Kapitel 2
Es hämmerte erneut gegen die Tür. Mit zittrigen Fingern riss ich mir Papier von der Klopapierrolle ab und schnäuzte mir die Nase, mit den Ärmeln meines schwarzen Pullover wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Am liebsten hätte ich für immer in dieser Kabine gesessen.
Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass es wohl ein Angestellter vor der Tür war und ich dieses Café einfach nie wieder in meinem Leben besuchen würde. Nadine und Alex waren mit Sicherheit auch nicht mehr anwesend, oder sie hatten das Café erst gar nicht betreten. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, schloss die Tür auf und trat hinaus.
Als ich das Gesicht vor mir erkannte, schnellte ich zurück in die Kabine und schloss die Tür erneut von innen ab. Es war der dunkelhaarige Junge, in den ich in der Schule, hinein gelaufen war. Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe herum, verschränkte die Arme vor der Brust und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Er schien wohl so verwundert wie ich, denn es blieb eine Weile still. Aber nur eine Weile, dann sagte er mit ärgerlichem Tonfall:,, Wenn du nicht in einer Minute da raus kommst, komme ich rein." Ich legte vorsichtig eine Hand auf die Klinke, mir blieb nichts anderes übrig. Langsam drückte ich sie her runter, ich würde versuchen möglichst cool, so als wäre nichts gewesen, an ihm vorbei zu gehen. Dann würde ich mich kurz vor dem Spiegel betrachten und retten was zu retten war. >Okay, los.<
Ich trat aus der Kabine her raus und machte einen Schritt an ihm vorbei, auf den großen Spiegel über den Waschbecken zu, dabei versuchte ich den Pinkelbecken im Raum keine Beachtung zu schenken. Ich hätte in dieser Situation lieber meinen Blick senken sollen, anstatt einen auf lässig machen zu wollen, denn ehe ich mich versah war ich auch schon auf den glatten Fliesen ausgerutscht. Vor meinem inneren Auge sah ich mich stürzen und mit dem Kopf auf dem harten Boden aufschlagen. Doch ich war sanfter gelandet als ich gedacht hatte. Ich lag in den Armen des Jungen, er war über mich gebeugt. Ich konnte ihm deutlich ansehen wie unangenehm es ihm war.
Wenn seine Augen nicht diesen vollkommenen Missmut ausgestrahlt hätten, ich denke dies wäre der Moment gewesen, in dem ich mich in ihn hätte verlieben können. Er half mir dabei mich aufzurichten und verließ schließlich das Klo, ohne ein weiteres Wort an mich zu richten.
Theoretisch könnte ich mich doch einfach erneut einschließen. Daran schien er auch gedacht zu haben, denn wenig später erschien er erneut und lehnte sich dann lässig neben die Tür. ,,Beeil dich. Das kannst du auch auf dem Frauenklo erledigen."
Ich verdrehte die Augen und wusch mir eilig das Gesicht. Als ich endlich fertig war, war von meiner Schminke nichts mehr zu sehen. Ich wusste nicht ob dies gut oder schlecht war, da nun meine Augenringe von letzter Nacht zum Vorschein kamen. Mit einem weiteren Blick in den Spiegel sah ich, dass er immer noch gegen die Wand gelehnt da stand.
Er schien irgendwo in die Ferne zu blicken und mir nicht wirklich Beachtung zu schenken. Vorsichtig musterte ich ihn. Er trug schwarze Sportschuhe eine dunkle Hose außerdem immer noch das weiße Hemd aus der Schule, er sah nicht gerade wie ein Angestellter aus. Mein Blick wanderte schließlich in sein Gesicht und ich sah direkt in seine smaragdgrünen Augen. ,,Gefällt dir was du siehst?"
,,Nein.", sagte ich bockig und gab mir innerlich selbst eine Ohrfeige, dafür dass ich in jedes nur mögliche Fettnäpfchen tappte. Heute war echt nicht mein Tag. ,,Du bist hier gar kein Angestellter oder?", ich zog langsam an dem Handtuch im Handtuchspender und trocknete mir meine Hände ab, mein Gesicht würde ich da garantiert nicht dran trocken rubbeln. Also wischte ich mir erneut mit meinen Ärmeln über das Gesicht, mittlerweile trieften diese fast.
,,Meinem Vater gehört die gesamte Cafékette. Ich jobbe in diesem Laden als Manager und habe eigentlich besseres zu tun, als einem Mädchen zu zeigen, wo sie sich auszuheulen hat. Du solltest jetzt wirklich gehen oder ich verhänge dir Hausverbot." >Dieser Idiot<, dachte ich.
Ich schenkte ihm meinen giftigsten Blick und schrie fast:,, Das ist nicht nötig. Ich werde dieses Café nur über meine Leiche wieder betreten!" Er sah mich etwas belustigt an und hielt mir dann die Tür auf. Ein echter Gentleman, dachte ich und hätte am liebsten schon wieder die Augen verdreht. Mit etwas Glück schaffte ich es an ihm vorbei zugehen, ohne ein weiteres mal auszurutschen.
Wir betraten das Caféinnere und ich sah sie sofort. Sie hatten einen Tisch am Fenster in der rechten Ecke des Cafés, er trank einen Espresso und sie einen Eiskaffee. Alex sah mich und richtete sich auf. Er kam geradewegs auf mich zu. Der arrogante Junge im weißen Hemd stand nur ein paar Zentimeter von mir entfernt und unterhielt sich gerade mit einer der Angestellten.
Ich reagierte blitzschnell und noch ohne vorher nachgedacht zu haben. Mit einer schnellen Bewegung hatte ich, den Jungen im weißem Hemd auch schon gepackt ihn umarmt und so vor mich gezogen, dass Alex nun seinen Rücken betrachten durfte. Ich setzte einen flehentlichen Blick auf und versuchte auf telepathische Weise mit dem Jungen vor mir zu kommunizieren. Dieser sah mich nur verwirrt und skeptisch an.
,,Oh.", hörte ich Alex hinter ihm sagen. Dann gab ich den Jungen frei und trat ein paar Schritte nach vorne. ,,Gibt es etwas das du mir sagen möchtest?", fragte ich und versuchte möglichst desinteressiert zu klingen.
Er sah mich verblüfft an:,, Nein, eigentlich wollte ich mich für vorhin entschuldigen, aber dir scheint es ja gut zu gehen.", dabei wanderten seine Augen von mir zu dem Jungen im weißen Hemd. Schließlich ging er zurück zu Nadine die inzwischen gezahlt hatte und verließ mit ihr das Café. Alex drehte sich noch einmal um und warf mir einen Blick zu den ich nicht deuten konnte. Ich bewegte mich gemächlich auf die Tür zu, um ebenfalls aus dem Café zu verschwinden, als ich am Handgelenk gepackt wurde:,, Bevor du gehst, könntest du mir noch kurz verraten was das sollte?"
Wütend riss ich mich los:,, Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?! Das hatte nichts mit dir zu tun. Okay!?" Innerlich wusste ich natürlich, dass ich eigentlich nicht in der Position war ihn anzuschreien, aber ich wollte einfach nur nach Hause.
Ohne mich noch einmal umzudrehen steuerte ich zu Tür hinaus.
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