#Gespräch
Eingekuschelt in meine dicke flauschige Sweatshirtjacke sitze ich in der vorderen Ecke des kleinen Raumes. Er ist zugestellt mit vielen verschiedenenen Trainingsgeräten. Es gibt nicht sehr viele Sitzmöglichkeiten. Und die, die es zu bieten gibt, sind bereits von den vier Jungs im hinteren Teil des Raumes beschlagnahmt worden.
Ohne ein großes Problem damit zu haben, sitze ich einfach auf dem Boden. Meinen Kopf lehne ich gegen die Wand. Von hieraus kann ich die Jungs ohne Probleme beobachten. Unheimlich vertraut miteinander spaßen sie über verschiedene Dinge. Bei einigen Witzen muss ich aufpassen, dass ich nicht laut lache. Das Gespräch ist schließlich nicht für meine Ohren bestimmt.
Langsam ziehe ich die Kapuze meiner Jacke über meinen Kopf und rutsche in eine gemütliche Position. Auf meinen Schoß lege ich mein E-Book ab. Vor zwei Stunden etwa habe ich beschlossen, ein Buch, das ich bereits vor längerer Zeit gelesen habe, erneut zu lesen. Auf bestimmte Stellen fiebere ich bereits jetzt schon hin und beginne somit voller Vorfreude zu lesen.
Gerade bin ich beim dritten Kapitel angelangt, da bemerke ich aus dem Augenwinkel, dass der blondhaarige Junge neben mir steht. Links von mir liegt seine Tasche, aus der er eine Flasche Wasser holt. Ohne einen weiteren Gedanken an seine Nähe zu mir zu verschwenden, konzentriere ich mich wieder auf die Wörter auf dem Display.
"Ist das etwa ein Kindle Fire?", fragt er, während er sich runterbeugt, um auf das Gerät zu blicken. Ich schüttele meinen Kopf. "Ne, das ist der Alte", antworte ich.
Auf Nachfrage von ihm wiederhole ich diesen Satz erneut, da er ihn akustisch nicht verstanden hat. Das tut er nie. Wahrscheinlich spreche ich in seiner Gegenwart einfach zu leise.
"Ah, brauchst du mir nicht zu sagen. Von den Dingern habe ich eh keine Ahnung", antwortet er daraufhin. Verwirrt runzele ich meine Stirn. Wieso fragt er dann danach? Genau das sollte ich ihn fragen.
"Wieso hast du mich dann danach gefragt?", wende ich mich zu ihm und lege meinen Kopf etwas in den Nacken. Schulterzuckend schiebt er seine Tasche beiseite und setzt sich ebenfalls auf den Boden. "Vielleicht, weil ich mit dir ein Gespräch anfangen wollte?"
Ich bin mir nicht sicher, ob dies eine Frage oder eine Feststellung ist. "Und wieso würdest du das tun wollen?", hinterfrage ich es weiter. Kurz mustert er mich. In dieser Zeit tue ich das Gleiche. Seine Gesichtszüge sind entspannt. Er sieht nicht so verbissen wie sonst immer aus.
"Vielleicht, weil ich deine Stimme hören möchte?", stellt er erneut etwas unklar als eine Aussage dar. "Wieso immer dieses 'Vielleicht'?", spreche ich meinen Gedanken laut aus. "Vielleicht", wiederholt er erneut und ich blicke ihn entnervt an. "Okay, ich bin nicht vielleicht, sondern ich bin bestimmt unsicher."
Mein Mundwinkel zieht sich leicht nach oben. Er und unsicher. "Wegen mir?", flüstere ich. Direkt schaue ich weg. Das hätte ich nicht fragen sollen.
Mit meinen Augen fixiere ich einen Punkt in der hinteren Ecke des Raumes. Die drei Jungs dort sind in einem leisen Gespräch vertieft. Es scheint als würden sie uns keine Beachtung schenken, aber da bin ich mir nicht sicher.
"Wegen dir", räuspert sich der Blondhaarige. Vorsichtig greift er mit seinen Fingern nach meiner Wange und drückt mein Gesicht sachte zurück in seine Richtung. Unsicher ziehe ich meine Augenbrauen zusammen.
