der auf ihn zugelaufen kam.
„Wo warst du denn?" Er zog ihn mit sich zu den anderen und gemeinsam setzten sie sich an das Feuer zu Fili.
„Arwen hat mir Bruchtal gezeigt und mir alte Geschichten erzählt." Die Brüder nickten.
„Und was ist das an deiner rechten Hand?", wollte Fili wissen. Er war ein Zwerg, natürlich hatte er sofort bemerkt, dass dort etwas im Feuerschein glänzte.
„Arwen hat ihn mir gegeben, als Abschiedsgeschenk." Charlie hob den Ring ein wenig ins Licht und besah sich ein weiteres Mal die Details.
„Hübsch. Aber elbisch. Zu viel Geschnörkel, wenn du mich fragst.", mischte Bofur sich in die Unterhaltung ein und dann redeten sie über etwas anderes.
Nach und nach wurde es doch langsam dunkel und Mond und Sterne erschienen am Himmelsgewölbe.
Elrond war gekommen und holte Thorin, Balin und den Hobbit, der sich sehr für Landkarten und dergleichen interessierte, um die Schriften auf dem Pergament zu lesen.
Charlie hielt Thorin kurz am Ärmel fest und wartete bis der Zwerg sich umgedreht hatte.
„Ich warte in meinem Zimmer auf dich, ja?"
Thorin lächelte, sagte aber: „Das musst du nicht. Es könnte spät werden." Der Jüngere zog hingegen nur eine Augenbraue in die Höhe.
„Glaubst du ich lasse mir die Gelegenheit auf Kuscheln in einem richtigen Bett entgehen? Vergiss es!" Thorin grinste und hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen, dann war er verschwunden, den anderen gefolgt.
Charlie drehte sich um und merkte erst dann die Blicke, die die Company auf ihm und Thorin ruhen gelassen hatte.
„Was denn? Habt ihr kein Privatleben?", grummelte er und setzte sich wieder zu Fili und Kili.
„Es ist nur etwas... ungewöhnlich.", erklärte Fili ihr Verhalten, aber er tat es mit einem Lächeln im Gesicht.
„Thorin ist glücklich wie nie zuvor." Da lächelte auch der Braunhaarige und schlug die Augen nieder, beobachtete die züngelnden Flammen des Feuers.
Ein paar Stunden später ging Thorin durch die langen Gänge Bruchtals.
Nicht unbedingt leise, aber er konnte hier sowieso nur Elben wecken und das war ihm im Endeffekt auch egal.
Er verirrte sich ein paar Mal, stand einmal sogar in den Gärten, denn in Gedanken war er abgedriftet zu den Mondrunen und deren Botschaft.
Sie hatte ein Zeitlimit vorgegeben und bis zum Durinstag war es nicht mehr lange hin.
Als es dem Zwerg langsam zu kalt wurde, ob der ganzen geöffneten Fenster, verdrängte er kurz die Gedanken an ihre Weiterreise und suchte stattdessen ernsthaft nach Charlies Zimmer, da er auch nicht wollte, dass dieser in der Nacht ebenfalls keinen Schlaf finden würde wie er.
Nach einigem Suchen und Fluchen auf Khuzdul, war Thorin schließlich doch vor dem Zimmer des Menschen angekommen und trat ein.
„Ich dachte schon du hättest mich vergessen.", schalt ihn Charlie vom Bett aus und gähnte einmal kräftig.
„Es hat dich niemand gezwungen, auf mich zu warten.", entgegnete Thorin, während er Waffen, seine Stiefel und die schwere Kleidung ablegte.
Dann kroch er in das warme Bett zu seinem Gefährten, legte sich auf dessen Brust und atmete einmal tief Charlies Duft ein.
Der Jüngere roch nach Pferd, Feuer und Äpfeln. Eine ganz interessante Mischung wie Thorin fand.
Charlie schloss sanft die Arme um den Älteren und genoss die Wärme, die von dem Zwerg ausging, während dieser sich nach oben reckte und ihn zärtlich küsste.
„Schlaf gut.", flüsterte Thorin leise und legte sich wieder hin, eine Hand auf Charlies Schulter, die andere an der Taille des Größeren.
„Um dich mache ich mir da mehr Sorgen.", antwortete dieser und strich durch die Haare des Zwergs.
