In einem wunderschönen Traum
Es war wie immer ein harter Tag in der Fabrik und wie jeden Abend irrte ich durch die Straßen und Gassen, um den Weg nach Hause zu finden. Die Luft war rußig und mit jedem Atemzug ohne Maske atmete man Asche ein. Die Welt um mich herum war auch am Tage lediglich schmutzig und grau. So etwas wie das Grün aus den Geschichten der Alten gab es hier schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Doch jetzt im Winter, war es am schlimmsten, den die Kälte machte, auch noch die letzte Hoffnung zunichte. Täglich sah man verhungerte oder erfrorene Menschen am Wegesrand wie weggeworfener Müll liegen. Die lebenden hatten längst kein Mitleid mehr mit den Toten, nur recht selten kam ein Zucken von jemanden, wenn es sich dabei um ein barfüßiges kleines Kind handelte, welches jünger als 8 Jahre war. Denn mit 8 konnte man schließlich arbeiten gehen. Alle, die jedoch unter diesem Alter lagen, waren, wenn sie so endeten, einfach durch das System gerutscht.
Ich selbst hatte Glück. Ich fand recht schnell einen Job in der Fabrik und konnte es mir leisten, ein Dach über den Kopf zu haben, zwar nur ein kleines Einzimmerapartment, doch es war mein Reich und ich musste es mit niemanden teilen. Doch heute war der Weg nach Hause recht lang und der Ruß getränkte Schnee, der unerbittlich vom Himmel fiel, schwoll mit dem Wind zu einem Schneesturm an. Es war unmöglich, die Hand vor Augen zu sehen und die Kälte kroch mir in die Knochen. Ich musste mich unterstellen, weg vom Zugwind und dem kalten Schnee, doch die Menschen hier waren alles andere als hilfsbereit oder freundlich. Ich konnte nicht einfach an eine Türe klopfen und wurde eingelassen, wie es wohl früher einmal machbar gewesen wäre, wenn man den Erzählungen der Alten glaubte. Also musste ich weiterlaufen.
Doch jeder Schritt war eine Qual und sobald mir eine kleine Gasse ins Auge viel, lief ich auf diese zu. Es war zwar immer noch kalt, doch wenigstens war ich von dem Wind, der eisern durch mein Gesicht peitscht war, geschützt.
Ich versuchte mich so klein wie möglich am Boden zu machen, um die wenige Körperwärme, die ich aufbauen konnte, besser zu verteilen. Jetzt durfte ich nur nicht die Augen schließen. Auch wenn die Müdigkeit mich plagte und der harte Arbeitstag in jeder Faser meines Körpers zu spüren war. Ich durfte einfach nicht einschlafen, den dann würde ich mit Sicherheit hier draußen sterben. Ich mit meinen gerade mal 17 Jahren.
....
....
....
Ich spürte, wie der Wind an meiner Jacke zog. Mein Körper war taub durch die Kälte. Der Schnee hatte sich wie eine schwarze Decke auf mich gelegt. Mein Kopf war leer. Ich spürte plötzlich rein Garnichts mehr. Mein Atem verfestigte sich zu kleinen Wölkchen und dann schloss ich einfach die Augen.
....
....
....
Ein piepsendes Geräusch drang an meine Ohren. Mein Kopf dröhnte und langsam öffnete ich die Augen. Mein Körper fühlte sich kraftlos an, dennoch versuchte ich mich aufzusetzen. Alles um mich herum war warm und weiß und ein Geruch, den ich nicht kannte, kitzelte meine Nase. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf und betrachtete das Zimmer, in dem ich lag. Es war größer als meine Wohnung. Durch die großen Fenster fiel gleißendes Licht herein, durch die Scheiben hindurch konnte ich die Farbe Grün erkennen. Mein Herz schlug etwas schneller bei diesem Anblick, der weder die Mischfarbe Grau oder Unfarbe Schwarz beinhaltete. Das piepsende Geräusch wurde lauter. Erschrocken drehte ich mich zu dem Gerät herum, von dem dieses Geräusch herkam und überrascht stellte ich fest, dass ich mit einem Kabel, welches mit Sensoren an meinen Körper geklebt war, an diesem Gerät hing. Vorsichtig löste ich Sensor für Sensor und das Piepsen wurde immer leiser, bis es ganz verstummte und nur eine gerade Linie auf dem Gerät angezeigt wurde.
