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Inzwischen sind die Sommerferien vorbei und Wyn und Rue müssen wieder in den Unterricht. Der erste Unterricht, den Rue an diesem Morgen hat ist allerdings das kreative Schreiben, weshalb sie sich sogar auf den Unterricht freut. Sie haben eine Aufgabe über die Ferien bekommen und sie hat einen Slam geschrieben, den sie der Klasse vortragen müssen. Wyn holt sie am morgen an ihrem Zimmer ab.

"Alles klar, gut geschlafen?", fragt er.

"Immer wieder gut im eigenen Bett zu schlafen" , lächelt sie. "Auch wenn ich dich ein bisschen vermisst hab" , grinst sie und schlägt ihm freundschaftlich gegen den Arm.

"Komm, wir müssen los. Du willst doch nicht mehr zu spät kommen, oder?", fragt er und sie schaut auf die Uhr, die in ihrem Zimmer hängt.

"Scheiße, komm endlich, Wyn!" , sagt sie und sie machen sich auf den Weg.

"Hier muss ich abbiegen, viel Spaß!" , ruft er ihr noch hinterher.

"Schreib mir einen Song!" , ruft sie noch und winkt ihm, um im Klassenraum zu verschwinden, wo alle schon an ihren Plätzen sitzen.

"Tut mir Leid", sagt sie und versucht sich möglichst unauffällig hinzusetzen.

"Rue, magst du nicht gleich schon beginnen?" , fragt die Lehrerin. Auf einmal steigt Rues Puls. Sie hat nicht damit gerechnet, gleich als erste dran zu sein. Ihr Puls steigt immer an, wenn sie etwas vortragen soll. In diesem Slam ist es noch einmal viel schlimmer, weil sie Schwäche zeigen wird.

Sie steht langsam auf und faltet den Zettel auseinander, um sich vor die Klasse zu stellen. In ihrem Kopf geht sie noch einmal den ersten Abschnitt durch, denn eigentlich kann sie ihre Slams fast immer auswendig.

Sie atmet noch einmal tief durch, bevor sie mit ihrem Slam beginnt.

"Ich kann leider keine Ordnung halten,

und bin auch viel zu faul dafür,

ich kann meine Online Zeit nicht verwalten

und ich kann so schlecht ausschalten.

Ich kann nicht still sein,

und trotzdem kann ich nicht mit Fremden reden, als sprächen sie Latein.

Ich kann mich nicht in Gruppen integrieren

und habe viel zu schlechte Manieren.

Ich kann mich nie entscheiden,

und Gespräche kann ich viel zu gut vermeiden.

Ich habe keine Geduld,

und oft habe ich die Schuld an der Stille im Raum.

Und wenn du mit mir von einem ausgehen kannst,

dann ist es das Schweigen,

wenn wir zu zweit in einem Raum bleiben.

Ich bin nicht gut in Small Talk,

weiß nicht wörüber ich mit anderen reden soll,

bin in dieser Sache ein ziemlicher Troll,

weiß nicht wie ich ein Gespräch aufbauen kann,

weiß einfach nicht wo lang.

Ich kann nicht tanzen,

bin schon gar nicht gut in Romanzen.

Ich bin nicht lustig,

und kann schwer ziehen einen Schlussstrich.

Ich kann mich noch schlechter von Sachen trennen,

und besonders schnell rennen,

kann ich auch nicht.

Ich kann nicht nähen

und auch kein Rasen mähen.

Ich kann kein Geld ausgeben,

außer für Bücher,

keine schweren Sachen heben.

Ich war nie beliebt,

aber ich war schon immer das Mädchen, das alles, was ihr in den Kopf kam, auf das Papier niederschrieb.

Ich war schon immer mutig,

aber wär in Zukunft gerne vernünftiger.

Ich bin gern allein,

aber einsam kann ich schlecht sein.

Und mit aller Kraft

hab ich mich immer wieder hochgerafft,

denn ich kann nichts ohne Lernen meistern.

Ich habe viel zu viele Sorgen,

die turnen in meinem Kopf,

bis zum nächsten Morgen.

Doch es ergibt einen Sinn,

dass ich so bin.

Denn ich kann auch viele Sachen.