"Aber das brauchst du doch überhaupt nicht zu sein", gebe ich von mir, während mein Blick von seinem dunkelblonden Haaransatz über seine gekräuselte Stirn zu seinen klaren blauen Augen wandert und dann weiter über seine recht kleine geschwungene Nase hinzu seiner schmalen Oberlippe und seiner vollen Unterlippe, auf die er sanft herum beißt.
Seine Hand ruht immer noch auf meiner Wange. Unbewusst - so erscheint es mir - fährt er mit seinem Daumen über die Kante meiner Oberlippe. Der leichte Geruch von Eisen steigt mir in die Nase, da der Junge gegenüber von mir vor kurzem noch mit den Hantelstangen gearbeitet hat.
"Ich wäre es nicht, wenn du mir klare Zeichen geben würdest, was du von mir hälst", seufzt er leise. Ein letztes Mal streicht er über meine Lippe, steckt eine Haarsträhne, die sich aus meinem Zopf gelöst hat, hinter mein Ohr und lässt seine Hand sinken. Leicht wie eine Feder liegt sie nun auf meinem linken Knie, das in seine Richtung zeigt.
In meinem Magen zieht sich alles zusammen und an meinen Armen bekomme ich Gänsehaut. Meine Augen fangen an zu brennen und ich habe das Gefühl, gleich in Tränen auszubrechen, wenn ich diese Gelegenheit einfach vorübergehen lasse.
Unsicher beiße ich mir auf meine Unterlippe und stoße kurz mit meiner Zunge gegen meine obere Lippe. Der Geschmack nach Eisen haftet daran.
Bevor ich mich dafür verfluchen kann, lehne ich mich nach vorne, stütze mich mit meiner linke Hand an seiner Hüfte ab, greife mit meiner rechten Hand in den Kragen seines grauen T-Shirts und presse meine Lippen auf seine.
Sein Blick spiegelt völlige Überraschung wieder. Aber dann fangen seine Augen an zu glänzen und schlussendlich schließt er sie. Ich blicke auf seine langen dichten Wimpern nieder. Seine Hand, die auf meinem Knie ruht, rutscht ein Stück weiter nach oben. Seine Fingerspitzen üben Druck auf meinen Oberschenkel aus. So als wollte er mich nicht mehr loslassen. Die zweite Hand des Blondhaarigen legt sich in meinen Nacken. Als er seinen Mund etwas öffnet, schließe auch ich meine Augen.
Es kommt mir vor, als wären wir nicht mehr länger mit anderen Leuten in diesem Raum. Ich vergesse die Leute, den Raum, die Zeit. Das einzige was zählt ist der Blondschopf vor mir und seine unfassbar weichen Lippen. Zu dem Geschmack nach Eisen mischt sich der von Schokolade, weil er ständig diese Oreo-Kekse isst.
Manchen würde diese Kombination wahrscheinlich nur Bauchschmerzen bereiten, aber ich genieße es. Beides gehört zu ihm. Genauso wie seine graue Mütze, an der ich ziehe, während er seinen Griff um meinen Oberschenkel weiter verstärkt. Genauso wie seine Muskeln, die er durch das ständige Krafttraining aufbaut, die ich durch sein T-Shirt hindurch spüre.
Um wieder zu Atem zukommen, löse ich mich ganz langsam von ihm. Bleibe jedoch mit meinem Gesicht nur wenige Zentimeter von Seinem entfernt.
"Waren das klare Zeichen?", unterdrücke ich mit Mühe ein Keuchen. "Vielleicht", grinst er spitzbübisch, zieht mich an meiner Hüfte zur Hälfte auf seinen Schoß und vereint unsere Lippen erneut miteinander.
Natürlich frage ich nicht nach. Weiterhin kauere ich still in der Ecke - merke wie mein Bein langsam einschläft - und vertiefe mich in das Buch. Hoffentlich ist mein Bruder bald fertig, so dass wir gehen können. Auch wenn ich das eigentlich gar nicht will.
#####
Habe mich gerade in die Musik von Jason Walker verliebt😍 Inspiriert von diesen sanften Melodien habe ich mal wieder ein Kapitelchen zustande gebracht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top