3. Haare

Nach dem glorreichen Konzept von 'die spanische Marine hat gerade keine Lust auf uns' schafften wir es natürlich direkt am nächsten Tag auf ein Schiff mit blau-weißer Flagge zu treffen. Manchmal glaubte ich es Yeosang nicht, dass er ein Gott des Glücks war, aber diesen Gedanken teilten sich an Bord viele, obwohl ihn niemand auszusprechen wagte.

Wie auch immer war es dieses Mal anders.

Das Marineschiff schien bereits angeschlagen, notdürftig geflickte Löcher zierten ihr Deck und die Crew sah müde und ebenso ahnungslos geflickt aus. Wie es schien, waren sie vor gar nicht all zu langer Zeit erst auf ein feindliches Schiff gestoßen und die abschließende Resignation in ihren Augen, als sie die neue Flagge der Treasure sahen, gab Ausschluss.

Sie hatten nicht einmal einen Ausguck.

Wir schlichen uns mehr oder weniger unauffällig auf dem weiten blauen Ozean an, alle Männer an den Waffen und absolut perplex vom kompletten Fehlen einer Reaktion. Wooyoung stand hilflos neben seinen Kanonen, die Signalhand schlaff an seiner Seite.

Hongjoong steckte ebenfalls sein Schwert weg, um sich lässig auf der Reling abzustützen, friedlich einherzusegeln, bis wir fast Seite an Seite mit dem feindlichen Schiff standen, alle planlos.

"Captain! Feindliches Piratenschiff in Sicht!"

Hat gedauert.

Ich beobachtete schmunzelnd von meinem Posten am Mast aus, wie ein noch halbwegs wacher Bursche zu ihrem Captain eilte, hektisch auf unser Schiff deutete.

"Bursche, siehst du nicht, dass ich blind bin?! Wer ist es, wie weit weg sind sie?" Die herrische Stimme des alten Mannes ließ den anderen zusammenzucken und nun etwas alarmierter sah auch der Rest der Crew auf. Liebenswürdig grinsten wir sie an und sie senkten eilig die Köpfe wieder. Niemand hatte etwas gesehen.

"E-Es ist die Treasure, Sir! Captain Kim Hongjoong!"

Hongjoong wandte sich für einen Moment wichtigtuerisch nickend zu uns um, deutete mit beiden Händen auf sich und die Crew lachte leise, bevor sie das Spektakel weiter beobachtete.

"Verdammt, sie ist schon nahe genug, dass du von hier die Flagge siehst? Männer, zu den Waffen!"

Wir waren nah genug, dass Yunho mit seinen viel zu langen Beinen vermutlich nur einen Schritt hinüber machen konnte, aber egal. Seonghwa deutete den Marinesoldaten einzuhalten, das Gespräch abzuwarten. Sie gehorchten ihm sogar, diese Kerle waren es wirklich leid.

"Moment, Kleiner. Die haben den Captain vor ein paar Tagen hingerichtet! Ist es seine Crew? Oder haben sie nur deren Schiff geklaut, dann besteht weniger Grund zur Sorge!"

Hongjoong klappte die Kinnlade herunter und eilig richtete er seine Maske wieder.

"Die haben unseren Ausbruch vertuscht!", flüsterte er hektisch zu Mingi hin und der schüttelte nicht minder missbilligend den Kopf.

"Und das nach all dem, was wir angerichtet haben."

Nun ließ der Kleine suchend die Augen über unser Schiff schweifen, zählte die maskierten Leute durch.

"Sir, Ihr habt recht! Es sind nurnoch acht und kein abscheulicher Vokuhila ist in Sicht!"

Seonghwa fasste Hongjoong am Arm, bevor der gleich einem wütenden Kind über die Reling steigen konnte, bereit zu kämpfen.

"Wozu habe ich die Feder und meine Haare waren ja wohl so cool, wenn diese ignoranten Idioten sie nicht abgeschnitten hätten, dann-!" Lautes Gefluche kam auf und ich lachte leise in mich hinein, konnte nur wenig Sympathie aufbringen, wenn ich doch immer so froh war mein langes Haar loszuwerden.

"Sollen wir sie einfach gehen lassen?", murmelte Yeosang an meiner Seite zweifelnd und verschränkte die Arme vor der Brust, beobachtete den alten Seebär mit dem blutigen Verband über den Augen auf dem anderen Schiff.

"Wer würde ihnen so zusetzen und sie dann noch gehen lassen? Sie haben unmöglich in diesem Zustand noch eine Schlacht gewonnen."

"Frischlinge vermutlich, die ein Zeichen setzen wollen. Bei ihnen gibt es nicht zu holen."

Nachdenklich fokussierten wir wieder das Geschehen vor uns. Es war Seonghwa, der letzten Endes vortrat und nach dem Alten rief. Der hob ungewiss das Haupt, drehte den Kopf ungeübt in unsere generelle Richtung.