Ich bin gut im Schreiben, leider aber auch gut im Leiden.Ich mag so viele tolle Sachen, und lass es manchmal so richtig krachen. Ich kann skaten, und so mutig sein, wie 3 Rues auf 3 Welten. Ich kann singen und viel höher als Wyn springen. Ich kann viele tolle Dinge, und mir noch viel mehr bei bringen.Ich bin kreativ, provokativ, intuitiv, nachtaktiv, produktiv, Und Wyn sagt attraktiv. Manchmal wär ich gerne fiktiv. Ich bin gut genauso wie ich bin, und ich find das nichtmal schlimm.Denn ich bin so wie ich bin. " , beendet sie den Slam und schaut die Klasse an. Seit dem letzten Mal, als die Klasse meinte, ihr eines Gedicht sei nicht persönlich genug gewesen, steigt ihr Puls nur noch mehr in die Höhe.

Sie hat tatsächlich das erste Mal richtig Angst vor einem Slam gehabt, was ihr vorher noch nie passiert ist. Dies bemerkt sie erst, als die Klasse beginnt zu klatschen und ihr ein Stein vom Hezen fällt. Sie dachte damals, sie hätte das Schreiben verlernt. Das war immer das einzige, wo wie wirklich wusste, dass sie dies kann und dann stellten ihre Klassenkameraden, die alle schreiben konnten, dies in Frage. Da hat Rue sich auch in Frage gestellt. Die Klassenkameraden hatten es schon einige Male unter Beweis gestellt, dass sie Schreiben konnte. Rue wollte sich beweisen.

Nach der Stunde wartet Wyn schon am Eingang des Klassenraumes auf seine beste Freundin. Die anderen Leute aus dem Kurs starren die beiden an.

"Mach dir nichts draus, das sind alles Idioten" , erklärt Wyn.

"Ich weiß", grinst Rue. "Sollen die doch denken, was sie wollen. Wie schon gesagt; es gibt schlimmere Dinge, als mit dir zusammen zu sein"

"Wie war der Unterricht?", fragt er und die beiden setzten sich in den Internatshof, um die Pause gemeinsam zu verbringen.

"Ganz gut, hab nen Slam vogertragen und die Leute haben tatsächlich geklatscht und keine dummen Kommentare gebracht"

"Jetzt muss ich Raven nicht schon wieder die Ohren vollheulen. Sie ist viel korrekter, als ich am Anfang dachte. Ich glaube, wir sind dabei, Freundinnen zu werden"

"Das ist doch schön. Irgendwas muss sie ja auch haben, sonst wäre Niv nicht in sie verliebt"

"In wen ist Niv verliebt?", fragt da auf einmal Raven, die natürlich in dieser Sekunde auftaucht.

"In Käse" , antwortet Wyn und könnte sich daraufhin gleich ohrfeigen. Er hatte geschworen, noch nicht einmal Rue es zu erzählen und nun hatte er es quasi fast Raven vor die Füße geschmissen. Aber Niv liebte wirklich Käse.

"Achja, ich sollte ihm aus Holland Mal so nen riesen Käse mitbringen. Seltsamer Junge", sagt sie grinsend.

"Aber mein bester Freund" , lächelt sie.

"Wie war dein Unterricht?" , fragt Rue sie.

"Langweilig. Stinklangweilig"

"Dann ist ja gut, dass er jetzt zu Ende ist"

"Schau nur, wie die wieder tuscheln"

"Mach dir nichts draus. Das ist nur wegen Wyn und mir"

"Ich glaube, die Gerüchte würden niemals aufhören" , erklärt Raven.

"Es macht mir nichts mehr aus. Lass die Leute reden, die haben ja eh nichts besseres zutun" , antwortet Rue.

"Ich rede viel lieber mit euch, als mich mit dem Leben, welches ich angeblich habe, zu beschäftigen" , fügt sie hinzu.

"Und wenn Ihnen der Stoff ausgeht, weil nichts spannendes passiert, dann würden sie wahrscheinlich trotzdem weiterreden, über all das, was in unserer Betziehung abgeht. Was schief laufen könnte. Die finden immer was" , ergänzt Wyn.

"Habt ihr vielleicht Lust, heute abend etwas mit Niv und mir zu machen?"

