Vergangener Epos
Guben, 20.08.-22.08.
Durch tausend Geschichten, durch Orte im Land
bewegt sich mein Zug; in der Art mir bekannt.
Am Fenster rinnt Regen, erkenne ein Haus
Wie sieht das doch alles wie immer noch aus.
Nach einigen Stunden in Monotonie
im eigenen Leben, das in Harmonie
ein anderes ist, vielleicht falsch und beschränkt
und dennoch mir glückliche Monate schenkt
da bricht nun mein Leben, Sekunden im Schein
da bin ich woanders, da fahre ich ein,
da nähert sich langsam, so wird es mir klar,
vergangene Welt; sie hält an. Ich bin da.
Und auf diesem Bahnsteig, im eisigen Wind
betrete ich unsicher wie damals als Kind
das Pflaster, das scheint noch dasselbe zu sein,
doch er, der dort wartet; er wartet allein.
Dort stehen die Autos, auch seins ist dabei
es ist so wie immer, die Rückbank ist frei.
Und während wir fahren, dreh' ich mich noch um
ich seh' von der Rückbank zurück und bleib' stumm:
Dort stehen dieselben, ob Nachbar, ob fremd
sie warten wie immer auf die, die man kennt
Dieselben erwarten dieselben und dort
geschieht es sogleich; sind vereint durch ein Wort.
Ein Wort, dass ganz vieles bloß einfach nur sagt
und während sie sprechen, bin ich überfragt
ich frage mich, denke, bin wieder zurück
steh' plötzlich im Hof; fragmentarisches Glück.
Die Welt dreht sich weiter und in mir ist's gleich
da dreht sich dann alles, ich werde ganz bleich
Ich drehe und trete ins Haus dann hinein
was ich dort erblicke, das weiß ich allein.
Es fühlt sich wie immer an, irgendwie nicht
Ein Windhauch im Hause, erleuchtendes Licht
Zig Spinnweben, Kälte, Jacken, ein Schal
er liegt dort wie gestern, ein heiliger Gral.
Als wärst du verreist, nur mal eben kurz weg
Das alles nur Traum, ja, ein grausamer Schreck
Und doch dreht's sich weiter, ich weiß nicht wohin
Vergangener Ort, da, wo ich grade bin.
Und wie ich versuche, das Gute zu seh'n
da such' ich verzweifelt, seh' mich einsam steh'n.
Ich blicke nach rechts, es ist kurz wie ein Traum
doch wie ich auch suche, verbleibt leerer Raum.
Die Türe steht auf, es tritt niemand hinaus
ein Windhauch, ein kalter, füllt einsam das Haus
Relikte, Momente, verbleiben und ich
ich stehe darin, ja, als fühle ich dich.
Es ist fast wie immer, im kurzen Moment
da schließ ich die Augen und fühle: es brennt
In mir brennt es lodernd, der Koffer bei mir
er fällt auf den Boden, das Wasser rinnt hier
genau wie dort draußen, wo Regen nicht geht
wo Regen den Kummer von mir breit erzählt
Der Herbste hält Einzug und Baum verliert Blatt
Die Schönheit des Lebens vergeht in der Stadt.
Denn hier steh ich wieder, wie damals, im Flur
ich kämpfe; mit mir. Ich mach's mit Bravour.
Ich öffne sie wieder, die Normalität
sie sollte doch kommen, doch sieh, ja, sie geht.
Die Stadt ist dieselbe, das Dorf wie gekannt
die Straße, das Haus, jeder Baum, ganzes Land
Und doch ist es anders, ein and'res Gefühl
das Hause ist anders; es schallt und ist kühl.
Ich sag: „Alles gut" und Routine beginnt,
ich atme. Ich gehe. Der Regen, er rinnt.
Ich spüre den Blick, der jetzt hinter mir ist
Ich kann dich nicht sehen. Du wirst so vermisst.
Es fühlt sich wie immer an, irgendwie nicht
Ein Windhauch im Hause, erleuchtendes Licht
Zig Spinnweben, Kälte, Jacken, ein Schal
er liegt dort wie gestern, ein heiliger Gral.
Als wärst du verreist, nur mal eben kurz weg
Das alles nur Traum, ja, ein grausamer Schreck
Und doch dreht's sich weiter, ich weiß nicht wohin
Vergangener Ort, da, wo ich grade bin.
Ich sehe in Alben, auf Fotos darin
und sehe auch dich, du kamst endlich hier hin.
Bist Foto geworden, ein so schönes Bild
für immer verewigt, die Seite gefüllt.
sprichst andere Sprache nun, ich hör sie nicht.
„Hast Raum nur gewechselt", das sagt man mir schlicht.
Doch auf deinen Bildern erkenne ich schon
wie aus kleinem Kinde wurd' große Person.