Doch Thorins Plan, die ganze Nacht wachzubleiben und zu grübeln, funktionierte nicht.
Das gleichmäßige Atmen und die daraus erfolgende Hebung und Senkung von Charlies Brust, dessen Hand in seinen Haaren und der anderen auf seinem Rücken, wie sie leicht Muster zeichnete, das alles lullte ihn ein, das letzte Lebenszeichen von Thorin bestand aus einem genuschelten: „Das machst du mit Absicht!".
Er hörte nur noch Charlies leises Lachen und die Entgegnung: „Was du kannst, kann ich schon lange.", dann schlief er ein.
Der nächste Morgen brach an, begrüßte die Elben und Zwerge mit hellem Sonnenlicht, welches über die Bergspitzen linste.
Charlie war bereits wach und uneins mit sich selbst. Sollte er Thorin schon wecken?
Er wusste, dass der Zwerg noch vor Sonnenaufgang aufbrechen wollte, um weiterzuziehen, aber er schlief noch so friedlich, dass der junge Mann sich unmenschlich vorkäme, würde er ihn jetzt aus dem Land der Träume reißen.
Er beschloss eine sanfte Schiene anzuschlagen also begann er einfach damit sanft durch Thorins Haar und über dessen Rücken zu streichen.
Und nach ein paar Minuten erntete er ein müdes Blinzeln seitens des Zwergs.
„Wiespätisses?", fragte dieser, noch völlig verpennt.
„Die Sonne wird bald aufgehen", schnell hielt der Jüngere den Schwarzhaarigen fest, der gerade aus dem Bett hatte springen wollen „Aber wir haben noch fünf Minuten Zeit für kuscheln.", beruhigte er ihn schnell und Thorin sank prompt tiefer in seine Arme.
Charlie schmunzelte und küsste ihn auf die Stirn.
„Es ist so friedlich.", flüsterte Thorin leise „Das wird sich bald ändern, wenn wir fortgehen."
„Du bedauerst es also?", wollte Charlie triumphierend wissen.
„So würde ich es nicht nennen.", grummelte Thorin, etwas genervt ob seines Versprechers.
Sie hüllten sich beide in Schweigen und genossen einfach die Wärme und Nähe des jeweils anderen, wohl wissend, dass sie diesen Bequemlichkeiten während ihrer Weiterreise nicht so oft nachgehen konnten.
Als die fünf Minuten vorbeigegangen waren reckte Thorin sich nach oben und drückte Charlie einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen.
Der andere machte begeistert mit, zog den Zwerg auf seinen Schoß und legte ihm die Hände in den Nacken, zog ihn noch näher zu sich.
Thorins Finger machten sich unterdessen selbstständig und schlüpften unter das Hemd des Jüngeren, bis sie auf nackte Haut trafen und sanft über diese strichen.
Ganz kurz lösten sie den Kuss, nur so weit, dass sich ihre Lippen nur Millimeter voneinander trennten.
„Men lananubukhs menu,* Charlie.", flüsterte Thorin an dessen Lippen, ehe er nochmals einen Kuss darauf hauchte und seinen Gefährten dann lächelnd ansah.
„Ich hasse es, wenn du mit mir auf Khuzdul sprichst. Was bedeutet das denn?", wollte der Jüngere wissen.
„Die Sprache der Zwerge bleibt für alle anderen Völker ein Geheimnis.", entgegnete Thorin und grinste, dann erhob er sich und zog sich um.
Charlie rollte nur mit den Augen und tat es dem Zwerg gleich. Wenig später liefen sie zu den anderen Zwergen, um sie zu wecken.
*= Ich liebe dich.
1866 Wörter, 12.07.2020
Hallo meine lieben Leser,
irgendwie poste ich die Kapitel meistens am Freitag oder samstags, na ja, irgendwie hab'ich es da wohl verpennt.
Es könnte übrigens sein, dass ich nächste Woche kein Kapi online stelle, weil da mein wunderbarer Großcousin und meine niedliche Großcousine kommen, zusammen mit ihrer Mutter (also meiner Cousine) *freu* :D
Ich wünsche euch eine schöne Woche und ein gutes Zeugnis, wenn ihr es noch nicht bekommen habt (mein Cousin und meine Cousine haben schon Sommerferien und ich erst später)!
-Aranel
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