"Klar, gerne. Wo und wann treffen wir uns?"

"Um sechs am Internat?", fragt Raven.

"Geht klar, wir werden da sein" , sagen die beiden und stehen nun auf, um in den nächsten Unterricht zu gehen, da es geklingelt hat.

"Was meinst du, werden wir machen?", fragt Rue.

"Die beiden sind unheimlich kreativ, was seltsame Unternehmungen angeht. Lass dich überraschen"

"Okay, das macht mir ein wenig Angst", lacht Rue.

*

"Wo sind denn die beiden?", fragt Rue am Abend, als Wyn und sie schon eine Weile auf die anderen beiden warten. Inzwischen war es schon zehn nach sechs.

"Wenn sie in zehn Minuten immer noch nicht da sind, dann gehen wir auf mein Zimmer. Ich will dir etwas zeigen" , erklärt Wyn.

"Du kannst mich doch nicht neugierig machen und dann einfach so bis sonst wann warten lassen, wenn die beiden jetzt auftauchen"

"So bin ich halt. Fies und gemein" , grinst er.

Nach ein paar weiteren Minuten kommen die beiden auf sie zu und haben jeweils einen Hund an einer Leine an jeder Hand.

"Wo habt ihr die denn her?", lacht Rue und nimmt Raven einen der beiden aus der Hand.

"Aus dem Tierheim. Für unsere erste gemeinsame Unternehmung werden wir diese Hunde ausführen"

"Da bin ich ja beruhigt. Wyn meinte, ihr habt verrückte Ideen"

"Wir dachten, wir fangen klein an" "Und wart ihr nicht diejenigen, die Bunjee-jumpen wollten?"

"Das ist sehr freundlich" , sagt Rue und geht mit dem Hund Gassi. Den anderen Satz lässt sie unkommentiert. Der Hund zerrt allertdings sehr an der Leine.

"Ein kleiner Draufgänger, was?" , fragt Rue grinsend.

"So wie du", lächelt Raven. Sie gehen gemeinsam in den Park und reden die ganze Zeit über miteinander.

"Ich hab gehört, du bist verliebt in Käse?", fragt Raven ihren besten Freund lachend. Dabei wird er etwas rot im Gesicht. Was sie zum Glück nicht sehen kann, da es draußen schon relativ dunkel ist.

"Ja, ich liebe Käse. Warum?"; versucht er die Situation zu überspielen.

"In wen bist du wirklich verliebt?" , fragt sie und pikt ihm in die Seite.

"In niemanden!"; antwortet er. Er kann ihr das schlecht sagen.

"Ich glaube, du verheimlichst mir was. Wer ist die glückliche?"

"Okay, ich sage es dir. Aber nicht lachen, ja?"

"Nein, versprochen!"

"Sie fängt mit K an"

"Wird das jetzt hier ein Ratespiel?"

"Nein"

"Komm sag doch einfach den Namen"

"Sie heißt Käsine und wir sind sehr glücklich zusammen. Wir sind gerade zusammengekommen. Sie mag es allerdings sehr kalt und ich eher nicht so"

"Ach Niv, du Blödmann" , lacht sie.

"Raven! Niv! WYN! " , ruft auf einmal eine panische Stimme.

"Was ist?", fragen die beiden, doch Rue braucht nicht zu antworten, denn sie sehen die Leine, an der kein Hund mehr läuft. Der rebellische Hund von Rue aus dem Tierheim ist abgehauen.

"Die werden uns umbringen", sagt Rue und beginnt nach dem Hund zu rufen.

"Roxy!" , rufen die vier in alle verschiedenen Richtungen.

"Königsfelde ist doch nicht so groß. Wir werden sie wiederfinden" , versucht Raven die Fassung zu bewahren, um die anderen und auch ein bisschen sich selbst, zu beruhigen.

"Und was, wenn sie aus Königsfelde rausläuft? Ist immerhin nicht eingezäunt" , entgegnet Rue.

"Wir werden sie finden. Du wirst sie finden. Ein Rebelle findet immer einen anderen" , antwortet Raven.

"HA-HA", entgegnet Rue und schaut sie grimmig an.

"Roxy", rufen alle durcheinander und laufen in alle Richtungen. Sie teilen sich auf, um den Hund zu suchen.

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