Verlieren ist keine Option

Ich könnte beliebt sein. Es wäre nicht schwer. Meine Gene haben mich gesegnet. Ich sehe gut aus. Monica, hat schon lange ein Auge auf mich geworfen und sie ist nicht die einzige. Umso älter ich werde umso leichter würde es mir fallen. Ich könnte meine außerschulischen Aktivitäten, die Gemeinnützige Arbeit am Freitag, die paar Stunden im Tierheim, den anonymen Buchklub, mit Schulaktivitäten ersätzen. Ich könnte Nachhilfe geben, Tennis spielen, in der Bibliothek aushelfen – kurz gesagt: ich könnte Aufmerksamkeit gewinnen. Gut aussehende Streber, betonung auf gut aussehende, finden generell schnell Anschluss. Doch es wäre mir zu anstrengend. Zu viel Aufwand für etwas, das mich nicht wirklich weiterbringt im Leben.

Um so etwas zu vermeiden sind meine Tage komplett durchstrukturiert. Außer ein Recherchethema treibt mich frühzeitig aus dem Bett, laufen meine Morgen eigentlich immer gleich ab. Gleich nach dem Aufstehen, wirklich Sekunden nachdem ich aus dem Bett rolle dehne ich mich. Danach, locker eine halbe Stunde später, lackieren ich meine Nägel mit Klarlack, schmiere tausende Öle auf mein Gesicht – alles für eine sanfte Haut – mache mein Makeup (dezent), nehme meine Vitamine und Frühstücke.

Heute jedoch schaffe ich es noch nicht einmal aus dem Bett bevor meine Routine gebrochen wird. Eine Nachricht taucht auf meinem Bildschirm auf, gerade als ich dabei bin den Wecker auszuschalten. Es ist Jake.

Mutter hat mit ihren Worten genau ins Schwarze getroffen, mitten in die bedeckte Unsicherheit, die in mir schlummert. Das Schlimme ist, ich weiß, dass sie recht hat. Weiß genau wie hoch die Wahrscheinlichkeiten dafür stehen.

Ich mag Jake, auf eine verdrehte, 'ich kann den Kerl wirklich nicht ausstehen' Weise mag ich ihn wirklich. Ich kann so grob, so forsch, so frech sein wie ich nur will, es macht ihn nichts aus. Im Gegenteil, es ist dieses Verhalten, dass überhaupt erst sein Interesse geweckt hat. Ich muss mich bei ihm nicht zurückhalten, aus Furcht er würde gehen. Er mag meine durchgeknallte Ader, findet sie offenbar sogar attraktiv. Zumindest behauptet er das.

Ich habe seine Noten nie gesehen, theoretisch könnte das alles hier ein Trick sein. Ein Trick um mich abzulenken, um mich aus dem Konzept zu bringen, damit er der beste Schüler wird, damit er all die Collegezusageen bekommt und nicht ich. Vielleicht ist es nicht einmal so kompliziert vielleicht will er mir nur an die Wäsche, weil er weiß, dass ich schwul bin und keine Ahnung hat, dass der Captain des Schwimmteams es auch ist.

Ihr haltet meine Reaktion für übertrieben? Tja, meine Mutter hat dasselbe über meine beste Freundin in der Volksschule gesagt und damals habe ich ihr auch nicht geglaubt.
Dreimal könnt ihr raten, wie die Sache damals ausgegangen ist – dingding! Mit meiner Blamage.

Und ich bin nicht dumm, mir ist wohl bewusst, dass Phoebe mich auch für das richtige Angebot hintergehen würde, denn wirklich jeder ist käuflich. Das gleiche gilt auch für Jake, für einen persönlichen Vorteil würde er mich gewiss sogleich hintergehen.

Dennoch denke ich oft an den Kuss. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Es war reiner Impuls, der mich dazu bewegt hat, meine Lippen auf seine zu legen.

Ich kann kaum aufhören daran zu denken, nachts lässt es mich wie dumm in meine Decke lächeln und als ich Jakes Nachricht öffne, bewegt es mich zu einer Entscheidung.

Scheiß auf die Konsequenzen.

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