Kapitel 6

Gemächlich schlenderte ich durch das gemeinschaftliche Wohnzimmer und die Küche- alles war so still und friedlich. Vielleicht lag es daran, dass sie Avengers größtenteils auf geheimen Missionen waren und mich ja mehr oder weniger alleine gelassen hatten. Grübelnd, wie ich mir die Zeit vertreiben konnte, ließ ich mich auf das Sofa fallen. Plötzlich hörte ich ein Knacken. Ich schreckte hoch. War ich doch nicht allein? „Jarvis, wer ist da?", fragte ich zögerlich. „Thor ist soeben aus Asgard zurückgekehrt, Miss." Erleichtert atmete ich auf und ließ mich, jetzt wieder entspannt, in die Kissen zurücksinken. Immerhin war ich nun nicht mehr alleine und konnte mir die alten Geschichten des Donnergottes um die Ohren schlagen. Thor betrat das Wohnzimmer und fast sofort lief ich auf ihn zu und umarmte ihn. Er war zwar überrascht, jedoch erwiderte er die Umarmung schmunzelnd. „Endlich bist du wieder da! Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich gelangweilt habe." „Das sehe ich dir an", meinte er lächelnd und zusammen setzten wir uns auf die Couch. „Erzähl mir was aus Asgard", bat ich ihn. „Was hast du dort gemacht? Wie ist es dort so?", fragte ich neugierig. „Nun, das ist eine lange Geschichte", meinte er seufzend. „Erzähl nur. Ich hab Zeit", erwiderte ich. „Also gut..." Damit lehnte er sich etwas zurück und begann, zu erzählen; von Asgard, wie es dort aussah, von seinen Eltern Odin und Frigga, auch von seinem Bruder Loki, der in einer Gefängniszelle saß. Gespannt lauschte ich seinen Worten, die mich in ihren Bann zogen. Asgard musste wohl ein wunderschöner Ort sein, dachte ich, den Erzählungen nach zu urteilen.

Einige Zeit später musste Thor jedoch wieder los, da er noch etwas zu erledigen hatte. Also machte ich mich für die Wilkommensparty bereit. Natasha und Pepper hatten mir doch tatsächlich bei der Outfitauswahl geholfen und so durfte ich an diesem Abend ein teuer aussehendes rotes Kleid tragen mit den passenden High Heels und Accessoires dazu. Zum Schluss verpassten sie mir noch eine wunderschöne Frisur, die meine schwarzen Locken zur Geltung brachte, sowie einen Hauch Make Up,welches meine blauen Augen strahlen ließ. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was das zusammengenommen alles gekostet haben muss, doch Natasha und Pepper versicherten mir, dass alles mit Tonys Kreditkarte bezahlt würde, was meiner Aufregung jedoch nur minder half.

Um Punkt sieben Uhr holte mich ein gut gelaunter Steve an meinem Zimmer ab und ließ mich, wie ein Gentleman, bei ihm einhaken. Ich genoss diesen lockeren Humor, den hier alle hatten sehr. Nie zuvor hätte ich mir nur träumen lassen in so einem wundervollen Gebäude mit so wundervollen Klamotten an meinem Körper und so wundervollen Leuten zu leben. Sogar Hanna hatte ich für den Abend eingeladen, diese musste jedoch absagen, da sie ihren kleinen Bruder sitten musste. Natürlich machte mich das etwas traurig, aber schließlich würde ich ihr am nächsten Tag eh alles berichten, als wäre sie dabei gewesen.
Mit einem breiten Grinsen betraten Steve und ich den Raum. Sofort ging ein staunendes Raunen durch die Männer, die reinweg aus Superhelden bestanden. Mir blieb bei dem Anblick des Partyraums die Spucke weg. Alles war so wunderschön geschmückt, überall waren Ballons und Girlanden aufgehängt, es gab sogar eine riesige Konfettikanone! Ein gigantischer Schriftzug zierte die Decke, der lautete: Welcome to our family, Audrey!