"Hey, ihr! Wir sind ATEEZ und nein, wir werden euch nichts tun. Versprecht uns dafür allerdings etwas als Gegenleistung für eure jämmerlichen Leben!"

Der Alte biss wütend die Zähne zusammen, aber er war absolut wehrlos, keine seiner stumpfen und leeren Waffen hätte uns erreichen können.

"Setzt das Wort in die Welt, dass Captain Kim Hongjoong lebt und zu seiner Crew zurückgekehrt ist. Das, uns er wird Piratenkönig werden. Entscheidet weise, wie ihr mit dieser Information verfahren wollt." Damit winkte er Mingi wieder Kurs aufzunehmen, Yunho glitt mühelos durch das Gebälk, als er die Segel justierte.

"Ihr wollt bloß Furcht verbreiten! Kim ist tot und keiner hier wird König!"

Achtsam auf Hongjoongs Reaktion wandte ich den Blick zu ihm, nur um festzustellen, dass unsere Reling sehr leer an seinem vorherigen Standort aussah. Für einen kurzen Moment stieg Panik in mir auf, dann riss mich Yeosang aus meinen Gedanken, der sich laut mit der Handfläche gegen die Stirn schlug.

Ah, da war unser Bündel angestauter Wut ja.

"Wenn ich dir deine Augen noch einmal geben könnte, damit du sehen könntest, wie falsch du gerade liegst, Gott, ich würde es tun." Der Bursche von zuvor lag reglos an der Seite, während Hongjoong breitbeinig vor dem anderen Kapitän stand, sämtliche Soldaten hatte in Angst verharren lassen.

"Du bekommst ernsthafte Konkurrenz, Pirat.", spie der Alte ihm bloß lebensmüde entgegen, sorgte sich nicht mehr um die Pistolenmündung an seiner Stirn.

"Achja? Mehr Seelen für Davy Jones' hübsche, geräumige Kiste. Willst du dich ihnen anschließen?" Seine Stimme war tief und hart, absolut gnadenlos und ein wohliger Schauder überrann meinen Rücken bei der Zurschaustellung von Macht und Dominanz. Niemand würde unseren süßen, fürsorglichen Kapitän so in seinem Element vermuten, aber hier war er.

"Sie werden euch zerfetzen und mit euren Gedärmen die Asche eures Schiffes schmücken, wie ihr es verdient! Sie haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen!"

Hongjoongs Grinsen war absolut humorlos, unmissverständlich grausam.

"Wie gut, dass ich das auch habe. Jetzt renn heim und sag deinen Chefs bescheid. Ansonsten schicke ich dir einen Mann mit einer einzigen Kugel hinterher." Er wandte sich kalt ab, kehrte mit ein paar wenigen geschickten Sprüngen wieder auf unser Schiff zurück und winkte Seonghwa uns etwas Wind in den Segel zu verschaffen.

"Ein Pakt mit dem Teufel, huh?"

Yeosang sah komisch aus, wenn er so lächelte. Eigenartig irre und besessen.

"Glaubst du, dass es auch Götterfänger sind?"

"Außer uns kontrollieren auch Monsta X in dieser Gegend die Meere. Du erinnerst dich, die Typen, die wir letzten Sommer getroffen haben?"

Ah diese, ja. Sie waren friedlich gewesen.

Ich nickte bloß, stieß mich vom Mast ab, als wir begannen davonzusegeln. Wooyoung schickte seine Pulveraffen zurück unter Deck und Jongho deutete auch seiner Gruppe an Kämpfern ereignislos wieder an ihre Arbeit zurück zu gehen.

"Es könnten tatsächlich Neulinge sein. Vielleicht sogar irgendwelche Reinkarnationen der Germanen, die sich weigern zu helfen, nur um zu sterben. Das ist in der Geschichte schon mehrfach vorgekommen.", erläuterte Yeosang weiter, ich folgte ihm zurück ins Quartier, während er sprach.

"Vielleicht weiß Yongguk mehr darüber. Ansonsten kommt natürlich alles mögliche in Frage. Es könnte auch Götterbrut selbst sein. Wir haben schon Crews von Toten gesehen."

"Yeosang, was ich dich schon lange fragen wollte... Hongjoong, er- Er hat mir keine Geschichte vorenthalten, die seinen Tod ankündigt, nicht? Nichts, was dem ein plötzliches Ende setzen könnte, ja?"

Yeosang lachte leise, zog den Hut und die Maske von sich, um sie ordentlich auf dem Bett abzulegen.

"Du kennst ihn doch. Solange er so wütend ist, ist Hongjoong unsterblich. Aber es ist nicht er, um den ich mir Sorgen mache."

"Nicht er...?"

Wer dann?

Yeosang schüttelte bloß stumm den Kopf.

"Ich will keine unnötigen Gerüchte in die Welt setzen. Geh zu ihm, mach etwas mit seinen Haaren. Irgendwie muss man ihn ja erkennen."

Yeosang hatte ein Talent dir Sorgen zu machen, ohne zu spezifizieren was dich genau verrückt machte.

Glück, von wegen...


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