Die Freundin, die Lehrerin, Heldin auch heißt
die Gärtnerin; die nun alleine verreist.
Und Mama erzählt mir Geschichten von dir
und während sie spricht, ja, so denke ich mir
da denke ich an die vergangene Zeit
an Gestern, an Heute an Zeiten zu zweit
da denk' ich an Zukunft, vergangenen Tag
an Chance, die gewiss niemals kommen mehr mag.
Wir lachten die Nazis aus, liefen im Schnee
wir fuhren durch Städte und zu manchem See
Jetzt sag ist das das, was man Großmutter nennt?
Das alles erwartbar, was jeder wohl kennt?
Im Hof steh ich nun und frag mich, wo du bist
ob du eines Tages zurück kommst, vergisst
was nach dem Geburtstag, nach Robert, geschah
wie achtzehnter Maie Zäsur für uns war.
Ich sehe zur Hecke, doch niemand, kein Rad
kommt langsam hervor, als wärs tägliche Tat.
Da ist nun nichts mehr und da starre ich hin
als wär's nur Sekunde, als brächte es Sinn.
Ich greife nach dir und nach allem, was ich
mit dir hab verbunden, Erinnerung, dich
doch fall ich hindurch, in der Luft steht die Hand
sie findet kein'n Partner, verweilt unerkannt.
Die Stunden vergehen und niemand tritt ein
es ist, wie es war: im Hof bleib' ich allein
Verwundert, wie eigener Puls dann noch schlägt
versteh ich, ich lebe, der Tod hat's geprägt.
Es fühlt sich wie immer an, irgendwie nicht
Ein Windhauch im Hause, erleuchtendes Licht
Zig Spinnweben, Kälte, Jacken, ein Schal
er liegt dort wie gestern, ein heiliger Gral.
Als wärst du verreist, nur mal eben kurz weg
Das alles nur Traum, ja, ein grausamer Schreck
Und doch dreht's sich weiter, ich weiß nicht wohin
Vergangener Ort, da, wo ich grade bin.
Die Monate flogen, zwölf sind schon vorbei
der schmerz scheint mir endlos, als ob's ewig sei
doch alles ist anders, der Hof wie das Haus
nur äußerlich sieht es wie früher noch aus.
Ich kann nichts mehr tun, selbst wenn, hätt' ich die Kraft
in mir ist nur Trauer von Sehnsucht erschafft
Hab Angst vor dem Morgen, dem Gestern, vor mir
will niemanden sehen, will wieder zu dir.
Ich lebe in Dunkelheit und in manch Nacht
da seh' ich's in alter und ganz schöner Pracht
in dunkelheit tanzt dort dein schatten vor mir
am treppengeländer fragt er „wie gehts dir?"
Und keiner könnt sagen, er hätt' es gewusst
er hätte schon vorher mit Leid und mit Frust
den Tode gesehen, den deinen; Exil.
Das wusst' nicht mal ich und ich weiß ja so viel.
So gingst du ganz plötzlich und ich blieb zurück
erinnre mich einsam an uns und das Glück
Ich könnte zwar froh sein und doch reicht's mir nicht
entscheidende Stunden, sie fehlen mir schlicht.
Verloren uns in einer stürmischen Zeit
denn sie kam für dich in ein'm schwarzen Geleit.
Und während sie endlose Tage erließ
da traf sie auch mich; sie mich letztlich verließ.
Verließ mich, sie nahm dich, setzt neues Statut
und mir sagt man tröstend: es wird alles gut
doch wenn alles gut wird, warum will ich dann
am Telefon hören, dass bald, irgendwann,
die Stimme erklingt, sie mir freudig erzählt
von Kirche, von Chor und was sie sonst bewegt
Warum heb ich ab und erreiche sie nie
Warum wird das Tuten Beweismelodie
Beweis für den Bruch in der Zeit, deinen Tod?
Ich hebe fast täglich, verwirrt als Chaot
den Hörer und horche, doch unerreicht bleibt
das rhythmische Tuten in ewiger Zeit.
Ich höre dich sprechen, ist Einbildung. Stumm
bleibt Ende der Leitung, der Wahrheit wohl drum
So bricht er mich wieder, Gedanke von dir
ich liege hier einsam, zerknüllt wie Papier.
Es fühlt sich wie immer an, irgendwie nicht
Ein Windhauch im Hause, erleuchtendes Licht
Zig Spinnweben, Kälte, Jacken, ein Schal
er liegt dort wie gestern, ein heiliger Gral.
Als wärst du verreist, nur mal eben kurz weg
Das alles nur Traum, ja, ein grausamer Schreck
Und doch dreht's sich weiter, ich weiß nicht wohin
Vergangener Ort, da, wo ich grade bin.
In Trance seh' ich Bilder, die ich noch im Mai
vom Hof und vom Hause geschossen hab, zwei
Gedanken erkenn' ich im Polaroidfilm
Das: „alles wird besser", „kommst wieder", im Sinn.