Es waren bereits alle anwesend und unterhielten sich oder tranken an der Bar etwas. Ich lief glücklich lächelnd auf Natasha zu, die mich in ihre Arme schloss. „Danke, das alles hier ist wunderschön", meinte ich beeindruckt. Sie lachte. „Wirklich? Das findest du schon überwältigend? Dann warte mal bis zu deiner Geburtstagsfeier ab", erklärte sie lächelnd und zwinkerte mir dabei zu. Die anderen gesellten sich schließlich auch zu uns und wir quatschten den ganzen Abend, spielten Spiele und gaben uns einfach der gelassenen Stimmung hin. Doch nach einer Weile wurde ich durstig und ging zu der Bar, um mir ein Getränk zu holen. Dort saß Bucky, der wohl auch eine Pause machte. „Hast du auch Durst?", fragte ich ihn. „Ja, außerdem ich brauchte mal eine kleine Pause. Eine Party laugt einen ganz schön aus nicht?", schmunzelte er und ich nickte zustimmend. „Hier", meinte er und hielt mir eine Flasche hin. „Probier das mal." Kritisch beäugte ich das Getränk. „Was ist das?", fragte ich skeptisch. „Es ist ein total leckerer Wein mit einem ganz besonderen Aroma. Du wirst ihn lieben." Ich war mir mit der Sache nicht so sicher. Ich hatte noch nie Alkohol getrunken. Doch Bucky lächelte mich aufmunternd an und so gab ich mir einen Ruck und nahm die Flasche entgegen. „Na schön, aber nur ein bisschen." Nach einem vorsichtigen Schluck lächelte ich nun auch. „Du hast Recht, das schmeckt hervorragend!" Ich nahm einen weiteren Zug. Bucky freute sich offensichtlich, dass es mir schmeckte und hatte anscheinend keine Ahnung, was er mir da gerade antat. Vermutlich hatte er von dem Gesetzt „Minderjährige dürfen noch nicht trinken" noch nie gehört. Mit jedem Schluck wurde ich unvorsichtiger, doch Bucky schien es nicht zu bemerken. Da er ja von Hydra „manipuliert" wurde, konnte das Alkohol nicht so schnell in seinen Blutkreislauf gelangen und dachte wohl, dass das auch bei allen anderen der Fall und „normal" wäre. Als er es dann realisierte, war es schon zu spät. Ich hatte mittlerweile die ganze Flasche vollständig geleert und war geradezu sturzbetrunken. Ich hörte ihn nur noch murmeln: „Oh nein, was hab ich getan?!" 
Mein Verstand war komplett vernebelt und ich torkelte langsam zurück zu den anderen. Wegen der guten Stimmung bemerkte jedoch noch niemand meinen Zustand. Mein Blick schweifte umher, mit zusammengekniffenen Augen entdeckte ich schließlich Thor, der auf einem Sofa saß. Torkelnd bewegte ich mich auf ihn zu und huschte hinter ihn, sodass er mich nicht bemerkte. Und während ich ihn so anstarrte mit seinen langen blonden Haaren, überlegend, was ich jetzt machen könnte, kam mir eine Idee. Eine so bescheuerte, dass ich mich wohl in normalem Zustand dafür selbst geohrfeigt hätte. Doch der Alkohol zeigte bereits seine Wirkung. Ohne es wirklich zu bemerken fing ich an, mit seinen Haaren zu spielen. Verdutzt drehte sich Thor um und als er mich erblickte, lächelte er überrascht. „Oh, hallo Audrey. Was machst du da mit meinen Haaren?" Doch ich antwortete nicht, sondern begann, seine Haare zu kleinen Zöpfen zu flechten und mit einigen Gummis zusammenzubinden. „Ehm... Audrey, was machst du da?!", fragte er mich stirnrunzelnd. Immer noch keine Antwort.