Vorsichtig rutschte ich anschließend zur Bettkante, bereit aufzustehen, doch als meine nackten Füße den Boden berührten und ich mein Gewicht auf diese stützen wollte, knickten sie einfach ein. Es fehlte mir auch die kraft alleine wieder aufzustehen und ein dumpfer Schmerz breitete sich in meinen Körper aus, nachdem ich auf dem Boden aufkam. Eine plötzliche Müdigkeit überkam mich, als hätte ich tagelang in der Fabrik durchgearbeitet und erneut wollte diese Schwärze nach mir greifen.
Angst überkam mich, doch ich konnte nicht schreien. Meine Kehle war ausgedörrt. Meine Lippen waren spröde. Etwas Nasses lief mir übers Gesicht und zum ersten Mal seit unendlich langer Zeit weinte ich. Ich weinte an einen mir unbekannten Ort, weil ich diese wärme und diese Farben weiter um mich haben wollte. Ich wollte nicht zurück in diese kalte Dunkelheit, aus der ich gerade erst erwacht war, ich wollte hierbleiben, auch wenn es bedeutete, mich nie wieder richtig bewegen zu können, auch wenn dieser Schmerz in meinen Kopf für immer bleiben würde, wollte ich hier einfach nicht weg.
Und wie ein Wunder verzog sich der schwarze Schleier vor meinen Augen, etwas Warmes durchströmte meinen Körper und als sich meine Sicht wieder klärte, nahm ich die Frau wahr, die neben mir kniete und aus dessen Händen grünes Licht in mich hinein sickerte.
Hinter ihr stand ein junger Mann mit grausilbernen Haaren. Sein zitterte und sein Gesicht war mit einer schwarzen Maske bedeckt. Sein linkes Auge hatte nicht dieselbe Farbe wie sein rechtes und dennoch wirkte er alles andere als ein Fremder auf mich. Im Gegenteil. Sein linkes Auge erinnerte mich an irgendetwas, was ich vergessen hatte, etwas vor meiner Zeit in diesem Land, dass nur aus Stahl, Eis und Dunkelheit bestand. Es erinnerte mich an das Gefühl, zu Hause zu sein und wieder liefen mir Tränen über die Wangen und dieses Mal gewann die Schwärze, nach dem ich für wenige Sekunden alles gestochen scharf um mich herum wahrnehmen konnte und ein unangenehmer Druck sich hinter meinen Augen aufgebaut hatte.
Als ich das nächste Mal wach wurde, dröhnte mein Kopf noch immer und es war dunkel um mich herum. Lediglich das fahle Licht des Mondes sickerte durch die Fenster und ließen mich erkennen, dass ich wieder in einem Bett lag. Es war jedoch nicht mein Bett, so viel wusste ich schon einmal. Doch wo war ich? Meine Kehle fühlte sich immer noch staubtrocken an und angestrengt versuchte ich mich in diesem Zimmer umzuschauen. Nach einem erneuten Druckaufbau hinter meinen Augäpfeln schien meine Sicht deutlich besser geworden zu sein und in meinem Blickfeld konnte ich plötzlich auch Dinge erkennen, die ich nicht einmal benennen konnte. Und ich spürte mehr, als ich sollte. Woher ich wusste, dass sich also eine Person hinter der Tür aufhielt, konnte ich nicht sagen, nur dass es so war, also griff ich nach der kleinen Fernbedienung, die am Bett befestigt war und klopfte auf das Metall-Gestells des Bettes damit, um die Aufmerksamkeit der Person zu erlangen.