Erblicke im Spiegel noch immer Gesicht
das deinige, rechts von mir, leuchtet im Licht
Ich seh' deine augen, dein Lächeln wie einst
und dann seh' ich kummer, du sagst nichts, du weinst.
Weinst gleichsam wie ich verspricht mir Illusion
zerbrechen so beide, der Geist, die Person.
Und doch steh ich einsam, ist nichts wie davor
Es ist nichts wie immer, dringt's mir jetzt ins Ohr.
Und weil nichts wie immer ist, wie soll die Welt
sich weiterdreh'n, wenn auf den Kopf nun gestellt?
und wie dreh auch ich mich dann weiter, sag's mir
wie lebe ich weiter, wie wird das all hier?
Weil in meinen Träumen hast du mich geschützt
dich Feinden gestellt und mich auch aufgestützt
Da seh' ich es vor mir, wie gestern erscheint
mir Leben von uns; im Traume vereint.
Und so könnte man meinen, es ist alles gut
für mich in mein'm Alter, ganz jung ist mein Blut
doch wie soll es gut sein, ich sagte es schon:
Das Leben, das Hause, all das Illusion.
Ich bin nicht ich selbst, hab verloren die Zeit
verloren mich selbst ganz in Trauer und Leid
Nach all' unseren Tagen, im Sommer, fällt's schwer,
an denen wir nah war'n, sie kommen nicht mehr.
Behalt' die Erinn'rung, erinnere mich
erinn're die Tage, erinn're an dich
Behalt' als Erinnerung silbernen Ring
ich trage ihn täglich, weil ich an dir hing.
Behalte dich weiter, wie du hast's getan
du hast mich behalten, in Freude und Gram.
Ich habe den Ring, er bringt dich nicht zurück
ist Laster wie Freude, Erinn'rung ans Glück
Und jedes mal wenn ich ihn trage und seh
da denk ich an dich; an uns damals im Schnee
da brennt es in mir und ich weine, ich will
das alles nicht mehr. Diese Hölle wird still.
Bemerkenswert, wie doch ein Mensch dich zerreißt
der dir ist genommen und während du schreist
ist keiner mehr da, ja, da linderts dich nicht
da schreist du allein, bis das Herze dir bricht.
Vergangenen Epos beweine ich heut'
dein Leben im Versmaß, mit Trauer und Freud
Behalt' die gehäkelten Socken in Zier
behalte was übrig bleibt, übrig von dir.
Es fühlt sich wie immer an, irgendwie nicht
Ein Windhauch im Hause, erleuchtendes Licht
Zig Spinnweben, Kälte, Jacken, ein Schal
er liegt dort wie gestern, ein heiliger Gral.
Als wärst du verreist, nur mal eben kurz weg
Das alles nur Traum, ja, ein grausamer Schreck
Und doch dreht's sich weiter, ich weiß nicht wohin
Vergangener Ort, da, wo ich grade bin.
Wie du war auch ich dabei, bin letzter Teil
ein Teil der Geschichte, bin Erzähler nun, weil
nur einer von beiden die Zeit überlebt
gemeinsame Tage zu Epen verwebt.
So bleib ich zurück, von uns beiden, und steh'
inmitten des Hofes, verwirrt und ich dreh
mich immer noch weiter, vor Kirche, vor Tor,
vor Hause, im Dorfe, nichts ist wie zuvor.
Da steh ich nun, ratlos, im Dorfe, im Land
im Städtchen, für das ich Geschichte erfand.
Ich sehe das Häuschen, das Ende von dir
auf Satz folgt der Punkt; nun das Ende von mir.
Ich muss uns'ren Schwur, der mich scheint noch zu zier'n.
behalten und lösen, die Waage justier'n.
Bin Kämpfer, so hast du's mir immer gesagt
doch diesmal, so glaub' ich, bin ich überfragt.
Da steh' ich und kämpfe in Schlachten der Zeit
ich kämpfe und kämpfe, und komme nicht weit.
Ich weine und fühle, verliere, merk' ich
denn sieh, ich verliere, verlier' diesmal; dich.
Und wie ich hier stehe, im Hof und im Haus
da sehe ich wieder: Beerdigungsstrauß
daneben, du ahnst es, daneben stehst du
bist wieder lebendig und schaust mir jetzt zu.
Da seh' ich die Beeren, Kartoffeln im Beet
der Herbstwind berührt mich, er kühlt wie er weht.
Ich sehe Geschenke und höre dein Wort
Ich sehe dich lächeln am schrecklichsten Ort.
Und ich stehe hier, bin lebendig, es muss
doch irgendwann enden, ja, wo bleibt der Schluss.
Es geht immer weiter, steh im Flur allein
blick rechts in die Küche, wo du solltest sein.
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