„Hi, Leute, was macht...oh" Natasha, die sich gerade zu uns gesellt hatte, brach bei dem lustigen Bild, das sich ihr bot, lauthals in Gelächter aus. „Ach du... Audrey was machst du... flechtest du Thor gerade ernsthaft Zöpfchen?!", brachte sie zwischen den Lachanfällen hervor. Dann zückte sie eine Kamera und machte genüsslich ein Foto von uns beiden, oder eher von Thor, der mit Flechtezöpfen dasaß. Verlegen schob er mich etwas von sich und stand auf. „Ich glaube, ich hole mir etwas zu trinken", presste er hervor und verschwand in Richtung Bar. Immer noch kichernd setzte sich Natasha neben mich und begutachtete das soeben geschossene Bild. Mein seltsames Verhalten schien ihr nicht aufzufallen. „Das ist mit Abstand das lustigste Foto, dass ich je gemacht habe. Oder nicht, Audrey? ...Audrey?!" Doch ich war schon wieder aufgestanden und steuerte auf die anderen tanzenden zu. Doch ich hatte nicht nur meinen Körper, sondern auch meine Fähigkeiten nicht unter Kontrolle. Urplötzlich schoss ich einen Wasserstrahl ab, der Bruce mitten ins Gesicht traf. Erschrocken sprang er auf. „Wer war das?" Er wusste noch nichts von meinen Kräften, weswegen er dachte, es sei nur ein dummer Scherz. Doch ich tanzte einfach gelassen weiter, als Clint plötzlich hinter mir stand. Ich ergriff seine Hand und versuchte mit ihm zu tanzen, doch da machte mir mein Körper  einen Strich durch die Rechnung. Auf einmal ergoss sich eine Art Wasserfall über Clint und er war pitschnass. Geschockt blinzelte er ein paar mal. „Tut mir leid Clint, ich wollte nicht...", nuschelte ich, doch da fiel ich schon nach vorne um. Er fing mich geschickt auf und blickte mich entsetzt und besorgt zugleich an. „Oh Gott, Audrey, was ist denn mit dir passiert?!" Jetzt sahen es auch die anderen. Sie umringten mich und halfen ihm dabei, mich wieder hinzustellen, wobei sie kläglich scheiterten; mein ganzer Körper zitterte und bebte, weswegen sie mich vorsichtig auf den Boden ablegten. Doch ich konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Ich war so betrunken, dass ich nicht mal mehr lallen konnte, geschweige denn, einen normalen Satz über die Lippen bringen. Ich deutete nur mit zitternden Fingern in Richtung Bar, aus welcher Bucky gerade angerannt kam. Tonys Augen verengten sich zu Schlitzen. „Bucky", knurrte er bedrohlich. „Hast du Audrey etwa mit Alkohol abgefüllt?" Zerknirscht nickte er. „Sie hat eine ganze Flasche ausgetrunken...", antwortete er leise und zog den Kopf ein. Ein entsetztes Raunen ging durch die Gäste.
„Was fällt dir eigentlich ein unsere Adoptivtochter so etwas anzutun!", keifte Tony und wäre Bucky wegen seiner Verantwortungslosigkeit am liebsten an die Gurgel gegangen. „Jungs, ganz ruhig, ihr könnt euch später noch die Köpfe einschlagen. Aber erstmal müssen wir uns um Audrey kümmern", versuchte Natasha die zwei zu beruhigen. Sie hatte Recht: mein Körper war mittlerweile blau angelaufen und ich zitterte noch stärker. Ein unglaublicher Schmerz durchzuckte meinen Körper und ich stöhnte auf. Steve beugte sich besorgt über mich. „Oh man, das sieht echt nicht gut aus.. Bucky, was hast du ihr nur gegeben?", fragte er. Verzweifelt schüttelte dieser den Kopf. „Keine Ahnung, auf der Flasche stand ganz normaler Wein." „Du weißt aber schon, dass Minderjährige noch nicht trinken dürfen, oder?", wandte sich Clint an ihn. Vor Schreck weiteten sich Buckys Augen. „Wirklich?!" „Das ist gegen das Gesetz." Thor kam von der Bar angerannt, seine schlimmste Vermutung bestätigte sich, als er meinen blau angelaufen Körper sah. Nun ergriff Sam das Wort. „Leute, kommt wieder runter. Wir legen sie einfach für ein paar Stunden hin, damit sie sich ausruhen kann und dann..." Doch er wurde von Thor unterbrochen. „Nein, Sam, nichts ist gut. Ich kenne diese Symtome. Was sie getrunken hat, ist kein gewöhnliches Alkoholgetränk. Das ist asgardianischer Met, der tausend Jahre gereift ist. Dieser Met ist in kleinen Maßen schon unglaublich stark. So stark, dass selbst wir Asgardianer davon betrunken werden. Eine so große Menge ist für einen normalen Menschen absolut tödlich, vor allem für ein Kind", erklärte er. Die Gruppe zog scharf die Luft ein. „Vielleicht kann ihr Bruce ja helfen?", flehte Natasha und blickte bittend zu dem Wissenschaftler hinüber. Der wirkte nur verunsichert. „Ich weiß nicht so recht. Damit kenne ich mich nicht so gut aus..." „Komm schon! Versuch, dir irgendwas einfallen zu lassen, bitte", bettelte sie. Bruce seufzte. „Okay, ich kann es ja mal versuchen. Aber ich kann für nichts garantieren!" Natasha nickte eifrig. „Danke, Bruce!" Nun etwas entschlossener sah dieser zu Steve und sagte: „Gut, du bringst sie zu der Krankenstation und ich versuche, den Alkohol irgendwie aus ihr rauszubekommen. Ihr anderen wartet hier und kommt erst, wenn ich euch hole, verstanden?" Synchron nickten alle. Nur Natasha war nicht zufrieden und rang mit sich selbst, denn am liebsten wäre sie mitgekommen- sie wollte Audrey nicht alleine lassen. Doch schließlich gab sie sich geschlagen und steuerte auf das Sofa zu, auf welches sich auch die anderen gesetzt hatten und starrte ins leere. Bruce nickte Steve zu und dieser hob mich behutsam hoch. „Steve...?", murmelte ich, noch halb bei Bewusstsein. „Shh, alles wird wieder gut...", murmelte er, streichelte mir beruhigend über das Haar und trug mich in den Aufzug. Doch darin angekommen, begann ich leise zu wimmern. Meine Angst vor Fahrstühlen verschwand auch nicht während des Alkoholrausches und mein Schmerz verstärkte sich. Weinend wand ich mich hin und her, doch Steve hielt mich nur umso fester. Schließlich klappten meine Augen jedoch ganz zu und ich verfiel in einen tiefen Schlaf.