Wie ein Wunder klappte es auch und der Mann mit den silbergrauen Haaren trat ein. Er wirkte angespannt und ein wenig schockiert, mich zu sehen, doch vermutlich sah ich alles andere als gut aus in diesem Moment. Ich wusste nicht einmal, wie lange ich erneut geschlafen hatte. Mich verzweifelt versuchend aufzurichten, trat er immer näher an das Bett, in dem ich lag.
Mein Hals war ausgedörrt und das Glas, welches mir entgegen gereicht wurde, als ich versuchte zu sprechen, nahm ich dankend an. Die klare Flüssigkeit darin trank ich begierig bis auf den letzten Tropfen aus. Ein klein wenig Enttäuschung machte sich in mir breit, als ich realisierte, dass das Glas bereits leer war. Dort, wo ich lebte, gab es so etwas wie sauberes Wasser nämlich nicht, auch wenn die Alten erzählten, dass es früher sogar aus sogenannten Quellen sprudelte.
Allerdings glaube ich nicht, dass auch nur einer der Alten je eine solche Quelle mit eigenen Augen gesehen hat. Es waren schlichtweg Erzählungen, aus einer fast vergessenen Zeit. Eine Zeit vor dem Wirtschaftsaufschwung und des Zusammenbruches der Weltordnung durch den Krieg. Der Krieg, der immer nur „der Weltkrieg" genannt wurde, da die Welt, die man aus Erzählungen kannte, danach nicht länger existierte.
Ein Räuspern ließ mich zusammenzucken und erneut wurde mir ein Glas mit dem reinen und sauberen Wasser da geboten. Ein Mattes lächeln brachte ich gerade noch so zustande, bevor ich in meiner Bewegung innehielt, nach dem Glas zu greifen. Wasser, das man trinken konnte, war rar. Und der Mann mit der Maske vor dem Gesicht war eindeutig Müde. Es war sicherlich sein Wasser und es war bereits zu viel der Güte, dieses mit einer fremden Person wie mir zuteilen. Also schüttelte ich nur leicht mit dem Kopf und lehnte ab. Mein Herz wurde jedoch dabei leicht schwer.
Anstatt es jedoch selbst zu trinken, stellte er es einfach neben dem Bett, in dem ich lag, auf das kleine bewegbare Schränkchen. Keiner von uns beiden sprach ein Wort. Er starrte mich einfach nur an. Seine Aura machte mich immer nervöser, weshalb ich anfing, mit meinen braunen langen Haaren zu spielen. Ich hatte nie Geld für einen Friseur und ich konnte es auch nie übers Herz bringen, selbst mit der Schere anzusetzen, weshalb diese nun bis hinab zu meinem Po gingen, wenn ich sie offen trug.
Ein Gedanke manifestierte sich in mir und ich schüttelte wieder leicht mit dem Kopf, dieses Mal jedoch aus Verwirrung. Ab wann hatte ich eigentlich kein Geld mehr fürs Haareschneiden oder die Abneigung, diese mir selbst zu kürzen? Eine dunkle Erinnerung flackerte in mir auf, dass ich damals, als ich 11 Jahre alt war, noch kurze Haare hatte. Und davor hatte ich auch nur eine Haarlänge, die bis zum Kinn reichte! Wieso hatte ich sie dann so lang werden lassen.
Ein erneutes Räuspern riss mich wieder aus meinen Gedanken. Eine warme Hand griff nach der meinen und löste die Strähnen, die ich fest umklammert hielt. Ich wusste nicht, was mit mir los war, ich wusste nicht, wo ich bin, doch diese kleine Berührung löste ein Gefühl in mir aus, als würden 1000 Schmetterlinge in mir umherflattern.
Schmetterlinge, die ich lediglich aus einem alten, fast zerfallenen und zerfledderten Buch kannte, dessen Bilder fast verblichen waren. Eine Träne lief mir über die Wange und ich wusste nicht, warum. Meine Gedanken drohten schon wieder in Erinnerungen und Märchenerzählungen abzudriften, als ich dieses Mal ein leises aufkeuchen hörte und dann...
Dann spürte ich, wie starke Arme sich um mich legten, mich fest an den Körper des Mannes drückte und wie er schluchzend meinen Namen rief. Immer und immer wieder nannte er meinen Namen und etwas Nasses, weichte das dünne Hemdchen, das ich am Leibe trug, auf. Doch so verzweifelt seine Stimme auch klang, hatte sie einen warmen Unterton.
Also ließ ich es zu. Genoss die Wärme, die von diesem Körper ausging und schmiegte mich an ihm. Ich schloss die Augen und ein Name formte sich in meiner Erinnerung, den ich heiser über meine Lippen brachte.
KAKASHI!
Kakashi's Sicht:
Eilig lief ich ins Krankenhaus. Meine Magen und meine Brust krampften sich zusammen. Ich bekam kaum Luft und am liebsten würde ich nur noch schreien. Doch ich war wie betäubt. Ich konnte nur noch den Weg zum Krankenhaus einschlagen. Mein Kopf war leer, erst als der Mann im weißen Kittel mich an der Schulter packte, kam ich zur Besinnung. Der Arzt, sah mich mitfühlend an und wiederholte sich vermutlich gerade mindestens zum zweiten Mal, denn dieses Mal fragte er mich ganz direkt, ob ich seine Ausführungen verstanden hatte.
Ich nickte. Etwas anders blieb mir in dieser Situation schließlich nicht übrig. Ich nickte und es fühlte sich komplett falsch an. Es fühlte sich so unglaublich falsch an, die Geräte abzuschalten. Damit würde ich sie nämlich das zweite Mal töten, auch wenn es für sie keinen Unterschied bedeutete. Als der Arzt mir den Rücken zukehrte und ich nun mit ihrem leblosen Körper alleine im Zimmer war, spürte ich, wie das Zittern begann, meine Beine unter mir wegknickten und ich stumm schrie.
Ich konnte Sie nicht noch einmal verlieren. Bereits kurz nach ihrem ersten Tod hatte ich gewusst, was ich wirklich für sie empfand und der Schmerz in mir saß umso tiefer durch diese Erkenntnis. Ich hatte erst alles verlieren müssen, um mich an den letzten Hoffnungsfaden zu klammern. Ich hatte sie mit meiner eigenen Hand durchbohrt, doch der Bijou, der in ihr zu diesem Zeitpunkt lebte, hatte sie mir zurückgebracht.
Als man uns an jenem Tag fand, atmete sie, auch wenn so gut wie nichts mehr von ihrem Herzen übrig war. Damals waren wir beide um die 11 Jahre.
Mir wurde plötzlich bewusst, dass sie seit fast 9 Jahren zwischen Leben und Tod verweilte. Meine Tränen die ich nicht zurückhalten konnte bei meinem Zusammenbruch versiegten. Seit nun geschlagenen 9 Jahren wartete ein Grabstein auf sie, den ich nun bald benutzen würde. So lange hatte Rin durchgehalten, doch nun versagten Ihr anderen Organe. Das fremde Herz in ihrer Brust blutete und ihr Körper zerfiel.
Mochte sie äußerlich auch älter geworden sein, so war die Erinnerung an sie immer noch mit diesem kindlichen Antlitz versehen. Für mich würde sie nie älter werden als an dem Tag, als sie durch meine Hände starb. Und heute würde ich es das zweite Mal tun. Ich würde Rin den Stecker ziehen. Ich würde sie nicht allein lassen. Es war meine Schuld, dass sie hier lag und ich musste dafür nun die Konsequenzen tragen.
Doch alles um mich herum wurde schwarz.