POV Dritter Erzähler
Als Audreys Köper in Steves Armen erschlaffte wussten die Avengers entgültig, wie gefährlich die Situation war und drängten einander zur Eile. Mit dem Captain America und Brue an der Spitze stürmten sie in die Krankenstation. „Können wir helfen?", fragte Natasha ungewöhnlich aufgebracht.
„Keine Ahnung, ich bin Physiker. Schalte einfach die Geräte ein", koordienierte der Doktor das Geschehen, während Steve seine Adoptivtochter behutsam auf einer Liege plazierte. „Wir werden ihr den Magen auspumpen – je weniger sie von dem Zeug ins Blut kriegt, desto besser."
Mit einem teils angeekelten, teils besorgten Gesichtsausdruck beobachtete sie Superheldentruppe skeptisch die Situation. „Stark, holen Sie bitte eine Einheit Elektrolyte."
„Natürlich", nickte Tony und holte gehorsam die Infusion. Auch ihn besorgte die Lage so sehr, dass er sein eigenes Ego vergaß, um zu helfen.
Nach einer halben Stunde hatte sich die Lage beruhigt. Audreys Herzschlag flackerte regelmäßig über einen der zahlreichen Bildschirme, wärhend sie nur noch etwas blass aussah und friedlich schlief. Die Verantwortlichen lungerten etwas erleichtert auf dem Boden rund um ihre Liege. Niemand sagte ein Wort. Im Stillen hatten sie abgemacht, dass die Schuld bei keinem allein lag, sondern jeder von ihnen in einem gewissen Punkt versagt hatte.
Bucky erhob sich, zog eine Decke aus einem Schrankregal und steuerte auf Audrey zu. Behutsam zog er ihr die Schuhe aus, stellte sie neben die Liege, ehe er das Mädchen vorsichtig zudeckte, wobei er penibel darauf achtete, die Infusion nicht zu beschädigen. Dann drehte er sich zu den Übrigen um.
„Ihr solltet ins Bett gehen. Ich bleibe hier und schlage Alarm, falls etwas passieren sollte." Die Anderen stimmten ihm zu und verzogen sich gemächlich nacheinander in ihre Betten. Nur Steve blieb, nachdem er zwei Stühle geholt hatte und wachte mit seinem Zeitgenossen Audrey.
„Vielleicht war die Adoption doch keine so gute Idee. Zwei Tage und sie liegt schon bewusstlos auf der Krankenstation. Wir haben es echt vermasselt", sagte Steve. „Über hundert Jahre und immer noch keine Ahnung von Leben. Das ist wirklich mies." Damit brachte der Wintersoldier seinen Freund zum lächeln.
„Sie könnte unsere Urenklin sei.", meinte dieser und deutete auf Audrey.
„Sei leise, das klingt so... alt." „Oh, ich fürchte, ich bin in der letzten Stunde um bestimmt dreihundert Jahre gealtert", kommentierte Bucky voller Selbstironie.  „Ich auch", stimmte ihm Steve zu. „Solange sie jetzt keine siebzig Jahre schläft, ist noch alles in Ordnung." Der Weggefährte schnaufte amüsiert.
„Glaubst du, wir sind dann immer noch hier?" „Keine Ahnung, wo ich die Hälfte meines Lebens war, aber jetzt bleibe ich bestimmt."
„Ja, es ist irgendwie... das Richtige", meinte Steve.
Sie plauderten noch bis nins Morgengrauen, wo Natashe kam und die Jungs ins Bett schickte. Wenig später schaute auch Clint vorbei, der Frühstück mitbrachte, bevor er sich für die nächsten Tage verabschiedete.

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