Ich wusste nicht, wann ich vom Boden aufgestanden war oder wie ich es geschafft hatte, mich auf den Stuhl neben ihrem Bett zu setzen und nach ihrer Hand zu greifen. Ich wusste nicht einmal mehr, wann die Schwester ins Zimmer getreten war und die Maschinen auf meinen Befehl hin abstellte. Ich wusste lediglich, dass ich hier sein musste. Doch der Tunnelblick, in dem ich nach der Schwärze gefangen zu sein schien, ließ mich nur Momentaufnahmen erkennen, bis zu dem Zeitpunkt, als ich mir am Nachmittag des 3 Tages einen Kaffee holte.
Als ich wieder ins Zimmer treten wollte, hörte ich schon das durchgehende Piepsen. Ich hatte den Moment ihres Todes verpasst, weil ich nicht in der Lage war, mich länger ohne Koffein wachzuhalten. Mein Körper zitterte und ich konnte die immer noch vor mir geschlossene Tür nicht öffnen. Ich bekam keine Luft mehr. Eine Schwester eilte zu mir, wollte mich dazu bringen, mich zu setzen, doch der volle Gang machte dies unmöglich. Also stieß sie die Tür auf, trat vor mir in das Zimmer und ich fiel endgültig vom Glauben ab. Mein Verstand hatte sich nun endgültig verabschiedet. Und ich verfiel dem Wahnsinn. Dort am Boden lag sie, hielt sich den Kopf und versuchte aus eigener Kraft aufzustehen, was ihr nicht gelang. Die Krankenschwester, die vermutlich genauso geschockt wirkte wie ich, riss sich jedoch zusammen. Lief auf die am Boden liegende Rin zu und ließ ihr Chakra durch den zerbrechlichen Körper vor ihr fließen. Ohne es zu registrieren, hatte ich mein Stirnband von meinem verdeckten Auge gezogen und hatte Obitos Sharingan aktiviert. Tränen liefen mir über die Wangen, als Rins Blick den meinen traf und sie für wenige Sekunden lächelte, bevor sie ihre schönen Augen verdrehte und in die Bewusstlosigkeit, aus der sie gerade erst erwacht war, fiel.
Mein Herz raste, als wäre ich Meile um Meile gelaufen und in meinem Kopf drehte sich alles, als wäre ich in einem Rausch gefangen. Sie war am Leben, sie war hier. Obitos und meine Rin, war nicht tot. Ich hatte sie nicht getötet, auch wenn ich die Bilder einfach nicht aus meinem Kopf kriegen wollte, welche ich mit ihrem Gesicht nun seit Jahren in Verbindung brachte.
Ich wusste nicht wie, doch irgendwann hatte mich die Krankenschwester aus dem Raum geführt, mich in einem Stuhl vor die Zimmertüre gesetzt und jemand in einem weißen Kittel versuchte mich immer wieder anzusprechen. Doch das Blut in meinen Ohren rauschte so laut, dass ich nicht verstand, was man mir sagen wollte. Mein Kopf war leer und etwas Nasses tropfte immer wieder auf meine Hände, die ich zu Fäusten geballt auf meinen Schoß liegen hatte. Als ich wieder zu mir kam, war es bereits Nacht, irgendjemand hatte mich in ein leeres Zimmer geführt und auf eins der Betten darin gelegt. Der Nebel in meinem Verstand lichtete sich und Rins Gestalt tauchte vor meinem inneren Auge auf, wie sie da am Boden kniete und mich einfach nur anlächelte. Sofort sprang ich auf. Konnte nicht glauben, dass dieser Traum, diese Erinnerung real sein sollte und lief hinaus auf den menschenleeren Flur. Ich brauchte einige Minuten, um zu erfassen, wo genau ich mich befand und wie ich am schnellsten in das mir verhasste Zimmer kam, wo meine einstige Kameradin dahinvegetieren sollte.
Doch als ich vor der Türe stand, zögerte ich. Ich hatte Angst, dass es wirklich nur ein Traum gewesen war und die bittere Enttäuschung mich einholte. Und schon wieder verlor ich jegliches Zeitgefühl. Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon stand. Meine Hand schwebte über der kalten Klinke der Türe. Waren es nur Sekunden, Minuten oder schon Stunden, in denen ich mich nicht durchringen konnte, dieses Stück Metall herunter zu drücken und zumindest in das schlecht beleuchtete Zimmer zu linsen?
Ein Krachen von der anderen Seite der Tür ließ mich jedoch reflexartig handeln.
Und nun stand ich hier, sah auf den eigentlich toten Körper meiner Freundin und was ich sah, schockierte mich. Mein Körper war völlig verspannt und diese zierliche Person vor mir versuchte sich aufzurichten. Ich vergaß zu atmen. Doch meine Füße führten mich von allein immer näher an das Bett, in dem sie lag. Ihre spröden Lippen und ich kurzer Blick zu dem Glas auf der kleinen Konsole neben dem Bett, ließen mich schlucken. Ich wollte ihre Stimme hören, doch vermutlich war so etwas nach all der Zeit nicht möglich. Als sie sich über ihre trockenen Lippen leckte, handelte mein Körper wieder von allein. Ohne zu zögern reichte ich ihr das Glas Wasser und kam ihr dabei so nahe, dass ich sie schwach atmen hören konnte. Doch kaum hatte ich ihr das Glas gereicht, war es auch schon leer und ihr enttäuschter Gesichtsausdruck ließ mich für einige Sekunden schmunzeln. Sie schien über etwas nachzugrübeln, denn wie in meiner Erinnerung legte sich ihre Stirn in Falten. Ein eher zartes Räuspern von mir ließ sie zusammenzucken und erneut reichte ich ihr ein gefülltes Glas. Doch anstatt danach zu greifen, wie beim ersten Mal, lächelte sie nur matt. Als sie dann auch noch zaghaft den Kopf, las ich so viel in ihren Augen. Mein Herz krampfte sich schmerzlich zusammen und ich stellte es in ihre Reichweite. Hatte sie sich daran erinnert, was ich ihr angetan hatte und deswegen abgelehnt?
Keiner von uns beiden sprach ein Wort und ich konnte sie lediglich nur anstarrten. Die Ruhe ließ sie anscheinend nervös werden, und wie früher, wenn sie aufgeregt war, spielte sie mit ihren Haaren. Was mich mehr als nur ein wenig irritierte. Fragen über Fragen gingen mir durch den Kopf und trotzdem wirkte dieses Déjà-vu beruhigend auf mich.
Etwas hielt ihre Gedanken, wie die meinen gefangen. Wieder machte ich mich mit einem Räuspern bemerkbar. Ihre zierlichen Hände hatten sich fest in ihre Haare gekrallt und die Angst, dass sie sich verletzen könnte, ließ mich handeln. Mit einer Hand griff ich nach der irrigen und löste die Strähnen, die sie fest umklammert hielt. Ich wusste nicht, was mit ihr los war, ich wusste nicht, wie das möglich sein konnte, doch diese kleine Berührung löste ein Gefühl in mir aus, die ich schon seit Jahren nicht mehr hatte. Und auch in ihren Augen konnte ich etwas erkennen.
Eine Träne lief ihr über die Wange, die ich mit meinem Daumen auffing. Ich konnte nicht anders und alles in mir brach heraus. Ich keuchte vor Schmerz und Freude auf. Gefühle, die ich nicht einmal definieren konnte, füllten meinen Leib. Wollte ich sie vorher nicht überrumpeln, schloss ich sie jetzt einfach in meine Arme. Mein Körper zitterte und erneut brachen sich Tränen wieder ihre Bahnen. Mit erstickter Stimme kam mir immer wieder ihr Name über die Lippen.
„Rin..."
„Rin..."
„RIN..." schrie ich schon fast. Ich wusste selbst, was für einen erbärmlichen und verzweifelt Eindruck ich auf sie machen musste, doch zum ersten Mal realisierte ich, dass sie schon immer mehr für mich gewesen ist als nur die Kameradin und Freundin, die sie gewesen war. Ich spürte, wie sich ihr zerbrechlicher Körper an mich schmiegte und heiser hauchte sie mir meinen Namen ins Ohr.
„KAKASHI!" und dann...
Und dann riss mich ein schrilles Piepsen aus dem Genjutsu, in dem mich Itachi Uchiha gefangen hielt. Ich wachte im Krankenhaus auf und eine einzelne Träne lief mir über die Wange. Meine Augen waren rot, mein Herz war schwer. Und diese Qual nahm auch bei wachem Zustand kein Ende. Ich hatte Rin Nohara mit meinen eigenen Händen getötet und dieser Traum machte den Verlust nur noch schwerer für mich. Niemals würde mir jemand Absolution erteilen können. Denn Sie war mehr als nur eine Freundin und Kameradin gewesen.
Sicht Erzähler:
Der nächtliche Sturm hatte sich gelegt und es begann wie immer ein harter Tag in der Fabrik und wie jeden Morgen irrten die arbeitswütigen Menschen durch die Straßen und Gassen, um den Weg zur Arbeit oder etwas Essbares zu finden. Die Luft war rußig und mit jedem Atemzug ohne Maske atmete man Asche ein. Die Welt um sie herum war auch am Tage lediglich schmutzig und grau, wie die vorigen Nächte. So etwas wie das Grün aus den Geschichten der Alten gab es hier schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Doch jetzt im Winter, war es am schlimmsten, den die Kälte machte, auch noch die letzte Hoffnung zunichte. Täglich sah man verhungerte oder erfrorene Menschen am Wegesrand wie weggeworfener Müll liegen. Die lebenden hatten längst kein Mitleid mehr mit den Toten, nur recht selten kam ein Zucken von jemanden, wenn es sich dabei um ein barfüßiges kleines Kind handelte, welches jünger als 8 Jahre war. Denn mit 8 konnte man schließlich arbeiten gehen. Alle, die jedoch unter diesem Alter lagen, waren, wenn sie so endeten, einfach durch das System gerutscht.
Und an diesem Morgen stapelten sich wie an jedem anderen Tag im Winter wieder die Leichen, die von den Arbeitskräften der hiesigen Verbrennungs- und Müllanlage aufgelesen wurden. In einer kleinen Gasse, etwas abgeschirmt, lag unter dem schwarzen Schnee eine Frauengestalt. Ihre Haare waren so lang, dass sie bis zu ihrem hintern hinab reichten. Zusammen gekauert in einer kleinen Ecke, war auch sie dem Sturm und der Kälte leider nicht gewachsen gewesen. Dennoch wirkte sie nicht wie alle anderen Toten. Auf ihrem Gesicht hatte war ein sanftes Lächeln festgefroren und unweigerlich mussten die Arbeiter stutzen, als ihre Leiche auf den Karren zu den anderen Körpern hievten und ein alter Mann in ihrer Nähe krächzte ein „Wenigstens eine von uns, die im Geiste in ihre Welt zurückkehren durfte, nach ihrem erneuten ableben!", bevor er seinen Weg zur Fabrik der Verdammten fortsetzte. In einer Welt, die lediglich für die unruhigen Seelen der Verstorbenen errichtet wurde, die an ihrem Tod die eigentliche Schuld trugen.
So wie Rin Nohara, die sich zwischen einen Angreifer und ihrem Kameraden absichtlich gestellt und ihm somit die Last ihres Todes aufgebürdet hatte! Ihre Strafe war am Ende doch noch zu einem wunderschönen Traum geworden und hatte ihre gequälte Seele für die nahende Zukunft befreit. Denn der Krieg nährt sich stetig und Helden wie Obito müssen noch geboren werden!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top